BGE 109 III 97 | |||
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27. Auszug aus dem Entscheid der Schuldbetreibungs- und Konkurskammer vom 8. Juli 1983 i.S. X. (Rekurs) | |
Regeste |
Zustellung einer Arresturkunde und eines Zahlungsbefehls; Zustellungsort; Zustellung in den USA. |
2. Es verstösst nicht gegen Bundesrecht, Arresturkunde und Zahlungsbefehl in den USA (durch Vermittlung des schweizerischen Generalkonsulates) per Post zuzustellen, auch dann nicht, wenn dies durch Übergabe an einen Angestellten des Schuldners geschieht (E. 2 und 3). | |
Sachverhalt | |
Am 29. Juni 1981 vollzog das Betreibungsamt B. den am 26. Juni 1981 gestützt auf Art. 271 Abs. 1 Ziff. 4 SchKG gegen X. erlassenen Arrestbefehl. Durch Einleitung der Betreibung wurde der Arrest rechtzeitig prosequiert. Arresturkunde und Zahlungsbefehl wurden durch Vermittlung des schweizerischen Generalkonsulates in New York per Post an die auf dem Arrestbefehl vermerkte Adresse in den USA gesandt, wo sie am 8. September 1981 Y. ausgehändigt wurden. Dieser liess die beiden Urkunden ungeöffnet an die erwähnte diplomatische Vertretung zurückgehen.
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In der Folge stellte der Betreibungsgläubiger das Fortsetzungsbegehren. Die Pfändungsankündigung konnte X. zunächst weder an der Adresse in den USA noch in der Schweiz zugestellt werden. Am 4. Mai 1982 wurde sie jedoch von einem Angestellten von X. an dessen Arbeitsort in der Schweiz entgegengenommen. Tags darauf vollzog das Betreibungsamt die Pfändung.
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Am 12. Mai 1982 händigte das Betreibungsamt die Arresturkunde und den Zahlungsbefehl, die es inzwischen wieder zurückerhalten hatte, dem Rechtsvertreter von X. aus. Einen am folgenden Tag eingereichten Rechtsvorschlag erklärte das Betreibungsamt mit Verfügung vom 14. Mai 1982 für verspätet.
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X. reichte in der Folge beim zuständigen Bezirksgericht als unterer Aufsichtsbehörde in Schuldbetreibungs- und Konkurssachen gegen die Pfändungsankündigung, gegen die Erstellung der Pfändungsurkunde und gegen die betreibungsamtliche Verfügung vom 14. Mai 1982 Beschwerde ein. Er verlangte, dass die erwähnten Anordnungen und die darauf beruhenden weiteren Handlungen des Betreibungsamtes aufzuheben seien.
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Das Bezirksgericht vereinigte die drei Verfahren und wies die Beschwerden am 10. November 1982 ab, soweit darauf einzutreten gewesen war. Einen von X. hiergegen erhobenen Rekurs wies die obere kantonale Aufsichtsbehörde am 13. Juni 1983 ebenfalls ab, soweit sie darauf eintrat.
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Gegen diesen Entscheid hat X. an die Schuldbetreibungs- und Konkurskammer des Bundesgerichts rekurriert.
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Aus den Erwägungen: | |
1. Ob das Betreibungsamt den am 13. Mai 1982 erhobenen Rechtsvorschlag zu Recht als verspätet erklärt habe, hängt davon ab, ob die am 8. September 1981 erfolgte Aushändigung des Zahlungsbefehls an Y. als rechtsgültige Zustellung an den Rekurrenten zu betrachten sei. Der Rekurrent macht vorab geltend, dass er nach der wiederholten Rechtsprechung, die das Betreibungsamt gekannt habe, seinen Wohnsitz nicht in den USA, sondern in A. habe; in der Schweiz seien ihm Arresturkunde und Zahlungsbefehl aber erst am 12. Mai 1982 ordnungsgemäss zugestellt worden.
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Die Vorbringen des Rekurrenten sind insofern unbehelflich, als das Betreibungsamt bei der Zustellung der beiden erwähnten Urkunden sich nicht nach früheren Gerichtsurteilen zu richten, sondern von den Angaben im Arrestbefehl auszugehen hatte. Die Prüfungsbefugnis eines Betreibungsamtes, das mit dem Vollzug eines Arrestbefehls betraut ist, beschränkt sich nämlich im wesentlichen auf die formelle Gesetzmässigkeit des Arrestbefehls sowie auf die Frage, ob dieser alle vom Gesetz verlangten Angaben enthalte und ob er im Rahmen der gesetzlichen Vorschriften vollstreckbar sei. Das Betreibungsamt hat sich dabei zu vergewissern, ob die mit Arrest zu belegenden Vermögenswerte auch pfändbar wären, ob der Arrestbefehl sich auf effektiv vorhandene Gegenstände beziehe, ob sich diese in seinem Amtskreis befänden und ob die fraglichen Gegenstände nicht offensichtlich einer andern Person gehörten als dem Schuldner. Keinesfalls aber darf das Betreibungsamt die Grundlagen des Arrestbefehls überprüfen. So ist es ihm beispielsweise verwehrt, das Bestehen des Arrestgrundes (hier des ausländischen Wohnsitzes im Sinne von Art. 271 Abs. 1 Ziff. 4 SchKG) abzuklären. Hierzu ist einzig der Richter zuständig (Arrestaufhebungsprozess gemäss Art. 279 Abs. 2 SchKG).
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Aus dem Gesagten erhellt, dass das Betreibungsamt hinsichtlich der Adresse des Rekurrenten von den Angaben im Arrestbefehl auszugehen hatte... Dass der Rekurrent in anderen Betreibungsverfahren als in der Schweiz domiziliert betrachtet wurde, vermag daran nichts zu ändern. Die Zustellung von Arresturkunde und Zahlungsbefehl in den USA verstiess somit an sich nicht gegen Bundesrecht.
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2. Der Rekurrent beanstandet sodann, dass bei der Zustellung in den USA der vorgesehene Weg nicht eingehalten worden sei. Mit der Vorinstanz geht er zwar davon aus, dass zwischen der Schweiz und den USA kein Staatsvertrag betreffend die Zustellung von Gerichts- und Betreibungsurkunden bestehe und dass deshalb im vorliegenden Fall die Zustellung über das Generalkonsulat in New York habe erfolgen müssen. Der Rekurrent ist jedoch der Ansicht, dass die schweizerische Vertretung die fraglichen Urkunden nicht per Post hätte weiterleiten dürfen, sondern rechtshilfeweise die zuständigen amerikanischen Behörden hätte einschalten müssen. Er verweist in diesem Zusammenhang auf ein Zirkularschreiben des amerikanischen Staatsdepartements an die ausländischen Missionen vom 3. Februar 1976.
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Ob Arrest- und Betreibungsurkunden in den USA mit der Post zugestellt werden dürften oder ob die Dienste einer hierfür eigens zuständigen Behörde in Anspruch zu nehmen seien, ist - mangels staatsvertraglicher Regelung - ausschliesslich eine Frage des amerikanischen Rechts, die zu überprüfen die Schuldbetreibungs- und Konkurskammer des Bundesgerichts nicht befugt ist (vgl. Art. 79 Abs. 1 OG; dazu auch BGE 96 III 65 E. 1; BGE 90 III 9 f.; FRITZSCHE, Schuldbetreibung und Konkurs, 2. Aufl., I. Bd., S. 108 Anmerkung 171). Im übrigen ergibt sich aus dem Zitat des Rekurrenten keineswegs, dass Urkunden der hier zur Frage stehenden Art nicht per Post zugestellt werden dürften. Nach dem vom Rekurrenten wiedergegebenen Text des Rundschreibens vom 3. Februar 1976 sagt das amerikanische Staatsdepartement vielmehr, dass es nichts gegen eine postalische Zustellung von Gerichtsurkunden einzuwenden habe, sofern dabei kein Zwang ausgeübt werde. Hinsichtlich des Inhalts der zuzustellenden Schriftstücke macht es - entgegen der Auslegung des Rekurrenten - überhaupt keine Einschränkung.
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3. Des weitern wendet der Rekurrent ein, dass im Rahmen der Zustellung gemäss Art. 66 Abs. 3 SchKG (Wohnsitz des Schuldners im Ausland) eine Ersatzzustellung an eine Drittperson im Sinne von Art. 64 Abs. 1 zweiter Satz SchKG nicht zulässig sei. Die Übergabe der strittigen Urkunden in den USA stelle aber auch deshalb keine rechtsgültige Zustellung dar, weil nicht dargetan sei, dass Y. zur Entgegennahme überhaupt berechtigt gewesen sei. Ob Y. berechtigt gewesen sei, für den Rekurrenten Post entgegenzunehmen, ist eine Frage des einschlägigen amerikanischen Rechts und kann deshalb - aus dem bereits in anderem Zusammenhang dargelegten Grund - von der Schuldbetreibungs- und Konkurskammer nicht überprüft werden. Den Vorbringen des Rekurrenten zum Verhältnis der Bestimmungen von Art. 64 Abs. 1 und 66 Abs. 3 SchKG zueinander ist sodann nicht beizupflichten. Art. 66 Abs. 3 SchKG bestimmt, dass im Falle des Wohnsitzes des Schuldners im Ausland die Zustellung von Betreibungsurkunden durch die Vermittlung der dortigen Behörden oder durch die Post erfolgt. Was geschehen soll, wenn der Schuldner an seinem ausländischen Wohnsitz persönlich nicht erreicht werden kann, lässt sich dieser Bestimmung nicht entnehmen. Für den gleichen Sachverhalt in der Schweiz sieht Art. 64 Abs. 1 zweiter Satz SchKG vor, dass die Zustellung an eine zur Haushaltung des Schuldners gehörende Person oder an einen Angestellten geschehen kann. Gründe, die einer sinngemässen Anwendung dieser Bestimmung auf einen Fall wie den vorliegenden entgegenstünden, vermag der Rekurrent nicht darzutun und sind auch nicht ersichtlich. Der Hinweis des Rekurrenten auf das bundesgerichtliche Urteil vom 8. Februar 1982 ist von vornherein unbehelflich, da sich die Zustellung in jenem Fall nicht nach den Bestimmungen des SchKG gerichtet hatte. Die Art. 64 bis 66 SchKG betreffend die Zustellung von Betreibungsurkunden bilden eine Einheit. Diese Bestimmungen haben dafür zu sorgen, dass einerseits die vom Betreibungsamt ausgehenden Mitteilungen an den Schuldner diesem auch wirklich zukommen und dass andererseits der Schuldner sich der an eine Mitteilung anknüpfenden Rechtsfolgen nicht einfach durch tatsächliche Verunmöglichung der Übergabe an ihn persönlich entziehen kann (vgl. JAEGER, N. 5 zu Art. 64 SchKG). Aus dieser Sicht ist die Zustellung durch Übergabe an Y. nicht zu beanstanden.
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