![]() ![]() | |||
| |||
Bearbeitung, zuletzt am 15.03.2020, durch: DFR-Server (automatisch) | |||
![]() | ![]() |
26. Entscheid vom 18. November 1976 i.S. Bank für Handel und Effekten. | |
Regeste |
Widerspruchsverfahren (Art. 106 ff. SchKG). |
2. Verwirkung des Widerspruchsrechts infolge arglistiger Verzögerung der Anmeldung des Drittanspruchs beim Betreibungsamt (Erw. 3). | |
Sachverhalt | |
![]() ![]() | 1 |
B.- Mit Eingabe vom 4. Mai 1976 beschwerte sich die Bank für Handel und Effekten gegen diese Fristansetzung beim Bezirksgericht Zürich als unterer kantonaler Aufsichtsbehörde über Schuldbetreibung und Konkurs. Sie machte geltend, die Durchführung des Widerspruchsverfahrens sei in bezug auf das gepfändete Konto fehlerhaft, da sie in erster Linie die Verrechnung erklärt habe. In einer ergänzenden Beschwerdeschrift führte die Bank überdies aus, alle bei ihr gepfändeten Vermögensstücke gehörten der Agencia Industrial S. por A., Santo Domingo, deren Eigentumsansprache im Widerspruchsverfahren zuerst behandelt werden müsse. Die Fristansetzung zur Widerspruchsklage sei daher vollumfänglich aufzuheben.
| 2 |
3 | |
C.- Mit dem vorliegenden Rekurs an die Schuldbetreibungs- und Konkurskammer des Bundesgerichts beantragt die Bank für Handel und Effekten, die Fristansetzung des Betreibungsamtes vom 31. Oktober 1975 sei aufzuheben. Mit Verfügung vom 21. Oktober 1976 wurde dem Rekurs aufschiebende Wirkung erteilt.
| 4 |
Die Vereinigten Staaten von Amerika beantragen in ihrer Vernehmlassung die Abweisung des Rekurses.
| 5 |
Die Schuldbetreibungs- und Konkurskammer zieht in Erwägung: | |
1. Nach Art. 17 Abs. 2 SchKG ist die Beschwerde innert 10 Tagen anzubringen, seitdem der Beschwerdeführer von der Verfügung Kenntnis erhalten hat. Die angefochtene Klagefristansetzung vom 31. Oktober 1975 wurde der Rekurrentin nicht mitgeteilt und musste ihr entgegen ihrer Ansicht auch nicht mitgeteilt werden. Indessen wurde der Vertreter der Rekurrentin vom Betreibungsamt schon mit Schreiben vom 12. November 1975 darüber informiert, dass der Gläubigerin am 31. Oktober 1975 eine zehntägige Frist zur Klageeinreichung über das von der Rekurrentin geltend gemachte Pfandrecht angesetzt worden war. Dass das Widerspruchsverfahren nur das Pfand- bzw. Retentionsrecht betraf, konnte die Rekurrentin zudem der Klageschrift der Gläubigerin im Widerspruchsprozess entnehmen. Das Doppel dieser Schrift wurde ihr zugestellt. Schliesslich hat die Rekurrentin in ihrer Beschwerdeschrift vom 4. Mai 1976 selbst ausgeführt, sie habe Ende Februar 1976 in die Akten des Widerspruchsverfahrens Einsicht genommen und bei dieser Gelegenheit bemerkt, dass das Betreibungsamt Frist zur Widerspruchsklage auch in bezug auf die Pfändungsposition 1 (Dollarguthaben) angesetzt habe; auf Grund der Einsichtnahme habe sie darauf am 23. Februar 1976 im Widerspruchsprozess ein Sistierungsgesuch gestellt mit der Begründung, vor Behandlung der Pfandansprache müsse ihre Verrechnungseinrede geprüft werden. Daraus ergibt sich, dass die Rekurrentin von der Verfügung vom 31. Oktober 1975 spätestens im Februar 1976 hinreichend Kenntnis hatte, um dagegen Beschwerde führen zu ![]() | 6 |
7 | |
Indessen haben weder der Schuldner noch die Agencia Industrial beim Betreibungsamt je eine Eigentumsansprache erhoben. Die Rekurrentin selbst gab ihre Erklärungen nicht im Namen der angeblichen Ansprecherin und als deren Stellvertreterin ab. In ihrem Schreiben an das Betreibungsamt vom 4. Oktober 1974 wies sie lediglich darauf hin, es sei bis jetzt nicht abgeklärt worden, ob die gepfändeten Werte dem Schuldner oder der Agencia Industrial gehörten, und das Schreiben vom 11. Juli 1975 gibt nur ihre subjektive Meinung wieder, behauptet sie doch darin einzig, die Werte gehörten "nach ihrem Dafürhalten" der Agencia Industrial. Allerdings stellt sich die Frage, ob diese Erklärungen und der Umstand, dass die gepfändeten Vermögensstücke auf den Namen der Agencia Industrial bei der Rekurrentin lagerten, das Betreibungsamt nicht hätten veranlassen sollen, die formelle Kontoinhaberin von sich aus auf die Notwendigkeit aufmerksam zu machen, ihren allfälligen Anspruch auf das Guthaben und die Aktien rechtzeitig anzumelden (BGE 97 III 67).
| 8 |
3. Wie es sich damit verhält, kann jedoch offen bleiben, da eine Eigentumsansprache der Agencia Industrial im heutigen Zeitpunkt auf jeden Fall verspätet wäre. Zwar sieht das Gesetz grundsätzlich keine Frist für die Anmeldung des Widerspruchs vor, doch zieht nach der Rechtsprechung eine arglistige Verzögerung der Anmeldung die Verwirkung des ![]() | 9 |
Aus den eigenen Ausführungen der Rekurrentin in der von ihr ins Recht gelegten Klageantwort im Widerspruchsprozess geht hervor, dass Rosenbaum ermächtigt war, über das Konto der Agencia Industrial zu verfügen, und dass er am 11. Februar 1963 im Namen dieser Firma die Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Rekurrentin unterzeichnete. Rosenbaum trat somit gegenüber der Rekurrentin als Vertreter der Agencia Industrial auf. Ferner ergibt sich aus der von der Rekurrentin im kantonalen Verfahren eingelegten Gründungsurkunde jener Gesellschaft, dass Rosenbaum zu deren Gründungsmitgliedern gehörte und Mitglied des Verwaltungsrates war. Der Sistierungsverfügung der Staatsanwaltschaft des Kantons Zürich vom 5. April 1973 in der Strafuntersuchung gegen die verantwortlichen Organe der Agencia Industrial lässt sich sogar entnehmen, diese Firma weise ausser Rosenbaum keine weiteren Verantwortlichen auf. Unter diesen Umständen muss sich die Agencia Industrial das Wissen Rosenbaums anrechnen lassen. Als Schuldner erhielt dieser - und damit nach dem Gesagten auch die Agencia Industrial - nun aber schon im Sommer 1974 vom Arrest und im Herbst 1974 von der Pfändung hinreichend Kenntnis, mussten ihm doch die entsprechenden Urkunden zugestellt werden. Die Agencia Industrial hätte allen Anlass gehabt, schon damals ihre Rechte an dem auf ihren Namen lautenden Konto bzw. Depot anzumelden. Als ausländischer Firma war ihr freilich eine längere Anmeldefrist zuzubilligen als einem inländischen Ansprecher (BGE 97 III 66 /67). Indessen wusste sie aus einem auch Rosenbaum zugestellten Beschwerdeentscheid des Bezirksgerichts Zürich vom 13. Dezember 1974, dass sie ausdrücklich Widerspruch erheben musste, wenn sie die gepfändeten Vermögensstücke ![]() | 10 |
Würde die Agencia Industrial ihre Ansprüche erst heute anmelden, also mehr als zwei Jahre nach der Arrestierung und Pfändung, die ihr durch Rosenbaum bekannt geworden waren, so bliebe ihr der Vorwurf der arglistigen Verzögerung zweifellos nicht erspart. Bei dieser Sachlage hätte es keinen Sinn mehr, heute vom Betreibungsamt verlangen zu wollen, es müsse die Agencia Industrial auf die Notwendigkeit einer Eigentumsansprache aufmerksam machen. Von einer Rechtsverweigerung bzw. -verzögerung, die jederzeit gerügt werden könnte, kann daher nicht die Rede sein. Im übrigen würde die Einleitung eines Widerspruchsverfahrens gegen die Agencia Industrial die angefochtene Klagefristansetzung vom 31. Oktober 1975 entgegen der Ansicht der Rekurrentin keineswegs hinfällig machen. Wird nämlich ein gepfändeter Gegenstand von mehreren Personen beansprucht, so ist das Widerspruchsverfahren in bezug auf alle Drittansprachen durchzuführen, und zwar gleichzeitig (BGE 81 III 105 ff.). Das gilt auch dann, wenn ein Drittanspruch nur eventuell, für den Fall der Abweisung einer anderen Drittansprache, erhoben wird. Es ist Sache des Richters, in einem solchen Falle den Widerspruchsprozess über die Eventualansprache allenfalls bis zum Entscheid über den Hauptanspruch zu sistieren.
| 11 |
12 | |
Demnach erkennt die Schuldbetreibungs- und Konkurskammer:
| 13 |
14 | |
© 1994-2020 Das Fallrecht (DFR). |