BGE 92 III 41 | |||
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Bearbeitung, zuletzt am 15.03.2020, durch: DFR-Server (automatisch) | |||
7. Entscheid vom 20. Juli 1966 i.S. Konkursmasse Ott. | |
Regeste |
Verfügungen des Sachwalters bei Nachlass-Stundung einer Bank. |
2. Auskunftspflicht der Bank gegenüber einem als Gläubiger auftretenden Kunden; Art. 6 Abs. 1 BNV. Abklärungspflicht des Sachwalters; Art. 5 Abs. 2 BNV. Neutrale Rechtsstellung des Sachwalters gleich derjenigen eines Konkursverwalters. Grenzen des Bankgeheimnisses; vgl. Art. 10 BNV. Die Auskunft über die Abwicklung seiner Rechtsbeziehungen zur Bank darf einem Kunden derselben vom Sachwalter nicht verweigert werden, auch wenn die Bank die von jenem erhobene Forderung bestreitet. (Erw. 2). | |
Sachverhalt | |
A.- Die Aiutana Bank gab in dem vom Konkursamt Zürich-Riesbach verwalteten Konkurs des Fritz Ott eine durch Pfandrecht an Waren gesicherte Forderung ein. Mehrere Wochen später widerrief sie diese Anmeldung, welche irrtümlicherweise auf einer im Jahre 1963 erfolgten Waren-Pfandverschreibung beruht habe. Seither sei nämlich gemäss Vereinbarungen vom 9. Januar/1. April 1964 das betreffende Mobiliar per Saldo ihrer Forderung in ihr Eigentum übergegangen. Auf diesem Eigentumserwerb beharrte sie auch, als das erwähnte Konkursamt von ihr im Dezember 1965 eine spezifizierte Abrechnung verlangte und darauf hinwies, dass die Aiutana Bank seinerzeit selber mit einem - dem Schuldner Ott zukommenden - Überschuss des Verkaufserlöses gerechnet habe.
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B.- Am 7. Februar 1966 erhielt die Aiutana Bank AG eine Nachlass-Stundung von sechs Monaten. Als Sachwalterin wurde die Allgemeine Treuhand AG, Zürich, ernannt. An diese wandte sich nun das Konkursamt Zürich-Riesbach mit dem Ersuchen um Prüfung, "ob dieses eigenartige Kreditgeschäft teilweise zu Lasten der Gläubiger Otts abgeschlossen wurde". Zugleich meldete es vorsorglich eine Forderung unbestimmten Betrages zur Kollokation in fünfter Klasse an "aus ev. ungerechtfertigter Bereicherung bzw. wegen allf. paulianischer Anfechtbarkeit der in Frage stehenden Transaktion". Die Sachwalterin gab jenem Ersuchen die Folge, dass sie die Nachlass-Schuldnerin anwies, die gewünschte spezifizierte Abrechnung zu erstatten, was die Aiutana Bank AG jedoch nach wie vor ablehnte. Auf eine neue Zuschrift des Konkursamtes erklärte die Sachwalterin, es liege nicht ihr, sondern der Nachlass-Schuldnerin ob, Auskunft zu erteilen. Und endlich schrieb sie dem Konkursamt am 10. Mai 1966, ihre Abklärungen hätten ergeben, dass die in Frage stehenden ungarischen Stilmöbel in der Tat ins Eigentum der Nachlass-Schuldnerin übergegangen seien; unter diesen Umständen erübrige sich die Vorlage einer Abrechnung.
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C.- Mit einer Beschwerde vom 17. Mai 1966 an das Handelsgericht des Kantons Zürich als Nachlassbehörde für Banken "wegen Auskunftsverweigerung der Aiutana Bank AG, bezw. der eben genannten Sachwalterin" stellte das Konkursamt Zürich-Riesbach als Konkursverwaltung im Konkurse des Fritz Ott den Antrag,
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"Sie möchten anordnen, dass uns jede Auskunft über die damalige Transaktion und die seitherigen Veränderungen erteilt und auch Einsicht in diejenigen Akten gewährt werde, welche diejenigen Kredite betreffen, zu deren Sicherung die Eigentumsübertragung vorgenommen wurde, ferner, dass wir über die Liquidation auf dem Laufenden gehalten werden und schliesslich eine spezifizierte Abrechnung über das ganze Finanzgeschäft kostenlos erhalten."
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Die Aiutana Bank AG beantragte, die Beschwerde sei "als verspätet und unbegründet abzuweisen". Die Allgemeine Treuhand AG enthielt sich eines formellen Antrages.
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D.- Mit Entscheid vom 28. Juni 1966 hat das Handelsgericht des Kantons Zürich die Beschwerde, soweit darauf eingetreten werden könne, abgewiesen, im wesentlichen aus folgenden Gründen: Wohl verpflichtet Art. 5 Abs. 2 BNV, auf welchen sich das beschwerdeführende Amt stützt, den Sachwalter, über die Höhe von Forderungen, wenn nötig, von sich a us Abklärung zu schaffen. Auf diesem Wege soll eine zuverlässige Grundlage für die Bilanz geschaffen werden, die der Sachwalter nach Art. 8 derselben Verordnung aufzustellen hat. Die Ansprüche, die das beschwerdeführende Konkursamt gegenüber der Nachlass-Schuldnerin erhebt, sind nun aber "nicht Forderungen im Sinne der genannten Bestimmung". sondern es handelt sich um Ansprüche, welche die Nachlass-Schuldnerin bestreitet. Der Sachwalter hat nicht die materielle Begründetheit der angemeldeten Forderungen zu prüfen, und noch weniger kann es seine Aufgabe sein, "dem angeblichen Gläubiger Unterlagen für die Durchsetzung seines bestrittenen Anspruches zu verschaffen". Eine solche Pflicht ist auch nicht in der Aufschlusspflicht der Bank selbst nach Art. 6 Abs. 1 BNV eingeschlossen. Die Nachlass-Schuldnerin hat ihren Standpunkt, wonach dem Konkursiten Ott keine Forderung gegen sie zusteht, dargelegt; mit dieser Auskunft muss sich das Konkursamt begnügen. Auch im Nachlassverfahren ist das Verhältnis der Bank gegenüber ihrem konkursiten Kunden "kein anderes als dasjenige irgend eines Dritten, der eine behauptete Schuld gegenüber dem Gemeinschuldner bestreitet". Daher war die Sachwalterin ebenfalls "nicht gehalten, für die Erteilung der verlangten Auskunft über die Abwicklung des angeblich anfechtbaren Geschäfts besorgt zu sein". Die Beschwerde gegen die Sachwalterin ist daher abzuweisen. Die Nachlass-Schuldnerin aber untersteht gar nicht der Aufsicht der Nachlassbehörde, weshalb auf die gegen sie erhobene Beschwerde nicht einzutreten ist.
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E.- Mit vorliegendem Rekurs an das Bundesgericht hält das Konkursamt Zürich-Riesbach an der Beschwerde gegen die Sachwalterin und die Nachlass-Schuldnerin fest.
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Die Schuldbetreibungs- und Konkurskammer zieht in Erwägung: | |
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Die Beschwerde gegen den Sachwalter aber war rechtzeitig. da die Allgemeine Treuhand AG sich zuvor um eine Auskunfterteilung der Nachlass-Schuldnerin bemüht und dann erst am 10. Mai 1966 das Begehren um Vorlage einer spezifizierten Abrechnung als unbegründet bezeichnet hatte. Das den Konkurs des Bankkunden Ott verwaltende Konkursamt war zur Beschwerdeführung legitimiert; denn es verfocht auf diesem Wege Interessen der Konkursmasse, also der Gesamtheit der Konkursgläubiger (BGE 86 III 127 Erw. 2).
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2. Dass eine Bank jedem Kunden über den Stand seiner Guthaben und Verpflichtungen sowie über den Bestand der ihr in Verwaltung gegebenen Wertpapiere Auskunft zu geben hat, versteht sich von selbst als Ausfluss des zwischen ihr und dem Kunden bestehenden Vertragsverhältnisses. Art. 6 Abs. 1 BNV verpflichtet die Bank noch speziell, "einem Gläubiger über den Bestand seiner Forderungen nach ihren Büchern rechtzeitig vor Ablauf der Eingabefrist Aufschluss zu erteilen". Anderseits kann der Sachwalter nach Abs. 2 daselbst, soweit nötig, von einzelnen Gläubigern die Vorweisung der Forderungsurkunden verlangen. Nichts hindert zudem einen Gläubiger. sich seinerseits beim Sachwalter über den Verlauf der zwischen ihm und der Bank bestehenden Rechtsbeziehungen zu erkundigen, wenn er (etwa als Geschäftsnachfolger oder Erbe), darüber nicht in jeder Beziehung Bescheid weiss und die Bank ihm nicht gehörig Auskunft gibt. Denn es gehört zu den Aufgaben des Sachwalters, sich auch selber genau Rechenschaft über die Verbindlichkeiten der Bank zu geben und "über die Höhe von Forderungen, deren wirklicher Betrag sich nicht aus den Büchern der Bank ergibt, z.B. aus Indossamenten, Garantie- und Kautionsverträgen, Bürgschaften und dergleichen, von sich aus Erhebungen anzustellen" (Art. 5 Abs. 2 BNV). Er kann daher nicht nur die Bücher der Bank samt zugehörigen Briefen, Belegen usw. nachsehen, sondern auch die Bankorgane befragen und Dritten Auskunft erteilen, um die Sache mit ihnen soweit wie möglich zu bereinigen. Der Sachwalter ist öffentliches Organ des Staates zur Leitung des Nachlassverfahrens; er hat die Interessen des Schuldners und der Gläubiger gleichermassen zu wahren; seine Stellung entspricht derjenigen des Konkursamtes oder einer ausseramtlichen Konkursverwaltung (vgl. JAEGER, N. 4 zu Art. 295 SchKG; entsprechende Note bei JAEGER/DAENIKER, SchK-Praxis, wo von einer "unparteiischen Treuhändertätigkeit im Interesse aller Beteiligten" gesprochen wird). Wie bereits entschieden wurde, erschöpft sich die Pflicht einer Konkursverwaltung bei Erwahrung der Konkurseingaben nicht in der Einladung zum Vorlegen von Beweismitteln. In manchen Fällen sind nähere Erkundigungen einzuziehen, beim Ansprecher selbst und gegebenenfalls auch anderwärts. Auf diesem Weg erhält die Konkursverwaltung oftmals leicht diejenigen Aufschlüsse, die ihr sonst erst im Prozess zur Kenntnis kommen und sie dann zur Anerkennung der einfach "mangels Ausweises" abgewiesenen Ansprache veranlassen, mit entsprechender Kostenbelastung (so wörtlichBGE 68 III 140). Entsprechendes gilt für das Verfahren der Nachlass-Stundung, namentlich auch mit Rücksicht auf einen allenfalls den Gläubigern vorzuschlagenden Liquidationsvergleich. Die Ansicht der Vorinstanz, die in Frage stehenden Ansprüche des Bankkunden Ott, wie sie das beschwerdeführende Konkursamt ins Auge fasst, seien nicht Forderungen im Sinne des Art. 5 Abs. 2 BNV, weil die Nachlass-Schuldnerin sie bestreitet, geht fehl. Auch Forderungen, welche die in Nachlass-Stundung befindliche Bank nicht anerkennen will, sind so gut wie möglich abzuklären. Und die weitere Erwägung, es könne nicht Aufgabe des Sachwalters sein, einem angeblichen Gläubiger Unterlagen für die Durchsetzung seines von der Bank bestrittenen Anspruches zu verschaffen, verkennt die Stellung des Sachwalters, der nicht Beauftragter des Schuldners ist und nicht einseitig dessen Interessen zu vertreten hat. Eine vollständige Auskunft über die Abwicklung der Rechtsbeziehungen der Bank zum anfragenden Dritten (zumal, wie hier, eines Bankkunden) bedeutet nicht Parteinahme für ihn gegenüber der Nachlass-Schuldnerin. Dieser Pflicht zur Offenbarung wesentlicher Tatsachen, auf deren Kenntnisgabe der Kunde Anspruch hat, steht auch nicht etwa das Bankgeheimnis entgegen. Art. 10 BNV trägt der Pflicht der Bank zur Verschwiegenheit Rechnung, indem er die Aktenauflage in bestimmter Weise einschränkt und eine weitergehende Einsichtnahme an den Nachweis eines berechtigten Interesses knüpft. Es ist aber keineswegs zulässig, einem Gläubiger oder seiner Konkursmasse die Auskunft über die Abwicklung des ihn selber betreffenden Rechtsverhältnisses zu verweigern. Müsste sich der anfragende Gläubiger mit der Erklärung der Bank, es bestehe keine Forderung, begnügen, so könnte die Bank, wie die Rekurrentin mit Recht geltend macht, durch Bestreitung aller ihr missliebigen Forderungen sich jeder Auskunftspflicht entziehen. Dass sich die Ermittlungspflicht des Sachwalters und die Auskunftspflicht der Bank (und allenfalls eben auch des Sachwalters) bereits auf die Zeit beziehen, während welcher die Eingabefrist läuft, ergibt sich aus der Stellung der Artikel 5 und 6 BNV im Abschnitt I und noch besonders aus dem Wortlaut des Art. 6 Abs. 1. Im nachfolgenden Bestätigungsverfahren hat alsdann der Sachwalter die Erklärungen der zuständigen Bankorgane über die Anerkennung oder Bestreitung der angemeldeten Forderungen einzuholen. Es stand der Nachlass-Schuldnerin nicht zu, durch voreilige Bestreitung der von der Konkursmasse ihres Kunden Ott angemeldeten Ansprüche die gehörige Abklärung der Anspruchsgrundlagen zu verhindern. Vielmehr hatte sie den Sachwalter in seiner Aufgabe zu unterstützen, unnötige Prozesse, insbesondere beim Liquidationsvergleich Kollokationsprozesse, zu vermeiden. Bei einer überschuldeten und illiquiden Bank ist die Auskunftspflicht von besonderer Bedeutung, weshalb der Sachwalter für deren Erfüllung zu sorgen und wenn nötig selber an Stelle der Bank zu handeln hat. Die Allgemeine Treuhand AG betrachtete übrigens, wie erwähnt, das Begehren der Konkursmasse des Bankkunden Ott als begründet und wies die Bank zur Auskunfterteilung an. Wenn sie nachher die Überzeugung gewann, Ott habe der Bank das ihr seinerzeit verpfändete Mobiliar (gültig, wie sie annimmt) zu Eigentum übertragen, so war dies kein zureichender Grund, die von der Konkursmasse Ott angemeldeten Ansprüche als völlig haltlos zu betrachten. Es konnte sich um eine Sicherungsübereignung handeln und dem betreffenden Kunden ein Anspruch auf einen Überschuss beim Verkauf des Mobiliars gewahrt bleiben. Die Aiutana selbst hatte am Anfang mit einem Überschuss des Liquidationserlöses über die zu deckende Forderung gerechnet, wie sich aus ihrem Schreiben vom 22. Oktober 1964 an das beschwerdeführende Konkursamt ergibt. Auch ein allfälliger Anfechtungsanspruch nach Art. 285 ff. SchKG lässt sich nicht von vornherein ausschliessen. Sollte aber die nähere Prüfung des Tatsachenablaufes eine Verneinung solcher Ansprüche rechtfertigen, so liegt ebenfalls ein genügender Grund vor, dem beschwerdeführenden Konkursamte die verlangte Auskunft zu erteilen, um wenn möglich einer gerichtlichen Auseinandersetzung vorzubeugen.
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Demnach erkennt die Schuldbetr.- u. Konkurskammer:
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