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58. Auszug aus dem Urteil der I. Zivilabteilung vom 12. Juni 1997 i.S. X. Financial Services GmbH gegen W. (staatsrechtliche Beschwerde) | |
Regeste |
Lugano-Übereinkommen (Lugü): Überprüfung der Zuständigkeit des urteilenden Gerichts durch das Gericht des Vollstreckungsstaats. Verfahrenseinleitendes Schriftstück im Sinne von Art. 27 Ziff. 2 LugÜ. |
Der Mahnbescheid gemäss §§ 688 ff. der deutschen Zivilprozessordnung stellt, wenn der Antragsgegner dagegen Widerspruch erhoben hat, nicht das verfahrenseinleitende Schriftstück im Sinne von Art. 27 Ziff. 2 LugÜ für das nachfolgende streitige Verfahren dar (E. 3). | |
Sachverhalt | |
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Am 15. Juni 1994 reichte die X. Leasing GmbH beim Landgericht München I die Anspruchsbegründung ein, worauf die Parteien mit Verfügung vom 22. Juni 1994 zu einem frühen ersten Termin mit mündlicher Verhandlung am 26. September 1994 vorgeladen und dem Beklagten eine zweiwöchige Frist zur schriftlichen Klageerwiderung eingeräumt wurde. Die Vorladung konnte W. in G. allerdings nicht zugestellt werden. Seine Ehefrau nahm gemäss Postzustellungsurkunde vom 30. Juni 1994 die Verfügung entgegen, sandte sie jedoch mit dem Vermerk, W. sei seit Anfang Juni 1994 nicht mehr in Deutschland wohnhaft, wieder zurück.
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Am 30. August 1994 teilte die X. Leasing GmbH dem Landgericht München I mit, der Beklagte habe seinen Wohnsitz in die Schweiz verlegt. Gestützt auf Art. XIX Ziff. 2 der Allgemeinen Leasingbedingungen, welche bei Verlegung des Wohnsitzes oder Aufenthaltsortes des Leasingnehmers aus dem Inland den Gerichtsstand am Sitz ![]() | 3 |
Am 13. Juni 1995 verpflichtete das Landgericht Stuttgart W. durch Säumnisurteil, der inzwischen in X. Financial Services GmbH umbenannten Klägerin DM 116'766.73 nebst 4% Zinsen über dem Bankdiskontsatz seit dem 4. März 1994 zu zahlen. Das Urteil wurde dem Beklagten am 7. August 1995 öffentlich zugestellt. Im Frühjahr 1996 erfuhr die X. Financial Services GmbH von der Einwohner- und Fremdenkontrolle der Stadt Zürich, dass sich W. bereits am 1. Oktober 1994 in Zürich unter der Adresse Y. angemeldet hatte.
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Mit Verfügung vom 23. April 1996 erklärte der Einzelrichter im summarischen Verfahren des Bezirkes Zürich das Säumnisurteil des Landgerichts Stuttgart vom 13. Juni 1995 auf Antrag der X. Financial ![]() | 5 |
Die von der X. Financial Services GmbH dagegen erhobene staatsrechtliche Beschwerde weist das Bundesgericht ab
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aus folgenden Erwägungen: | |
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2. a) Nach Art. 28 Abs. 4 LugÜ ist es dem Vollstreckungsrichter grundsätzlich untersagt, die Zuständigkeit der Gerichte des Ursprungsstaats nachzuprüfen, weil die Mitgliedstaaten des Übereinkommens wechselseitig davon ausgehen, dass das Gericht des Urteilsstaates nicht nur eine sachlich richtige Entscheidung gefällt, sondern auch die Zuständigkeitsregeln des Abkommens richtig ![]() | 8 |
b) Die Beschwerdeführerin sieht im Umstand, dass das Obergericht Fragen der ordnungsgemässen Zustellung nicht nur nach den Bestimmungen des Lugano-Übereinkommens, sondern auch nach dem Abkommen vom 2. November 1929 zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und dem Deutschen Reich über die gegenseitige Anerkennung und Vollstreckung von gerichtlichen Entscheidungen und Schiedssprüchen (VA; SR 0.276.191.361) geprüft hat, eine Verletzung von Art. 54 Abs. 2 LugÜ. Da das Obergericht die ordnungsgemässe und rechtzeitige Zustellung des verfahrenseinleitenden Schriftstücks aber bereits nach den Bestimmungen des Lugano-Übereinkommens verneint hat, ist die Beschwerdeführerin durch eine zusätzliche Prüfung nach dem schweizerisch-deutschen Vollstreckungsabkommen nicht beschwert (Art. 88 OG). Auf die entsprechende Rüge ist deshalb nicht einzutreten.
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Der Beschwerdegegner seinerseits bestreitet die Vollstreckbarkeit des Urteils des Landgerichts Stuttgart schon deshalb, weil die Zuständigkeit der deutschen Gerichte nicht gegeben sei. Er macht geltend, einerseits seien die Formerfordernisse gemäss Art. 17 LugÜ für eine gültige Gerichtsstandsvereinbarung nicht erfüllt, anderseits handle es sich vorliegend um eine Verbraucherstreitigkeit im Sinne von Art. 13 LugÜ, für die Art. 14 Abs. 2 LugÜ den Gerichtsstand ![]() | 10 |
Dem Urteil des Landgerichts Stuttgart vom 13. Juni 1995 sind weder Ausführungen zum Sachverhalt noch die Urteilsmotive zu entnehmen, offenbar weil es sich um ein Versäumnisurteil handelt, das gemäss § 313b Abs. I DZPO des Tatbestandes und der Entscheidungsgründe nicht bedarf. Es ist jedenfalls nicht ersichtlich, aus welchen Gründen und gestützt auf welchen Sachverhalt das Landgericht Stuttgart seine örtliche Zuständigkeit bejaht hat. Unter den Parteien ist aber unstreitig, dass dem Beschwerdegegner der Mahnbescheid persönlich zugestellt werden konnte und dass er zu diesem Zeitpunkt noch Wohnsitz in Deutschland gehabt hatte. Es ist deshalb zunächst zu prüfen, ob der Mahnbescheid das verfahrenseinleitende Schriftstück im Sinne von Art. 27 Ziff. 2 LugÜ darstellt, da in diesem Fall auch die Zuständigkeit der deutschen Gerichte gegeben ist.
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a) Während der Einzelrichter dem Mahnbescheid die Eigenschaft eines verfahrenseinleitenden Schriftstücks zuerkannte, hielt das Obergericht dafür, diese Voraussetzung sei nur dann erfüllt, wenn der Antragsgegner nicht Widerspruch erhoben habe und auf Begehren des Antragstellers ein Vollstreckungsbescheid ergehe, der einem für vorläufig vollstreckbar erklärten Versäumnisurteil gleichstehe. Erhebe der Antragsgegner hingegen Widerspruch, sei nach deutschem Zivilprozessrecht die Überleitung des Rechtsstreits in ein streitiges Verfahren von einem weiteren Antrag einer der beiden Parteien abhängig. Mahnverfahren und streitiges Verfahren bildeten somit keine Verfahrenseinheit, weshalb der Mahnbescheid grundsätzlich nicht zugleich verfahrenseinleitendes Schriftstück bezüglich des streitigen Verfahrens sein könne. In Betracht zu ziehen sei die Verfahrenseinheit allenfalls dann, wenn die Streitsache "alsbald" nach Erhebung des Widerspruchs an das Gericht abgegeben werde, da diesfalls gemäss § 696 Abs. III DZPO die Rechtshängigkeit auf den Zeitpunkt der Zustellung des Mahnbescheids zurückbezogen werde. Das Obergericht sah jedoch die Voraussetzung der ![]() | 13 |
Die Beschwerdeführerin sieht darin eine Verletzung von Art. 27 Ziff. 2 LugÜ. Unrichtig sei vorab die Auffassung des Obergerichts, wonach die Streitsache nach Erhebung des Widerspruchs auf Antrag einer Partei "ans Gericht" abgegeben werde. Es handle sich vielmehr um die Abgabe des Verfahrens von einer gerichtlichen Instanz an eine andere. So spreche der Gerichtshof der europäischen Gemeinschaften in einem Urteil aus dem Jahre 1981 von einem Überleiten des Verfahrens in ein streitiges. Nicht massgeblich sei ferner, ob das Verfahren "alsbald" nach Erhebung des Widerspruchs abgegeben worden, die Rechtshängigkeit nach deutschem Zivilprozessrecht demnach mit der Zustellung des Mahnbescheids eingetreten sei. Die Frage, zu welchem Zeitpunkt die Rechtshängigkeit eintrete, bleibe mangels Regelung im Lugano-Übereinkommen den nationalen Verfahrensrechten überlassen. Ob ein Schriftstück als verfahrenseinleitend zu qualifizieren sei, beurteile sich dagegen nach europäischem Einheitsrecht. Im übrigen trete die Rechtshängigkeit bei einer nicht alsbaldigen Abgabe des Verfahrens mit dem Akteneingang beim Empfangsgericht ein, so dass wiederum nur der Mahnbescheid das verfahrenseinleitende Schriftstück darstellen könne.
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b) Das Mahnverfahren des deutschen Zivilprozessrechts (§§ 688 ff. DZPO) soll dem Gläubiger einer wahrscheinlich unstreitigen Geldforderung schnell und einfach ohne mündliche Verhandlung einen Vollstreckungstitel verschaffen (vgl. BAUMBACH/LAUTERBACH/ALBERS/HARTMANN, Zivilprozessordnung, 55. Aufl., München 1997, N. 2 vor § 688 ff. DZPO). Der Gläubiger kann beim Rechtspfleger des Amtsgerichts am allgemeinen Gerichtsstand des Schuldners den Erlass eines Mahnbescheids beantragen, ohne die Schlüssigkeit seines Anspruchs darlegen zu müssen (§ 690 DZPO). Das Amtsgericht nimmt lediglich eine formale Kontrolle vor und erlässt den Mahnbescheid ohne Prüfung, ob der Anspruch in der Sache begründet ist. Erhebt der Schuldner nach Erhalt des Mahnbescheids nicht rechtzeitig Widerspruch, erlässt das Gericht auf Antrag des Gläubigers einen Vollstreckungsbescheid, der einem für vorläufig vollstreckbar erklärten Versäumnisurteil gleichsteht (§ 699 f. DZPO). Erhebt der Schuldner hingegen fristgerecht Widerspruch, gibt das Gericht auf Antrag einer Partei den Rechtsstreit zur Durchführung eines streitigen Verfahrens von Amts wegen an das zuständige Gericht ab (§ 696 DZPO). Der Gläubiger hat nun seinen ![]() | 15 |
Das verfahrenseinleitende Schriftstück im Sinne von Art. 27 Ziff. 2 LugÜ (bzw. dem gleichlautenden Art. 27 Ziff. 2 des Europäischen Übereinkommens über die gerichtliche Zuständigkeit und die Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen vom 27. September 1968 [EuGVÜ]) ist die vom Recht des Urteilsstaates vorgesehene Urkunde, durch deren Zustellung der Beklagte erstmals von dem der Entscheidung zugrunde liegenden Verfahren Kenntnis erlangt. Es ist dasjenige Schriftstück, dessen ordnungsgemässe und rechtzeitige Zustellung den Beklagten in die Lage versetzt, seine Rechte vor Erlass einer vollstreckbaren Entscheidung im Urteilsstaat geltend zu machen (Kropholler, N. 24 zu Art. 27 EuGVÜ/LugÜ). Art. 27 Ziff. 2 LugÜ dient mithin dem Schutz des rechtlichen Gehörs des Beklagten. In der Literatur zu Lugano-Übereinkommen und EuGVÜ wird der Mahnbescheid des deutschen Zivilprozessrechts verschiedentlich als Beispiel eines verfahrenseinleitenden Schriftstücks erwähnt (KROPHOLLER, a.a.O., N. 24 zu Art. 27 EuGVÜ/LugÜ; SCHLOSSER, EuGVÜ, München 1996, N. 10 zu Art. 27-29 EuGVÜ; VERONIKA PAETZOLD, Vollstreckung deutscher Entscheidungen nach dem Lugano-Übereinkommen in der Schweiz, S. 26). Auch der Gerichtshof der europäischen Gemeinschaften hat im Urteil Klomps gegen Michel vom 16. Juni 1981 (EuGHE 1981 Bd. II, S. 1593 ff.) zur Auslegung von Art. 27 Ziff. 2 EuGVÜ/LugÜ festgehalten, unter den Begriff "verfahrenseinleitendes Schriftstück" falle ein Schriftstück wie der Zahlungsbefehl des deutschen Rechts (der dem Mahnbescheid des geltenden deutschen Zivilprozessrechts entspricht), dessen Zustellung es dem Gläubiger nach dem Recht des Urteilsstaats ermögliche, wenn der Schuldner untätig bleibt, eine Entscheidung zu erwirken, die nach den Bestimmungen des Übereinkommens anerkannt und vollstreckt werden kann (EuGHE a.a.O., S. 1606). Im Urteil Hengst Import BV gegen Campese vom 13. Juli 1995 (SZIER 1996, S. 145 ff.) qualifizierte der Gerichtshof auch das "decreto ingiuntivo" des italienischen Zivilprozessrechts, eine dem deutschen Mahnbescheid vergleichbare Verfügung, als verfahrenseinleitendes Schriftstück im Sinne von Art. 27 Nr. 2 EuGVÜ, hob allerdings hervor, dass diese Voraussetzung erst durch die Verbindung des Mahnbescheids mit der Antragsschrift - die im Unterschied zum deutschen Recht eine Begründung des Anspruchs und die Nennung von Beweismitteln enthalten muss - gebildet werde. Bei dem "decreto ingiuntivo" handle es sich ![]() | 16 |
c) Die vom Gerichtshof der europäischen Gemeinschaften beurteilten Fälle unterscheiden sich von dem hier vorliegenden Sachverhalt allerdings insofern, als dort die Beklagten nach Erhalt des Zahlungsbefehls jeweils keinen Widerspruch erhoben hatten, so dass es zum Erlass eines Vollstreckungsbescheids kam, ohne dass ein streitiges Verfahren durchgeführt worden wäre. Ob in einem solchen Fall, in dem schon das Mahnverfahren zur Ausstellung eines Vollstreckungsbescheids führt, das verfahrenseinleitende Schriftstück im Mahnbescheid zu erblicken ist, kann hier aber offenbleiben. Erhebt nämlich der Schuldner - wie im vorliegenden Fall - Widerspruch gegen den Mahnbescheid und beantragt eine Partei die Durchführung des streitigen Verfahrens, so endet das Mahnverfahren mit dem Akteneingang beim nunmehr zuständigen Gericht (BAUMBACH/LAUTERBACH/ALBERS/HARTMANN, a.a.O., N. 8 zu § 696 DZPO). Das Verfahren tritt damit in ein neues Stadium: Es erfolgt regelmässig ein Wechsel des zuständigen Gerichts, der Gläubiger hat seinen Anspruch in einer der Klageschrift entsprechenden Form zu begründen, und bei Eingang der Anspruchsbegründung ist nun wie im kontradiktorischen Verfahren vor den Landgerichten bei Einreichung einer Klage zu verfahren (§ 697 Abs. I und II DZPO).
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Mahnverfahren und streitiges Verfahren stellen demnach zwei grundlegend verschiedene Verfahrensarten dar. Im Mahnverfahren ist weder der Antrag auf Erlass des Mahnbescheids noch der Widerspruch zu begründen. Ebenso einfach wie der Antragsteller das Mahnverfahren in Gang setzen kann, vermag es der Antragsgegner durch Erhebung des Widerspruchs wieder zum Stillstand zu bringen. Die Wirkungen des Widerspruchs sind indessen auf das Mahnverfahren beschränkt. Die Zustellung des Mahnbescheids versetzt den Beklagten nur in die Lage, seine Rechte innerhalb dieses Verfahrens wahrzunehmen. Weder weiss er zu jenem Zeitpunkt, ob ![]() | 18 |
d) Ob das Verfahren "alsbald" nach Erhebung des Widerspruchs ans Gericht abgegeben wurde, so dass die Rechtshängigkeit gemäss § 696 Abs. III DZPO auf die Zustellung des Mahnbescheids zurückbezogen wird, spielt dabei entgegen der Auffassung des Obergerichts keine Rolle. Das Lugano-Übereinkommen äussert sich zur Frage des Zeitpunkts der Rechtshängigkeit nicht. Massgebend ist damit das jeweilige nationale Recht (KROPHOLLER, a.a.O., N. 12 zu Art. 21 EuGVÜ/LugÜ). Nach den Bestimmungen des Übereinkommens beurteilt sich hingegen, welches das verfahrenseinleitende Schriftstück im Sinne von Art. 27 Ziff. 2 LugÜ darstellt. Bereits daraus folgt, dass der Zeitpunkt der Rechtshängigkeit dafür nicht entscheidend sein kann. Zudem bezweckt Art. 27 Ziff. 2 LugÜ den Schutz des rechtlichen Gehörs des Beklagten. Es soll ihm Gelegenheit gegeben werden, seine Rechte vor Erlass einer vollstreckbaren Entscheidung im Urteilsstaat geltend zu machen (vgl. E. 3b hiervor). Ob ein Schriftstück als verfahrenseinleitend zu qualifizieren ist, ist deshalb allein unter diesem Gesichtspunkt zu entscheiden und kann nicht davon abhängen, wie lange nach Erhebung des Widerspruchs das Verfahren ans Gericht abgegeben worden ist.
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4. Fällt der Mahnbescheid als verfahrenseinleitendes Schriftstück ausser Betracht, kommt hiefür nur eine der folgenden, im Sachverhalt erwähnten Verfügungen in Frage. Keine von diesen wurde dem Beschwerdegegner persönlich, sondern alle ersatzweise öffentlich zugestellt, da er nach den Feststellungen des Obergerichts vor dem ersten Zustellungsversuch, nämlich bereits am 1. Juni 1994, seinen Wohnsitz in Deutschland aufgegeben hatte. Somit wäre im ![]() | 20 |
In übergangsrechtlichen Fällen hat nach Art. 54 Abs. 2 LugÜ das Zweitgericht die Zuständigkeit des Urteilsgerichts umfassend zu prüfen (vgl. E. 2a hiervor). Es ist dabei allerdings gemäss Art. 28 Abs. 3 LugÜ an die tatsächlichen Feststellungen des Erstgerichts gebunden. War mit Bezug auf den Mahnbescheid die Zuständigkeit der deutschen Gerichte im internationalen Verhältnis noch klar gegeben, muss diese Frage für den nunmehr massgeblichen Zeitraum der Verfahrenseinleitung, dem der Wegzug des Beschwerdegegners aus Deutschland unstreitig vorangeht, erneut untersucht werden. Das Versäumnisurteil des Landgerichts Stuttgart enthält jedoch weder Tatsachenfeststellungen noch eine Urteilsbegründung. Den Gerichten im Vollstreckungsstaat ist es daher nicht möglich zu überprüfen, ob der Sachverhalt, wie ihn das Landgericht seinem Urteil zugrundegelegt hat, die Zuständigkeit der deutschen Gerichte begründet hätte. Ist die internationale Zuständigkeit aber wie im vorliegenden Fall umstritten und auch nicht ohne weiteres aus den Akten ersichtlich, ist ein Urteil ohne Sachverhaltsfeststellungen von vornherein nicht geeignet, nach den Bestimmungen des Lugano-Übereinkommens vollstreckt zu werden. Der Vorwurf der Beschwerdeführerin, das Obergericht habe das Übereinkommen verletzt, indem es dem Urteil des Landgerichts Stuttgart die Vollstreckbarkeit versagt hat, ist deshalb unbegründet.
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