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Bearbeitung, zuletzt am 15.03.2020, durch: DFR-Server (automatisch) | |||
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10. Auszug aus dem Urteil der II. Zivilabteilung vom 20. März 1996 i.S. Ernst Tscherrig gegen Munizipalgemeinde Raron (Berufung) | |
Regeste |
Art. 704 Abs. 1 ZGB; Abgrenzung zwischen Privat- und Bachquelle. | |
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2. Das Kantonsgericht Wallis hat für das Bundesgericht verbindlich festgehalten (Art. 63 Abs. 2 OG), dass es sich bei der Quelle "am Bach" um eine ergiebige Quelle handelt. Die Schüttungsmessungen, die über ein ganzes Jahr in Abständen von 14 Tagen vorgenommen wurden, haben eine ![]() | 1 |
Gestützt auf diese tatsächlichen Feststellungen qualifiziert das Kantonsgericht die Quelle als Bachquelle; sie sei ein Teil des von ihr erzeugten Wasserlaufs und damit ein öffentliches Gewässer. Der Kläger lässt diese Auffassung nicht gelten und stellt sich auf den Standpunkt, dass die Quelle als private Quelle zu qualifizieren sei, die in seinem Eigentum stehe.
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a) Quellen sind grundsätzlich Bestandteile der Grundstücke, auf welchen sie hervortreten (Art. 667 Abs. 2 ZGB, Art. 704 Abs. 1 ZGB); das Eigentum am Grundstück erstreckt sich daher auch auf die darauf entspringende Quelle. In seiner älteren Rechtsprechung hatte das Bundesgericht entschieden, dass grundsätzlich alle auf privatem Grund und Boden hervortretenden Quellen im Privateigentum stehen können (BGE 43 II 152 E. 3 S. 158, bestätigt in BGE 93 II 170 E. 3 S. 174 und E. 8c S. 182). Diese Rechtsprechung ist in der Literatur einhellig kritisiert worden. Von den Privatquellen seien diejenigen Quellen zu unterscheiden, die von allem Anfang an einen Wasserlauf bildeten. Im Unterschied zu Privatquellen handle es sich bei diesen sog. Bachquellen nicht um einen Bestandteil des Grundstückes, auf dem sie entspringen, sondern um einen Teil des Gewässers, das sie bilden (P. LIVER, Das Eigentum, Schweizerisches Privatrecht V/1, Basel 1977, S. 293 f.; HAAB/SIMONIUS/SCHERRER/ZOBL, Zürcher Kommentar, N. 9 zu Art. 704 ZGB; F. GUISAN, L'eau en droit privé, JdT 90/I [1942], S. 502; DESCHENAUX/JÄGGI, Sources provenant d'eaux souterraines publiques, JdT 107/I [1959], S. 104; je mit weiteren Hinweisen). Entscheidend für die Unterscheidung zwischen Privatquellen einerseits und Bachquellen anderseits ![]() | 3 |
Ob ein Wasserlauf und als Teil desselben eine Bachquelle als öffentliche Gewässer zu betrachten sind, ergibt sich indessen nicht aus dem Bundeszivilrecht, sondern aus der in die Kompetenz der Kantone fallenden Abgrenzung der öffentlichen Gewässer (MEIER-HAYOZ, Berner Kommentar, N. 152 f. zu Art. 664 ZGB). Für den Kanton Wallis bestimmt Art. 3 des Gesetzes vom 17. Januar 1933 betreffend das Eigentum an öffentlichen und herrenlosen Gütern (GS/VS 13), dass Flüsse und Bäche im Eigentum der Gemeinden stehen. Ob es sich bei der Quelle "am Bach" um eine Privatquelle oder eine im Eigentum der Gemeinde stehende Bachquelle handelt, hängt demnach davon ab, ob das Wasser von Anfang an einen Bach bildet, d.h. die Mächtigkeit und Stetigkeit hat, dass es sich ein Bett mit festen Ufern zu schaffen vermag oder zu schaffen vermöchte, wäre es nicht gefasst worden.
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b) Nach den verbindlichen Feststellungen der Vorinstanz weist die Quelle "am Bach" eine durchschnittliche Schüttung von 545 l/min auf, wobei die Wassermenge während 80% des Jahres nicht unter 360 l/min sinkt. Zwar liegt die Mächtigkeit der Quelle erheblich unter der maximalen Wassermenge von 3420 l/min, die von der Quelle hervorgebracht wird, welche das Bundesgericht in BGE 97 II 333 als Bachquelle qualifizierte. Doch weist sie eine Mächtigkeit auf, die nach den Feststellungen der Vorinstanz ausreicht, den Wasserbedarf von 1000 Personen bei einem mittleren Wasserverbrauch von 500 Litern pro Person und Tag zu decken. Der Kläger selbst spricht von einer "sehr ergiebigen Quelle". In der Literatur wird bei einer Schüttungsmenge von mindestens 200-300 l/min von einer Bachquelle ![]() | 5 |
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