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Bearbeitung, zuletzt am 15.03.2020, durch: DFR-Server (automatisch) | |||
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11. Entscheid vom 19. November 1965 i.S. Fischer. | |
Regeste |
Unpfändbarkeit. Art. 92 SchKG. |
2. Eine Giesserei ist in der Regel nicht als Beruf, sondern als Unternehmen zu betrachten und untersteht alsdann dem Schutz des Art. 92 Ziff. 3 SchKG nicht. (Erw. 2). |
3. Im Einzelfall "notwendige" Berufswerkzeuge: für das Bundesgericht verbindliche Feststellungen der kantonalen Behörde über tatsächliche Verhältnisse. Art. 81/63 Abs. 2 OG. (Erw. 3). |
4. Kann die Ehefrau des Schuldners verlangen, dass Lohn desselben statt des ihm gehörenden, jedoch von ihr selbst zu geschäftlichen Fahrten verwendeten Personenwagens gepfändet werde? Art. 95 SchKG. (Erw. 4). | |
Sachverhalt | |
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B.- In mehreren von dritter Seite gegen den Ehemann angehobenen Betreibungen pfändete das Betreibungsamt Oberflachs am 2. April 1965 auf Ersuchen des Betreibungsamtes Schinznach-Dorf unter anderem den erwähnten Peugeotwagen. Über diese Pfändung beschwerte sich die Ehefrau, indem sie den Wagen als unentbehrlichen Bestandteil des Geschäftsvermögens bezeichnete. Die untere Aufsichtsbehörde (der Gerichtspräsident von Brugg) schützte die Beschwerde und hob die Pfändung des Wagens in Anwendung von Art. 92 Ziff. 3 SchKG auf. Die obere kantonale Aufsichtsbehörde hiess dagegen am 15. Oktober 1965 einen Rekurs des Schuldners gut und erklärte das Personenauto Peugeot 403 als pfändbar. Der Begründung ist zu entnehmen:
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"Beim fraglichen Personenwagen handelt es sich um ein neueres Modell, das betreibungsamtlich auf Fr. 5'000.-- geschätzt worden ist. In der Befragung durch den Gerichtspräsidenten von Brugg sagte der Beschwerdeführer aus, dass grössere Giessereien, wie die Firma Müller in Brugg und die Firma Suter in Wildegg, ohne Auto auskämen. Er habe das Auto seinerzeit nicht für den Giessereibetrieb, sondern für private Zwecke gekauft. Die Ehefrau deponierte dagegen, sie brauche den Personenwagen für Kundenbesuche in Basel, Pratteln, Hergiswil und Frick. Gussprodukte müssten damit ![]() | 3 |
Die kantonale Aufsichtsbehörde würdigte dieses Ergebnis der Einvernahme dahin, dass sich das in Frage stehende Personenauto für den Giessereibetrieb nicht als unentbehrlich erweise, weshalb seine Kompetenzqualität zu verneinen sei. "Die Kundenbesuche und Materialtransporte können offensichtlich mit öffentlichen Verkehrsmitteln und per Bahncamionnage bewältigt werden, wobei die Kosten bestimmt nicht höher, sondern niedriger ausfallen, und wobei die Konkurrenzfähigkeit des Giessereibetriebes nicht in Frage gestellt wird. Das fragliche Personenauto ist überdies zum Transport grösserer Warenmengen gar nicht eingerichtet und daher hiefür schlecht geeignet."
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C.- Mit vorliegendem Rekurs an das Bundesgericht beharrt Frau Fischer auf ihrer Beschwerde und namentlich auf ihrem Standpunkt, es könne füglich eine Lohnpfändung angeordnet werden, da der Schuldner (mit Einschluss des ihm allmonatlich zufliessenden Anteils am Geschäftsertrag) ein Monatseinkommen von etwa Fr. 1300.-- habe. Im übrigen sei die Annahme, die Unkosten werden beim Verzicht auf das Auto "bestimmt" nicht höher ausfallen, eine blosse Mutmassung. Und die Feststellung, das Personenauto sei zum Transport grösserer Warenmengen gar nicht eingerichtet, sei aktenwidrig, denn die Rekurrentin habe bei ihrer Einvernahme erklärt, dass sich die hinteren Sitze herausnehmen lassen, so dass 350 kg Guss transportiert werden können. Eventuell wäre es als Rechtsverweigerung zu betrachten, dass ihr Antrag, es sei vorerst das Einkommen des Schuldners mit Beschlag zu belegen, von der Vorinstanz nicht berücksichtigt wurde.
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Die Schuldbetreibungs- und Konkurskammer zieht in Erwägung: | |
1. Zur Geltendmachung der Unpfändbarkeit nach Art. 92 SchKG ist in erster Linie der Schuldner befugt, der jedoch ![]() | 6 |
2. Um sich auf Art. 92 Ziff. 3 SchKG berufen zu können, hätte die Rekurrentin indessen vor allem dartun müssen, dass es sich bei ihre gewerblichen Tätigkeit um die Ausübung eines "Berufes" ("profession", "professione") handelt. Darunter ist nach ständiger Rechtsprechung die Betätigung persönlicher Fähigkeiten (eben des erlernten Berufes) zu verstehen. Von einem Beruf im Sinne des Gesetzes lässt sich nur sprechen, wenn die zur Erzielung des Einkommens aufgewendete persönliche Arbeit gegenüber den in Art. 92 Ziff. 3 SchKG angeführten Hilfsmitteln als Erwerbsfaktor überwiegt und keine der Familie nicht angehörenden Arbeitskräfte verwendet werden oder doch nur in geringem, durch die Eigenart einzelner Berufe bedingtem Masse (vgl. insbesondere BGE 88 III 51 ff. mit zahlreichen Hinweisen). Einem solchen "Berufe" steht das (industrielle oder gewerbliche) "Unternehmen" gegenüber, das einen nicht überwiegend als Entgelt der persönlichen Tätigkeit des Inhabers oder Leiters zu betrachtenden, sondern wesentlich jenen andern Erwerbsfaktoren zuzuschreibenden Unternehmergewinn abwirft. Ein solches Unternehmen geniesst den Schutz des Art. 92 Ziff. 3 SchKG nicht. Nun weist eine Giesserei in der Regel eine beträchtliche technische Ausrüstung auf und kennzeichnet sich daher als Unternehmen. Wer einen solchen Betrieb als Inhaber auf eigene Rechnung führt, sei es als Eigentümer oder als Pächter der Geschäftsräume und -einrichtungen, ist nicht Berufsmann im Sinne des Art. 92 Ziff. 3 SchKG, sondern Unternehmer und kann daher den Schutz dieser Gesetzesnorm selbst ![]() | 7 |
Davon ist hier auszugehen. Dass man es ausnahmsweise mit Berufsausübung zu tun habe, die vorliegende Giesserei also nur mit geringen technischen Einrichtungen und ohne oder nur nebensächlich mit angestelltem Personal betrieben werde, hätte - als Ausnahmefall - dargetan werden müssen, was die Rekurrentin gar nicht versucht hat. Es ist übrigens unwahrscheinlich, dass derart aussergewöhnliche Verhältnisse bestehen bei einer Giesserei mit so ausgedehntem Kundenkreis, wie er sich aus den Aussagen der Rekurrentin ergibt.
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4. Den Standpunkt der Rekurrentin, es sei von der Pfändung des Peugeotwagens namentlich auch deshalb abzusehen, weil statt dessen ein Teil des reichlichen Lohneinkommens des Schuldners gepfändet werden könne, lehnt die Vorinstanz stillschweigend ab, was keine Rechtsverweigerung im Sinne von Art. 17 ff. SchKG bedeutet. Rechtlich ist diese Entscheidung nicht zu beanstanden. Sie entspricht der von der Praxis anerkannten Regel, dass auf das laufende und künftige Lohneinkommen des Schuldners erst in letzter Linie zu greifen ist, nämlich nur wenn sich anderes Vermögen nicht oder nur in ungenügendem Wertbetrage vorfindet (BGE 82 III 53). Selbst wenn man diese Regel nicht als starren Rechtssatz, sondern bloss als Richtlinie betrachtet, wovon bei wichtigen Gründen abgewichen werden darf, hält der vorinstanzliche Entscheid ![]() | 10 |
Demnach erkennt die Schuldbetr.- u. Konkurskammer:
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