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2. Entscheid vom 13. Februar 1967 i.S. Rebmann. | |
Regeste |
Unter welchen Voraussetzungen haben Dritte Anspruch auf Einsicht in die Konkursakten (Art. 8 Abs. 2 SchKG)? Schranken dieses Anspruchs. | |
Sachverhalt | |
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Der Stellvertreter des Konkursamtes wies das Gesuch Rebmanns am 13. Dezember 1966 ab mit der Begründung, das Interesse Rebmanns betreffe weniger die beiden Konkursverfahren als sein Verhältnis zur Bank; da in beiden Konkursen eindeutig diese als Gläubigerin ausgewiesen sei, könne Rebmann nicht als Konkursgläubiger betrachtet werden.
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B.- Gegen diese Verfügung erhob Rebmann Beschwerde mit dem Antrag, sein Gesuch zu schützen. Er machte geltend, er sei materiell Konkursgläubiger, und wiederholte im übrigen zur Hauptsache, was er in seiner Eingabe vom 29. November 1966 vorgebracht hatte.
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"Ich habe die finanziellen Beziehungen zwischen der Bank X und den beiden Konkursiten eingehend und sorgfältig geprüft und dabei wohl festgestellt, dass die Bank X von der Immotrust AG Komissionen und Gebühren von Fr. 70'627.50 vom 28.4.1964 bis 13.1.1965 bezog. Aufgrund der am 18.10.1966 stattgefundenen Liegenschaftssteigerung wird die Bank X jedoch voraussichtlich einen Verlust von Fr. 74'000.-- für Pfandausfall und Fr. 82'330.35 für nichtpfandgesicherte Zinsen erleiden, sodass ein gerichtlich auszutragender Rechtsstreit über eine Herabsetzung der bezogenen Komissionen und Gebühren ohne jeglichen Nutzen für die Konkursgläubiger bliebe. Der Konkursmasse würden lediglich zusätzliche Kosten erwachsen, die ich nicht verantworten könnte..."
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Die kantonale Aufsichtsbehörde hat die Beschwerde am 9. Januar 1967 abgewiesen, weil der Beschwerdeführer als Treugeber der als Gläubigerin auftretenden Bank kein genügendes Interesse an der Akteneinsicht nachzuweisen vermöge und das von ihm geltend gemachte Interesse zudem nicht die in Frage stehenden Konkursverfahren, sondern eine zwischen ihm und der Bank auszutragende Angelegenheit betreffe.
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C.- Diesen Entscheid hat der Beschwerdeführer an das Bundesgericht weitergezogen. Er erneuert in der Rekursschrift sein Beschwerdebegehren.
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Die Schuldbetreibungs- und Konkurskammer zieht in Erwägung: | |
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Im Falle des Konkurses billigt die Rechtsprechung grundsätzlich ![]() | 9 |
Mit der Frage, ob, unter welchen Voraussetzungen und wieweit Personen, die nicht Konkursgläubiger sind, Einsicht in die Konkursakten verlangen können, hat sich das Bundesgericht auf jeden Fall in seiner veröffentlichten Rechtsprechung bisher noch nicht befasst. Dagegen hat es entschieden, dass der Gesuchsteller, der vom Betreibungsamt Auskunft darüber verlangt, ob gegen eine bestimmte Person Betreibungen hängig sind oder waren, nicht darzutun braucht, dass er Gläubiger dieser Person ist, sondern dass ihm schon dann ein genügendes Interesse an der verlangten Auskunft zuzugestehen ist, wenn er wahrscheinlich macht, dass er von der betreffenden Person ein Angebot zum Vertragsabschluss (z.B. eine Warenbestellung) erhalten hat oder dass er mit ihr in geschäftlichen Beziehungen steht oder stand oder mit ihr einen Prozess führt, in welchem die in Frage stehenden Betreibungen eine Rolle spielen ![]() | 10 |
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a) Das Bestehen eines Auftrags zu fiduziarischer Geschäftsbesorgung ist durch die Beilagen zum Gesuch vom 29. November 1966 hinlänglich dargetan. Der vom Rekurrenten vorgelegte "Auftrag und Treuhandvertrag" vom 29. Oktober 1963 ist zwar nur von ihm unterschrieben. In ihren Schreiben an ihn vom 7. Oktober und vom 23. und 24. November 1966 sowie in der ihm am 16. November 1966 zugestellten Abrechnung spricht jedoch die Bank X ihrerseits von einem Treuhandvertrag bezw. Treuhandverhältnis mit ihm in Sachen Zarn bezw. Immotrust AG, und laut ihrem Schreiben vom 23. November 1966 schickte sie ihm an diesem Tag einen Check für den Betrag, den sie ihm nach der erwähnten Abrechnung in ihrer Eigenschaft als "Beauftragte und Treuhänderin" nach Abzug der ihr gemäss Treuhandvertrag zustehenden Kommissionen als Erlös aus der Versteigerung der für ein Darlehen an die Immotrust AG im Betrage von Fr. 120'000.-- haftenden Liegenschaft Nr. 906 schuldete. Mit diesen Äusserungen und Handlungen hat sie das Bestehen eines fiduziarischen Auftragsverhältnisses zwischen dem Rekurrenten und ihr anerkannt.
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b) Es liegt auf der Hand, dass der Rekurrent daran interessiert ist, anhand der Konkursakten nachprüfen zu können, ob die Bank die aus diesem Auftragsverhältnis sich ergebenden Pflichten gehörig erfüllt habe oder nicht. Die Annahme der Vorinstanz, er bestreite nicht (gemeint: er mache nicht geltend), dass die Bank seine Interessen im Konkurs nicht gehörig gewahrt habe, geht fehl. Aus der Eingabe vom 29. November 1966, dem ihr beigelegten Briefwechsel mit der Bank und ![]() | 13 |
c) Art. 8 Abs. 2 SchKG gewährt die Einsicht in die von den Betreibungs- und den Konkursämtern bezw. von der Konkursverwaltung geführten Protokolle (und gegebenenfalls in die zugehörigen Akten) jedermann, der ein Interesse nachweist. Das Gesetz verlangt also nicht, dass der Gesuchsteller als Gläubiger der Person, gegen die sich das hängige oder hängig gewesene Verfahren richtet oder gerichtet hat, oder gar als Beteiligter an diesem Verfahren an der Einsicht interessiert sei. Wie bei der Beurteilung von Gesuchen um Einsicht in die Betreibungsregister entschieden wurde (vgl. die am Schluss von Erwägung 1 hievor angeführten Entscheide), können vielmehr unter Umständen auch andere Personen ein beachtliches Interesse an der Akteneinsicht haben. Notwendig ist nach ständiger Rechtsprechung nur, dass es sich um ein besonderes und gegenwärtiges Interesse rechtlicher Natur handelt, das Schutz verdient. Ob und wieweit diese Voraussetzung erfüllt sei, ist, wie die Vorinstanz in einem frühern Entscheide zutreffend ausgeführt hat, unter Berücksichtigung der konkreten Umstände von Fall zu Fall zu beurteilen (SJZ 1958 Nr. 123 S. 204).
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Das Bundesgericht hat in BGE 85 III 120, BGE 86 III 118 und BGE 91 III 96 allerdings erklärt, einem Konkursgläubiger dürfe die Einsicht in bestimmte Aktenstücke verweigert werden, wenn er sie aus Gründen verlange, die mit seiner Gläubigereigenschaft nichts zu tun haben (vgl. Erwägung 1 Absatz 2 hievor). Hieraus ist jedoch nicht zu schliessen, die Einsicht in die Konkursakten könne entgegen dem allgemein gefassten Gesetzeswortlaut und den von der Rechtsprechung für die Einsicht in die Betreibungsregister entwickelten Regeln einzig aus Gründen verlangt werden, die mit der Gläubigereigenschaft ![]() | 15 |
Dürfen die Konkursgläubiger das Einsichtsrecht nicht missbräuchlich ausüben und ist ihnen, wie in den angeführten Entscheiden ausserdem erklärt wurde, die Einsicht in Aktenstücke zu verweigern, deren Bekanntgabe gegen eine gebieterische Pflicht zur Geheimhaltung verstiesse, so muss das erst recht für Gesuchsteller gelten, die Einsicht in die Konkursakten verlangen, ohne Konkursgläubiger zu sein.
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d) Der Rekurrent verlangt die Einsicht in die Akten der Konkurse Immotrust AG und Zarn unter Berufung auf ein Vertragsverhältnis zwischen ihm und einem Konkursgläubiger, der als sein Treuhänder mit den Gemeinschuldnern Geschäfte abzuschliessen und seine Interessen auch in den Konkursverfahren treuhänderisch zu wahren hatte und den er, wenn die Konkursakten seinen Verdacht bestätigen, wegen Verletzung der Pflicht zu getreuer Geschäftsbesorgung zur Verantwortung ziehen will. Sein Gesuch stüzt sich also auf ein besonderes und gegenwärtiges Interesse rechtlicher Natur, das Schutz verdient. Dass er die Akteneinsicht in missbräuchlicher Weise verlange, kann ihm nicht vorgeworfen werden. Insbesondere lässt sich nicht sagen, der Verdacht, dem er nachgehen will, sei offensichtlich haltlos, so dass die Akteneinsicht keinen vernünftigen Zweck haben könne. Die Vernehmlassung des Konkursverwalters bestätigt, dass die Bank X in den fraglichen Angelegenheiten nicht nur als Treuhänderin des Rekurrenten handelte, sondern auch bedeutende eigene Interessen wahrnahm. Eine ![]() | 17 |
Dem Rekurrenten die Einsicht in bestimmte Aktenstücke zwecks Wahrung von Geschäftsgeheimnissen der Bank zu verweigern, kommt nicht in Frage; denn die Bank schuldet ihm als seine Beauftragte Rechenschaft über ihre Geschäftsführung (Art. 400 Abs. 1 OR) und muss sich gefallen lassen, dass in diesem Zusammenhang auch ihre eigenen Geschäfte mit den Gemeinschuldnern geprüft werden.
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Zu wahren sind dagegen allfällige Geschäftsgeheimnisse der Gemeinschuldner, soweit ihr Schutz sich im Sinne der Rechtsprechung gebieterisch aufdrängt.
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Von den ihm bekanntzugebenden Aktenstücken kann sich der Rekurrent gegen Bezahlung der Kosten Abschriften geben lassen.
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Demnach erkennt die Schuldbetr.- u. Konkurskammer:
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In Gutheissung des Rekurses wird der angefochtene Entscheid aufgehoben und das Konkursamt Gossau als Konkursverwaltung in den Konkursen über die Immotrust AG und über Thomas Zarn angewiesen, dem Rekurrenten unter Vorbehalt der Wahrung von Geschäftsgeheimnissen der Gemeinschuldner Einsicht in die Protokolle und die übrigen Akten dieser Konkursverfahren zu gewähren.
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