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12. Entscheid vom 3. Dezember 1973 i.S. X. | |
Regeste |
Pfändung eines Anspruchs gegen eine Personalfürsorgestiftung. |
Schätzungswert einer solchen Forderung (Erw. 4). | |
Sachverhalt | |
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B.- G. X., deutscher Staatsangehöriger, ist Pilot bei der Swissair. Er ist dem Alters- und Hinterlassenenfonds angeschlossen. Im Scheidungsprozess der Eheleute X. berechnete das Obergericht des Kantons Thurgau seinen Anspruch gegen den Fonds auf ca. Fr. 240 000.-- und sprach der Ehefrau davon nach deutschem Recht Fr. 90 000.-- als Zugewinnanteil zu. Diesen Betrag setzte die Ehefrau in Betreibung. Mit Pfändungsurkunde Nr. 6408 vom 7./11. Mai 1973 pfändete das Betreibungsamt Kreuzlingen diverses Mobiliar und das Auto des Schuldners sowie dessen Anspruch gegen den Fonds "für den Fall seines Austrittes aus der Swissair, bis zum Betrage von Fr. 90 353.20" nebst Zins und Kosten. Den Wert des Anspruchs schätzte es indessen lediglich auf Fr. 1.-. Deshalb pfändete es zusätzlich vom Lohnguthaben des Schuldners bei der Swissair Fr. 3234.90 pro Monat.
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C.- Hiegegen führte der Schuldner Beschwerde mit dem Antrag, der Anspruch gegen den Fonds sei mit Fr. 240 000.-- zu bewerten und es sei die Lohnpfändung demzufolge aufzuheben.
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Mit Beschluss vom 25. Juni 1973 schützte die Rekurskommission des Obergerichtes des Kantons Thurgau als obere kantonale Aufsichtsbehörde eine Beschwerde der Gläubigerin gegen diesen Entscheid und stellte die ursprüngliche Pfändung wieder her.
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D.- Gegen diesen Beschluss rekurrierte der Schuldner an die Schuldbetreibungs- und Konkurskammer des Bundesgerichts, mit den Anträgen:
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"1. Der angefochtene Entscheid sei aufzuheben.
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2. Die Lohnpfändung in Betreibung Nr. 6408 des Betreibungsamtes Kreuzlingen sei aufzuheben und es sei in Pos. 17 der Pfändungsurkunde der Anspruch des Schuldners an den Alters- und Hinterlassenenfonds für ausländische Besatzungsmitglieder der Swissair statt mit Fr. 1.- mit Fr. 93 000.-- einzusetzen.
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3. Der vorliegenden Beschwerde sei aufschiebende Wirkung zu verleihen unter Mitteilung an die Kasse der Swissair, dass die Lohnpfändung einstweilen nicht in Kraft tritt."
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Die Gläubigerin beantragt Abweisung des Rekurses.
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E.- Das Gesuch um Erteilung der aufschiebenden Wirkung wurde mit Verfügung vom 2. November 1973 abgewiesen.
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Die Schuldbetreibungs- und Konkurskammer zieht in Erwägung: | |
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2. Gemäss Art. 95 SchKG, der die Reihenfolge der Pfändung der Vermögensstücke regelt, soll die Pfändung in erster Linie das bewegliche Vermögen des Schuldners mit Einschluss ![]() | 13 |
Im vorliegenden Fall hat das Betreibungsamt Mobiliar im Schätzungswert von Fr. 22 293.-- gepfändet. Davon wurden Gegenstände im Gesamtwert von Fr. 5150.-- von Dritten zu Eigentum angesprochen (Pos. 3, 4 und 11 der Pfändungsurkunde), und der Personenwagen des Schuldners, geschätzt auf Fr. 12 000.--, wurde als Kompetenzstück bezeichnet. Der Schätzungswert des in erster Linie zu pfändenden Mobiliars beläuft sich somit auf Fr. 5143.--. Zum beweglichen Vermögen, das vor dem Lohn zu pfänden ist, gehört sodann auch der gepfändete Teil des Anspruchs des Schuldners gegen den Fonds. Übersteigt der Schätzungswert dieses Teils zusammen mit demjenigen des gepfändeten Mobiliars die Betreibungssumme, so ist die Lohnpfändung aufzuheben. Entscheidend für den Ausgang des Verfahrens ist somit die Schätzung des Anspruchs gegen den Fonds.
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3. Zunächst stellt sich indessen die Frage, ob dieser Anspruch überhaupt pfändbar sei. Pfändbar sind grundsätzlich alle Vermögensrechte des Schuldners. Blosse Anwartschaften können dagegen nicht gepfändet werden, da deren Verwertung zu einer sinnlosen Vermögensverschleuderung führen würde (BGE 97 III 26 /27 mit Hinweisen,BGE 73 III 150/151). Beim Anspruch des Schuldners handelt es sich jedoch nicht nur um eine Anwartschaft. Wie aus Art. 6 Abs. 1 des Fondsreglements hervorgeht, steht vielmehr jedem Destinatär schon vor seinem Ausscheiden aus der Stiftung ein eigentliches Forderungsrecht gegen den Fonds zu, dessen Höhe jederzeit berechnet werden kann. Dieses Recht kann zur Sicherstellung eines durch die Swissair gewährten Darlehens oder zur Verrechnung mit einem durch die Stiftung gewährten Grundpfanddarlehen verwendet werden. Es liegt also nicht eine bedingte Forderung vor, deren Entstehung vom Eintritt einer ungewissen Tatsache abhinge (dies incertus an; vgl. VON TUHR/SIEGWART, OR II S. 484). Ungewiss ist lediglich der Fälligkeitstermin, denn es steht nicht fest, wann der Schuldner aus der Stiftung ausscheiden wird (dies incertus quando; vgl. VON TUHR/SIEGWART, a.a.O.). Eine solche noch nicht fällige (betagte) Forderung ist pfändbar (BGE 53 III 32, 156; A. STAEHELIN, ![]() | 15 |
Die Bestimmung im Fondsreglement, wonach der Anspruch der Zwangsvollstreckung entzogen sei, steht der Pfändbarkeit nicht entgegen, denn diese kann durch privatrechtliche Vereinbarung, von bestimmten Ausnahmen abgesehen (Art. 519 Abs. 2 OR und Art. 92 Ziff. 7 SchKG), nicht ausgeschlossen werden (BGE 84 III 22; STAEHELIN, a.a.O. S. 5; MEYER, Personalvorsorge und Zwangsvollstreckung, BlSchK 1969 S. 99; SIEGRIST, Die Vermögensrechte der Destinatäre von betrieblichen Personalvorsorgeeinrichtungen im Lichte des SchKG, Diss. Zürich 1967, S. 96 f.).
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Ob der Anspruch allenfalls auf Grund von Art. 92 Ziff. 10 oder 93 SchKG nicht oder nur beschränkt gepfändet werden dürfe, weil die Fürsorgeleistung unter anderem auch im Falle der Invalidität oder des Todes des Schuldners erbracht werden muss (vgl.BGE 78 III 107ff.), braucht nicht geprüft zu werden, da sich dieser nicht darauf berufen hat, sondern im Gegenteil beantragt, der Anspruch sei zum Schätzungswert von Fr. 93 000.-- zu pfänden. Ein Verzicht auf die Geltendmachung der Unpfändbarkeit wäre im vorliegenden Fall zulässig, da es sich nicht um ein Vermögensstück handelt, das dem Schuldner und seinen Angehörigen aus Gründen der Menschlichkeit und der öffentlichen Ordnung belassen werden müsste (BGE 84 III 36 Erw. 5).
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b) Als Schätzungswert ist derjenige Betrag in die Pfändungsurkunde einzusetzen, der bei der Verwertung des gepfändeten Vermögensstückes mutmasslich erzielt werden kann (FRITZSCHE, Schuldbetreibung und Konkurs, I, 2. Aufl., S. 169). Die Vorinstanz befürchtet, die Verwertung des möglicherweise erst in lo-12 Jahren fälligen Anspruchs werde zu keinem befriedigenden ![]() | 19 |
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Sollte eine neue Pfändung bzw. eine Nachpfändung nötig sein, weil das Verwertungsergebnis zur Deckung der Forderung nicht ausreicht, so wird sich das Betreibungsamt überlegen müssen, ob es nicht anstelle eines blossen Teilbetrages den gesamten Anspruch ![]() | 21 |
Demnach erkennt die Schuldbetr.- und Konkurskammer:
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Der Rekurs wird teilweise gutgeheissen, soweit darauf einzutreten ist, und der angefochtene Entscheid aufgehoben; die Sache wird im Sinne der Erwägungen zu neuer Schätzung des gepfändeten Anspruchs des Rekurrenten gegen den Alters- und Hinterlassenenfonds für ausländische Besatzungsmitglieder der Swissair (Pos. 17 der Pfändungsurkunde vom 7./11. Mai 1973) und zu neuer Entscheidung an die Vorinstanz zurückgewiesen.
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