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16. Entscheid vom 28. April 1971 i.S. Beged Or (1968) Ltd. | |
Regeste |
Widerspruchsverfahren (Art. 106 ff. SchKG) im Falle, dass ein Dritter geltend macht, die arrestierte oder gepfändete Forderung stehe ihm zu. |
Aus der Tatsache, dass ein im Ausland niedergelassener Drittansprecher mit der Anmeldung seines Anspruchs lange zuwartet, darf nicht leichthin geschlossen werden, er wolle das Vollstreckungsverfahren verzögern oder müsse sich doch davon Rechenschaft geben, dass sein Verhalten eine solche Verzögerung bewirkt. |
Aufklärungspflicht des Betreibungsamtes im Falle, dass ihm der Schuldner der arrestierten oder gepfändeten Forderung mitteilt, sein Gläubiger sei nicht der betriebene Schuldner, sondern ein bestimmter Dritter. |
Parteirollen im Widerspruchsprozess. | |
Sachverhalt | |
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"Waren bei und/oder Guthaben aus Warenlieferungen der Arrestschuldnerin gegenüber den Firmen 1) Firma Feldpausch AG, Bahnhofstrasse 88/90, Zürich 1, 2) Firma Vogue AG, Limmatquai 92 und Löwenstrasse 1, Zürich 1, alles soweit arrestierbar, bis zur Deckung der Arrestforderung nebst Zins und Kosten."
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Die Feldpausch AG und die Vogue AG erklärten dem Betreibungsamte Zürich 1 beim Arrestvollzug vom 18. Oktober 1968, unbezahlte Warenlieferungen der Arrestschuldnerin seien bei ihnen nicht vorhanden. Die Feldpausch AG beauftragte dann aber die Schweizerische Volksbank in Zürich, dem Betreibungsamt Fr. 13 377.15 zu überweisen. Nachdem dieser Auftrag erteilt worden war, schrieb die Feldpausch Basel AG (die laut ![]() | 3 |
"Wie wir inzwischen feststellen konnten, ist unser Lieferant mit der von Ihnen betriebenen Firma nicht identisch. Unser Lieferant hat folgende Anschrift:
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BEGED-OR (1968) LTD
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MIGDAL HAEMEK
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Aus diesem Grunde bitten wir Sie, die Ihnen bereits überwiesenen SFr. 13 377.15 auf unser Konto bei der Schweiz. Volksbank in Zürich zurückzuvergüten."
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Das Betreibungsamt gab diesem Schreiben keine Folge, sondern behielt den am 28. Oktober 1968 bei ihm eingegangenen Betrag und gab in der Arresturkunde als Arrestgegenstand an:
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"Barbetrag von Fr. 13 377.15 herrührend aus Überweisung der Firma Feldpausch AG, Bahnhofstrasse 88/90, Zürich 1, gemäss Konto 2-7874 beim Betreibungsamt Zürich 1."
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B.- Das Betreibungsamt liess die Arresturkunde und den Zahlungsbefehl für die Arrestforderung (Arrest Nr. 90, Betreibung Nr. 5208) der Schuldnerin auf dem Wege der Rechtshilfe zustellen. Am 11. Juni 1969 erhielt es eine Bescheinigung des Bezirksgerichtes Tel-Aviv, wonach die verlangte Zustellung am 21. April 1969 erfolgt war. Da gegen den Zahlungsbefehl kein Rechtsvorschlag erhoben wurde, pfändete es am 23. Juni 1969 den arrestierten Barbetrag. Die Pfändungsurkunde, in welcher das Amt die der Schuldnerin laufenden gesetzlichen Fristen wie schon in der Arresturkunde und im Zahlungsbefehl um 30 Tage verlängert hatte (Art. 66 Abs. 5 SchKG), ging der Schuldnerin am 11. August 1969 zu.
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Am 2. September 1969 führte die Schuldnerin, die ihre Firma in "Israel Leather Fashion Ltd." (hebräisch: Ofnat Or Israelit Ba'am) abgeändert hatte, Beschwerde mit dem Antrag, die Zustellung der Arresturkunde und des Zahlungsbefehls seien ungültig zu erklären und die Pfändung sei aufzuheben. Sie machte geltend, die Arresturkunde und der Zahlungsbefehl seien einer nicht in ihrem Dienst stehenden Sekretärin ausgehändigt worden, die diese Urkunden nicht an sie (die Schuldnerin) weitergeleitet habe; die Schuldnerin habe erst durch die Zustellung der Pfändungsurkunde vom Arrest und von der Betreibung Kenntnis erhalten.
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Die Beschwerde vom 2. September 1968 wurde von den kantonalen Aufsichtsbehörden und am 31. August 1970 auch vom Bundesgericht abgewiesen (BGE 96 III 62 ff.). Unter Bezugnahme hierauf stellte das Betreibungsamt mit Verfügung vom 17. November 1970 fest, die Eigentumsansprache der Beged Or (1968) Ltd. am arrestierten und gepfändeten Barbetrag sei verspätet.
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C.- Gegen diese Verfügung führte die Beged Or (1968) Ltd. Beschwerde mit dem Antrag, sie sei aufzuheben und das Betreibungsamt sei anzuweisen, das Widerspruchsverfahren gemäss Art. 109 SchKG einzuleiten. Die untere Aufsichtsbehörde hiess die Beschwerde am 27. Januar 1971 in dem Sinne teilweise gut, dass sie das Betreibungsamt anwies, das Widerspruchsverfahren einzuleiten und der Beschwerdeführerin Frist zur Klage gemäss Art. 107 SchKG zu setzen. Die obere kantonale Aufsichtsbehörde hat dagegen mit Entscheid vom 18. März 1971 die Beschwerde abgewiesen.
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D.- Gegen den Entscheid der obern kantonalen Aufsichtsbehörde hat die Beged Or (1968) Ltd. an das Bundesgericht rekurriert mit dem Antrag, das Betreibungsamt sei anzuweisen, das Widerspruchsverfahren einzuleiten.
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Der Rekursgegner Zoltan Herskovitz beantragt die Abweisung des Rekurses.
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Die Schuldbetreibungs- und Konkurskammer zieht in Erwägung: | |
1. Es kann dahingestellt bleiben, ob die Feldpausch AG mit der beim Arrestvollzug abgegebenen Erklärung, unbezahlte Warenlieferungen der Arrestschuldnerin seien bei ihr nicht vorhanden, nur den Besitz von noch im Eigentum der Arrestschuldnerin stehender Ware (z.B. Kommissionsware) oder auch das Bestehen von Kaufpreisforderungen der Arrestschuldnerin gegen sie bestreiten wollte. Auf jeden Fall überwies sie dem ![]() | 17 |
Macht ein Dritter geltend, eine gepfändete oder arrestierte Forderung, die nicht in einem Wertpapier verkörpert ist, stehe nicht dem betriebenen Schuldner, sondern ihm zu, so sind die Art. 106 ff. SchKG sinngemäss anzuwenden (BGE 88 115 mit Hinweisen). Das gilt namentlich auch für die Regeln über die Anmeldung der Drittansprache (BGE 95 III 15 lit. d, BGE 88 III 117 ff. E. 2, 3). Ob die Klagefrist dem Drittansprecher oder dem betreibenden Gläubiger anzusetzen sei, richtet sich bei der Pfändung oder Arrestierung von gewöhnlichen Forderungen darnach, ob die Berechtigung des betriebenen Schuldners oder diejenige des Drittansprechers die grössere Wahrscheinlichkeit für sich habe; im ersten Falle ist gemäss Art. 107 SchKG der Dritte, im zweiten Falle gemäss Art. 109 SchKG der betreibende Gläubiger zur Klage aufzufordern (BGE 88 III 115 mit Hinweisen, 127).
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b) Die Vorinstanz ist der Meinung, angesichts der in den frühern Entscheidungen festgestellten engen Beziehungen zwischen der Rekurrentin und der Arrestschuldnerin könne angenommen werden, auch die Rekurrentin habe seinerzeit von der Arresturkunde Kenntnis erhalten. Bei dieser Annahme handelt es sich indessen eher um eine Vermutung als um eine für das Bundesgericht verbindliche tatsächliche Feststellung. Auf jeden Fall aber fehlen konkrete tatsächliche Feststellungen, die den Schluss erlauben würden, die Rekurrentin habe im Zusammenhang mit der Zustellung der Arresturkunde an die Arrestschuldnerin im Sinne der Praxis zu Art. 106 ff. SchKG von der Arrestierung einer ihr zustehenden Forderung hinlänglich Kenntnis erhalten. Man weiss nicht, ob die Organe der Rekurrentin die ![]() | 21 |
Eine hinlängliche Kenntnis der Rekurrentin vom Arrest kann entgegen der Auffassung des betreibenden Gläubigers auch nicht daraus abgeleitet werden, dass sie von der Feldpausch AG für die Waren, welche diese gekauft hatte, keine Zahlung erhielt.
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c) Abgesehen davon, dass nicht dargetan ist, dass die Rekurrentin schon mehrere Monate vor der Anmeldung ihrer Ansprache über den Arrest hinreichend unterrichtet war, dürfte ihr eine arglistige Verzögerung der Anmeldung selbst dann nicht vorgeworfen werden, wenn sie tatsächlich schon zur Zeit der Zustellung der Arresturkunde an die Arrestschuldnerin (also gegen Ende April 1969) vom Arrest hinlängliche Kenntnis erhalten hätte. Einem Ansprecher, der wie die Rekurrentin in einem fernen Lande niedergelassen ist, wo die vom Amt benützte Sprache nicht gesprochen wird, ist nämlich schon mit Rücksicht auf die örtliche Distanz und die sprachlichen Schwierigkeiten eine längere, und zwar unter Umständen eine erheblich längere Anmeldungsfrist zuzugestehen als einem inländischen Ansprecher. Dazu kommt, dass von einem im Ausland niedergelassenen Ansprecher nicht wie von einem inländischen vorausgesetzt werden darf, er sei mit dem Gang des Zwangsvollstreckungsverfahrens in der Schweiz einigermassen vertraut oder könne sich darüber doch leicht orientieren. Wenn ein ausländischer Ansprecher mit der Anmeldung seiner Ansprache lange zuwartet, darf also daraus nicht leichthin geschlossen werden, er wolle das Vollstreckungsverfahren verzögern oder müsse sich wenigstens davon Rechenschaft geben, dass sein Verhalten eine solche Verzögerung bewirke. An die Überzeugungskraft der Vorbringen, ![]() | 23 |
d) Die Anmeldung der Rekurrentin wegen arglistiger Verzögerung des Verfahrens zurückzuweisen, lässt sich um so weniger rechtfertigen, als das Betreibungsamt schon vor der Zustellung der Arresturkunde nach Israel durch ein Schreiben der Feldpausch AG darauf hingewiesen worden war, ihr Gläubiger sei die Rekurrentin, die mit der Arrestschuldnerin nicht identisch sei. Wenn in dieser Mitteilung auch nicht die Anmeldung einer Drittansprache erblickt werden kann, so hätte sie das Betreibungsamt doch veranlassen sollen, die Rekurrentin, deren Adresse ihm gemeldet worden war, auf die Notwendigkeit aufmerksam zu machen, einen allfälligen Anspruch auf die arrestierte Forderung alsbald geltend zu machen (vgl. BGE 88 III 124 /25). Da es das unterlassen und der Zuschrift der Feldpausch AG überhaupt keine Folge gegeben hat, darf die Rekurrentin für die durch die späte Anmeldung ihrer Rechte bewirkte Verzögerung des Verfahrens nicht einfach voll verantwortlich gemacht werden.
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e) Die Behauptung der Rekursgegnerin, schon die ganze Gründung der Firma Beged Or (1968) Ltd., also der Rekurrentin, sei offensichtlich zum Nachteil der Gläubiger der frühern Firma Beged Or Ltd. (der Arrestschuldnerin) erfolgt, hat mit der Frage, ob die Rekurrentin die Anmeldung ihres Anspruchs auf die arrestierte Forderung arglistig verzögert habe, nichts zu ![]() | 25 |
Das Betreibungsamt und die Vorinstanz haben also die Ansprache der Rekurrentin zu Unrecht als verspätet erklärt. In Übereinstimmung mit der untern Aufsichtsbehörde ist die Einleitung des Widerspruchsverfahrens anzuordnen.
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Demnach erkennt die Schuldbetr. u. Konkurskammer:
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