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17. Entscheid vom 28. August 1970 i.S. Aeschimann | |
Regeste |
Die Beschwerde (Art. 17 SchKG) einer Organisation, die als einfache Gesellschaft nicht partei- und prozessfähig ist, ist unwirksam (Erw. 1). | |
Sachverhalt | |
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"Damit an der so kurzfristig einberufenen 1. Gläubigerversammlung das nach Art. 235 Abs. 3 SchKG erforderliche Quorum erreicht wird, bitten wir Sie, auch in Ihrem eigenen Interesse, an dieser 1. Gläubigerversammlung ... unbedingt teilzunehmen. Falls Ihnen dies wider Erwarten nicht möglich ist, Sie den obigen 3 Anträgen aber zustimmen, bitten wir Sie, Ihre Vertretung umgehend gemäss beiliegender Vertretungs-Erklärung an uns zu delegieren."
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Dem Rundschreiben lag eine "Vertretungs-Erklärung" folgenden Inhalts bei:
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"Gemäss Art. 235 Abs. 3 SchKG erklärt der untenstehende Gläubiger der Gemeinschuldnerin Tuchfabrik Escholzmatt AG, dass er sich mit einer Forderungssumme von Fr. an der ![]() | 4 |
Ort und Datum Stempel und Unterschrift
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38 Gläubiger unterzeichneten diese Erklärung.
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B.- An der Gläubigerversammlung vom 27. April 1970 waren von 175 bekannten Gläubigern 73 anwesend oder vertreten, wovon 38 durch Äschimann, so dass dieser zusammen mit seiner eigenen Stimme über 39 Stimmen verfügte (wozu übrigens noch die Stimmen seiner Ehefrau und seiner Tochter kamen). Verschiedene Teilnehmer an der Verhandlung, u.a. der Vertreter der "Schweizerischen Inlandwollzentrale", beanstandeten die an Äschimann erteilten Vollmachten. Der Vorsitzende erklärte, man werde "unter Vorbehalt der Gültigkeit der Vollmachtstimmen" Äschimanns abstimmen. Die Versammlung beschloss darauf mit Mehrheiten, die hauptsächlich durch Äschimann und die von ihm vertretenen Glaübiger gebildet wurden, eine ausseramtliche Konkursverwaltung einzusetzen, Sachwalter Alfred Bachmann zum Konkursverwalter zu wählen, einen Gläubigerausschuss einzusetzen, diesem die Befugnis zur vorzeitigen Verwertung zu verweigern und den Betrieb der Gemeinschuldnerin "teilweise" fortzusetzen.
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C.- Die Schweizerische Inlandwollzentrale und der Gläubiger Jules Äberli fochten diese Beschlüsse durch Beschwerden an. Die untere Aufsichtsbehörde hiess die Beschwerden am 13. Mai 1970 gut und hob die angefochtenen Beschlüsse auf. Die obere kantonale Aufsichtsbehörde, an die Äschimann rekurrierte, erkannte am 25. Juni 1970, auf die Beschwerde Äberlis werde nicht eingetreten; im übrigen werde der Rekurs abgewiesen. In ihren Erwägungen führte sie im wesentlichen aus, Äberli sei zur Beschwerdeführung nicht befugt, weil er an der Gläubigerversammlung nichts unternommen habe, um die angefochtenen Beschlüsse womöglich zu verhindern; die Schweizerische Inlandwollzentrale sei bloss die Geschäftsstelle einer aus dem Schweizerischen Schafzuchtverband und dem Verein Schweizerischer Wollindustrieller bestehenden einfachen Gesellschaft; daher sei sie nicht parteifähig; es stehe aber ausser Frage, dass die beiden erwähnten Gesellschafter Gläubiger seien; die Parteibezeichnung sei daher in dem Sinne zu berichtigen, "dass als Beschwerdeführer bzw. Rekursgegner der ![]() | 8 |
D.- Den Entscheid der obern kantonalen Aufsichtsbehörde hat Äschimann an das Bundesgericht weitergezogen mit dem Antrag, auf die Beschwerde sei nicht einzutreten; eventuell sei sie abzuweisen.
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Die Schuldbetreibungs- und Konkurskammer weist den Rekurs ab.
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Erwägungen: | |
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Ob die Vorinstanz dem Beschwerdeführer Äberli die Beschwerdelegitimation zu Recht abgesprochen habe oder ob Äberli von der ihm einzig möglichen Vorkehr, die Gültigkeit ![]() | 12 |
Unter diesen Umständen lässt sich der Entscheid der Vorinstanz, soweit dadurch der Rekurs Äschimanns abgewiesen und die von der untern Aufsichtsbehörde ausgesprochene Aufhebung der Beschlüsse der ersten Gläubigerversammlung bestätigt wurde, nur aufrechterhalten, wenn diese Beschlüsse sich als schlechthin nichtig erweisen und daher von Amtes wegen aufzuheben waren.
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a) Es kann bezweifelt werden, ob Äschimann den von ihm vertretenen Gläubigern damit, dass er ihre Vertretung in der ersten Gläubigerversammlung (nicht im ganzen Konkursverfahren) unentgeltlich übernahm und ihnen den Zeitaufwand und die Auslagen für eine persönliche Teilnahme an der Gläubigerversammlung ersparte, einen "besondern Vorteil" im Sinne der Rechtsprechung (BGE 86 III 100 E. 5 mit Hinweisen) zusicherte und sich damit des "Stimmenkaufs" schuldig machte, und es ist erst recht zweifelhaft, ob die Gläubigerbeschlüsse, die Äschimann dank den ihm erteilten Vollmachten durchsetzen konnte, wegen des angeführten Sachverhalts nicht bloss durch Beschwerde anfechtbar, sondern geradezu nichtig seien. Diese Frage kann jedoch offen bleiben, da diese Beschlüsse aus einem andern Grunde nichtig sind.
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b) Es ist eine Grundtendenz des Konkursrechts, die Interessen der Gläubiger einerseits und jene des Gemeinschuldners anderseits klar auseinanderzuhalten und die verschiedenen Beteiligten in den Stand zu setzen, ihre oft gegensätzlichen Interessen auf Grund einer objektiven Orientierung über die für ihre Entschlussbildung massgebenden Tatsachen wahrnehmen zu können. Hiefür zu sorgen, ist nicht nur mit Rücksicht auf die am Konkursverfahren beteiligten Personen geboten, was nach der ![]() | 16 |
Obschon Äschimann im Konkurs der Tuchfabrik Escholzmatt AG auch selbst eine Forderung angemeldet hat, kommt ihm in diesem Konkurs in seiner Eigenschaft als einziges Mitglied der Verwaltung und als praktisch alleiniger Aktionär doch in erster Linie die Rolle eines Vertreters der Gemeinschuldnerin zu. Seine Bevollmächtigung zur Vertretung von Gläubigern an der ersten Gläubigerversammlung bedeutete also in Wirklichkeit, dass die Gemeinschuldnerin mit der Vertretung von Gläubigern betraut wurde. Äschimann und mit ihm die Gemeinschuldnerin erhielten durch die Erteilung von 38 Vollmachten in der Gläubigerversammlung eine beherrschende Stellung. Dadurch wurde eine schwere Interessenkollision geschaffen. Die Übernahme dieser Doppelfunktion durch Äschimann begründete die Gefahr einer einseitigen Beeinflussung des Verfahrensganges und stellte eine saubere Durchführung des Konkurses in Frage. Diese Gefahren wurden dadurch, dass die Vollmachtgeber den Hauptanträgen Äschimanns zum voraus zustimmten, nicht beseitigt. Sie waren um so grösser, als Äschimann die Vollmachten nach den tatsächlichen Feststellungen der Vorinstanz durch irreführende Angaben erlangt hatte. Was Äschimann gegen diese Feststellungen einwendet, ist im wesentlichen eine Kritik an der Beweiswürdigung der Vorinstanz, die im Rekursverfahren vor Bundesgericht nicht zu hören ist. Auf Grund ihrer tatsächlichen Feststellungen hat die Vorinstanz überzeugend dargelegt, dass die Angaben Äschimanns im Zirkular vom 21. April 1970 den ![]() | 17 |
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