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11. Entscheid vom 23. Januar 1975 i.S. R. | |
Regeste |
Freihandverkauf im Konkurs. |
2. Kann ein, vom Käufer aus betrachtet, gültig abgeschlossener Freihandverkauf wegen Missachtung der gesetzlichen Verfahrensregeln aufgehoben werden? Frage offen gelassen (Erw. 2). |
3. Vor Abschluss des Freihandverkaufs ist allen Gläubigern Gelegenheit zu geben, den angebotenen Preis zu überbieten (Erw. 3c; Bestätigung der Rechtsprechung). | |
Sachverhalt | |
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B.- Am 28. November 1974 gelangte das Konkursamt mit einem neuen Rundschreiben an die Gläubiger, worin es ihnen bekannt gab, dass ein Gläubiger eine neue Offerte von Fr. 92'000.-- gemacht habe. Gleichzeitig suchte es um die Ermächtigung nach, den Freihandverkauf an den höchstbietenden Interessenten zu tätigen. Die Gläubiger, die sich für den Kauf interessierten, wurden ersucht, sich bis zum 4. Dezember 1974 beim Konkursamt zu melden, damit ihnen Gelegenheit zur Offertstellung gegeben werden könne. Zum Antrag des Konkursamtes äusserten sich 139 von 214 Gläubigern, und zwar stimmten 116 zu, 19 sandten den Stimmzettel leer zurück, 3 lehnten den Antrag ab und einer stimmte bedingt. Offenbar hatte inzwischen der Interessent, der Fr. 92'000.-- geboten hatte, seine Offerte wieder zurückgezogen. Jedenfalls wurden die vorhandenen Geschäftsaktiven der konkursiten Firma am 18. Dezember 1974 zum Preis von Fr. 80'000.-- an die Firma P. AG freihändig verkauft. Der Gläubiger R. hatte zuvor dem Konkursbeamten am 16. Dezember 1974 erklärt, er verzichte auf die Stellung einer Kaufsofferte, nachdem der Verkauf zum Preise von Fr. 80'000.-- in Aussicht stehe.
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Am 26. Dezember 1974 erhob R. bei der kantonalen Aufsichtsbehörde Beschwerde und machte geltend, der Freihandverkauf sei nicht gesetzmässig durchgeführt worden; das Konkursamt sei deshalb anzuweisen, den Vollzug des Verkaufs zu verweigern, und es sei dafür zu sorgen, dass die bereits entfernten Vermögensgegenstände wieder zurückgeschafft würden. Gleichzeitig verlangte er, seiner Beschwerde sei aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, was vom Präsidenten der Aufsichtsbehörde am 6. Januar 1975 abgelehnt wurde.
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C.- Mit Entscheid vom 30. Dezember 1974 schrieb die kantonale Aufsichtsbehörde die Beschwerde vom 13. November ![]() | 5 |
R. zog diesen Entscheid mit einer staatsrechtlichen Beschwerde vom 9. Januar 1975 (P 406) an das Bundesgericht weiter. Er stellte das Begehren, den angefochtenen Entscheid aufzuheben und das Konkursamt anzuweisen, den Vollzug des Verkaufs zu verweigern.
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D.- Die Beschwerde vom 26. Dezember 1974 wies die kantonale Aufsichtsbehörde mit Entscheid vom 17. Januar 1975 ab. Hiegegen reichte R. am 19. Januar 1975 eine weitere staatsrechtliche Beschwerde (P 427) beim Bundesgericht ein, mit welcher er die Aufhebung des angefochtenen Entscheides beantragte.
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Die Schuldbetr.- u. Konkurskammer zieht in Erwägung: | |
1. Die beiden Beschwerden vom 9. Januar 1975 (P 406) und vom 19. Januar 1975 (P 427) richten sich gegen Entscheide der kantonalen Aufsichtsbehörde für Schuldbetreibung und Konkurs und haben Massnahmen des Konkursamtes bzw. Beschlüsse von Gläubigern zum Gegenstand. Sie können daher wegen Verletzung von Bundesrecht gemäss Art. 19 SchKG mit Rekurs an das Bundesgericht angefochten werden. Insoweit ist die staatsrechtliche Beschwerde gestützt auf Art. 84 Abs. 2 OG ausgeschlossen. Allerdings können Beschlüsse der zweiten Gläubigerversammlung - denen Zirkulationsbeschlüsse der Gläubiger gleichgestellt sind (BGE 54 III 122; FRITZSCHE, Schuldbetreibung und Konkurs, Bd. II S. 160) - nicht wegen Unangemessenheit, sondern nur wegen Gesetzesverletzung mit dem Rekurs angefochten werden (BGE 86 III 103). Indessen fallen Ermessensmissbrauch und Ermessensüberschreitung unter den Begriff der Gesetzesverletzung (BGE 87 III 113 und BGE 96 III 16; FRITZSCHE, a.a.O. Bd. I S. 43). Die Rüge der willkürlichen Ermessensbetätigung kann daher auch mit dem Rekurs nach Art. 19 SchKG erhoben werden. Die beiden Beschwerden P 406 und P 427, mit welchen der Gläubiger R. geltend macht, die kantonale Aufsichtsbehörde habe willkürlich gehandelt und damit Bundesrecht ![]() | 8 |
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In der Praxis ist umstritten, ob die Aufsichtsbehörden befugt sind, einen, vom Käufer aus betrachtet, gültig abgeschlossenen Freihandverkauf wieder aufzuheben, weil das Konkursamt die hiefür geltenden gesetzlichen Regeln missachtet hat. In BGE 50 III 110 wurde diese Frage verneint; in BGE 63 III 81 und 87 hingegen wurden Freihandverkäufe aufgehoben, ohne dass das Bundesgericht zur grundsätzlichen Frage der Zulässigkeit ihrer Aufhebung Stellung genommen hätte. In BGE 76 III 104 wurde diese Frage unter Hinweis auf die bestehende Kontroverse offen gelassen. Auch FRITZSCHE, a.a.O. Bd. I S. 285/86, äussert sich nicht eindeutig zu diesen Problem, während HINDERLING, ZSR 83/1964 I S. 110 ff., der Auffassung ist, der Freihandverkauf sei privatrechtlicher Natur. Im vorliegenden Fall kann die Frage nach der Rechtsnatur des Freihandverkaufs indessen ebenfalls offen bleiben, weil die Rekurse auch dann abzuweisen sind, wenn an sich eine Aufhebung des bereits getätigten Freihandverkaufs zulässig wäre.
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a) Der Rekurrent macht zunächst geltend, der Verkauf hätte nicht erfolgen dürfen, weil der Präsident der kantonalen Aufsichtsbehörde seiner Beschwerde vom 13. November 1974 am 19. November 1974 aufschiebende Wirkung zuerkannt habe, die bis zum materiellen Entscheid über die Beschwerde am 30. Dezember 1974 nicht widerrufen worden sei. Diese Argumentation ist jedoch offensichtlich unhaltbar. Wie sich aus dem Entscheid der Vorinstanz vom 30. Dezember 1974 ergibt, wurde diese am 17. Dezember 1974 vom Konkursamt darüber informiert, dass der Rekurrent auf die seiner Beschwerde zugestandene aufschiebende Wirkung verzichte. Dem Schreiben des Konkursamtes lag eine entsprechende schriftliche Erklärung des Rekurrenten vom 16. Dezember 1974 bei. Darin knüpfte er seinen Verzicht an die Bedingung, dass "dadurch ein Freihandverkauf ermöglicht wird, welcher die ausstehenden Massakosten deckt und eine sofortige Räumung der gemieteten Räumlichkeiten bis ca. Ende 1974 ermöglicht". Dass mit diesem Vorgehen erreicht werden wollte, die Geschäftsaktiven der konkursiten Firma so rasch als möglich zum offerierten Preis der Kaufinteressentin P. AG zu veräussern, ergibt sich auch aus dem Schreiben des Konkursbeamten vom 16. Dezember 1974 an den Rekurrenten. Sonst hätte der Verzicht auf die aufschiebende Wirkung gar keinen Sinn gehabt. Es liegt daher auf der Hand, dass bei allen Beteiligten die Meinung bestand, die aufschiebende Wirkung sei dahingefallen, auch wenn keine formelle Aufhebungsverfügung erlassen wurde. Aus diesem Grund kann daher der Freihandverkauf nicht aufgehoben werden.
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b) Im weitern bringt der Rekurrent vor, dem Freihandverkauf seien Rechte von Massagläubigern entgegengestanden, zu deren Gunsten einzelne der verkauften Geschäftsaktiven gepfändet gewesen seien. Dabei handelt es sich aber um eine neue Behauptung. Ob sie zulässig ist, kann offen bleiben;, denn der Rekurrent legt nicht dar, und es ist auch nicht erfindlich, inwiefern er durch diese von ihm behauptete Rechtsverletzung beschwert sein soll.
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c) Nach der Rechtsprechung ist die Zustimmung zu einem ![]() | 14 |
d) Schliesslich behauptet der Rekurrent, das Konkursinventar sei mangelhaft aufgenommen worden. Er versucht, daraus die Möglichkeit der Schädigung von Gläubigerinteressen abzuleiten. Diese allgemein gehaltenen Ausführungen genügen indessen nicht, um darzutun, dass das Konkursamt eine Gesetzesverletzung begangen habe, die eine Aufhebung des Freihandverkaufes zu rechtfertigen vermöchte.
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Demnach erkennt die Schuldbetreibungs- und Konkurskammer:
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