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23. Auszug aus dem Entscheid vom 20. Oktober 1971 i.S. V. | |
Regeste |
Zustellung von Zahlungsbefehlen durch einen Gemeinde- oder Polizeibeamten (Art. 64 Abs. 2 SchKG). |
Die Aufsichtsbehörden über Schuldbetreibung und Konkurs haben nur zu prüfen, ob die gesetzlichen Voraussetzungen für die Übergabe des Zahlungsbefehls an einen Gemeinde- oder Polizeibeamten erfüllt waren und ob die Zustellung auf Grund der Vorkehren dieses Beamten als vollzogen gelten kann. |
Mit der vom SchKG nicht geregelten Frage, wie dieser Beamte die Zustellung erreicht, namentlich ob die Polizei den Schuldner zu diesem Zweck auf den Polizeiposten führen lassen darf, haben sie sich nicht zu befassen. |
Hierüber haben gegebenenfalls die Behörden zu entscheiden, welche die Aufsicht über die in Frage stehenden Beamten ausüben. | |
Sachverhalt | |
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B. - Am 10. September 1971 führte V. Beschwerde mit den Begehren, die versuchte Zustellung der Zahlungsbefehle und der Vorführbefehl seien als ungesetzlich zu erklären.
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Mit Entscheid vom 24. September 1971 wies die kantonale Aufsichtsbehörde die Beschwerde ab.
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C.- Gegen diesen Entscheid hat V. an das Bundesgericht rekurriert.
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Erwägungen: | |
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Nach Art. 64 Abs. 1 SchKG werden die Betreibungsurkunden dem Schuldner in seiner Wohnung oder an dem Orte, wo er seinen Beruf auszuüben pflegt, zugestellt. Wird er daselbst nicht angetroffen, so kann die Zustellung nach dem zweiten Satze der eben genannten Bestimmung an eine zu seiner Haushaltung gehörende erwachsene Person oder an einen Angestellten geschehen. Wird keine der erwähnten Personen angetroffen, so ist die Betreibungsurkunde nach Art. 64 Abs. 2 SchKG zu Handen des Schuldners einem Gemeinde- oder Polizeibeamten zu übergeben. Die Wahl zwischen einem Gemeindebeamten (z.B. Gemeindeweibel) und einem Polizeibeamten steht im Ermessen des Amtes.
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Angesichts der nach Art. 81 und 63 Abs. 2 OG für das ![]() | 8 |
Wenn Art. 64 Abs. 2 SchKG vorschreibt, die Betreibungsurkunde sei in dem dort vorgesehenen Falle zuhanden des Schuldners einem Gemeinde- oder Polizeibeamten zu übergeben, so bedeutet das nicht etwa, die Zustellung habe mit der Übergabe an diesen Beamten als vollzogen zu gelten. Ebensowenig kann als Sinn dieser Bestimmung gelten, der Gemeinde- oder Polizeibeamte habe die ihm zuhanden des Schuldners übergebene Urkunde einfach bei sich zu behalten, bis der Schuldner sie allenfalls bei ihm abholt, wie der Rekurrent anzunehmen scheint. Vielmehr sieht das Gesetz die Übergabe an einen Gemeinde- oder Polizeibeamten offensichtlich zu dem Zwecke vor, dass dieser die Zustellung an den Schuldner (oder eine der andern in Art. 64 Abs. 1 SchKG genannten Personen) besorgt (vgl.BGE 27 I 268,BGE 30 I 466= Sep. ausg. 4 S. 98, 7 S. 206;BGE 41 III 205; JAEGER, N. 9 zu Art. 64 SchKG; FRITZSCHE, a.a.O. S. 105/106). Das Betreibungsamt hat also die streitigen Zahlungsbefehle der Polizei zu Recht mit dem Ersuchen übergeben, sie dem Rekurrenten zuzustellen.
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Diese Schlussfolgerung steht nicht etwa damit im Widerspruch, dass die Schuldbetreibungs- und Konkurskammer in einem Bescheid vom 6. Dezember 1961 (BGE 87 III 87 ff.) zur Frage Stellung genommen hat, ob und unter welchen Voraussetzungen das Betreibungsamt einen Schuldner, der entgegen Art. 91 Abs. 1 SchKG der Pfändung fernbleibt und sich dabei auch nicht vertreten lässt, polizeilich vorführen lassen darf. Dieser Bescheid behandelt die Frage der Rechtmässigkeit einer Anordnung des Betreibungsamtes (nämlich des der Polizei erteilten Auftrags), nicht die im vorliegenden Falle streitige Frage, wie die Polizei den ihr erteilten Auftrag auszuführen habe. Zu dieser letzten Frage bemerkt der Bescheid vom 6. Dezember 1961 (a.a.O., S. 96/97), die Art und Weise, wie sich die Polizei ihrer Aufgabe entledige, richte sich nach den die polizeiliche Tätigkeit überhaupt beherrschenden Regeln; die Betreibungsbehörden hätten in dieser Hinsicht nichts zu bestimmen, sondern die Polizei handle insoweit auf eigene Verantwortung. Auf den vorliegenden Fall übertragen, bedeutet diese Bemerkung, dass sich die Aufsichtsbehörden für Schuldbetreibung und Konkurs mit der Art und Weise, wie die Polizei die ihr in richtiger Anwendung von Art. 64 Abs. 2 SchKG übertragene Zustellung einer Betreibungsurkunde besorgt, nicht zu befassen haben.
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Dem Rekurrenten bleibt vorbehalten, die ihm nach dem kantonalen Recht zustehenden Rechtsbehelfe gegen das Vorgehen der Polizei zu ergreifen, wenn er glaubt, diese habe in unzulässiger Weise in seine persönliche Freiheit eingegriffen. Mit einem solchen Rechtsbehelf kann er aber die Gültigkeit der erfolgten Zustellung nicht in Frage stellen. Im übrigen mag zu der im vorliegenden Verfahren nicht zu entscheidenden Frage, ob das Vorgehen der Polizei rechtmässig war, immerhin bemerkt werden, dass in Art. 64 Abs. 2 SchKG wohl eine genügende gesetzliche Grundlage dafür erblickt werden kann, dass sich die Polizei einen Schuldner zwecks Zustellung einer ihr vom Betreibungsamt zu diesem Zweck übergebenen Betreibungsurkunde zuführen lässt. Wenn das SchKG schon vorsieht, dass für die Zustellung von Betreibungsurkunden die Polizei herangezogen werden kann, so ist kaum anzunehmen, dass es den Einsatz polizeilicher Zwangsgewalt bei dieser Verrichtung in jeder Hinsicht ausschliessen wollte (anderer Meinung offenbar SCHÜTZ, a.a.O. S. 2/3).
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