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20. Entscheid vom 23. November 1978 i.S. R. | |
Regeste |
Deckungsprinzip (Art. 141 in Verbindung mit Art. 126 SchKG). | |
Sachverhalt | |
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In Ziff. 1 der am 23. Mai 1978 aufgelegten Steigerungsbedingungen verfügte das Betreibungsamt, das Grundstück werde nur zugeschlagen, wenn das Höchstangebot den Betrag von Fr. 235'411.65, also die Forderungen nebst Zinsen aus den beiden Schuldbriefen im 1. und 2. Rang, übersteige.
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B.- Gegen diese Verfügung beschwerte sich der SBV beim Bezirksgerichtspräsidenten von Rorschach als unterer Aufsichtsbehörde für das Betreibungswesen mit dem Antrag, es sei in Ziff. 1 der Steigerungsbedingungen auf die Angabe eines Mindestangebotes zu verzichten. Der Bezirksgerichtspräsident hiess die Beschwerde am 3. Juli 1978 gut und hob das für die Versteigerung verfügte Mindestangebot auf. Dieser Entscheid wurde auf Rekurs der Schuldnerin hin am 25. September 1978 von der kantonalen Aufsichtsbehörde für Schuldbetreibung und Konkurs des Kantons St. Gallen bestätigt. Beide kantonale Instanzen gelangten zum Ergebnis, das Deckungsprinzip im Sinne von Art. 141 in Verbindung mit Art. 126 SchKG bezwecke ausschliesslich die Wahrung der Rechte der im Range vorgehenden Pfandgläubiger. Diese könnten daher auf dessen Anwendung verzichten. Insbesondere treffe das dann zu, wenn dem betreibenden Grundpfandgläubiger vorgehende Pfandforderungen zustünden, die infolge Kündigung zur Rückzahlung fällig geworden seien.
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C.- Gegen den Entscheid der kantonalen Aufsichtsbehörde rekurrierte R. an die Schuldbetreibungs- und Konkurskammer des Bundesgerichts mit dem Antrag, das vom Betreibungsamt verfügte Mindestangebot von Fr. 235'411.65 wieder herzustellen.
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Das Betreibungsamt Goldach beantragt die Gutheissung des Rekurses. Die Vorinstanz liess sich nicht vernehmen, während die Vernehmlassung des SBV verspätet einging.
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3. Es fragt sich somit einzig, ob ein Gläubiger auf die Einhaltung des Deckungsprinzips verzichten kann. Das wäre allenfalls dann zu erwägen, wenn dieses Prinzip allein dem Schutz des Gläubigers dienen würde. Dem ist indessen entgegen der Annahme beider kantonaler Instanzen nicht so. Auch der Schuldner und Pfandeigentümer kann ein berechtigtes Interesse daran haben, dass bei einer Pfandverwertung nicht auch Pfandrechte liquidiert werden, deren Forderungen nicht in Betreibung gesetzt worden sind; denn damit würden ihm die ihm im Betreibungsverfahren zustehenden Rechte (Rechtsvorschlag, Einhaltung der Verwertungsfristen) abgeschnitten. So muss ein Schuldner ganz sicher nicht dulden, dass das vorgehende Pfandrecht für eine noch gar nicht fällige Schuld bei der Verwertung zugunsten eines nachgehenden Pfandgläubigers, seien die beiden Gläubiger identisch oder nicht, mitliquidiert ![]() | 8 |
Dient aber das Deckungsprinzip nicht nur dem Schutz der vorgehenden Gläubiger, so können diese nicht auf dessen Einhaltung verzichten. Die beiden Schuldbriefe sind daher bei der Festsetzung des Mindestangebotes zu berücksichtigen, ohne dass geprüft werden müsste, ob der SBV unter den gegebenen besonderen Umständen die Stellung eines Grundpfandgläubigers beanspruchen kann, obwohl ihm an den Schuldbriefen blosse Faustpfandrechte zustehen.
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4. Was die beiden kantonalen Instanzen und der SBV vorbringen, kann zu keinem andern Ergebnis führen. Die Argumente, die das Bundesgericht dazu geführt haben, für das Retentionsrecht eine Ausnahme vom Deckungsprinzip zu machen (BGE 89 III 75 /76, BGE 65 III 6 ff., BGE 42 III 221 /222; Archiv SchK 3/1894 Nr. 25), gelten für vorgehende Grundpfandrechte auch dann nicht, wenn die betreffenden Forderungen zwar fällig, aber noch nicht in Betreibung gesetzt worden sind. Auch der Hinweis der Vorinstanz auf JAEGER verfängt nicht; dieser führt zwar an der im angefochtenen Entscheid zitierten Stelle (N. 5 am Anfang zu Art. 126 SchKG) aus, das Deckungsprinzip bezwecke die Wahrung der Rechte der nicht betreibenden Pfandgläubiger; er will jedoch damit den Unterschied zu den mitbetreibenden Pfandgläubigern hervorstreichen. Dass das Deckungsprinzip ausschliesslich die Rechte der vorgehenden Pfandgläubiger zu schützen bestimmt sei, sagt JAEGER nicht: aus den in E. 3 zitierten Stellen seines Kommentars ergibt sich das Gegenteil. Dass der SBV, wie der erstinstanzliche Entscheid darlegt, bei der Realisierung seiner Faustpfandrechte möglicherweise auf Schwierigkeiten stossen wird, hat er allein der von ihm selbst gewählten Art der Sicherstellung seiner ![]() | 10 |
Demnach erkennt die Schuldbetreibungs- und Konkurskammer:
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Der Rekurs wird gutgeheissen und der Entscheid der kantonalen Aufsichtsbehörde für Schuldbetreibung und Konkurs des Kantons St. Gallen vom 25. September 1978 aufgehoben; die Beschwerde des Schweizerischen Bankvereins gegen Ziffer 1 der am 23. Mai 1978 aufgelegten Steigerungsbedingungen in der Betreibung Nr. 814 des Betreibungsamtes Goldach wird abgewiesen.
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