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1. Auszug aus dem Urteil der II. Zivilabteilung vom 5. März 1996 i.S. Versicherung X. gegen A. M. (Berufung) | |
Regeste |
Art. 936 und 3 Abs. 2 ZGB; Gutgläubigkeit des Erwerbers einer abhandengekommenen Sache. | |
Sachverhalt | |
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Am 21. Dezember 1992 erhob die Versicherung X. Klage gegen A. M. und verlangte die Herausgabe sämtlicher Waffen, die aus dem Diebstahl bei R. M. stammten. Mit Urteil vom 2. Dezember 1994 wurde die Herausgabeklage vom Amtsgericht Luzern-Land gutgeheissen. Die von A. M. dagegen erhobene Appellation hiess das Obergericht des Kantons Luzern mit Urteil vom 7. September 1995 gut und wies die Herausgabeklage der Versicherung X. ab.
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Mit Berufung vom 6. November 1995 beantragt die Versicherung X. dem Bundesgericht, das Urteil des Obergerichtes des Kantons Luzern aufzuheben und ihre Herausgabeklage gutzuheissen.
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Aus den Erwägungen: | |
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a) Art. 936 Abs. 1 ZGB bestimmt, dass derjenige, der den Besitz einer beweglichen Sache nicht in gutem Glauben erworben hat, vom früheren Besitzer jederzeit auf Herausgabe belangt werden kann.
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aa) Der Grad der Aufmerksamkeit, der vom Erwerber verlangt werden darf, richtet sich nach den Umständen. Was dies im Einzelfall bedeutet, ist weitgehend eine Ermessensfrage (Art. 4 ZGB). Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtes besteht keine allgemeine Erkundigungspflicht des Erwerbers nach dem Vorliegen der Verfügungsmacht des Veräusserers; nur wenn konkrete Verdachtsgründe vorliegen, müssen die näheren Umstände abgeklärt werden (BGE 100 II 8 E. 4a S. 14 f., BGE 83 II 126 E. 1 S. 133, BGE 77 II 138 E. 3 S. 147 f., je mit Hinweisen). In einem jüngeren Entscheid hat das Bundesgericht seine Rechtsprechung in bezug auf Rechtsgeschäfte, die mit besonderen Risiken behaftet sind, dahingehend präzisiert, dass an die Sorgfaltspflicht des Händlers von Occasionsautomobilen der Luxusklasse besonders hohe Anforderungen zu stellen seien (BGE 113 II 397 E. 2b/c S. 399 f.). Auch wenn damit keine generelle Erkundigungspflicht statuiert wird, ergibt sich in diesen Fällen eine Abklärungs- bzw. Erkundigungspflicht hinsichtlich der Verfügungsberechtigung des Veräusserers nicht erst bei konkretem Verdacht des Rechtsmangels, sondern bereits, wenn aufgrund der Umstände Anlass zu Misstrauen besteht.
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bb) Diese erhöhte Sorgfaltspflicht ist nicht auf die Branche des Auto-Occasionshandels beschränkt. Vielmehr hielt das Bundesgericht fest, dass höhere Anforderungen an diejenigen Geschäftszweige zu stellen sind, die dem Angebot von Waren zweifelhafter Herkunft und folglich mit Rechtsmängeln behafteter Sachen in besonderem Masse ausgesetzt sind, wie es beim Handel mit Gebrauchtwaren aller Art der Fall ist (BGE 113 II 397 E. 2b S. 399 f.). Ebensowenig ist die erhöhte Sorgfaltspflicht auf den Händler im ![]() | 8 |
b) Im vorliegenden Fall geht das Obergericht davon aus, dass die konkreten Umstände des Erwerbs der Waffensammlung den Beklagten zu keiner besonderen Aufmerksamkeit hätten veranlassen müssen. Eine generelle Erkundigungspflicht nach der Herkunft der Waffen bestehe nicht, es sei denn, äussere Umstände würden Verdachtsmomente an der Lauterkeit des Händlers oder der "Sauberkeit" der Ware nahelegen. Anders als in BGE 113 II 397 gelte im vorliegenden Fall der Grundsatz uneingeschränkt, dass eine Erkundigungspflicht nur beim Bestehen eines Verdachtes bestehe, da das Antiquitätengeschäft nicht mit dem Auto-Occasionshandel verglichen werden könne und da es sich vorliegend um den Geschäftsverkehr zwischen Händler und Endabnehmer handle. Da keine allzuhohen Anforderungen an die Sorgfaltspflicht gestellt werden dürften, habe der Beklagte die nach den Umständen gebotene Sorgfalt angewendet, so dass er in seinem guten Glauben zu schützen sei.
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aa) Dieser Auffassung kann nicht gefolgt werden. Einerseits sind die erhöhten Anforderungen an die Sorgfaltspflicht wie erläutert nicht nur auf den Auto-Occasionshandel beschränkt, sondern erstrecken sich generell auf Geschäftszweige, die dem Angebot von Waren zweifelhafter Herkunft in besonderem Masse ausgesetzt sind, und bei denen infolgedessen ein erhöhtes Risiko besteht, dass Waren mit Rechtsmängeln behaftet sind. Diese Rechtsprechung, die sich auf den Handel mit Gebrauchtwaren aller Art bezieht, gilt auch für den Antiquitätenhandel. Anderseits ist die erhöhte Sorgfaltspflicht nicht auf den kaufmännischen Verkehr beschränkt. In diesem Zusammenhang hat das Obergericht für das Bundesgericht verbindlich festgehalten (Art. 63 Abs. 2 OG), dass der Beklagte Kaufmann sei, der zunächst mit Automobilen und später mit Immobilien gehandelt habe; seit Jahren sammle er Antiquitäten, aber auch Zinnkannen und gelegentlich Waffen. Vor dem Untersuchungsrichter in Neuenburg habe der Beklagte ausgesagt, er kenne sich auf dem Gebiet der Waffen aus. In der Klageantwort bestritt der Beklagte lediglich, "zur ![]() | 10 |
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