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59. Auszug aus dem Urteil der II. Zivilabteilung vom 8. Oktober 1997 i.S. Y. gegen Z. AG (Berufung) | |
Regeste |
Art. 28 ZGB und 28a Abs. 1 Ziffer 3 ZGB; Feststellungsanspruch bei widerrechtlicher Verletzung der Persönlichkeit durch Presseäusserungen. | |
Sachverhalt | |
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"1. Es wird festgestellt, dass die Beklagte mit ihren Artikeln
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- in der Zeitung X. vom 22. Februar 1991 unter dem Titel: "Neue Beute für Insider-Jäger",
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den Kläger widerrechtlich in seinen persönlichen Verhältnissen verletzt hat, indem sie den Ein druck erweckte bzw. dem Kläger im einzelnen unterstellte:
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- er habe dubiose Geschäfte betrieben,
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- er habe auf Veranlassung der eidgenössischen Bankenkommission seine Anstellung als stellvertretender Direktor bei der Bank B. verlassen müssen, weil er keine Gewähr für eine einwandfreie Geschäftsführung geboten habe,
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- die Vorfälle innerhalb der Bank seien so gravierend gewesen, dass die Behörde den Ausschluss des Klägers ultimativ verlangt habe,
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- er habe wegen der Bevorzugung beim Kauf der C. Aktien dem Verkäufer Q. zusätzliche Kredite zu Vorzugskonditionen verschafft,
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- er habe sich massiv und häufig mit Geschäften an der Grenze der Legalität bereichert,
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- für eine strafrechtliche Untersuchung seien zwei Tatbestände denkbar, einerseits das Insidervergehen und andererseits ungetreue Geschäftsführung,
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- gegen den Kläger laufe eine Strafuntersuchung wegen eventueller Betrügereien mit Titeln der Firma C."
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Das Bezirksgericht umschrieb ferner die Modalitäten der Veröffentlichung dieser Feststellung.
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Auf Berufung der Z. AG hin wies das Obergericht die Klage von Y. ab. Gleich dem Bezirksgericht bejahte es zwar, dass die beanstandeten Presseäusserungen den Kläger widerrechtlich in seiner Persönlichkeit (namentlich in der Geschäftsehre) verletzten, teilte aber die Auffassung nicht, die Widerrechtlichkeit der Verletzungen wirke sich weiterhin störend aus (Urteil vom 25. Februar 1997).
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Dem Bundesgericht beantragt Y., das obergerichtliche Urteil aufzuheben und die Klage gutzuheissen, eventuell die Sache zur Neubeurteilung an die Vorinstanz zurückzuweisen. Während das Obergericht auf Gegenbemerkungen verzichtet hat, schliesst die Z. AG auf Abweisung der Berufung.
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Das Bundesgericht heisst Berufung und Klage teilweise gut
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aus folgenden Erwägungen: | |
4. Art. 28a Abs. 1 Ziffer 3 ZGB macht die Klage auf Feststellung der Widerrechtlichkeit einer Persönlichkeitsverletzung davon abhängig, dass "sich diese weiterhin störend auswirkt". Der Kläger ![]() | 17 |
a) Das Bundesgericht hat erkannt, dass ein blosser Störungszustand - namentlich die mit dem Fortbestand eines Presseerzeugnisses verbundene Gefahr erneuter Wahrnehmung - zur Begründung der Feststellungsklage nicht genügt (BGE BGE 120 II 371 E. 3 S. 373; im Ergebnis gl.M. TERCIER, Le droit de la personnalité - Chronique de jurisprudence 1996, medialex 1997 S. 110 ff., S. 112). Wie beim Rechtsschutzinteresse allgemein muss auch dieses gesetzlich umschriebene Feststellungsinteresse vom Kläger dargetan werden, und es ist eine vom kantonalen Richter grundsätzlich endgültig zu beurteilende Tatfrage, welche Umstände in der konkreten Streitsache nach den Prozessvorbringen der Parteien und gegebenenfalls dem Ergebnis des Beweisverfahrens erstellt und der rechtlichen Subsumption unter den Begriff des Interesses zugrunde zu legen sind; frei zu prüfende Rechtsfrage ist dagegen, welche Umstände rechtserheblich sind und ob sie im Einzelfall ausreichen, die Klagebefugnis zu begründen (allgemein: BGE 116 II 351 E. 3b S. 355 mit Hinweis; für den Persönlichkeitsschutz: BGE 120 II 371 E. 3 S. 373/374; ebenso z.B. BGE 116 II 196 E. 2b S. 200, die Patentnichtigkeitsklage betreffend). Diesen Nachweis der Störungswirkung hat das Bundesgericht dem Kläger bei schweren Eingriffen in die Persönlichkeit abgenommen, weil von diesen nach allgemeiner Lebenserfahrung auf eine anhaltend störende Auswirkung der Verletzung geschlossen werden darf; ob ein solch schwerer Eingriff vorliegt, beurteilt sich aus der Sicht des Durchschnittslesers (BGE 122 III 449 E. 2b S. 453). Im Berufungsverfahren vor Bundesgericht stellen sich bei behaupteten schweren Eingriffen insoweit nurmehr Rechtsfragen.
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Die Beklagte zeichnet diese Entwicklung zutreffend nach; zu präzisieren ist lediglich, dass gemäss dem letztpublizierten Urteil der Rechtsschutz nicht sogar dann eingreift, "wenn man keine Störungswirkung behauptet", sondern eben dann, wenn man keine Tatsachen beweist oder Indizien zeigt (Tatfrage), die eine anhaltende Störungswirkung zu folgern erlauben (Rechtsfrage). Bei schweren Eingriffen in die Persönlichkeit geht es somit um die Ersetzung des Nachweises ![]() | 19 |
Das vom Bundesrecht abschliessend geregelte Rechtsschutzinteresse muss auch im Zeitpunkt des Urteils noch vorhanden sein. Das gilt allgemein (BGE 116 II 351 E. 3c S. 355/356 mit Hinweis), aber auch für die Feststellungsklage nach Art. 28a Abs. 1 Ziffer 3 ZGB (BGE 122 III 449 E. 2b S. 453, Abs. 2, a.E.). Eine Verletzung von Bundesrecht liegt somit nicht darin, dass das Obergericht verlangt hat, die Persönlichkeitsverletzung müsse sich "heute noch" störend auswirken. Der Einwand des Klägers, durch Zeitablauf könne diese Sachurteilsvoraussetzung entfallen, trifft zwar zu, ist aber nichts Besonderes und gehört zum Prozessrisiko (z.B. BGE 109 II 165 E. 2 S. 167, die Patentnichtigkeitsklage betreffend, wenn die Schutzdauer während des Prozesses abgelaufen und kein weiterbestehendes Feststellungsinteresse dargetan ist). Die Befürchtung des Klägers, es liege damit in der Hand der Gegenpartei, den Prozess zu trölen und derart das Andauern der Störungswirkung zu vereiteln, ist insofern unberechtigt, als die entsprechende Einrede gestützt auf das Verbot offenbaren Rechtsmissbrauchs nicht gehört werden dürfte (z.B. BGE 116 III 107 Nr. 22). Im übrigen trägt die Praxis dem Moment der Prozessdauer Rechnung, wenn es bei schweren Eingriffen in die Persönlichkeit das Feststellungsinteresse ohne Weiterungen präsumiert. Dieses Moment unterstreicht die Beklagte mit gutem Grund.
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c) Die Vermutung der andauernden Störungswirkung kann hingegen nicht verneint werden. Der berichtete Skandal wird namentlich mit der Person des Klägers identifiziert. Die eingeklagten Presseäusserungen unterstellen ihm eine unlautere, ja strafrechtlich relevante Geschäftstätigkeit und lassen jegliche Ausgewogenheit vermissen. Dass der Kläger heute wieder in der angestammten Branche tätig ist, ändert nichts am negativen Eindruck als solchem, der beim Durchschnittsleser entstanden ist. Auf die zutreffenden Ausführungen der kantonalen Instanzen zu den Verletzungen des Klägers in seiner Persönlichkeit kann insgesamt verwiesen werden. Der daherige Eingriff in die Geschäftsehre eines leitenden Bankangestellten wiegt fraglos schwer (z.B. Urteil des Bundesgerichts vom 16. Februar 1937, in: SJ 60/1938 177 E. 5 S. 184, den Vorwurf der ![]() | 22 |
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