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13. Auszug aus dem Entscheid vom 4. Juli 1978 i.S. Bank X. | |
Regeste |
Widerspruchsverfahren; Arrest. |
1. Der Vorwurf der arglistigen Verzögerung kann sich schon dann rechtfertigen, wenn der Dritte mit der Anmeldung seiner Rechte ohne beachtlichen Grund längere Zeit zuwartet, obwohl ihm bewusst sein muss, dass er damit den Gang des Betreibungsverfahrens hemmt (Bestätigung der Rechtsprechung). |
2. Im Arrestverfahren ist der Drittanspruch schon im Anschluss an den Arrestvollzug, nicht erst nach erfolgter Pfändung, anzumelden (E. 4b). |
3. Die Berufung auf das Bankgeheimnis vermag in der Regel die Verzögerung der Anmeldung des Drittanspruchs nicht zu rechtfertigen (E. 4c). | |
Sachverhalt | |
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Am 9. Juni 1977 schrieb die Bank X. dem Vertreter der Arrestgläubigerin, sie besitze gegen den Arrestschuldner eine Kreditforderung, die durch die Verpfändung von Wertschriften sichergestellt sei. Da der Wert der verpfändeten Titel ständig abnehme, ersuche sie dringend um Ermächtigung, diese freihändig zu verwerten. Ein allfälliger Mehrerlös, der ihre Forderung übersteige, würde weiterhin gesperrt bleiben. Das Betreibungsamt Zürich 1, das eine Kopie dieses Briefes erhalten hatte, forderte hierauf die Bank X. mit Schreiben vom 13. Juni 1977 auf, innert 10 Tagen über die vom Arrest erfassten Vermögenswerte Auskunft zu erteilen und die Höhe ihrer Pfandrechtsansprachen bekanntzugeben; nach Ablauf dieser Frist könnten Pfandrechtsansprachen nicht mehr entgegengenommen werden. In ihrer Antwort vom 16. Juni 1977 teilte die Bank X. dem Betreibungsamt mit, dass sie dem Arrestschuldner mit Kreditvertrag vom 1. Dezember 1971 eine Kreditlimite ausgesetzt habe, die durch die Verpfändung von Wertschriften gemäss allgemeiner Pfandverschreibung vom gleichen Datum sichergestellt sei; der Kredit sei derzeit beansprucht mit Fr. 419'580.15, während der Kurswert der vom Arrestschuldner verpfändeten Wertschriften Fr. 301'100.- betrage.
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B.- Mit Verfügung vom 17. Juni 1977 setzte darauf das Betreibungsamt der Arrestgläubigerin gemäss Art. 109 SchKG Frist zur Einreichung der Widerspruchsklage an. Gegen diese Verfügung beschwerte sich die Arrestgläubigerin beim Bezirksgericht Zürich als unterer kantonaler Aufsichtsbehörde über Schuldbetreibung und Konkurs mit dem Antrag, ![]() | 3 |
Mit Entscheid vom 16. Dezember 1977 hiess das Bezirksgericht die Beschwerde gut und entsprach dem Begehren der Arrestgläubigerin. Hiegegen rekurrierte die Bank X. an das Obergericht des Kantons Zürich als obere kantonale Aufsichtsbehörde mit dem Antrag, auf die Beschwerde der Arrestgläubigerin sei nicht einzutreten, eventuell sei sie abzuweisen. Das Obergericht wies den Rekurs mit Beschluss vom 18. April 1978 ab und bestätigte den Entscheid des Bezirksgerichts.
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C.- Gegen den Beschluss des Obergerichts rekurrierte die Bank X. unter Aufrechterhaltung ihres im kantonalen Verfahren gestellten Antrags an die Schuldbetreibungs- und Konkurskammer des Bundesgerichts.
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Die Schuldbetreibungs- und Konkurskammer weist den Rekurs ab.
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Aus den Erwägungen: | |
2. Gemäss Art. 275 SchKG wird der Arrest nach den für die Pfändung aufgestellten Vorschriften vollzogen. Zu diesen Vorschriften, die auch beim Arrestvollzug anwendbar sind, gehören insbesondere diejenigen über das Widerspruchsverfahren (Art. 106-109 SchKG). Ein Widerspruchsverfahren ist dann durchzuführen, wenn eine gepfändete bzw. arrestierte Sache vom Schuldner als Eigentum oder Pfand eines Dritten bezeichnet oder von einem Dritten als Eigentum oder Pfand beansprucht wird. Die Eröffnung des Widerspruchsverfahrens setzt voraus, dass das Betreibungsamt vom Schuldner oder vom Dritten über dessen Anspruch unterrichtet wird. Unterlässt es der Dritte, seinen Anspruch anzumelden, und tut dies auch der Schuldner nicht, so kann das Widerspruchsverfahren nicht durchgeführt und der Anspruch in der hängigen Betreibung nicht berücksichtigt werden. Über die Frist, innert welcher der Dritte seine Rechte anmelden muss, damit sie noch berücksichtigt werden können, enthält das Gesetz keine ausdrückliche Bestimmung. Das Bundesgericht vertrat in BGE 37 I 465 ff. E. 2 die Auffassung, es bestehe diesbezüglich eine Gesetzeslücke, die in dem Sinne zu füllen sei, dass der Dritte seinen Anspruch bei Gefahr der Verwirkung spätestens zehn ![]() | 7 |
3. In seiner Besprechung von BGE 102 III 140 ff. in ZBJV 114/1978 S. 12 ff. hat AMONN die bundesgerichtliche Rechtsprechung kritisiert und eine Überprüfung der Praxis angeregt. Er weist darauf hin, dass der Dritte nach der gesetzlichen Regelung vor der Verteilung des Erlöses nicht mit der Verwirkung seines Anspruchs rechnen müsse. Aus Art. 107 Abs. 4 SchKG gehe im Gegenteil hervor, dass er bis zu diesem Zeitpunkt seinen Anspruch auf das zu verwertende Vermögensstück oder den bereits daraus erzielten Erlös geltend machen könne, sofern ihm nicht vorher Frist zur Klage angesetzt worden sei. Auf diese Bestimmung müsse er sich verlassen können. Die Verwirkung des Widerspruchsrechts infolge Verzögerung der Anmeldung ohne klare gesetzliche Grundlage sei umso problematischer, als der betroffene Drittansprecher noch gar nicht in gesetzmässiger Weise ins Betreibungsverfahren einbezogen worden sei. Freilich sei es wünschbar, dass Streitigkeiten über die Rechte Dritter an zu verwertenden Gegenständen möglichst frühzeitig erledigt würden. Um dies zu erreichen, genüge es jedoch, den Dritten, der ohne beachtlichen Grund, aus Nachlässigkeit oder aus bösem Willen, mit der Anmeldung seines Anspruchs allzulange zuwarte, für den auf diese Weise schuldhaft verursachten Schaden haften zu lassen. Die Annahme der Verwirkung sei nur dann gerechtfertigt, wenn die Berufung auf ![]() | 8 |
4. a) Diese Argumente sind beachtlich. Sie rechtfertigen es indessen nicht, von einer in ihren Grundzügen beinahe 70 Jahre alten Praxis abzugehen. Die Gründe, die das Bundesgericht seinerzeit dazu veranlasst haben, die ohne triftigen Grund nicht innert angemessener Frist angemeldeten Rechte eines Dritten an einem mit Vollstreckungsbeschlag belegten Gegenstand als verwirkt zu betrachten, behalten vielmehr auch heute noch ihre Berechtigung. Wie bereits in BGE 37 I 466 (vgl. auch BGE 88 III 118) dargelegt wurde, liegt der Festsetzung kurzer Verwirkungsfristen für die Bestreitung von Drittansprachen und für die Klage auf An- oder Aberkennung solcher Ansprachen (Art. 106 Abs. 2, 107 Abs. 1 und 109 SchKG) sowie der Bestimmung, dass die Betreibung bis zur Erledigung des Widerspruchsprozesses eingestellt wird (Art. 107 Abs. 2 SchKG), offensichtlich das Bestreben zugrunde, Streitigkeiten über die Rechte Dritter an mit Beschlag belegten Gegenständen ![]() | 9 |
Den Gläubiger diesem Risiko auszusetzen, würde sich nur dann rechtfertigen, wenn der Dritte ein schützenswertes Interesse daran hätte, mit der Anmeldung seiner Rechte beliebig, allenfalls bis zur Verteilung des Erlöses, zuzuwarten. Das ist aber in der Regel nicht der Fall. Vom Drittansprecher wird nur verlangt, dass er seine Rechte innert angemessener Frist bekanntgebe. Diese einfache Massnahme, die ihm keinerlei Nachteile bringt, ist ihm zuzumuten. Sie drängt sich auch ohne ausdrückliche gesetzliche Vorschrift und ohne formellen Einbezug in das Verfahren jedem auf, der ein Recht an einem Vermögensstück beansprucht, das vom Betreibungsamt mit Beschlag belegt worden ist. Freilich hat der Dritte darüber hinaus zu gewärtigen, mit dem Gläubiger einen Widerspruchsprozess führen zu müssen, obwohl vielleicht mit dem Schuldner über den Bestand des beanspruchten Rechts kein Streit besteht. Das liegt aber in der Natur des Widerspruchsverfahrens und liesse sich auch dann nicht vermeiden, wenn der Widerspruchsprozess erst in einem späteren Stadium der Betreibung durchgeführt würde. Den Dritten bloss für den aus der Verzögerung der Anmeldung seines Anspruchs entstanden Schaden haften zu lassen, statt den Anspruch als verwirkt zu betrachten, genügt sodann nicht, um das Interesse des Gläubigers an der sofortigen Durchführung des Widerspruchsverfahrens aufzuwiegen.
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b) Besonderes Gewicht legt AMONN bei seiner Kritik auf den Unterschied zwischen Pfändung und Arrest. Seine Ausführungen laufen im Ergebnis darauf hinaus, dass das Widerspruchsverfahren nicht schon im Anschluss an den Arrest, sondern erst nach erfolgter Pfändung in Gang gesetzt werden sollte. Das widerspräche aber der ausdrücklichen Bestimmung von Art. 275 SchKG, wonach der Arrest nach den in den Art. 91-109 für die Pfändung aufgestellten Vorschriften, zu denen gerade auch diejenigen über das Widerspruchsverfahren gehören, vollzogen wird. Das Bundesgericht hat deshalb die Regel, dass Drittansprachen bei Gefahr der Verwirkung unverzüglich anzumelden sind, von Anfang an auch auf den Fall des Arrestes angewandt (vgl. schon BGE 37 I 463 ff.), und es hat in der Folge stets an dieser Praxis festgehalten. Die Besonderheit des Arrestes als eines bloss provisorischen Sicherungsbeschlages rechtfertigt denn auch keine von der Pfändung abweichende Regelung. Auch beim Arrest hat der Gläubiger ein berechtigtes Interesse daran, von Anfang an zu wissen, ob Drittansprachen an den beschlagnahmten Vermögensstücken bestehen. Nur so kann er ermessen, ob sich für ihn die Prosequierung des Arrestes überhaupt lohnt oder ob er nach weiterem arrestierbarem Vermögen forschen soll. Könnte mit der Anmeldung des Drittrechts bis zur Pfändung zugewartet werden, so müsste der Gläubiger damit rechnen, dass das Vollstreckungssubstrat nachträglich wegfällt, so dass er die Umtriebe des Arrestprosequierungsprozesses, ![]() | 12 |
Dass der Dritte, der seine Rechte schon im Anschluss an den Arrest anmelden muss, unter Umständen gezwungen sein kann, einen Widerspruchsprozess zu führen, zu dem es nicht gekommen wäre, wenn die Anmeldung erst bei der Pfändung hätte erfolgen müssen, dann nämlich, wenn der Gläubiger den Arrest gar nicht prosequiert oder wenn er im Arrestprosequierungsprozess unterliegt, muss freilich in Kauf genommen werden. Immerhin dürften diese Fälle verhältnismässig selten sein, so dass sie kaum ins Gewicht fallen. Häufig wird es nämlich gar nicht erst zum Widerspruchsprozess kommen, so vor allem, wenn das Drittrecht liquid ist. Gerade Banken dürfte es in der Regel leicht fallen, den Bestand der von ihnen geltend gemachten Pfand- bzw. Retentionsrechte durch Vorlage von Urkunden sofort zu beweisen, so dass der Gläubiger zum vornherein auf einen Prozess verzichten wird.
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c) Schliesslich ist auch einzuräumen, dass auf die Banken ein indirekter Zwang ausgeübt wird, das Bankgeheimnis preiszugeben, wenn sie ihre Rechte an den bei ihnen liegenden und mit Arrest belegten Vermögensstücken schon im Arreststadium ![]() | 14 |
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5. Im vorliegenden Fall erhielt die Rekurrentin am 28. Januar 1977 Kenntnis vom Arrest, der bei ihr vollzogen wurde. Ihr Pfandrecht an den mit Arrest belegten Wertpapieren meldete sie jedoch erst am 16. Juni 1977 an, zu einem Zeitpunkt, als sowohl das Rechtsöffnungsverfahren wie auch der Arrestprosequierungsprozess (je für einen Teil der in Betreibung gesetzten Forderung) bereits eingeleitet waren. Für diese Verzögerung hatte sie keinen beachtlichen Grund. Mit ihrer Berufung auf das Bankgeheimnis vermag sie ihr Verhalten, abgesehen von den in E. 4 c genannten allgemeinen Gründen, umso weniger zu rechtfertigen, als sie nicht zögerte, es preiszugeben, sobald es um ihre eigenen Interessen ging und sie die einem Wertverlust ausgesetzten verpfändeten Wertschriften verwerten wollte. Überdies stellt sie sich auf den Standpunkt, die Arrestgläubigerin habe schon längst Kenntnis von den Geschäftsbeziehungen zwischen ihr und dem Arrestschuldner gehabt. Dann aber bestand vollends kein Anlass, mit der Anmeldung des Pfandrechts zuzuwarten. Von einem Sucharrest kann unter diesen Umständen offensichtlich nicht die Rede sein. Rechtsmissbrauch kann schliesslich der Arrestgläubigerin nicht vorgeworfen werden, wenn sie gestützt auf die bundesgerichtliche Rechtsprechung darauf beharrt, dass das von der Rekurrentin geltend gemachte Pfandrecht in der vorliegenden Betreibung ausser acht zu lassen sei. Die Rekurrentin bringt diesbezüglich einzig vor, der Arrestgläubigerin sei bekannt gewesen, dass sie, die Rekurrentin, dem Arrestschuldner einen Kredit gewährt habe, der durch die Verpfändung eines Grundstücks ![]() | 16 |
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