![]() ![]() | |||
| |||
Bearbeitung, zuletzt am 15.03.2020, durch: DFR-Server (automatisch) | |||
![]() | ![]() |
1. Entscheid vom 7. Januar 1963 i.S. Fouché. | |
Regeste |
Schweizerisches Spezialdomizil (Wahldomizil) eines im Auslande wohnenden Schuldners (Art. 50 Abs. 2 SchKG). |
Ob ein Wahldomizil oder bloss eine Zustelladresse gemeint sei, ist Frage der Auslegung. | |
Sachverhalt | |
![]() ![]() | 1 |
"élisant domicile aux fins des présentes en l'Etude de MMes Turrettini & L'Huillier, ... à Genève",
| 2 |
und dem Namen des Schuldners:
| 3 |
"élisant domicile aux fins des présentes en l'Etude de Me Peter von Teufenstein, ... à Berne".
| 4 |
Der Vereinbarung ist ferner zu entnehmen:
| 5 |
Art. 8. "Tout paiement du débiteur sera effectué à l'Etude de MMes Turrettini & L'Huillier ou chez MM. Pictet & Cie s'il intervient en vertu de la cession de créances prévue à l'article 5 b."
| 6 |
Art. 10.
| 7 |
"Aux fins d'exécution des présentes le créancier fait élection de domicile en l'Etude de MMes Turrettini & L'Huillier et le débiteur en l'Etude de Me Peter von Teufenstein, à laquellc pourra valablement être notifiée toute réclamation, mise en demeure, fixation de délai, ou tout acte judiciaire ou de poursuite en recouvrement de la créance."
| 8 |
B.- Die in Bern angehobene Betreibung auf Verwertung des Faustpfandes führte zur Ausstellung eines Pfandausfallscheins. Hierauf verlangte der Gläubiger beim nämlichen Betreibungsamte die Fortsetzung der Betreibung auf Pfändung oder Konkurs, gemäss Art. 158 Abs. 2 SchKG. Das Betreibungsamt Bern 1 wies dieses Begehren jedoch zurück und erklärte sich als örtlich unzuständig, weil das vom Schuldner gewählte Spezialdomizil Bern nur für die Verwertung des in Bern verwahrten Faustpfandes gegolten habe.
| 9 |
C.- Die Beschwerde des Gläubigers, der auf der Fortsetzung der Betreibung in Bern bestand, wurde von der kantonalen Aufsichtsbehörde am 5. Dezember 1962 abgewiesen, aus folgenden Gründen: Der Ansicht des ![]() | 10 |
D.- Diesen Entscheid zieht der Gläubiger an das Bundesgericht weiter, indem er am Antrag festhält, seinem in Bern gestellten Fortsetzungsbegehren sei Folge zu geben.
| 11 |
Die Schuldbetreibungs- und Konkurskammer zieht in Erwägung: | |
Nach Art. 50 Abs. 2 SchKG kann der Rekursgegner in Bern betrieben werden, falls er dort zur Erfüllung der in Frage stehenden Verbindlichkeit "ein Spezialdomizil" gewählt hat. Unbestritten ist, dass er im Auslande wohnt (laut dem Pfandausfallschein und dem Fortsetzungsbegehren in Rotterdam) oder allenfalls zur Zeit keinen festen Wohnsitz mehr hat (nach den Angaben der Rekursschrift); auch im letztern Fall ist Art. 50 Abs. 2 SchKG anwendbar (BGE 46 III 109). Die Vorinstanz glaubt dagegen dem "avenant" kein Spezialdomizil im Sinne ![]() | 12 |
Gewiss fällt das "Spezialdomizil" des Art. 50 Abs. 2 SchKG mitunter mit dem vom Gläubiger mit dem Schuldner vereinbarten Erfüllungsorte zusammen. So ist nach ständiger Rechtsprechung der in einem Wechsel oder Inhaberpapier angegebene Zahlungsort zugleich als Rechtsdomizil des Schuldners (Akzeptanten, Ausstellers, Wechselbürgen) zu betrachten, insbesondere auch als Spezialdomizil im Sinne der erwähnten Bestimmung des SchKG (BGE 47 III 32,BGE 52 III 167,BGE 53 III 197, BGE 86 III 82). Ausserhalb des Bereichs dieser Wertpapiere kann aber ein vereinbarter Erfüllungsort nicht ohne weiteres als Spezialdomizil und damit als Betreibungsort des im Auslande wohnenden Schuldners gelten. Es müssen vielmehr, falls nicht ausdrücklich ein Spezialdomizil vereinbart wird, besondere Umstände hinzutreten, die dem Erfüllungsorte stillschweigend diese weitergehende Bedeutung geben (wie in BGE 86 III 82 /83 mit Hinweis auf frühere Entscheidungen ausgeführt wird). Daran ist gegenüber dem von der Vorinstanz, übrigens ohne Begründung, geäusserten Zweifel festzuhalten. Bei einer gewöhnlichen, nicht in einem Wechsel oder Inhaberpapier verkörperten, also auch nicht nach den diese Wertpapiere beherrschenden Regeln in Verkehr zu bringenden Schuldverpflichtung entspricht die Wahl eines schweizerischen Zahlungsortes (lieu de paiement), sofern nichts anderes dazutritt, vermutungsweise nicht dem Willen, ein Rechtsdomizil des Schuldners zu begründen, das (im Rahmen des massgebenden Prozessgesetzes) einen Gerichtsstand und (nach Art. 50 Abs. 2 SchKG) einen Betreibungsort zur Geltendmachung dieser Verpflichtung zu schaffen vermöchte. Der vorliegende Fall ![]() | 13 |
Wenn diese Gesetzesnorm von einem Domizil des Schuldners "zur Erfüllung einer Verbindlichkeit" spricht (französischer Text: "Le débiteur domicilié à l'étranger, qui a élu domicile en Suisse pour l'exécution d'une obligation"), so ist darunter das Wahldomizil zu verstehen, an dem er auf Erfüllung belangt werden kann, gleichgültig ob sich auch der Erfüllungsort dort befindet. Insbesondere Personen, die, wie die an der vorliegenden Betreibung Beteiligten, der französischen Rechtssprache kundig sind, ist diese Bedeutung des Wahldomizils geläufig (vgl. LEUCH, N. 1 zu Art. 27 der bernischen ZPO). Dies ist der Sinn der "élection de domicile" nach Art. 111 des französischen Code civil und dem Schlussabsatz von Art. 59 des französischen Code de procédure civile (vgl. den Abschnitt "domicile élu" bei Dalloz, Encyclopédie, droit civil II; JOSSERAND, Cours de droit civil positif français, I nos 240-242; PLANIOL et RIPERT, droit civil I, R. et J. SAVATIER, nos 165 et sv.). Davon wird auch bei ![]() | 14 |
Dass diese gesetzliche Wirkung dem im vorliegenden Falle vereinbarten Schuldnerdomizil Bern nicht zukommen solle, sondern wegbedungen worden sei, kann der Vorinstanz nicht zugegeben werden. Wie bereits dargetan, folgt eine solche Einschränkung nicht aus der Bezeichnung von Genf als Zahlungsort. Neben diesen Ort tritt eben das Rechtsdomizil des Schuldners in Bern, das die Vereinbarung ganz allgemein vorsieht "aux fins des présentes" (so in der dem Namen des Schuldners am Kopf der Vereinbarung beigefügten Klausel) und "aux fins d'exécution des présentes" (so in Art. 10). Wenn der letztere Artikel ausserdem bestimmt, dass in Bern alle vom Gläubiger vorzunehmenden oder zu veranlassenden privaten oder amtlichen Notifikationen (worunter "tout acte judiciaire ou de poursuite") erfolgen können, so schränkt dies jene umfassende Domizilwahl nicht ein, sondern fasst ergänzend noch besonders die Zustellungen ins Auge, die der Gläubiger oder die von diesem angegangene Behörde hinsichtlich der in Frage stehenden Verbindlichkeit ebenfalls ohne Vorbehalt an der genau angegebenen Berner Adresse des Schuldners bewirken dürfe.
| 15 |
Demnach erkennt die Schuldbetr.- u. Konkurskammer:
| 16 |
17 | |
© 1994-2020 Das Fallrecht (DFR). |