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19. Urteil der II. Zivilabteilung vom 21. Oktober 1965 i.S. Eggimann gegen Dick. | |
Regeste |
"Verjährung" der Anfechtungsklage nach Art. 292 SchKG. |
2. Vom Schuldner abgeschlossener und vollzogener Liegenschaftsverkauf. Anfechtung nach Art. 288 SchKG. Wesentliche Bedeutung der Vollzugshandlung, also der Anmeldung des Vertrages beim Grundbuchamt (mit der nachfolgenden Eintragung des Eigentumsüberganges). Dieser Verfügungsakt unterliegt der Anfechtung binnen der Frist des Art. 292 SchKG auch dann, wenn das Grundgeschäft als solches wegen Ablaufes dieser Frist nicht mehr angefochten werden könnte. (Erw. 2). | |
Sachverhalt | |
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B.- Am 12. März 1965 focht Rudolf Dick, dem in der Betreibung gegen Gottfried Eggimann ein Verlustschein ausgestellt worden war, jene Vermögensentäusserung durch Klage gegen den Erwerber gestützt auf Art. 288 SchKG an. Er behauptete, der Kaufpreis liege mindestens um den Betrag seines Verlustscheins (Fr. 11'589.--) unter dem wahren Werte der Liegenschaft, und verlangte eine entsprechende Rückleistung im Sinne des Art. 291 SchKG.
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C.- Während der Gerichtspräsident von Aarberg die Klage am 15. Mai 1965 wegen Verwirkung bzw. Verjährung abwies, verwarf der Appellationshof des Kantons Bern diese Einrede mit Entscheid vom 10. Juni 1965 und wies die Angelegenheit zur einlässlichen Behandlung an den erstinstanzlichen Richter zurück.
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D.- Gegen diesen Entscheid hat der Beklagte die vorliegende Berufung an das Bundesgericht eingelegt mit dem erneuten Antrag auf Abweisung des Klage wegen "Verjährung" gemäss Art. 292 SchKG.
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Der Antrag des Klägers geht auf Abweisung der Berufung.
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Das Bundesgericht zieht in Erwägung: | |
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2. Die Entscheidung darüber, ob "Verjährung" im Sinne des Art. 292 SchKG eingetreten sei, hängt davon ab, ob die fünfjährige Frist vom Abschluss des Kaufvertrages an (24. Februar 1960) oder erst von der Anmeldung und Eintragung des Eigentumsüberganges an (17. Juni 1960) zu berechnen ist. Im ersten Fall ist die Einrede (gemäss dem erstinstanzlichen Entscheide) ![]() | 7 |
Nach Art. 292 SchKG tritt "Verjährung" ein, wenn fünf Jahre "seit der anfechtbaren Rechtshandlung", "à partir de l'acte vicieux", "dall'atto rivocabile", abgelaufen sind. Der erstinstanzliche Entscheid betrachtet als anfechtbare Rechtshandlung den nach den Vorbringen des Klägers auf Gläubigerbenachteiligung angelegten Abschluss des Kaufvertrages. Demgegenüber weist der Appellationshof auf den Zweck der Anfechtungsklage hin. Diese solle zur Rückerstattung dessen führen, was dem Beschlagsrecht des Anfechtungsklägers entzogen wurde. Den Grund der Anfechtungsklage bilde die durch eine Rechtshandlung des Schuldners direkt oder indirekt herbeigeführte Verschlechterung der Exekutionsrechte der Gläubiger, sei es durch Belastung oder gänzliche Entziehung eines Exekutionsobjektes oder durch Vergrösserung der auf die Aktiven angewiesenen Passivmasse (JAEGER, N 3 zu Art. 288 SchKG). Im Fall der Anfechtung eines Liegenschaftsverkaufes zu untersetztem Preis nach Art. 286 SchKG habe das Bundesgericht daher denjenigen Rechtsakt als für die Fristbemessung massgebend bezeichnet, der den Entzug zukünftiger Exekutionsobjekte zum Abschluss bringt, also die Eintragung des Eigentumsüberganges im Grundbuch oder allenfalls die Anmeldung zur Eintragung (BGE 45 III 182/83). Entsprechendes müsse für den Beginn der allgemeinen Verjährungs- oder Verwirkungsfrist des Art. 292 SchKG gelten. Es sei belanglos, dass das Gesetz im einen Fall (in Art. 286) von Rechtsgeschäften, im andern Fall (in Art. 288, und ebenso in Art. 285 und 292) von Rechtshandlungen spreche. "In beiden Fällen kommt es nach Sinn und Zweck der Anfechtungsklage für den Fristbeginn auf die Entzugshandlung an, bei Veräusserungen demnach auf den Vollzug des Verfügungsgeschäftes." Daher spiele es auch keine Rolle, dass der Schuldner (Verkäufer) die Einwilligung zur Eigentumsübertragung bereits ![]() | 8 |
Dieser Auffassung ist beizustimmen. Die Anfechtung nach Art. 285 ff. SchKG richtet sich in den meisten Fällen gegen Handlungen des Schuldners, durch welche sein Aktivvermögen vermindert worden ist. Dass das Gesetz in erster Linie solche Fälle ins Auge fasst, ergibt sich namentlich aus Art. 291. Danach ist, wer durch eine anfechtbare Rechtshandlung "Vermögen des Schuldners erworben hat", zur "Rückgabe" verpflichtet. Von Vermögenserwerb und Rückgabe kann jedenfalls grundsätzlich nur gesprochen werden, wenn ein Vermögensübergang stattgefunden hat. Sodann kennzeichnen sich die nach Art. 287 anfechtbaren Rechtshandlungen eindeutig als Verfügungsakte (Pfandbestellung und Tilgungshandlungen). Auch Art. 286 Abs 1 bezieht sich auf Leistungen, die nicht bloss versprochen, sondern vollzogen sind. Ist es beim blossen Schenkungsversprechen geblieben, so bedarf es nach Ausstellung eines Verlustscheines oder Eröffnung des Konkurses gar keiner Anfechtung. Das Versprechen ist alsdann von Gesetzes wegen ungültig (Art. 250 Abs. 2 OR). Bei den auch den Gegenkontrahenten des Schuldners zu einer Leistung verpflichtenden "Rechtsgeschäften" des Art. 286 Abs. 2 SchKG verhält es sich nicht grundsätzlich anders. Ziff. 1 daselbst betrifft die gemischten Schenkungen; diese sind gewöhnlich, wenn es zur Anfechtung kommt, seitens des Schuldners vollzogen (so war es auch im Falle von BGE 45 III 182/83). Bei den Rechtsgeschäften der Ziff. 2 daselbst geht es in der Regel ebenfalls um eine vollzogene Leistung; denn bei derartigen Geschäften ist der Schuldner meistens vorleistungspflichtig. Sehr umfassend lautet dann allerdings die Umschreibung des Gegenstandes der Anfechtung in Art. 288 SchKG. Darunter fallen "alle Rechtshandlungen", die der Schuldner in der vom Gesetz verpönten Absicht vorgenommen hat, sofern diese Absicht dem andern Teil erkennbar war. Unter Umständen werden von dieser Norm bloss obligatorische Rechte betroffen (vgl. BGE 31 II 351/52, sowie BGE 37 II 680 ff.; HANGARTNER, Die Gläubigeranfechtung im schweizerischen Recht, Diss. Zürich 1929, S. 85). Art. 288 ermöglicht sogar die Anfechtung prozessualer Erklärungen wie auch gewisser Unterlassungen des Schuldners (vgl. JAEGER, N 3 A zu Art. 288; ![]() | 9 |
Soweit sich in der Literatur über die streitige Frage Äusserungen vorfinden, lauten sie im gleichen Sinne (vgl. GAUGLER, Die ![]() | 10 |
Nichts Abweichendes ergibt sich aus dem Inhalt der "Rückgabepflicht" des Anfechtungsgegners nach Art. 291 SchKG. Die erfolgreiche Anfechtung macht den Grundbucheintrag allerdings nicht ungerechtfertigt, noch verpflichtet sie den Erwerber zur Rückübertragung des Eigentums auf den Schuldner. Es lässt sich somit trotz dem Wortlaut des Art. 285 SchKG nicht von Ungültigkeit der Rechtshandlung (im zivilrechtlichen Sinne) sprechen. Vielmehr soll dem Gläubiger lediglich das Beschlagsrecht gesichert werden, das ihm durch die angefochtene Rechtshandlung entzogen wurde (BGE 47 III 92, BGE 81 III 102). Auch unter diesem Gesichtspunkt kommt aber der Vollzugshandlung entscheidende Bedeutung zu, so dass sie den wesentlichen oder einzigen Gegenstand der Anfechtung bildet und die Klagefrist des Art. 292 SchKG vom Zeitpunkt ihrer Vornahme an zu berechnen ist.
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Demnach erkennt das Bundesgericht:
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