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4. Auszug aus dem Entscheid der Schuldbetreibungs- und Konkurskammer vom 8. Februar 1985 i.S. W. (Rekurs) | |
Regeste |
Lohnpfändung für Unterhaltsansprüche (Art. 93 SchKG). |
Die Betreibungsbehörden müssen bei der Ermittlung des pfändbaren Einkommens von Amtes wegen abklären, ob der Alimentengläubiger auf die Unterhaltsbeiträge angewiesen ist. Trifft dies nicht zu, so darf nicht in den Notbedarf eingegriffen werden, sondern ist die Lohnpfändung nur noch bis zum Existenzminimum zulässig. Eine von dieser Regel abweichende Verfügung ist nichtig (E. 6, 7). | |
Sachverhalt | |
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Nachdem W. wegen dieser Unterhaltsbeiträge betrieben und die Pfändung - mit einer Lohnpfändung von Fr. 431.-- im Monat - vollzogen worden war, verlangte er vom Betreibungsamt eine Neuberechnung des Existenzminimums. Er machte insbesondere geltend, sein Sohn werde am 22. August 1983 20jährig und damit falle für ihn ab 1. September 1983 die Unterhaltsleistung weg. Das veranlasste das Betreibungsamt, den Zwangsbedarf des Schuldners von bis dahin Fr. 2'971.-- um Fr. 400.-- auf Fr. 2'571.-- zu reduzieren und infolgedessen mit Pfändungsurkunde vom 13. Oktober 1983 die Lohnpfändung ab 1. September 1983 neu auf Fr. 719.30 monatlich festzusetzen.
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Um die Höhe der pfändbaren Quote wurde in der Folge vor der unteren und der oberen kantonalen Aufsichtsbehörde über Schuldbetreibung und Konkurs gestritten. Schliesslich gelangte der Schuldner W. mit Rekurs an die Schuldbetreibungs- und Konkurskammer des Bundesgerichts. Diese konnte wegen verspäteter ![]() | 3 |
Aus den Erwägungen: | |
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a) Im angefochtenen Entscheid findet sich keine Feststellung darüber, dass die mit den Betreibungen Nrn. 940 und 991 eingeforderten Unterhaltsbeiträge im einen oder im anderen Fall weiter zurück reichten als ein Jahr vor Zustellung des Zahlungsbefehls. Den Akten lässt sich lediglich entnehmen, dass der Forderungsbetrag dieser Betreibungen niedriger ist als der Unterhaltsbeitrag eines Jahres für beide Kinder zusammen (12 x Fr. 400.-- je Kind = Fr. 9'600.--).
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b) Die Vorinstanz hat die pfändbare Quote entsprechend der in BGE 71 III 177 f. E. 3 entwickelten Formel berechnet (vgl. auch AMONN, Grundriss des Schuldbetreibungs- und Konkursrechts, 3. Auflage Bern 1983, S. 185; FRITZSCHE/WALDER, Schuldbetreibung und Konkurs nach schweizerischem Recht, Zürich 1984, S. 338 Anm. 96), nämlich:
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(Einkommen des Schuldners x Notbedarf des Gläubigers)/
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(Notbedarf des Schuldners + Notbedarf des Gläubigers)
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Unter dem Notbedarf des Gläubigers ist der Unterhaltsbeitrag zu verstehen, auf welchen die Kinder - als Notbedarf - Anspruch hätten, wenn sie zur Familie des Schuldners gehörten (AMONN, a.a.O.).
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c) Für die Zeit vor dem 1. September 1983, als der Sohn R. noch minderjährig war, hat die kantonale Behörde den von diesem als Notbedarf zu beanspruchenden Unterhaltsbeitrag auf Fr. 340.-- festgesetzt, während für die Tochter K. Fr. 280.-- ermittelt wurden. Aufgrund dieser für das Bundesgericht verbindlichen Feststellung (Art. 63 Abs. 2 in Verbindung mit Art. 81 OG) sowie des Einkommens und des Existenzminimums des Schuldners (oben E. 4) ergibt sich folgende Rechnung:
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(1'850.-- x 620.--)/(2'414.85 + 620.--) = Fr. 377.95
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Die Fr. 431.--, welche das Betreibungsamt als pfändbare Quote bezeichnet hat, sind daher nicht richtig, wie schon die kantonale Instanz festgehalten hat. Indessen hält diese die Differenz von Fr. 53.05 für so gering, dass nach ihrer Auffassung von einer für den Schuldner absolut unhaltbaren Lage und damit von der Nichtigkeit der Pfändungsverfügungen nicht gesprochen werden kann.
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d) Grundsätzlich richtig ist hingegen der Entscheid der Schuldbetreibungs- und Konkurskommission des Obergerichts des Kantons Aargau, insoweit er die mit Pfändungsurkunde vom 13. Oktober 1983 verfügte Lohnpfändung für den Zeitraum nach dem 1. September 1983 neu mit Fr. 228.30 festsetzt.
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Nach der für das Bundesgericht verbindlichen Feststellung der kantonalen Behörde ist der Sohn R. Ende August 1983 volljährig geworden und seither in der Lage, durch Erwerbseinkommen seinen eigenen Lebensunterhalt zu bestreiten. Nun darf aber nach ständiger Rechtsprechung nur in den Notbedarf des Schuldners eingegriffen werden, wenn der Gläubiger zur Deckung seines eigenen ![]() | 17 |
Entscheidend dafür, dass die Pfändungsurkunden vom 25. Januar 1983 und 20. Juli 1983 zu korrigieren sind, ist nun etwa nicht die Volljährigkeit des Sohnes R. an sich, sondern der Umstand, dass er im Augenblick, wo er volljährig geworden ist, seinen Lebensunterhalt aus eigenen Mitteln zu bestreiten vermag (vgl. Art. 277 ZGB). Damit verliert er nach dem vorstehend Gesagten die Berechtigung, durch Lohnpfändung in das Existenzminimum des unterhaltspflichtigen Vaters einzugreifen.
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Hiezu an sich berechtigt ist demgegenüber die Tochter K., wobei von einem Notbedarf für diese auszugehen ist, wie wenn sie Lebensunterhalt in der Familie des Schuldners hätte. Ihr Existenzminimum ist von der kantonalen Behörde für die Zeit nach dem 1. September 1983, wo die elterliche Unterhaltspflicht gegenüber dem erwerbsfähig gewordenen Sohn R. entfällt, auf Fr. 340.-- festgesetzt worden. Das führt nach der oben E. b eingeführten Formel zu folgender Rechnung:
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(1'850.-- x 340.--)/(2'414.85 + 340.--) = Fr. 228.30
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Insofern erweist sich die Berechnung, welche die Vorinstanz angestellt hat, als richtig.
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6. Nun macht aber der Rekurrent zur Begründung seines Antrags, die Pfändungen vom 25. Januar, 20. Juli und 13. Oktober 1983 seien nichtig zu erklären, geltend, die unterhaltsberechtigten ![]() | 22 |
a) Diese Argumentation kann sich auf die oben E. 5 zitierte Rechtsprechung stützen. Obwohl zu vermuten ist, dass bei richterlich zugesprochenen Unterhaltsbeiträgen der Gläubiger auf diese angewiesen ist, müssen die Betreibungsbehörden bei der Ermittlung des pfändbaren Einkommens von Amtes wegen abklären, ob dies auch tatsächlich zutrifft (BGE 105 III 55 E. 5).
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b) Soweit der Rekurrent mit neuen Vorbringen darzutun versucht, dass Dritte - namentlich die Mutter und deren zweiter Ehemann - für den Lebensunterhalt der rentenberechtigten Gläubiger aufkommen, kann darauf nicht eingetreten werden (Art. 79 Abs. 1 Satz 2 OG). Der Rekurrent behauptet nicht, dass die Feststellungen, welche die letzte kantonale Instanz bezüglich der für die Ermittlung des pfändbaren Einkommens massgeblichen Verhältnisse getroffen hat, auf offensichtlichem Versehen beruhten oder unter Verletzung bundesrechtlicher Beweisvorschriften zustande gekommen wären (Art. 63 Abs. 2 in Verbindung mit Art. 81 OG).
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c) In das Existenzminimum nicht mehr eingegriffen werden darf, wenn der Gläubiger seinen Notbedarf aus anderen Mitteln als den Unterhaltsbeiträgen des Schuldners decken kann, so durch Arbeitseinkommen (BGE 105 III 55 E. 5), bei Wiederverheiratung der geschiedenen Frau, welche ihr Anspruch auf Unterhalt gemäss Art. 160 Abs. 2 ZGB gibt (BGE 72 III 95), oder wenn die Mutter der alimentenberechtigten Kinder eine Erbschaft angetreten hat, aus welcher sie deren Lebensunterhalt bestreiten kann (BGE 68 III 105 f.).
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d) Im vorliegenden Fall steht fest, dass die Kinder Anspruch auf Unterhalt durch die Mutter haben, welche die elterliche Gewalt ausübt (Art. 276 ff. ZGB). Wie bereits oben E. 5d festgestellt, entfällt dieser Anspruch für den Sohn R., der sich nicht mehr in Ausbildung befindet, vom Augenblick seiner Volljährigkeit an.
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Die Mutter verfügt nach der für das Bundesgericht verbindlichen Feststellung der Vorinstanz weder über eigenes Einkommen noch über eigenes Vermögen. Sie trägt zum Unterhalt ihrer Kinder aus erster Ehe dadurch bei, dass sie diese in die Familie ihres zweiten Gatten aufgenommen hat. Die kantonale Behörde ist der ![]() | 27 |
e) Der Überlegung der Vorinstanz kann in dieser absoluten Form indessen nicht gefolgt werden. Richtig ist an sich, dass der jetzige Ehemann gegenüber den Kindern aus erster Ehe nicht unterhaltspflichtig ist. Jedoch muss er seiner Ehefrau in der Erfüllung der Unterhaltspflicht gegenüber den Kindern R. und K. in angemessener Weise beistehen (Art. 278 Abs. 2 ZGB; BGE 108 II 277).
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Angesichts dessen, dass die Alimentengläubiger R. und K. im Hause des zweiten Ehemannes ihrer Mutter Pflege und Erziehung bekommen und dass nach dem Gesetz der heutige Gatte gegenüber ihrer Mutter zu Beistand verpflichtet ist, lässt sich nicht behaupten, dass sie zur Deckung ihres Notbedarfs auf die Unterhaltsbeiträge des Rekurrenten angewiesen seien. Dieser Notbedarf der Kinder aus erster Ehe beträgt, wie oben E. 5c festgestellt, Fr. 620.-- für die Zeit vor dem 1. September 1983 und Fr. 340.-- für die Zeit nachher. Er lässt sich aus anderen Mitteln als aus den Beiträgen des Rekurrenten, wofür in dessen Existenzminimum eingegriffen werden müsste, decken. Infolgedessen ist die Lohnpfändung nur bis zum Notbedarf des Rekurrenten zulässig (der im vorliegenden Fall durch das Einkommen des Schuldners vorweg unterschritten wird).
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Als nichtig zu betrachten sind nicht nur die Pfändungen vom 25. Januar und 20. Juli 1983, sondern auch die korrigierte Pfändung vom 13. Oktober 1983. Seit 1. September 1983, auf welches Datum hin die Lohnpfändung durch das Betreibungsamt neu festgesetzt wurde, erhält nämlich auch die Tochter K. den lebensnotwendigen Unterhalt von ihrer Mutter, die - wie oben E. 6e dargelegt - mit dem Beistand ihres jetzigen Ehemannes rechnen kann.
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