BGE 92 III 9 | |||
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Bearbeitung, zuletzt am 15.03.2020, durch: DFR-Server (automatisch) | |||
3. Entscheid vom 24. März 1966 i.S. Michelis Bank AG in Liq. | |
Regeste |
1. Provisorische Teilnahme des Arrestgläubigers an einer Pfändung. Art. 281 Abs. 1 SchKG. |
Dies gilt auch dann, wenn der Arrestgläubiger mit dem Gläubiger identisch ist, der jene erste Pfändung erlangt hatte. (Erw. 2, a, d und e). |
2. Widerspruchsverfahren. Art. 106-109 SchKG. |
Der Ausgang eines Widerspruchsverfahrens ist nicht von vornherein auch für eine andere Betreibung desselben Schuldners durch denselben. Gläubiger massgebend. Die Gegenstände, die damals als Eigentum des dritten Ansprechers anerkannt wurden, sind, soweit dies möglich ist, wiederum zu pfänden, und es ist über die nochmals erhobene Ansprache ein neues Widerspruchsverfahren einzuleiten. Die Einrede der beurteilten Sache kann vor dem Richter erhoben werden. (Erw. 3). | |
Sachverhalt | |
A.- Die Liegenschaft Nr. 1886 in St. Moritz, bestehend aus dem Wohnhaus Nr. 281 c mit Umschwung, steht in hälftigem Miteigentum der Erbschaft des in München wohnhaft gewesenen Harry Heidemann und der in St. Moritz wohnenden Frau Sonja Hlasko-Ziemann. Für eine Forderung von Fr. 56'985.15 nebst Zins und Kosten gegen jene Erbschaft erwirkte die Michelis Bank AG (nun in Liq.), Zürich, am 13. Juli 1961 auf Grund von Art. 271 Abs. 1 Ziff. 4 SchKG einen Arrestbefehl, und es wurden infolgedessen der Miteigentumsanteil an der erwähnten Liegenschaft sowie (abgesehen von Bankguthaben, Bargeld, Wertschriften usw.) die im Wohnhaus Nr. 281 c befindliche Fahrhabe mit Arrest belegt (Arrest Nr. 42). Die nachfolgende Betreibung Nr. 194/61 wurde durch Rechtsvorschlag gehemmt. Indessen hiess das Bezirksgericht Maloja die Klage der Gläubigerin am 15. April 1964 gut, und nachdem die Berufung der Schuldnerin am 1. Juli 1964 zurückgezogen worden war, stellte die Gläubigerin das Pfändungsbegehren, dem das Betreibungsamt Oberengadin am 28. September 1964 durch Pfändung der arrestierten Gegenstände entsprach. Über den von Frau Sonja Hlasko-Zieman an der gesamten Fahrhabe geltend gemachten Eigentumsanspruch wurde ein Widerspruchsverfahren nach Art. 109 SchKG eingeleitet. Hiebei anerkannte die Michelis Bank AG in Liq. den Drittanspruch, soweit Frau Hlasko nicht ihrerseits an bestimmten Einrichtungsgegenständen das Alleineigentum des Erblassers bzw. der betriebenen Erbschaft anerkannte oder bloss Miteigentum beanspruchte.
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B.- Am 24. Januar 1962 nahm eine andere Gläubigerin der Erbschaft Heidemann, die Ascot Investment Ltd., Zug, für eine Forderung von Fr. 281'244.70 nebst Zins und Kosten ebenfalls Arrest auf den Miteigentumsanteil der Schuldnerin an der erwähnten Liegenschaft. (Ob auch auf andere Gegenstände, ist den Akten nicht zu entnehmen.) Die nachfolgende Betreibung konnte bisher nicht fortgesetzt werden; die Forderung ist Gegenstand eines noch hängigen Prozesses.
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C.- Im Juli 1964 liess sich die Michelis Bank AG in Liq. für eine weitere Forderung von Fr. 263'370.70 nebst Zins und Kosten, die sie gegen die Erbschaft Heidemann beim Landgericht München eingeklagt hatte, einen neuen Arrest auf denselben Miteigentumsanteil an der erwähnten Liegenschaft in St. Moritz sowie auf dieselbe in dem dort stehenden Wohnhaus befindliche Fahrhabe bewilligen. Dieser am 7. Juli 1964 bewilligte Arrest Nr. 101/64 wurde am 27. des gleichen Monats vollzogen. Nach beinahe gänzlicher Gutheissung der geltend gemachten Forderung in einem Betrage von Fr. 262'474.-- nebst Zins und Kosten durch Endurteil des Landgerichts München I, 8. Zivilkammer, vom 2. November 1964, in Rechtskraft erwachsen am 22. Januar 1965, hob die Michelis Bank AG in Liq. Betreibung an. Der Zahlungsbefehl Nr. 1250/65 wurde dem Vertreter der Schuldnerin am 2. Februar 1965 zugestellt. Es erfolgte kein Rechtsvorschlag. Indessen setzte die Gläubigerin diese Betreibung erst anfangs September 1965 fort, nachdem sie bereits am 7. April 1965 in ihrer frühern Betreibung Nr. 194/61 das Verwertungsbegehren hinsichtlich des Liegenschaftsanteils gestellt und das Betreibungsamt im August 1965 die Versteigerung des gepfändeten Miteigentumsanteils auf den 22. Oktober 1965 angeordnet hatte.
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Mit Rücksicht auf diese Steigerung stellte das Betreibungsamt den Beteiligten am 8. September 1965 das Lastenverzeichnis zu. Darin sind folgende Vormerkungen angegeben: 1. die Pfändung zugunsten der Michelis Bank A.G in der Betreibung Nr. 194/61; 2. der Arrest Nr. 53/62 zugunsten der Ascot Investment Ltd., Zug; 3. der Arrest Nr. 101/64 zugunsten der Michelis Bank AG in Liq., mit Hinweis auf das inzwischen eingegangene Pfändungsbegehren, und mit der Bemerkung: "Gepfändet wird ein allfälliger Überschuss aus der Verwertung."
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In der am 7. September 1965 in der Betreibung Nr. 1250 aufgenommenen, am 9. des gleichen Monats versandten Pfändungsurkunde ist als einziger Gegenstand verzeichnet
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"ein allfälliger Überschuss aus der Verwertung des 1/2-Miteigentums-Anteils der Erbschaft Harry Heidemann, München, an der Liegenschaft Parz. Nr. 1886, Tinus, Wohnhaus ... 715 m2 Gebäudegrundfläche, Garten und Anlagen in St. Moritz. Betreibungsamtliche Schätzung Fr. 80'000.--".
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D.- Gegen die unter C angeführten betreibungsamtlichen Verfügungen laut Lastenverzeichnis in der Betreibung Nr. 194/61 und laut Pfändungsurkunde in der Betreibung Nr. 1250/65 führte die Michelis Bank AG in Liq. Beschwerde. Sie beantragte, in jenem Lastenverzeichnis sei als Gegenstand der in der Betreibung Nr. 1250/65 damals bevorstehenden und inzwischen vollzogenen Pfändung nicht bloss der allfällige Verwertungsüberschuss zu bezeichnen, sondern es seien alle arrestierten Gegenstände "in die Pfändung und in die entsprechende Vormerkung einzubeziehen". Im gleichen Sinne sei die Pfändung als solche in der Betreibung Nr. 1250 dahin zu berichtigen, dass die in der Arresturkunde vom 7. Juli 1964 (Arrest Nr. 101/64) angeführten Arrestgegenstände in vollem Umfange zu pfänden seien.
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E.- Mit Entscheid vom 22. Dezember 1965 hat die kantonale Aufsichtsbehörde die Beschwerde abgewiesen. Zur Begründung wird im wesentlichen ausgeführt: Die Beschwerdeführerin hat an der von ihr in der Betreibung Nr. 194/61 am 28. September 1964 erwirkten Pfändung zunächst von Gesetzes wegen mit der Forderung der Betreibung Nr. 1250/65 (wofür bereits im Juli 1964 Arrest gelegt war) gemäss Art. 281 SchKG provisorisch teilgenommen. Sie versäumte es dann aber, das zur Wahrung dieses Teilnahmerechtes nach dem Kreisschreiben Nr. 27 der Schuldbetreibungs- und Konkurskammer vom 1. November 1910 Erforderliche vorzukehren. Statt die Betreibung Nr. 1250/65 unverzüglich, d.h. binnen zehn Tagen, seitdem ihr dies möglich war (also seit dem 22. Februar 1965), fortzusetzen, tat sie dies erst mehrere Monate später, anfangs September 1965. Infolge dieser Verzögerung ist sie des gesetzlichen Teilnahmerechtes verlustig gegangen. Das Betreibungsamt hat daher mit Recht in der Betreibung Nr. 1250/65 den in Frage stehenden Miteigentumsanteil bloss in nachgehendem Range, also nur den allfälligen Verwertungsüberschuss nach Deckung der Forderungen mit vorgehendem Pfändungsrang, gepfändet. - Das Beschwerdebegehren um Pfändung aller am 7. Juli 1964 arrestierten Gegenstände in der diesen Arrest prosequierenden Betreibung Nr. 1250/65 bezieht sich seinem Wortlaute nach auch auf die arrestierte Fahrhabe. Es scheitert jedoch am Ausgang des in der frühern Betreibung Nr. 194/61 ausgetragenen Widerspruchsverfahrens, wobei die Beschwerdeführerin den von Frau Sonja Hlasko-Ziemann geltend gemachten Eigentumsanspruch anerkannte. Zwar kommt dieser Prozesserledigung nur für jene Betreibung materielle Rechtskraft zu. "Das würde aber im vorliegenden Fall bedeuten, dass der Eigentumsanspruch von der Beschwerdegegnerin erneut bestritten würde und im Falle erneuter Klageeinreichung von der Beschwerdeführerin anerkannt werden müsste." Das zweite Beschwerdebegehren erscheint daher in bezug auf die Fahrhabe als trölerisch.
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F.- Mit vorliegendem Rekurs hält die Michelis Bank AG in Liq. an beiden Beschwerdebegehren fest, die sie unter Ziff. 2 und 3 einem auf Aufhebung des angefochtenen Entscheides gehenden Begehren 1 beifügt.
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Die Schuldbetreibungs- und Konkurskammer zieht in Erwägung: | |
1. Werden nach Ausstellung des Arrestbefehls die Arrestgegenstände "von einem andern Gläubiger" gepfändet, bevor der Arrestgläubiger selber das Pfändungsbegehren stellen kann, so nimmt der letztere von Rechtes wegen provisorisch an der Pfändung teil (Art. 281 Abs. 1 SchKG). Diese Bestimmung ist, wie die Vorinstanz zutreffend ausführt, immer dann anwendbar, wenn es nach Ausstellung des Arrestbefehls "in einer andern Betreibung" zur Pfändung der Arrestgegenstände kommt, bevor der Arrestgläubiger selber das Pfändungsbegehren stellen kann: also auch dann, wenn die andere Betreibung vom gleichen Gläubiger geführt wird, und gleichgültig, ob es sich ebenfalls um eine Arrestbetreibung handelt. Es muss in dieser Hinsicht für Art. 281 Abs. 1 SchKG dasselbe gelten wie für die Art. 110 und 111 SchKG, wie denn jene Gesetzesnorm nichts anderes vorsieht als eine Erweiterung des in Art. 110 und 111 vorgesehenen Rechtes der Teilnahme an einer Pfändung (BGE 48 III 155, BGE 56 III 24).
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Kommt der nach Art. 281 Abs. 1 provisorisch an der in einer andern Betreibung erfolgten Pfändung teilnehmende Gläubiger später in die Lage, selber das Pfändungsbegehren zu stellen, so muss er es ungesäumt tun, wenn er das ihm bisher wegen seines Unvermögens, selber die Pfändung zu verlangen, zugestandene Teilnahmerecht aufrecht erhalten will. Das wurde bereits in BGE 33 I 225 (= Sep.-Ausg. 10 S. 15) entschieden und die dem Arrestgläubiger hiefür einzuräumende Frist in BGE 36 I 446 Erw. 3 (= Sep.-Ausg. 13 S. 183) auf zehn Tage bemessen, laufend von dem Tage an, da er infolge definitiver Rechtsöffnung oder eines vollstreckbaren Urteils in die Lage kommt, seine Betreibung fortzusetzen. Auf diese Entscheidung stützt sich das Kreisschreiben Nr. 27 vom 1. November 1910, das für die Anwendung von Art. 281 Abs. 1 SchKG massgebend geblieben ist (BGE 50 III 183 und BGE 84 III 102 Erw. 2).
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Für den vorliegenden Fall ergibt sich daraus was folgt: Die Rekurrentin nahm an der von ihr selbst erwirkten Pfändung vom 28. September 1964 (beruhend auf dem Arrest Nr. 42/61 und auf der Betreibung Nr. 194/61) provisorisch mit der durch den Arrest Nr. 101/64 gesicherten, im September 1964 noch den Gegenstand einer hängigen Klage bildenden Forderung von Fr. 263'370.70 bzw. Fr. 262'474.--nebst Zins und Kosten teil. Nachdem sie dann aber in der für diese Forderung eingeleiteten und unbestritten gebliebenen Betreibung Nr. 1250/65 am 22. Februar 1965 (20 Tage nach Zustellung des Zahlungsbefehls; Art. 88 Abs. 1 SchKG) in die Lage gekommen war, das Pfändungsbegehren zu stellen, blieb das ihr bisher provisorisch zugestandene Teilnahmerecht nur aufrecht, wenn sie die Pfändung nunmehr binnen zehn Tagen, also bis zum 4. März 1965, verlangte. Da sie diese Frist unbenutzt verstreichen liess und das Pfändungsbegehren in der Betreibung Nr. 1250 erst anfangs September 1965 stellte, ist jenes Teilnahmerecht erloschen, während dasjenige der Ascot Investment Ltd. einstweilen bestehen blieb.
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a) Die Rekurrentin nimmt den Standpunkt ein, Art. 281 Abs. 1 SchKG sei überhaupt nicht anwendbar, falls die Arrestgegenstände nach Ausstellung des Arrestbefehls vom gleichen Gläubiger gepfändet werden. Diese Betrachtungsweise widerspricht nicht nur ihrer eigenen Stellungnahme in der kantonalen Instanz; sie läuft zudem darauf hinaus, dem von ihr in Anspruch genommenen Teilnahmerecht die Grundlage gänzlich zu entziehen. Da es sich indessen um eine Rechtsfrage handelt, ist die Rekurrentin nicht bei dieser den Rekursanträgen von vornherein entgegenstehenden Begründung zu behaften. Vielmehr bleibt es dabei, dass ihr, wie in Erw. 1 dargetan, auf Grund des Arrestes Nr. 101/64 vom 7. Juli 1964 das Vorrecht der provisorischen Teilnahme an der alsdann in der frühern Arrestbetreibung im September 1964 erwirkten Pfändung derselben Gegenstände zustand, da sie in diesem Zeitpunkt die neue Arrestbetreibung wegen des damals über die Forderung schwebenden Rechtsstreites noch nicht angehoben hatte und daher einstweilen für die neue Forderung in diesem Zeitpunkte kein Pfändungsbegehren stellen konnte.
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b) Gegenüber der vom Betreibungsamt und von der kantonalen Aufsichtsbehörde festgestellten Verwirkung des Teilnahmerechts beruft sich die Rekurrentin auf Art. 278 SchKG, der keine solche Befristung des Pfändungsbegehresn in der Arrestbetreibung vorsehe. In der Tat gelten an und für sich für die Fortsetzung einer solchen Betreibung die gewöhnlichen Regeln des Art. 88 SchKG. Damit ist jedoch nichts über die Geltungsdauer eines nach Art. 281 Abs. 1 SchKG provisorisch entstandenen Teilnahmerechtes gesagt. Das Betreibungsamt hat das im September 1965 gestellte Pfändungsbegehren in der Betreibung Nr. 1250/65 nicht etwa zurückgewiesen, sondern die Pfändung vollzogen. Bloss wurde diese Pfändung in einen nachgehenden Rang gesetzt. Wie es sich in dieser Hinsicht verhält, ergibt sich nicht aus Art. 278 in Verbindung mit Art. 88 SchKG. Ohne die besondere Bestimmung des Art. 281 Abs. 1 SchKG käme gar nicht in Frage, ein Pfändungsbegehren vom September 1965 an eine ein Jahr zuvor vollzogene Pfändung in gleichem Range anzuschliessen. Es geht also um die Tragweite des in Art. 281 Abs. 1 SchKG vorgesehenen vorzeitigen Pfändungsanschlusses. Was das erwähnte Kreisschreiben darüber bestimmt hat und ständige Schuldbetreibungspraxis geworden ist, lässt sich somit nicht mit dem Hinweis auf den (diese Frage unberührt lassenden) Art. 278 SchKG widerlegen. Im übrigen erscheint es nach wie vor als richtig, die Weitergeltung des vorzeitigen Pfändungsanschlusses eines Arrestgläubigers, sobald er selber das Pfändungsbegehren stellen kann, davon abhängig zu machen, dass er dies binnen kurzer Frist tue, und diese Frist auf zehn Tage zu bemessen. Es hätte allerdings auch in Frage kommen können, sich an Art. 110/111 SchKG anzulehnen und somit eine Fristdauer von 30 bzw. 40 Tagen gelten zu lassen. Allein es geht hier nicht um den erstmaligen Anschluss an die in einer andern Betreibung erfolgte Pfändung, sondern um die Frage, in welcher Weise ein aus besondern Gründen von Gesetzes wegen allenfalls schon längst erfolgter vorzeitiger Pfändungsanschluss eines Arrestgläubigers aufrechterhalten werden könne, wenn inzwischen die Fortsetzung der betreffenden Arrestbetreibung möglich geworden ist. Bei der Bemessung der hiebei einzuhaltenden Frist lag es näher, sich an die nach Art. 278 SchKG bei der Arrestbetreibung in verschiedener Hinsicht geltende Fristdauer von zehn Tagen zu halten.
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c) Die Folgen der Fristversäumung müssen eintreten, obwohl das Betreibungsamt die Rekurrentin nicht zum voraus auf die zur Wahrung des provisorischen Teilnahmerechtes erforderliche Massnahme aufmerksam gemacht hat und in den Betreibungsurkunden (Arresturkunde und Zahlungsbefehl) kein Hinweis auf das Kreisschreiben vom 1. November 1910 enthalten war. Als die der am 28. September 1964 in der Betreibung Nr. 194/61 vollzogenen Pfändung provisorisch angeschlossene, übrigens damals noch nicht angehobene neue Arrestbetreibung Nr. 1250/65 am 22. Februar 1965 fortgesetzt werden konnte, musste sich die Rekurrentin fragen, was zur Wahrung dieses Anschlusses nun zu tun sei. Sie konnte sich darüber beim Betreibungsamte erkundigen oder auch etwa die Taschenausgabe der Erlasse betreffend Schuldbetreibung und Konkurs von Jaeger/Daeniker, 7. Auflage 1962, zu Rate ziehen, aus deren Bemerkungen zu Art. 281 SchKG sie alles Nötige ersehen hätte. Selbst wenn man der Rekurrentin übrigens mit Rücksicht auf mangelnde Kenntnis der nicht im Gesetze selbst festgelegten Verfahrensregel eine dem Art. 110 SchKG entsprechende längere Frist von 30 Tagen zubilligen könnte, wäre ihr nicht zu helfen, da sie das Pfändungsbegehren ungefähr ein halbes Jahr lang verzögerte. Dieses noch im Rahmen des Art. 88 SchKG liegende Begehren war zwar, wie gesagt, zu vollziehen; jedoch konnte die Pfändung nicht mehr den gleichen Rang einnehmen wie diejenige vom September des Vorjahres in der Betreibung Nr. 194/61.
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d) Es kann nicht zugegeben werden, dass die Anwendung des Kreisschreibens Nr. 27 vom 1. November 1910 bei Identität des provisorisch angeschlossenen Arrestgläubigers mit dem Gläubiger, zu dessen Gunsten die betreffende Pfändung vollzogen wurde, als zwecklos erscheine. Die Rekurrentin hält dafür, das erwähnte Kreisschreiben wolle bloss verhindern, dass der Gläubiger, der dieselben Gegenstände pfänden liess, die Konkurrenz eines provisorisch angeschlossenen Arrestgläubigers noch lange Zeit dulden müsse, nachdem dieser selber das Pfändungsbegehren hätte stellen können, es jedoch nicht getan habe. Bei Identität der beiden Gläubiger bestehe aber kein Grund, eine solche Konkurrenz zeitlich zu beschränken.
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Für diese Unterscheidung bietet Art. 281 Abs. 1 SchKG keinen Anhaltspunkt. Sie widerspricht der gesetzlichen Regelung, die, wie dargetan, bei Identität der beiden Gläubiger in gleicher Weise gelten muss. Die erwähnte Sondervorschrift erweitert in bestimmter Weise die Bildung einer Pfändungsgruppe, wie sie grundsätzlich in Art. 110/111 SchKG geregelt ist. Ist der Arrestgläubiger dann, wenn die Arrestgegenstände in einer andern Betreibung gepfändet werden, bereits in der Lage, selber die Pfändung zu verlangen, so kommt ihm das Recht provisorischen Pfändungsanschlusses nach Art. 281 Abs. 1 SchKG nicht zu. Er ist in diesem Falle wie jeder andere Gläubiger darauf angewiesen, das Pfändungsbegehren binnen 30 (bzw. 40) Tagen seit der die Gruppe einleitenden Pfändung zu stellen, wenn er in gleichem Range daran teilnehmen will, und zwar gleichgültig, ob er mit dem Gläubiger der grundlegenden Pfändung identisch ist. Dieser Rang kommt ihm bei späterer Stellung des Pfändungsbegehrens nicht zu, auch wenn er sich an die allgemeine Fortsetzungsfrist des Art. 88 SchKG hält. Dem entspricht es, die im Kreisschreiben Nr. 27 vom 1. November 1910 festgesetzte Frist zur Wahrung eines provisorischen Pfändungsanschlusses ebenfalls ohne Rücksicht auf allfällige Identität der beiden Gläubiger Platz greifen zu lassen.
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Übrigens ist im vorliegenden Falle auch noch das provisorische Teilnahmerecht eines andern Gläubigers zu beachten: der Ascot Investment Ltd, Zug. Diese wird ihrerseits, wenn sie im schwebenden Forderungsprozess obsiegt, die in Frage stehende Frist zur Wahrung ihres Anschlusses im gleichen Range einzuhalten haben. Es ginge nun nicht an, sie bei Versäumung der Frist in nachgehenden Pfändungsrang zu weisen, diese Rechtsfolge dagegen nicht auch gegenüber der im gleichen Sinne säumig gewordenen Rekurrentin eintreten zu lassen. Falls aber die "Ascot" die Frist einhält, wäre es nicht gerechtfertigt, die Rekurrentin trotz ihres Säumnis in den gleichen Pfändungsrang zu stellen.
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e) Ist somit das die Ranggleichheit begründende Teilnahmerecht für die Betreibung Nr. 1250/65 erloschen, und kommt daher der Rekurrentin in dieser Betreibung nur nachgehender Pfändungsrang zu (Pfändung des allfälligen Verwertungsüberschusses nach Deckung der Forderung ihrer eigenen Betreibung Nr. 194/61 und allenfalls derjenigen der "Ascot"), so ist das auf Ranggleichheit abzielende Beschwerdebegehren auch hinsichtlich des Lastenverzeichnisses abzuweisen, das als Grundlage der vom Betreibungsamt angeordneten (jedoch später auf unbestimmte Zeit vertagten) Verwertung des Miteigentumsanteils der Schuldnerin an der erwähnten Liegenschaft aufgestellt wurde.
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Das Teilnahmerecht besteht natürlich auch für die mitarrestierte Fahrhabe nicht mehr, die ausserhalb der Liegenschaftsanteilsverwertung steht und daher im erwähnten Lastenverzeichnis nicht berücksichtigt ist.
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3. Diese Fahrhabe wurde nun aber in der Betreibung Nr. 1250/65 überhaupt nicht, also auch nicht in nachgehendem Range gepfändet, und die Vorinstanz hat die Einbeziehung der Fahrhabe mit Hinweis auf den für die Drittansprecherin günstigen Ausgang eines in der Betreibung Nr. 194/61 eingeleiteten Widerspruchsverfahrens gänzlich abgelehnt. Dieser Betrachtungsweise kann nicht beigestimmt werden. Das Widerspruchsverfahren zwischen dem betreibenden Gläubiger und einem Dritten, der das Eigentum oder ein beschränktes dingliches Recht an Arrest- oder Pfändungsgegenständen beansprucht, hat Rechtskraftwirkung nur für die Betreibung, in deren Lauf es ergangen ist (BGE 86 III 142 Erw. 2). Vorbehalten blieb die Frage, ob dann, wenn ein Widerspruchsverfahren durch Sachurteil, gerichtlichen Vergleich oder gerichtliche Anspruchsanerkennung abgeschlossen wurde, dem Dritten "in einer neuen Betreibung desselben Gläubigers gegen denselben Schuldner für dieselbe Forderung" gegenüber einer neuen Klage nach Art. 109 SchKG die Einrede der abgeurteilten Sache zuzuerkennen sei (BGE 86 III 144 Mitte; verneinend KUMMER, ZbJV 98 S. 58/59). Der gerichtlichen Entscheidung hierüber dürfen die Betreibungsbehörden nicht vorgreifen; im vorliegenden Falle um so weniger, als die neue Betreibung nicht die gleiche Forderung betrifft wie die früher angehobene. Vollends lag kein Grund vor, sogar die Pfändung derjenigen beweglichen Sachen abzulehnen, die im frühern Widerspruchsverfahren als im Eigentum oder Miteigentum der Schuldnerin stehend anerkannt worden waren. Da indessen nicht feststeht, ob und in welchem Masse die Beteiligten an den im frühern Verfahren ausgesprochenen Anerkenntnissen festhalten werden, sind in der Betreibung Nr. 1250/65 einfach alle vom Arrest Nr. 101/64 betroffenen Fahrnissachen - in nachgehendem Range zur frühern Pfändung, soweit diese aufrecht geblieben ist - wiederum zu pfänden. Sache der Beteiligten wird es sein, das neue Widerspruchsverfahren allenfalls zu vermeiden oder zu vereinfachen, indem sie, wenn sie es wollen, die seinerzeit abgegebenen Anerkenntniserklärungen in vollem Umfang oder teilweise erneuern.
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Demnach erkennt die Schuldbetr.- u. Konkurskammer:
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Das Rekursbegehren 3 wird gutgeheissen und das Betreibungsamt Oberengadin demgemäss angewiesen, in der Betreibung Nr. 1250 ausser dem allfälligen Überschuss aus der Verwertung des hälftigen Miteigentumsanteils an der Parzelle Nr. 1886 in St. Moritz (Pos. 1 der Pfändungsurkunde) auch alle andern in der Arresturkunde vom 7. Juli 1964 verzeichneten Gegenstände (Arrest Nr. 101/64) zu pfänden.
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