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Informationen zum Dokument  BGE 105 III 50  Materielle Begründung
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Regeste
Sachverhalt
Aus den Erwägungen:
1. Mit dem Rekurs macht der Rekurrent in erster Linie geltend, ei ...
2. Zu Recht hat jedoch das Betreibungsamt das Stipendium zu den n ...
3. Der für Unterhaltsansprüche betriebene Schuldner, de ...
4. Der Rekurrent macht weiter geltend, es liege gar keine Pfä ...
5. Dem Schuldner weniger als das Existenzminimum zu belassen, ist ...
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12. Auszug aus dem Entscheid der Schuldbetreibungs- und Konkurskammer vom 15. November 1979 i.S. A. (Rekurs)
 
 
Regeste
 
Pfändung eines Stipendiums; Betreibung für Unterhaltsansprüche (Art. 92, 93 SchKG).  
2. Auch eine Rente gemäss Art. 151 ZGB kann Unterhaltscharakter haben, so dass sich der Schuldner nach den Regeln, wie sie für die Betreibung für Unterhaltsansprüche aufgestellt worden sind, bei der Pfändung gegebenenfalls einen verhältnismässigen Eingriff in sein Existenzminimum gefallen lassen muss (E. 3, 4).  
3. Ein Eingriff in das Existenzminimum ist jedoch auch bei einer Betreibung für Unterhaltsansprüche nur zulässig, wenn der Gläubiger zur Deckung seines eigenen Notbedarfs auf die Beiträge des Schuldners angewiesen ist (E. 5).  
 
Sachverhalt
 
BGE 105 III, 50 (51)A.- Mit Urteil vom 28. Oktober 1976 schied das Zivilamtsgericht von Bern die Eheleute Hans und Gabrielle A. und genehmigte die am 24. Juli 1976 abgeschlossene Ehescheidungskonvention. Darin hatte sich der Ehemann verpflichtet, an den Unterhalt der Frau eine monatliche Rente von Fr. 300.- sowie an denjenigen des der Frau zugesprochenen Kindes einen monatlichen Beitrag von Fr. 225.- zu bezahlen, wobei beide Beträge an den Index der Konsumentenpreise gebunden waren. Mit Zahlungsbefehl Nr. 3343 vom 27. April 1979 setzte Gabrielle A. den Unterhaltsbeitrag für sich und das Kind für den Monat April 1979 in der Höhe von Fr. 541.- abzüglich einer bereits erfolgten Zahlung von Fr. 100.- in Betreibung.
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B.- Mit Verfügung vom 9. August 1979 pfändete das Betreibungsamt Thun vom Stipendium in der Höhe von Fr. 1'125.- pro Monat, das der Schuldner vom Kanton Bern für den Besuch der Handelsschule bezieht, einen Betrag von Fr. 306.- pro Monat. Das Betreibungsamt bemass den Notbedarf des Schuldners unter Einschluss der Alimente von Fr. 541.- sowie des Schulgeldes von Fr. 420.- auf Fr. 1'987.- pro Monat. Die pfändbare Quote berechnete es nach der für die Betreibung für Unterhaltsansprüche massgebenden Formel (541 - x 1'125.-: 1987.- = 306.30).
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Eine Beschwerde des Schuldners gegen diese Verfügung wurde von der Aufsichtsbehörde in Betreibungs- und Konkurssachen für den Kanton Bern mit Entscheid vom 17. September 1979 abgewiesen.
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C.- Gegen den Entscheid der bernischen Aufsichtsbehörde rekurrierte Hans A. an die Schuldbetreibungs- und Konkurskammer BGE 105 III, 50 (52)des Bundesgerichts mit dem Antrag, die Pfändung des Stipendiums sei aufzuheben.
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Die Gläubigerin hat auf Vernehmlassung verzichtet, während sich das Betreibungsamt innert der ihm angesetzten Frist nicht vernehmen liess.
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Die Schuldbetreibungs- und Konkurskammer weist die Sache zu ergänzender Abklärung und neuer Entscheidung im Sinne der Erwägungen an die Vorinstanz zurück.
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Aus den Erwägungen:
 
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Pfändbar sind grundsätzlich sämtliche Vermögensrechte des Schuldners, soweit nicht das Bundesrecht eine Ausnahme vorsieht (BGE 97 III 25). Eine Vorschrift, die Stipendien als unpfändbar erklären würde, findet sich weder in Art. 92 SchKG noch in einer anderen Bestimmung des Bundesrechts. Ob das kantonale Recht die Unpfändbarkeit von Stipendien vorsehen dürfe, obwohl die Unpfändbarkeitsbestimmungen des Bundesrechts grundsätzlich als abschliessend zu betrachten sind, jedenfalls soweit sie auf sozialpolitischen Überlegungen beruhen (BGE 97 III 25, BGE 80 III 19, BGE 65 III 10, BGE 64 III 2), kann dahingestellt bleiben, da im Kanton Bern nach den in diesem Punkt für das Bundesgericht verbindlichen Feststellungen im angefochtenen Entscheid eine solche Vorschrift nicht besteht.
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Die rechtliche Natur des Stipendiums steht dessen Pfändbarkeit nicht entgegen. Es handelt sich dabei um eine auf öffentlichem Recht beruhende Forderung gegen das Gemeinwesen, über die der Berechtigte grundsätzlich frei verfügen kann. Dass es sich im Kanton Bern anders verhalte, behauptet der Rekurrent nicht. Freilich soll das Stipendium dazu dienen, dem Berechtigten das Studium zu ermöglichen, und es soll diesem Zweck nicht entfremdet werden. Das schliesst aber dessen Pfändbarkeit nicht notwendig aus. Entgegen der Ansicht des Rekurrenten deckt das Stipendium in der Regel und auch im vorliegenden Fall nicht nur die Ausbildungskosten im engeren BGE 105 III, 50 (53)Sinne (z.B. Schulgeld, Auslagen für Lehrmittel), sondern es trägt auch an den Lebensunterhalt des Berechtigten bei, der wegen des Studiums nicht in der Lage ist, einem Verdienst nachzugehen. Jedenfalls soweit es um Forderungen geht, die mit dem Studium und dem Lebensunterhalt des Berechtigten sowie allenfalls seiner Familie im Zusammenhang stehen, verbietet auch die Zweckbestimmung des Stipendiums dessen Pfändbarkeit nicht. So kann es z.B. der Zimmervermieterin des Studenten nicht verwehrt sein, in der Betreibung für den Mietzins auf das Stipendium zu greifen, wenn keine anderen pfändbaren Vermögensstücke vorhanden sind. Das gleiche gilt für den vorliegenden Fall, wo es um Unterhaltsansprüche der geschiedenen Ehefrau und des Kindes des Schuldners geht. Das Stipendium des Rekurrenten ist daher grundsätzlich pfändbar.
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3. Der für Unterhaltsansprüche betriebene Schuldner, dessen Verdienst den Notbedarf einschliesslich der für den Unterhalt des Gläubigers notwendigen Alimente nicht deckt, muss sich jedoch nach der Rechtsprechung, auf die sich der angefochtene Entscheid stützt, einen Eingriff in sein Existenzminimum gefallen lassen. Dieser ist so zu bemessen, dass sich der Schuldner und der Gläubiger im gleichen Verhältnis einschränken müssen (BGE 105 III 49, BGE 87 III 9, BGE 86 III 14, BGE 78 III 66, BGE 71 III 177 /178, BGE 68 III 28 und 106, BGE 67 III 138). Der Rekurrent macht geltend, diese Regel dürfe nicht angewendet werden, wenn wie hier ein Ausbildungsbeitrag in Frage stehe, da man sonst auch die Unkosten für die Ausbildung bei der Rechnung des Notbedarfs berücksichtigen müsse. Diese Rüge ist unverständlich, hat doch das Betreibungsamt das Existenzminimum des Rekurrenten um den Betrag des Schulgeldes (Fr. 420.- pro Monat) und die zusätzlichen Kosten BGE 105 III, 50 (54)für auswärtige Verpflegung (Fr. 80.- pro Monat) erhöht. Dass noch weitere Auslagen für den Schulbesuch hätten berücksichtigt werden müssen, behauptet der Rekurrent nicht, und er hat im kantonalen Verfahren auch keine Beweise für derartige Unkosten angeboten.
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Dem ist vorab entgegenzuhalten, dass die in Betreibung gesetzte Forderung auch die Ansprüche des Kindes umfasst, denen ohne jeden Zweifel Unterhaltscharakter im Sinne der eben erwähnten Rechtsprechung zukommt. Dass es sich bei Leistungen, die auf Grund von Art. 151 Abs. 1 ZGB geschuldet werden, nicht um Unterhaltsbeiträge handeln könne, trifft sodann offensichtlich nicht zu. Nach ständiger Rechtsprechung gehört zu den Vermögensrechten, die durch die Scheidung beeinträchtigt werden und für die der schuldige Ehegatte dem schuldlosen nach der genannten Bestimmung eine angemessene Entschädigung zu entrichten hat, auch der sich aus Art. 160 Abs. 2 ZGB ergebende Unterhaltsanspruch der Ehefrau gegenüber dem Ehemann (BGE 98 II 165, BGE 95 II 597, BGE 90 II 72 E. 4). Freilich scheint das Bundesgericht in BGE 55 III 156 unten die Ansicht vertreten zu haben, ein Eingriff in das Existenzminimum sei nur bei einer Bedürftigkeitsrente im Sinne von Art. 152 ZGB zulässig, offenbar in der Annahme, dass der rentenberechtigte Ehegatte zur Deckung seines Notbedarfs nur bei grosser Bedürftigkeit auf die Unterhaltsbeiträge angewiesen sei, dass jedoch bei grosser Bedürftigkeit einzig eine Rente nach Art. 152 ZGB, nicht aber eine solche nach Art. 151 ZGB in Frage komme (vgl. BGE 68 II 4). Diese Auffassung ist indessen durch die neuere Rechtsprechung überholt. Danach ist die Zusprechung einer Bedürftigkeitsrente im Sinne von Art. 152 ZGB ausgeschlossen, wenn die grosse Bedürftigkeit des ansprechenden Ehegatten durch die Ausrichtung einer Entschädigungsrente im Sinne von Art. 151 ZGB behoben werden kann (BGE 90 II 74 /75). Art. 152 ZGB ist somit insoweit gegenüber Art. 151 ZGB subsidiär. Ist dies aber der Fall, so kann nicht gesagt werden, eine Rente gemäss Art. 151 ZGB könne nicht zur Deckung des Notbedarfs des berechtigten Ehegatten BGE 105 III, 50 (55)dienen, so dass im Falle einer Betreibung ein Eingriff in das Existenzminimum des Schuldners zum vornherein unzulässig sei.
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5. Dem Schuldner weniger als das Existenzminimum zu belassen, ist indessen auch bei einer Betreibung für Unterhaltsansprüche nur gerechtfertigt, wenn der Gläubiger zur Deckung seines eigenen Notbedarfs auf die Beiträge des Schuldners angewiesen ist (BGE 89 III 67, BGE 84 III 31, BGE 72 III 95, BGE 71 III 177, BGE 70 III 24, BGE 68 III 28, 106). Das hat die Vorinstanz übersehen. Dass der Alimentengläubiger auf die Alimente angewiesen ist, ist bei richterlich zugesprochenen Unterhaltsbeiträgen freilich zu vermuten (BGE 71 III 177, BGE 68 III 28). Diese Vermutung kann jedoch nicht ohne weiteres auch für Renten gemäss Art. 151 ZGB oder für vertraglich vereinbarte Alimente gelten, auch wenn diese richterlich genehmigt worden sind, kommt es doch häufig vor, dass derartige Beiträge mehr als nur den Notbedarf des Alimentengläubigers zu decken vermögen. Im vorliegenden Fall muss zudem ohnehin angenommen werden, die Gläubigerin verfüge noch über weitere Einkünfte, da sie mit den gemäss Scheidungskonvention geschuldeten Alimenten allein offensichtlich nicht leben könnte. Der Rekurrent unterlässt es zwar, hierüber nähere Angaben zu machen. Indessen haben die Betreibungsbehörden die massgebenden tatsächlichen Verhältnisse bei der Ermittlung des pfändbaren Einkommens von Amtes wegen abzuklären (BGE 102 III 15, BGE 97 III 11 /12, BGE 93 III 37 E. 2, BGE 87 III 104). Dies muss umso mehr gelten, wenn die Pfändung wie hier beträchtlich in das für den Schuldner zum Leben Notwendige eingreift.
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Den Akten lässt sich entnehmen, dass die Gläubigerin als Berufsbezeichnung "Alterspflegerin" angibt. Ob sie diesen Beruf auch tatsächlich ausübt und ob sie mit dem allfälligen Erwerbseinkommen ihren Notbedarf und denjenigen des Kindes decken kann, lässt sich auf Grund der Aktenlage jedoch nicht entscheiden. Die Sache ist daher zur Abklärung dieser Fragen an die Vorinstanz zurückzuweisen. Erst wenn feststeht, dass und allenfalls in welchem Ausmass die Gläubigerin unter Berücksichtigung ihrer eigenen Einkünfte auf die Leistungen des Rekurrenten angewiesen ist, um ihren Lebensunterhalt und denjenigen des Kindes zu bestreiten, kann die pfändbare Quote nach der vom Betreibungsamt verwendeten Formel festgesetzt werden. In diesem Sinne ist der Rekurs gutzuheissen.
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