BGE 95 III 81 | |||
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13. Entscheid vom 10. Dezember 1969 i.S. Sturzenegger. | |
Regeste |
Unpfändbarkeit von Berufswerkzeugen (Art. 92 Ziff. 3 SchKG). |
Fall eines Industriespritzwerks. | |
Sachverhalt | |
Sturzenegger betreibt auf eigene Rechnung ein Industriespritzwerk. Früher beschäftigte er zwei Arbeiter. Heute steht nur ein Jüngling halbtagsweise in seinem Dienst. In Betrei bungen gegen ihn wurden u.a. ein Personenwagen "Plymouth- Valiant", ein Kompressor und ein Einbrennofen gepfändet. Die Beschwerden, mit denen er geltend machte, diese Gegenstände seien für die selbständige Ausübung seines Berufes unentbehrlich und daher unpfändbar, wurden von der untern und am 17. Oktober 1969 auch von der obern kantonalen Aufsichtsbehörde abgewiesen.
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Den Entscheid der obern kantonalen Aufsichtsbehörde hat Sturzenegger an das Bundesgericht weitergezogen mit dem Antrag, die erwähnten Gegenstände seien als Kompetenzstücke aus der Pfändung zu entlassen. Die Schuldbetreibungs- und Konkurskammer weist den Rekurs ab.
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Erwägungen: | |
Auf Grund der tatsächlichen Feststellungen der Vorinstanz ist anzunehmen, dass der Kompressor und der Einbrennofen für den Betrieb des Rekurrenten unentbehrlich sind. Sie sind daher nach Art. 92 Ziff. 3 SchKG grundsätzlich unpfändbar, wenn es sich bei der Tätigkeit des Rekurrenten um einen Beruf im Sinne dieser Bestimmung und nicht um ein Unternehmen handelt (vgl. zu diesen Begriffen BGE 82 III 108 mit Hinweisen, BGE 85 III 22, BGE 88 III 52, BGE 91 III 55).
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Dass der Rekurrent mit seiner Tätigkeit einen Beruf ausübe, lässt sich, wie die Vorinstanz mit Recht angenommen hat, nicht schon deswegen verneinen, weil diese Tätigkeit keine erhebliche Ausbildung voraussetzt. Die Vorinstanz ist dagegen der Auffassung, es handle sich deshalb nicht um einen Beruf, sondern um ein Unternehmen, weil der kapitalmässige Einsatz gegenüber der persönlichen Arbeit des Rekurrenten überwiege; der Rekurrent verwende Gerätschaften und Maschinen im Anschaffungswerte von mehr als Fr. 50'000.-- und brauche monatlich für ungefähr Fr. 400.-- elektrischen Strom. Angesichts dieser Umstände ist der Auffassung der Vorinstanz beizustimmen. Bei einer maschinellen Einrichtung, deren Anschaffung und Inbetriebsetzung so viel kosten und deren Bedienung keine besondern Anforderungen stellt, lässt sich nicht mehr von Berufswerkzeugen im Sinne von Art. 92 Ziff. 3 SchKG sprechen. Vielmehr übertrifft der Einsatz maschineller Mittel die persönliche Arbeitsleistung des Rekurrenten an Bedeutung (vgl. BGE 88 III 52 unten, BGE 82 III 109). Der vom Rekurrenten hervorgehobene Umstand, dass er ohne die streitigen technischen Mittel seine Arbeiten nicht mehr ausführen könnte, ist in diesem Zusammenhang ohne Belang. Die meisten Unternehmen brauchen zu ihrem Betrieb technische Hilfsmittel. Erreichen diese Mittel einen bedeutenden Umfang, so ist das ein Indiz für das Vorliegen eines Unternehmens. Wie die untere Aufsichtsbehörde mit Recht bemerkt hat, besteht die Tätigkeit des Farbspritzens im wesentlichen im Ausnützen vorhandener teuerer Apparaturen. Sie unterscheidet sich hierin z.B. von der Tätigkeit eines Zahnarztes, die zwar auch eine solche Apparatur fordert, für die aber die durch eine höhere Ausbildung erworbenen persönlichen Fähigkeiten entscheidend sind.
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Betreibt der Rekurrent ein Unternehmen, so kann er die gepfändeten Gegenstände nicht auf Grund von Art. 92 Ziff. 3 SchKG als Kompetenzstücke beanspruchen, auch wenn sie für seinen Betrieb unentbehrlich sind. Der Betrieb eines Unternehmens ist durch Art. 92 Ziff. 3 SchKG nicht geschützt. Unter diesen Umständen kann offen bleiben, ob der Rekurrent für seinen Betrieb auf den gepfändeten Personenwagen angewiesen sei.
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