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Bearbeitung, zuletzt am 15.03.2020, durch: DFR-Server (automatisch) | |||
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15. Auszug aus dem Entscheid vom 22. Mai 1968 i.S. Randegger. | |
Regeste |
Ein bedingter Verzicht auf eine bereits vollzogene Pfändung (insbesondere die Zustimmung zur einstweiligen "Sistierung" einer vollzogenen Lohnpfändung) ist nicht zulässig. |
Umstände, unter denen dem betreibenden Gläubiger nach Treu und Glauben (Art. 2 ZGB) nicht entgegengehalten werden darf, die Betreibung sei infolge seiner Verzichtserklärung dahingefallen. | |
Sachverhalt | |
1 | |
A.- Kurt und Robert Randegger betreiben ihren Vater Julius Randegger gemeinsam für rückständige Unterhaltsbeiträge (Betreibungen Nr. 9675 und 2110). Am 13./23. Juni 1967 pfändete das Betreibungsamt Zürich 2 in diesen (zur Gruppe Nr. 59 zusammengefassten) Betreibungen vom Lohn des Schuldners Fr. 3.80 pro Arbeitsstunde.
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Nachdem der Schuldner regelmässige Zahlungen an die Gläubigervertreter versprochen hatte, gaben diese am 7./8. Juli 1967 gegenüber dem Betreibungsamte folgende "Erklärung" ab:
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a) die verfügte Lohnpfändung mit sofortiger Wirkung sistiert wird,
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b) die Anzeige an den Arbeitgeber unterbleibt oder widerrufen wird,
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c) der Einzug der Lohngelder durch das Betreibungsamt unterbleibt.
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Wir haben davon Kenntnis, dass nach Ablauf der Lohnpfändungsdauer für einen allfällig ungedeckten Betrag kein Verlustschein ausgestellt wird.
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Wir behalten uns das Recht des Widerrufs dieser Erklärung vor und sind damit einverstanden, dass die Lohnpfändung sofort dann von Amtes wegen angeordnet wird, wenn andere Gläubiger auf der Durchführung der Lohnpfändung bestehen.
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Allfällig noch eingehende Lohngelder können dem Schuldner ausbezahlt werden."
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Die Pfändungsurkunde, die auf diese Erklärung hinwies, wurde am 17. Juli 1967 versandt.
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B.- Am 27. November 1967 pfändete das Betreibungsamt Zürich 2 zugunsten der Gläubiger der Gruppe Nr. 129 "im Anschluss" an die Pfändung zugunsten der Gruppe Nr. 59 vom Lohn des Schuldners wiederum Fr. 3.80 pro Arbeitsstunde.
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Am 7. Dezember 1967 teilte das Betreibungsamt dem Schuldner mit, diese neue Lohnpfändung bedinge die Wiederaufnahme der einstweilen sistiert gewesenen Lohnpfändung in der Gruppe Nr. 59, und verfügte:
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"Vom Lohn des Schuldners ... werden mit Wirkung ab 27. November 1967 Fr. 3.80 pro Arbeitsstunde gepfändet, für die Pfändungsgläubiger in Gruppe Nr. 59 längstens bis 13. Juni 1968."
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C.- Am 17. Dezember 1967 führte der Schuldner gegen die Verfügung vom 7. Dezember 1967 Beschwerde. Er machte u.a. geltend, die Pfändung zugunsten der Gruppe Nr. 59 habe mit dem Einverständnis der Gläubigervertreter "aufgehört" und sei folglich "nicht gültig".
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Die kantonalen Aufsichtsbehörden und das Bundesgericht weisen die Beschwerde ab.
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Aus den Erwägungen: | |
2. Bedingte Fortsetzungs- und Verwertungsbegehren sind unwirksam (BGE 85 III 70 f.). Indem ein Gläubiger ein ohne Bedingung gestelltes Begehren unter einer Bedingung, z.B. für ![]() | 17 |
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a) Auf Grund des Fortsetzungsbegehrens in der Betreibung Nr. 9675 ordnete das Betreibungsamt am 13. Juni 1967 eine Lohnpfändung von Fr. 3.80 pro Arbeitsstunde an. Nach Eingang des Fortsetzungsbegehrens in der Betreibung Nr. 21 10 verfügte es am 23. Juni 1967 den Anschluss der Gläubiger dieser Betreibung an die erfolgte Lohnpfändung. Diese war damit vollzogen, dass der Beamte dem Schuldner unter Hinweis auf das Verbot und die Straffolgen einer von Amte nicht bewilligten Verfügung ausdrücklich erklärte, der erwähnte Lohnbetrag sei gepfändet (BGE 93 III 36). Die Eintragung dieser Erklärung ins Pfändungsprotokoll, die nachBGE 74 III 4auch noch zum Pfändungsvollzug zu rechnen wäre und die im vorliegenden Falle übrigens zweifellos erfolgt ist, dient nur der urkundlichen Feststellung und damit dem Beweis der massgebenden Erklärung (vgl. Art. 8 SchKG undBGE 50 III 49). Die Anzeige an den Arbeitgeber, die gemäss Art. 99 SchKG womöglich zu erlassen ist, wenn der Schuldner eine unselbständige Erwerbstätigkeit ausübt (obligatorisches Formular Nr. 10), ist kein wesentlicher Bestandteil des Pfändungsvollzugs, sondern es ![]() | 19 |
Wurde die von den Gläubigern verlangte Pfändung am 13./23. Juni 1967 vollzogen, so kann die Erklärung betreffend Sistierung der Lohnpfändung, welche die Gläubiger am 7./8. Juli 1967 im Hinblick auf die vom Schuldner versprochenen Zahlungen an sie abgaben, nicht etwa als Rückzug eines noch nicht befolgten Fortsetzungsbegehrens aufgefasst werden. Vielmehr stimmten die Gläubiger mit ihrer Erklärung der Einstellung einer bereits erfolgten Lohnpfändung zu (vgl. lit. a der Erklärung, wo ausdrücklich von Sistierung der "verfügten" Lohnpfändung die Rede ist).
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b) Die Sistierung der vollzogenen Lohnpfändung, der die Gläubiger zustimmten, war nicht bloss so gemeint, dass lediglich die Anzeige an den Arbeitgeber zu widerrufen sei und der Schuldner die gepfändete Lohnquote selbst an das Betreibungsamt abzuliefern habe, wie es bei der Pfändung von Trinkgeldern und von Einkommen aus selbständiger Erwerbstätigkeit zu geschehen hat (BGE 79 III 158, BGE 93 III 36 /37). Vielmehr erklärten sich die Gläubiger ausdrücklich damit einverstanden, dass der Einzug der Lohngelder durch das Betreibungsamt unterbleibe und dass allfällig noch eingehende Lohngelder dem Schuldner ausbezahlt werden. Damit stimmten die Gläubiger der Aufhebung der Lohnpfändung selbst zu.
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Die Gläubiger taten das freilich nur auf Zusehen hin und behielten sich ausdrücklich den Widerruf ihrer Erklärung vor. Diese Befugnis wollten sie sich offenbar vor allem für den Fall wahren, dass der Schuldner die versprochenen Zahlungen an sie nicht leisten sollte. Ausserdem sollte die Sistierung nach der Erklärung vom 7./8. Juli 1967 ausser Kraft treten, wenn andere Gläubiger eine Lohnpfändung verlangen sollten. Das Gesetz gestattet dem betreibenden Gläubiger jedoch nicht, unter Vorbehalt des Widerrufs oder des Eintritts einer bestimmten äussern Tatsache auf eine vom Betreibungsamt auf sein Begehren bereits vollzogene Pfändung zu verzichten. Er kann den gesetzlich geregelten Gang des Betreibungsverfahrens nur durch ![]() | 22 |
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a) Das Formular, das die Gläubiger für die Erklärung vom 7./8. Juli 1967 benützten, wurde vom Betreibungsamt aufgesetzt und vervielfältigt. Die Gläubiger durften sich deshalb darauf verlassen, dass es einen gesetzlich zulässigen Inhalt habe. Sie brauchten nicht zu befürchten, dass die in dieser Erklärung vorgesehene Sistierung der Lohnpfändung die Betreibung dahinfallen lasse. Das Betreibungsamt durfte ihnen daher nach Treu ![]() | 24 |
b) Der Schuldner hat die von ihm gewünschte "Sistierung" der Lohnpfändung dadurch erreicht, dass er den Gläubigern regelmässige Zahlungen versprach. Dieses Versprechen hat er nur sehr mangelhaft erfüllt. Er kann sich daher nach Treu und Glauben nicht darauf berufen, der in der Erklärung vom 7./8. Juli 1967 für diesen Fall sowie für den Fall des Eingangs weiterer Pfändungsbegehren angebrachte Vorbehalt sei ungültig und die Bewilligung der Sistierung der Lohnpfändung bedeute in Wirklichkeit den Rückzug der Betreibungen.
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Aus diesen Gründen ist die Verfügung vom 7. Dezember 1967, mit welcher das Betreibungsamt die Lohnpfändung zugunsten der Betreibungen Nr. 9675 und 2110 wieder in Kraft gesetzt hat, nicht zu beanstanden, obwohl das in der Erklärung vom 7./8. Juli 1967 vorgezeichnete Verfahren an sich ungesetzlich war.
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