BGE 85 III 50 | |||
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12. Entscheid vom 1. April 1959 i.S. Konkursamt Aarwangen. | |
Regeste |
Konkurs; Eigentumsstreit über Liegenschaften. | |
Sachverhalt | |
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Nachdem der Ehemann am 10. Juni 1958 in Konkurs gefallen war, zog das als Konkursverwaltung amtende Konkursamt Langenthal diese Liegenschaft zur Masse, weil der nicht durch Aufnahme von Hypotheken bebeschaffte Teil des Kaufpreises vom Ehemann (und zwar auf deliktischem Wege) aufgebracht worden sei, und setzte der Ehefrau am 23. Februar 1959 Frist zur Klage auf Anerkennung ihres Eigentumsanspruchs.
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Auf Beschwerde von Frau Zuber hat die kantonale Aufsichtsbehörde diese Fristansetzung am 13. März 1959 aufgehoben.
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Diesen Entscheid hat das Konkursamt an das Bundesgericht weitergezogen mit dem Antrag, die Fristansetzung sei zu bestätigen. Das Bundesgericht weist den Rekurs des Konkursamtes ab.
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Erwägungen: | |
Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtes kann die Konkursverwaltung mit Bezug auf bewegliche Sachen nur dann im Sinne von Art. 242 SchKG über die Herausgabe verfügen und dem Dritten, dessen Eigentumsanspruch sie für unbegründet hält, Frist zur Klage setzen, wenn die Sachen sich im Gewahrsam der Masse befinden. Hat dagegen der Drittansprecher den Gewahrsam inne, so kommt Art. 242 SchKG nicht zur Anwendung, sondern muss die Masse klagen, ohne an eine Frist gebunden zu sein (BGE 24 I 723, BGE 26 I 147, BGE 27 I 235 = Sep.ausg. 1 S. 307, 3 S. 35, 4 S. 65; BGE 50 III 3, BGE 76 III 12).
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Den gleichen Grundsatz hat das Bundesgericht in einer Reihe von ältern Entscheiden auch auf Liegenschaften angewendet (BGE 24 I 403 und 511, BGE 25 I 115, BGE 32 I 235 = Sep.ausg. 1 S. 135 und 243, 2 S. 5, 9 S. 63). Nach diesen Entscheiden beurteilte sich die Frage, ob der Drittansprecher oder die Masse zu klagen habe, auch im Eigentumsstreit über Liegenschaften darnach, ob die Masse oder der Drittansprecher die tatsächliche Verfügungsgewalt darüber besass, nicht darnach, wer in den öffentlichen Büchern (Grundbuch, Grundprotokoll, Kataster usw.) als Eigentümer eingetragen war. Die Rechtsprechung zu Art. 242 SchKG deckte sich in diesem Punkte mit derjenigen zu Art. 106 ff. SchKG, die für die Parteirollenverteilung im Widerspruchsprozess über gepfändete Liegenschaften in Übereinstimmung mit den Grundsätzen, die für den Streit über Ansprüche auf gepfändete Mobilien gelten, grundsätzlich den Gewahrsam als massgebend betrachtete (vgl. den Entscheid BGE 30 I 221 = Sep. ausg. 7 S. 77, auf den der bereits erwähnte, zu Art. 242 SchKG ergangene Entscheid BGE 32 I 231 ff. auf S. 237 oben ausdrücklich verweist, und die aus der Zeit nach dem Inkrafttreten des ZGB stammenden Entscheide BGE 38 I 280 = Sept.ausg. 15 S. 97, BGE 54 III 191 und BGE 71 III 64). Dem Registereintrag wurde nur die Bedeutung zugebilligt, dass er eine widerlegbare Vermutung für den Gewahrsam des als Eigentümer Eingetragenen begründe.
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Mit Bezug auf das Widerspruchsverfahren über das Eigentum an Grundstücken hat jedoch das Bundesgericht seine frühere Praxis in BGE 72 III 44 ff. preisgegeben und entschieden, in diesem Verfahren sei ohne Rücksicht darauf, wer über die Liegenschaft die tatsächliche Verfügungsgewalt besitze, derjenige zur Klage aufzufordern, dessen Rechtsbehauptung den Eintragungen im Grundbuch widerspreche. Massgebend war dabei vor allem die Erwägung, dass der im Grundbuch als Eigentümer Eingetragene gemäss Art. 937 Abs. 1 ZGB die Vermutung des Eigentums für sich habe und gemäss Art. 963/64 ZGB grundbuchlich über sein Recht verfügen könne, während im Geltungsbereich des Grundbuchsystems die tatsächliche Verfügungsgewalt bei der Beurteilung der Rechtsverhältnisse an einem Grundstück im allgemeinen keine Rolle spiele und für die Verfügung über das Recht nichts zu bedeuten habe, so dass nicht diese Verfügungsgewalt, sondern die Grundbucheintragung das einfache und der Billigkeit entsprechende Kriterium für die Parteirollenverteilung bilde, wie es die Art. 106 ff. SchKG nach ihrem Grundgedanken fordern. In der Tat begründet bei Liegenschaften nicht die tatsächliche Verfügungsgewalt, sondern die Eintragung im Grundbuch diejenige Beziehung zur Sache, die sich am leichtesten zuverlässig feststellen lässt und zugleich ein Urteil darüber erlaubt, wer wahrscheinlich der Eigentümer ist und daher in die vorteilhaftere Rolle des Beklagten versetzt zu werden verdient.
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Diese Erwägungen treffen nun aber auch für den Eigentumsstreit über Liegenschaften im Falle des Konkurses zu. Es bestehen keine sachlichen Gründe dafür, die Parteirollen hier nach andern Gesichtspunkten zu verteilen als im Falle der Pfändung. Die Rechtsprechung hat denn auch, wie gezeigt, schon früher in beiden Fällen die gleichen Kriterien angewendet. Auch beim Konkurs hat also im Streit über das Eigentum an einer Liegenschaft der Teil als Kläger aufzutreten, der die Grundbucheintragung gegen sich hat. Dieser Auffassung sind auch REYMOND (Contribution à l'étude de la revendication en matière de faillite, 1918, S. 98 ff.), JAEGER und JAEGER/DAENIKER (Praxis II bzw. Praxis 1911-1945 N. 3 A zu Art. 242 SchKG) und FAVRE (Cours de droit des poursuites/Schuldbetreibungs- und Konkursrecht S. 290 bzw. 293); ebenso grundsätzlich der vom Konkursamt zitierte EMIL ZIMMERMANN (Die Aussonderung im schweiz. Konkursrecht, 1952, S. 60 ff.).
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ZIMMERMANN möchte von diesem Grundsatz freilich zu Ungunsten der in Güterverbindung oder Gütergemeinschaft lebenden Ehefrau eine Ausnahme machen (S. 64 oben). Er nimmt an, das eheliche Güterrecht lege die Gewahrsamsverhältnisse unabhängig vom Willen der Beteiligten fest; als Verwalter des ehelichen Vermögens, zu dem auch das Frauengut (mit Ausnahme des Sondergutes) gehöre, habe der Ehemann bei Güterverbindung und Gütergemeinschaft von Gesetzes wegen als Inhaber des Gewahrsams an auf den Namen der Ehefrau eingetragenen Grundstücken zu gelten. Diese Auffassung war auch im Kommentar von JAEGER (3. Aufl. 1911, N. 2 zu Art. 106 SchKG) und in den dort angeführten Entscheiden (z.B. BGE 27 I 236 = Sep.ausg. 4 S. 66) vertreten worden. Sie ist jedoch schon deshalb abzulehnen, weil es unter der Herrschaft des eidgenössischen Grundbuchsystems bei der Verteilung der Parteirollen im Widerspruchsverfahren und in dem durch einen Konkurs veranlassten Streit über das Eigentum an einer Liegenschaft eben überhaupt nicht mehr auf den Gewahrsam im eigentlichen Sinne des Wortes, sondern nur noch auf den Eintrag im Grundbuch ankommen kann. (Im übrigen kommt dem Recht des Ehemannes zur Verwaltung des ehelichen Vermögens seit dem Entscheid BGE 57 III 179 ff. auch bei der Parteirollenverteilung im Eigentumsstreit über bewegliche Sachen, wo nach wie vor der wirkliche Gewahrsam massgebend ist, keine Bedeutung mehr zu.)
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Da die Rekurrentin im Grundbuch als Eigentümerin der streitigen Liegenschaft eingetragen ist, war es also unzulässig, sie gemäss Art. 242 Abs. 2 SchKG zur Klage auf Anerkennung ihres Eigentumsanspruchs aufzufordern. Will die Konkursverwaltung diesen Anspruch bestreiten, so hat sie im Namen der Masse gegen die Rekurrentin zu klagen.
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