![]() ![]() | |||
| |||
Bearbeitung, zuletzt am 15.03.2020, durch: DFR-Server (automatisch) | |||
![]() | ![]() |
10. Auszug aus dem Urteil der II. Zivilabteilung vom 29. Juni 1972 i.S. Soltermann gegen Bühlmann und Konsorten. | |
Regeste |
Art. 291 SchKG: Umfang der Rückgabepflicht bei der Gläubigeranfechtung. | |
Sachverhalt | |
1 | |
Kormann betrieb in Münsingen eine Möbelschreinerei. Als er sich in Zahlungsschwierigkeiten befand, gelangte die Allgemeine Treuhand AG in seinem Auftrage an seine Gläubiger, ersuchte diese um Zahlungsaufschub und schlug ihnen einen Plan zur Tilgung der Schulden vor. Offenbar um die erste Tilgungsrate zu gewährleisten, ermöglichte F. Soltermann seinem Schwiegersohn Kormann die Einräumung eines Kredites durch die Spar- und Leihkasse Münsingen, indem er, zusammen mit drei Verwandten Kormanns, eine Solidarbürgschaft zu dessen Gunsten bis zum Maximalbetrage von Fr. 48'000.-- einging. Kurze Zeit darauf ging Soltermann zudem zu Gunsten seines Schwiegersohnes eine Wechselbürgschaft in der Höhe von Fr. 10'000.-- ein. Vor allem diese Wechselbürgschaft veranlasste Kormann, seinem Schwiegervater einen neu errichteten Eigentümerschuldbrief zu übertragen; eine rechtliche Verpflichtung hiezu bestand indessen nicht. Soltermann trat diesen Schuldbriefzwei Jahre später zum vollen Werte von Fr. 31'500.-- der Spar- und Leihkasse Münsingen ab, welcher er aus der Solidarbürgschaft und aus der Wechselbürgschaft für Kormann ![]() | 2 |
W. Bühlmann, ein Gläubiger Kormanns, stellte in der Folge beim Konkursamt Konolfingen den Antrag auf nachträgliche Verwertung des Anfechtungsanspruches, welcher der Konkursmasse gemäss Art. 285 ff. SchKG gegen F. Soltermann zustehe, und verlangte gleichzeitig die Abtretung dieses Anspruches, falls die Masse auf dessen Geltendmachung verzichte. Er führte aus, dass alle Rechtshandlungen, die auf eine Sicherung Soltermanns für vorbestehende Forderungen gegenüber Kormann gerichtet gewesen seien, als Gegenstand des Anfechtungsanspruches in Betracht kämen. Da das Konkursamt als Vertreter der Gläubigergesamtheit auf die selbständige Geltendmachung dieser Ansprüche verzichtete, bot es diese den Konkursgläubigern gemäss Art. 260 SchKG zur Abtretung an. Ausser von W. Bühlmann wurde diese noch von drei weitern Gläubigern verlangt. Diese Gläubiger reichten beim Amtsgerichtspräsidenten I von Konolfingen gegen F. Soltermann eine Anfechtungsklage ein. Der Amtsgerichtspräsident wies die Klage ab, der Appellationshof des Kantons Bern hiess sie gut. Das Bundesgericht bestätigt das Urteil des Appellationshofes.
| 3 |
Aus den Erwägungen: | |
4 | |
Die schweizerische Lehre verneint mehrheitlich eine Rückgabepflicht des Anfechtungsbeklagten für den Nutzen, den er bis zur Inverzugsetzung aus der anfechtbar erworbenen Sache gezogen hat. Während JAEGER (Kommentar, 3. Aufl., II. Bd., S. 406, N. 2 zu Art. 291 SchKG) diese Auffassung nicht begründet, ![]() | 5 |
Die Anfechtungsklage bezweckt, durch anfechtbare Handlungen dem Vermögen des Schuldners entfremdete Vermögenswerte ihrer ursprünglichen Bestimmung zurückzugeben und sie der Zwangsvollstreckung wieder zugänglich zu machen. Ihre Gutheissung bewirkt nicht die Ungültigkeit der anfechtbaren Handlung (BGE 81 III 102), sondern verpflichtet den Anfechtungsbeklagten lediglich, die Konkursmasse so zu stellen, wie wenn die anfechtbare Handlung nicht vorgenommen worden wäre (BGE 39 II 377Erw. 6). Der Umfang der Rückerstattungspflicht richtet sich demnach nicht nach dem Zeitpunkt der anfechtbaren Handlung, sondern trägt auch der spätern Entwicklung Rechnung. Dies berücksichtigt die Rechtsprechung (BGE 50 III 152), wenn sie den Anfechtungsbeklagten für eine zufällige Wertverminderung oder einen zufälligen Untergang des anfechtbar erworbenen Vermögenswertes bis zum Zeitpunkt, in dem die Sache spätestens zurückgegeben werden muss, nicht haften lässt. Der Auffassung von FAVRE, die grundsätzlich auf den Zustand im Zeitpunkt der Veräusserung abstellt, kann daher nicht gefolgt werden. Da die Anfechtung die materielle ![]() | 6 |
Für die Pflicht zur Ablieferung der Erträgnisse spricht der bereits erwähnte Zweck der Anfechtungsklage, der die Wiederherstellung des schuldnerischen Vermögens verlangt, wie es ohne die anfechtbare Handlung vorhanden wäre. Diesem Zweck entspricht es, dass der Anfechtungsbeklagte grundsätzlich die Gefahr einer zufälligen Wertverminderung oder des zufälligen Unterganges der erworbenen Vermögensstücke nicht trägt (BGE 50 III 150/151 undBGE 65 III 149), ihm aber auch zufällige Wertsteigerungen nicht zugute kommen (was ausBGE 50 III 152hervorgeht). Trägt der Anfechtungsbeklagte die Gefahr nicht, so kann er auch den Nutzen aus diesen Vermögensstücken nicht beanspruchen. Eine andere Auffassung wäre inkonsequent. Die bis zur Inverzugsetzung aus der zurückzugewährenden Sache bezogenen Erträgnisse sind deshalb mit der Sache selbst zurückzuerstatten.
| 7 |
Somit sind in Übereinstimmung mit der Vorinstanz die vom Beklagten aus dem Schuldbrief bezogenen Zinsen in den von ihm zu leistenden Wertersatz einzubeziehen. Wie die Vorinstanz zutreffend angenommen hat, ist der vom Beklagten geschuldete Betrag seit dem Zeitpunkt der Inverzugsetzung zu verzinsen (vgl.BGE 50 III 152). Gegen die Zinsberechnung als solche hat der Beklagte keine Einwendungen erhoben. Der den Klägern von der Vorinstanz zugesprochene Betrag ist daher auch im Quantitativ zu bestätigen.
| 8 |
© 1994-2020 Das Fallrecht (DFR). |