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32. Urteil der II. Zivilabteilung vom 18. Dezember 1958 i.S. N.V. Hartog Stibbe's Antiquiteiten in Liq. und Cohen gegen Rebholz. | |
Regeste |
Berufung. Unwirksamkeit einer Berufung, mit der nur eine Verletzung ausländischen Rechts (oder des als Ersatz dafür angewendeten schweizerischen Rechts) gerügt wird (Erw. 1). |
1. Kann der Richter einen Widerspruchsprozess als gegenstandslos erklären, weil die Betreibung, in welcher das Widerspruchsverfahren eröffnet wurde, nach seiner Auffassung nichtig ist? (Erw. 2). |
2. Die Parteirollenverteilung hat auf die Beweislast im Prozess keinen Einfluss (Erw. 3 Abs. 3). |
3. Die Drittansprüche, die der Pfändung entgegengehalten werden, sind gegenüber dem Betreibungsamt genau zu bezeichnen. Mit Ausnahme des Falles, dass anstelle des zunächst beanspruchten Eigentums ein Pfandrecht geltend gemacht wird, hat der Richter im Widerspruchsprozess nur diejenigen Ansprüche zu beurteilen, über welche das Betreibungsamt auf Grund einer solchen Anmeldung das Widerspruchsverfahren eröffnet hat (Erw. 5). |
4. Das Widerspruchsverfahren kann nicht dazu dienen, Vermögenswerte, die anerkanntermassen dem betriebenen Schuldner gehören, der Verwertung in einem Verfahren zu entziehen, in welchem der Schuldner nach Ansicht des Einsprechers nicht gesetzmässig vertreten ist. Die Frage der Vertretung im Betreibungsverfahren (hier: die Frage, ob die Vertretunsgbefugnis der von einem ausländischen Staat ernannten Zwangsverwalter einer ausländischen Handelsgesellschaft in der Schweiz anzuerkennen sei) ist von den Betreibungsbehörden zu entscheiden (Erw. 6). |
Übertragung des Eigentums an Wertschriften, die in einem Bankdepot liegen (Art. 714 ZGB). Erfordernisse. Fehlender Nachweis eines gültigen Grundgeschäftes. Vermutung des Eigentums auf Grund des Besitzes (Art. 930 ZGB)? (Erw. 3). | |
Sachverhalt | |
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B. - Am 3. August 1943 schrieb die Firma "Rebholz'Bankierskantoor", für die Rebholz zeichnete, dem Schweiz. Bankverein unter Bezugnahme auf das erwähnte Depot was folgt:
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Für dieses gesperrte Unterdepot räumen wir das alleinige Verfügungsrecht unserm Inhaber, Herrn O. Rebholz, ein. Die Handzeichnung des Herrn O. Rebholz finden Sie auf dem Verzeichnis unserer Firmahandzeichnungen.
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Fällige Kupons sind, so lange Herr O. Rebholz keine andern Verfügungen trifft, wie bisher zu behandeln."
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Am 23. August 1943 bestätigte Benischek dem Schweiz. Bankverein unterschriftlich sein Einverständnis mit dem Schreiben vom 3. August und den darin erteilten Weisungen.
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C. - Im Jahre 1944 stellte der Niederländische Staat die Firma "Rebholz'Bankierskantoor" unter Zwangsverwaltung, entzog Rebholz die Geschäftsführung und übertrug diese auf zwei gemäss dem niederländischen Beschluss zur Wiederherstellung des Rechtsverkehrs vom 17. September 1944 (RHE) ernannte Geschäftsführer.
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D. - Als deutscher Besitz fielen das Depot und das Guthaben beim Schweiz. Bankverein unter die Sperre gemäss dem Bundesratsbeschluss vom 16. Februar 1945/... 11. Februar 1948 über die vorläufige Regelung des Zahlungsverkehrs zwischen der Schweiz und Deutschland. Von dieser Sperre wurden sie auf Begehren des Otto Rebholz durch Entscheid der Schweiz. Rekursinstanz für deutsche Vermögenswerte vom 27. September 1954 befreit.
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E. - Am 4./5. November 1954 erwirkten die N.V. (= AG) Hartog Stibbe's Antiquiteiten in Liq. in Bussum (Niederlande) und W. L. Cohen in Amsterdam für Forderungen von 57'053.-- bzw. 32'586.-- gegen die Firma "Rebholz'Bankierskantoor" je einen Arrest, der sämtliche auf die Schuldnerin lautenden oder dem Unterdepot bzw. -konto O. Rebholz zugehörigen Vermögenswerte und Guthaben beim Schweiz. Bankverein in Basel zum Gegenstand hatte. Das Betreibungsamt Basel-Stadt stellte die Arresturkunden und die in den Arrestbetreibungen erlassenen Zahlungsbefehle den vom niederländischen Staat ernannten Geschäftsführern der Schuldnerin zu, die keinen Rechtsvorschlag erhoben.
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F. - Am 21. März 1955 pfändete das Betreibungsamt in den Arrestbetreibungen beim Schweiz. Bankverein das "Depot Rebholz'Bankierskantoor ..., Unterdepot O. Rebholz", bestehend aus den erwähnten 18 schwedischen Obligationen, und das "Konto Rebholz'Bankierskantoor ..., Unterkonto O. Rebholz", enthaltend ca. 18 000 schwedische Kronen.
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Otto Rebholz und seine Ehefrau beanspruchten diese ![]() | 12 |
G. - Hierauf reichten die Gläubiger fristgemäss gegen Otto Rebholz Klagen ein mit den Begehren, es sei festzustellen, dass der Beklagte an den gepfändeten Vermögenswerten "kein Eigentum besitze", und es sei daher sein Eigentumsanspruch abzuerkennen. Der Beklagte beantragte, die Klagen seien abzuweisen; es sei festzustellen, dass er Eigentum an den gepfändeten Vermögensstücken besitze, und es sei daher sein Eigentumsanspruch anzuerkennen und die Pfändung aufzuheben. Er behauptete in ![]() ![]() | 13 |
H. - Das Zivilgericht des Kantons Basel-Stadt schützte die Klagen und sprach dem Beklagten den von ihm erhobenen Eigentumsanspruch ab (Urteile vom 8. Dezember 1956).
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Das Appellationsgericht des Kantons Basel-Stadt, an das der Beklagte appellierte, stimmte dem Zivilgericht darin bei, dass die Einrede der mangelnden Aktivlegitimation zu spät erhoben worden sei, so dass darauf nicht eingetreten ![]() | 15 |
"Die Klagen werden im Sinne der Erwägungen abgewiesen und es wird festgestellt, dass in den Betreibungen Nr. 31 120 und 31 121 die gepfändeten Vermögenswerte ... dem Pfändungsbeschlag nicht unterliegen."
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I. - Gegen dieses Urteil haben die Kläger die Berufung an das Bundesgericht erklärt. Sie erneuern damit ihre Klagebegehren.
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"1. Es sei auf die Berufung nicht einzutreten.
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2. Es sei der Prozess als gegenstandslos wegen Nichtigkeit der Betreibung und Pfändung abzuschreiben.
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3. Eventuell sei die Berufung abzuweisen."
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Das Bundesgericht zieht in Erwägung: | |
1. Den Antrag, auf die Berufungen der Kläger sei nicht einzutreten, begründet der Beklagte wie folgt: die Vorinstanz habe angenommen, die betriebene Schuldnerin sei eine Kommanditgesellschaft, die nach den unangefochtenen Grundsätzen des schweizerischen Kollisionsrechts dem niederländischen Recht unterstehe; bei einer niederländischen Kommanditgesellschaft könne nach der Auffassung der Vorinstanz jeder Gesellschafter Angriffe auf das Gesamthandvermögen der Gesellschaft durch Klage oder Widerspruch im eigenen Namen abwehren; ob diese Ansicht zutreffe, sei eine Frage des ausländischen Rechts, die das Bundesgericht nicht überprüfen könne, auch wenn die Vorinstanz anstelle des ihr nicht bekannten ausländischen Rechts auf Grund der Vermutung, dass dieses mit dem schweizerischen übereinstimme, schweizerisches Recht angewendet habe. Hieran ist soviel richtig, dass das Bundesgericht im Berufungsverfahren nicht nachprüfen kann, ob die Vorinstanz eine nach ausländischem Recht zu beurteilende Frage richtig entschieden habe. Auf die Berufungen wäre also nicht einzutreten, wenn die Berufungsschriften lediglich die Rüge enthielten, das angefochtene Urteil verletze niederländisches Recht oder schweizerische Rechtssätze, die als vermutlicher Inhalt des niederländischen Rechts angewendet wurden (Art. 43 und 55 lit. c OG;BGE 78 II 392/93 und zahlreiche frühere Entscheide). So verhält es sich jedoch nicht, sondern die Kläger machen mehrere Bundesrechtsverletzungen geltend. Insbesondere behaupten sie, das angefochtene Urteil verstosse gegen die für das Widerspruchsverfahren im Sinne ![]() | 22 |
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Als Berufungsantrag ist dieser Antrag gemäss Art. 55 lit. b OG, wonach neue Begehren ausgeschlossen sind, unzulässig, weil er im kantonalen Verfahren noch nicht gestellt worden war. Der an die Vorinstanz gerichtete Appellationsantrag lautete einzig auf Abweisung der Klage und zielte somit auf eine materielle Behandlung des Prozesses ab. Es kann sich daher nur fragen, ob die vorliegenden Prozesse wegen Nichtigkeit der Betreibungen von Amtes wegen abzuschreiben seien.
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Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtes können nichtige Verfügungen eines Betreibungsamtes von diesem selbst oder von den Aufsichtsbehörden jederzeit aufgehoben werden und haben andere Behörden, denen eine solche Aufhebungsbefugnis mangels sachlicher oder örtlicher Zuständigkeit nicht zukommt, eine als nichtig erkannte betreibungsamtliche Verfügung einfach unbeachtet zu lassen, wenn sie nicht etwa Veranlassung finden, eine Entscheidung der zuständigen Behörde zu provozieren und ihre eigene endgültige Stellungnahme nach dieser Entscheidung zu richten (BGE 78 III 51). Daraus lässt sich jedoch nicht ableiten, dass der mit einer Widerspruchsklage befasste Richter den Prozess kurzerhand abschreiben dürfe und müsse, wenn ihm die Betreibung, die zu dieser Klage Anlass gegeben hat, mit einem Nichtigkeitsgrunde behaftet ![]() | 25 |
Im vorliegenden Fall sind die Betreibungen nicht als ungültig aufgehoben worden. Im Gegenteil haben die dem Betreibungsamt übergeordneten Behörden wiederholt kundgetan, dass sie nicht der Meinung sind, die Zustellung der Betreibungsurkunden an die Zwangsverwalter der Schuldnerin habe die Ungültigkeit der Betreibungen zu Folge. Die kantonale Aufsichtsbehörde hat diese Zustellung in ihrem Entscheid vom 12. Februar 1955, der rechtskräftig geworden ist, als zu Recht erfolgt erklärt und ihren Widerruf durch das Betreibungsamt aufgehoben. Und die Schuldbetreibungs- und Konkurskammer des Bundesgerichtes hat sich nicht veranlasst gesehen, von Amtes wegen einzuschreiten, als die heutigen Kläger wegen der Klagefristsetzung ![]() | 26 |
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Gegen die Grundsätze, von denen die Vorinstanz hienach ![]() | 28 |
Gemäss Art. 8 ZGB hat der Beklagte die Tatsachen zu beweisen, aus denen sich ergeben soll, dass er das von ihm beanspruchte Eigentum an den streitigen Titeln erworben habe. Der Umstand, dass gemäss Art. 109 SchKG die Gläubiger als Kläger auftreten mussten und dass demgemäss die Klagebegehren auf Feststellung des Nichteigentums des Beklagten gehen, hat entgegen der Auffassung des Beklagten auf die Beweislast im vorliegenden Prozess keinen Einfluss (BGE 83 III 30 oben).
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Das Schreiben der Schuldnerin an den Bankverein vom 3. August 1943, in welchem der Beklagte das Hauptbeweismittel für seinen Eigentumserwerb erblickt, lässt weder für sich allein noch zusammen mit dem von Benischek mitunterzeichneten Schreiben vom 23. August 1943 erkennen, zu welchem Zweck das darin erwähnte Unterdepot errichtet werden sollte. Insbesondere geht daraus ![]() | 30 |
Ausserhalb der erwähnten Schreiben liegende Willenskundgebungen, die den Übergang des Eigentums von der Gesellschaft auf den Beklagten hätten bewirken können, sind nicht bewiesen, ja nicht einmal in genügend bestimmter Form behauptet worden. Die vom Beklagten unter Beweis gestellte Behauptung, die streitigen Werte seien ihm nach der Meinung aller Beteiligten zu Eigentum übertragen worden und Benischek habe dies später einem der Zwangsverwalter gegenüber telephonisch bestätigt, ist nichtssagend. Es fehlt jede nähere Angabe darüber, was zwischen der Gesellschaft und dem Beklagten vereinbart worden sein soll. Insbesondere hat der Beklagte im kantonalen Verfahren nie gesagt, worin der Rechtsgrund der Übertragung der streitigen Werte in sein Alleineigentum bestanden habe. Die Angabe in der Anschlussberufungsschrift, man sei übereingekommen, dem Beklagten gewisse Werte, die er in die Gesellschaft eingebracht hatte, wiederum als Privateigentum zur Verfügung zu stellen, ist neu und entbehrt überdies wie die im kantonalen Verfahren aufgestellten Behauptungen der nötigen Bestimmtheit, da auch sie die Frage unbeantwortet lässt, unter welchem Titel der Eigentumsübergang stattfinden sollte. Es bedeutet daher keine Verletzung bundesrechtlicher Beweisvorschriften, dass die Vorinstanzen den Beweisanträgen des Beklagten (Einvernahme von Nussbaumer, Generaldirektor des Bankvereins, und W. Benischek als Zeugen; Beizug ![]() | 31 |
Auf die Vermutung des Eigentums, die sich gemäss Art. 930 ZGB aus dem Besitz ergibt, kann sich der Beklagte nicht berufen, weil der unmittelbare Besitz durch den Bankverein ausgeübt wird und man nicht weiss, für wen dies geschieht. Zudem entfällt die Eigentumsvermutung, wenn der Besitz auf einem "zweideutigen" Gewaltverhältnis beruht (BGE 84 II 261 Erw. 3 und dortige Hinweise). Dies wäre hier anzunehmen, und zwar vor allem deswegen, weil die streitigen Wertpapiere auch nach den Vorgängen vom August 1943 in den Büchern der Gesellschaft noch als zu deren Vermögen gehörig aufgeführt wurden.
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Das aus den Zinsen geäufnete Unterkonto teilt als Akzessorium das Schicksal der im Unterdepot liegenden Titel. Eine Abtretung dieses Guthabens an den Beklagten persönlich ist nicht nachgewiesen.
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Die Anschlussberufung, mit welcher der Beklagte die Feststellung verlangt, dass die streitigen Vermögenswerte ihm allein zustehen, ist daher abzuweisen.
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4. Für den Fall, dass der Übergang der streitigen Vermögenswerte in sein Alleineigentum verneint werden sollte, hat der Beklagte im vorliegenden Prozess den Eventualstandpunkt eingenommen, er könne sich der Pfändung dieser Werte als am Gesellschaftsvermögen gesamthänderisch berechtigter Gesellschafter widersetzen. Er vertritt jedoch nicht etwa die (zweifellos falsche) Ansicht, bei einer niederländischen Kommanditgesellschaft seien die Gesellschafter allgemein befugt, den Gesellschaftsgläubigern den Zugriff auf Vermögenswerte der Gesellschaft zu verwehren, ![]() | 35 |
Die Vorinstanz hat ihrerseits das von ihr angenommene Recht des Beklagten, sich der Pfändung der streitigen Vermögenswerte zu widersetzen, ebenfalls nicht bloss aus dem ihm (wenigstens nach schweizerischem Recht) als Gesellschafter zustehenden Gesamteigentumsanspruch abgeleitet. Massgebend war für sie vielmehr die Erwägung, dass der Beklagte nach wie vor als einzelzeichnungsberechtigter Geschäftsführer der Schuldnerin zu gelten habe, soweit die Vertretung der in der Schweiz liegenden Vermögenswerte in Frage stehe. Dies ist der Grund dafür, dass sie dem Beklagten das Recht zugestand, in den vorliegenden Betreibungen "das Eigentum der durch ihn vertretenen Gesellschaft bezw. sein Gesamteigentum geltend zu machen" und so die Entlassung der streitigen Vermögenswerte aus dem Pfändungsbeschlag zu erwirken (S. 17 des angefochtenen Urteils). Dabei liegt die Betonung unverkennbar auf dem "Eigentum der durch ihn vertretenen Gesellschaft." Mit dem Zusatz "bezw. sein Gesamteigentum" wollte die Vorinstanz offenbar nur zum Ausdruck bringen, dass der ![]() | 36 |
Die Vorinstanz hat also den Anspruch des Beklagten auf Freigabe der streitigen Vermögenswerte im Sinne seines Eventualstandpunktes gutgeheissen. Die Frage, ob sich die von ihr anerkannte Befugnis des Beklagten zur Vertretung der Gesellschaft mit Bezug auf das in der Schweiz liegende Vermögen aus dem schweizerischen oder "ungeachtet des öffentlich-rechtlichen Eingriffs" des niederländischen Staates aus dem niederländischen Privatrecht ergebe, hat sie offen gelassen (so dass der Beklagte zu Unrecht behauptet, sie habe das aus dieser Befugnis abgeleitete Recht, gegen die Pfändung der streitigen Vermögenswerte Widerspruch zu erheben, in Anwendung des niederländischen Rechts bejaht). Nach welchem Recht sich beurteile, wer heute über das Vermögen der Rebholz-Bank in der Schweiz zu verfügen habe, und wie diese Frage nach dem massgebenden Recht zu beurteilen sei, braucht auch vom Bundesgericht nicht geprüft zu werden, wenn sich ergibt, dass die ![]() | 37 |
5. Der Auffassung der Vorinstanz, dass es im Widerspruchsprozess "nicht um die Geltendmachung dinglicher Rechte, sondern um die Aufrechterhaltung des Pfändungsbeschlags" gehe, ist insofern beizupflichten, als in diesem Prozess die Feststellung der Rechte, die an gepfändeten Gegenständen geltend gemacht werden, nicht Selbstzweck ist, sondern getroffen werden muss, damit man weiss, ob die betreffenden Gegenstände der Pfändung entzogen sind oder vom Pfändungsbeschlag nur unter Vorbehalt bestimmter Drittansprüche (z.B. eines Pfandrechtes) oder aber vorbehaltlos erfasst werden. Dies ändert jedoch nichts daran, dass die Ansprüche, die der Pfändung entgegengehalten werden, gegenüber dem Betreibungsamt genau bezeichnet werden müssen und dass der Richter im Widerspruchsprozess nur diejenigen Ansprüche zu beurteilen hat, über welche das Betreibungsamt auf Grund dieser Anmeldung das Widerspruchsverfahren eingeleitet hat. Diesen selbstverständlichen Grundsatz hat die (kantonale) Rechtsprechung nur insoweit eingeschränkt, als dem Drittansprecher erlaubt wurde, im Prozess anstelle des zunächst beanspruchten Eigentums ein Pfandrecht geltend zu machen (ZR 1912 Nr. 49), wozu JAEGER bemerkte, hiegegen möge nichts einzuwenden sein, da es sich beim Pfand um etwas "Wenigeres" als das Eigentum handle (Schuldbetreibungs- und Konkurspraxis der Jahre 1911-1915 = I. Ergänzung zum Kommentar, N. 5 C zu Art. 107 SchKG, S. 43). Mit Sinn und Zweck der Art. 106-109 SchKG schlechterdings unvereinbar ist es dagegen, anstelle des für eine bestimmte Person beanspruchten Eigentums hinterher im Prozess dasjenige einer andern Person geltend zu machen. Dies muss ganz besonders dann ausgeschlossen sein, wenn die Klägerrolle gemäss Art. 109 SchKG dem Gläubiger zufällt. Ihm ![]() | 38 |
Im vorliegenden Falle hat der Beklagte dem Betreibungsamt gegenüber unmissverständlich kundgetan, dass er das nach seiner Ansicht ihm persönlich zustehende Alleineigentum geltend mache. Anders lässt sich nicht verstehen, dass er dem Betreibungsamt am 24. Juni 1955 mitteilte, er allein sei als Prozesspartei aufzuführen; die Fristansetzung habe nur ihm gegenüber zu erfolgen. Im gleichen Sinne hat er sich zudem auch gegenüber dem Vertreter der Kläger in seinem Schreiben vom 27. Juni 1955 geäussert. Der in diesen Schreiben enthaltene Vorbehalt der Rechte, die der ursprünglich ebenfalls als Ansprecherin bezeichneten Frau Rebholz als Kommanditärin am Gesellschaftsvermögen zustehen, liess nicht darauf schliessen, dass der Beklagte im vorliegenden Widerspruchsverfahren auch noch andere Rechte als sein Alleineigentum an den streitigen Vermögenswerten geltend machen wollte. Indem er sich dann im Prozess für den Fall der Aberkennung seines Anspruchs auf das Alleineigentum auch noch darauf berief, dass er als geschäftsführender Gesellschafter über das in der Schweiz liegende Gesellschaftsvermögen allein zu verfügen habe, erhob er also einen im Verfahren vor dem Betreibungsamte nicht angemeldeten Anspruch, und zwar einen solchen, der in Wirklichkeit nicht sein Eigentum, sondern dasjenige der angeblich durch ihn vertretenen Gesellschaft zur Grundlage hatte. Dieses Vorgehen war nach dem Gesagten unzulässig.
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Dabei bliebe es auch, wenn die Kläger, wie die Vorinstanz annimmt, den Anspruch des Beklagten selber so verstanden hätten, wie er ihn vor Gericht im Sinne eines Eventualstandpunktes geltend gemacht hat. Es steht nach Betreibungsrecht (von der erwähnten Ausnahme für das Pfandrecht abgesehen) nicht im Belieben der Parteien, im Widerspruchsprozess mit Wirkung für das Betreibungsverfahren ![]() | 40 |
6. Der Eventualanspruch des Beklagten hätte im übrigen selbst dann nicht geschützt werden dürfen, wenn der Beklagte ihn nicht erst im Prozess, sondern schon im Verfahren vor dem Betreibungsamt geltend gemacht hätte, weil dieser Anspruch entgegen der von der Vorinstanz und auch schon von der kantonalen Aufsichtsbehörde im Entscheid vom 12. Februar 1955 geäusserten Ansicht überhaupt nicht zum Gegenstand eines Widerspruchsverfahrens gemacht werden kann. Bei diesem Eventualanspruch handelt es sich nicht darum, das Eigentum eines Dritten geltend zu machen, sondern der Beklagte will damit Vermögenswerte, von denen er für den Fall der Abweisung seines Hauptanspruchs anerkennt, dass sie der Schuldnerin gehören, der Verwertung in einem Verfahren entziehen, in welchem nach seiner Ansicht die Betriebene nicht gesetzmässig vertreten ist. Dass dies letzten Endes der Sinn des vom Beklagten erhobenen Eventualanspruchs ist, hat auch die Vorinstanz eingesehen; denn auf S. 17 f. des angefochtenen Urteils, wo erörtert wird, ob der Beklagte "ein genügendes Interesse an der Abweisung der heutigen Klagen im Sinne der bisherigen Erwägungen" besitze, verweist die Vorinstanz einzig auf das Interesse des Beklagten daran, die Schuldnerin im Betreibungsverfahren zu vertreten, um einerseits durch Rechtsvorschlag den Forderungen selbst und anderseits durch Beschwerde allfälligen unrichtigenVerfügungen des Betreibungsamtes begegnen zu können. Die Frage der Vertretung im Betreibungsverfahren ist aber eine solche des Verfahrensrechts und daher nicht vom Richter, sondern von den Betreibungsbehörden zu entscheiden (BGE 48 III 131f. und 181,BGE 53 III 58,BGE 79 III 104ff., 84 ![]() | 41 |
Um ihre Ansicht zu stützen, dass der Beklagte seine Vertretungsbefugnis im Widerspruchsverfahren geltend machen könne, beruft sich die Vorinstanz zu Unrecht auf eine Ähnlichkeit zwischen dem vorliegenden Fall und demjenigen der Sondergutsbetreibung gegen die Ehefrau, wo der Ehemann den Standpunkt, dass die gepfändeten Gegenstände zu dem seiner Verwaltung und Nutzung unterliegenden eingebrachten Gut der Frau gehören, im Widerspruchsverfahren verfechten kann. Gegenstand der Auseinandersetzung ist in diesem Falle nicht die ja unbestreitbare Befugnis des Ehemannes, das eingebrachte Gut der Frau zu verwalten und zu nutzen und die Frau im Streit darüber zu vertreten, sondern die Zugehörigkeit eines Gegenstandes zur einen oder andern Vermögensmasse (eingebrachtes Gut oder Sondergut). Hier dagegen ist umgekehrt die Befugnis des Beklagten zur Vertretung der Schuldnerin umstritten, während anderseits bei Bejahung dieser Befugnis ohne weiteres klar wäre, dass die gepfändeten Werte zu dem Teil des Vermögens der betriebenen Gesellschaft gehören, den der Beklagte zu verwalten berechtigt wäre und mit Bezug auf den er die Schuldnerin zu vertreten hätte. Das Sondervermögen, von dem der Beklagte und die Vorinstanz sprechen, steht und fällt mit der Befugnis des Beklagten, die Schuldnerin wenigstens noch mit Bezug auf einen Teil ihres Vermögens zu vertreten. Die Zugehörigkeit eines Gegenstandes zu diesem Sondervermögen würde sich gegebenenfalls einzig darnach bestimmen, wieweit die Vertretungsbefugnis des Beklagten reicht, wogegen die Abgrenzung zwischen eingebrachtem Gut und Sondergut der Ehefrau nach ganz anderen Kriterien erfolgt. Der vorliegende Fall hat daher mit demjenigen der Sondergutsbetreibung nichts gemein. Viel eher lässt er sich unter ![]() | 42 |
Die Vorinstanz hätte daher aus betreibungsrechtlichen Gründen auf den Eventualstandpunkt des Beklagten nicht eintreten sollen. Daran ändert der vom Beklagten in der Berufungsantwort angerufene Umstand nichts, dass die Aufsichtsbehörde in den Motiven ihres Entscheides vom 12. Februar 1955 die unzutreffende Meinung geäussert hat, der Beklagte könne den in Wirklichkeit gegen die Vertretungsbefugnis der Zwangsverwalter gerichteten Einwand, dass die Massnahmen des niederländischen Staates in der Schweiz nicht anzuerkennen seien, nicht im Beschwerdeverfahren, sondern im Widerspruchsverfahren erheben. Der Beklagte, mit dessen Standpunkt das Dispositiv des Entscheides der Aufsichtsbehörde unvereinbar war, hatte die Möglichkeit, diesen Entscheid an das Bundesgericht weiterzuziehen, ![]() | 43 |
Die Einwendungen, die der Beklagte im kantonalen Verfahren der Pfändung sonst noch entgegengehalten hat (vgl. oben G), können so wenig wie der Einwand, dass die Schuldnerin im Betreibungsverfahren nicht gehörig vertreten sei, auf dem Wege des Widerspruchsverfahrens erhoben werden. Es handelt sich dabei um Einwendungen gegen die Forderungen oder das Recht, diese auf dem Betreibungswege geltend zu machen. Der Beklagte hätte sie also nur dann erheben können, wenn er von den Betreibungsbehörden als Vertreter der Schuldnerin anerkannt worden wäre, und zwar hätte er sie in diesem Falle durch Rechtsvorschlag geltend machen müssen.
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Aus diesen Gründen ist das Urteil des Zivilgerichtes wiederherzustellen.
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Demnach erkennt das Bundesgericht:
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