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17. Auszug aus dem Urteil der I. Zivilabteilung vom 19. Dezember 1997 i.S. Compañìa Minera Condesa SA und Compañía de Minas Buenaventura SA gegen BRGM-Pérou S.A.S. und Tribunal Arbitral CIA (staatsrechtliche Beschwerde) | |
Regeste |
Internationale Schiedsgerichtsbarkeit: Positiver Kompetenzkonflikt zwischen einem ausländischen staatlichen Gericht und einem Schiedsgericht mit Sitz in der Schweiz (Art. 25 lit. a IPRG; Art. II NYÜ). | |
Sachverhalt | |
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Als die BRGM im Jahre 1996 massgebliche Teile ihres Aktienpaketes an der Beschwerdegegnerin an die australische Gesellschaft Normandy Mining Ltd. (nachfolgend Normandy) veräusserte, erblickten die Beschwerdeführerinnen darin eine Verletzung ihres Vorkaufsrechtes und erhoben am 6. Februar 1995 Klage gegen die Beschwerdegegnerin und die BRGM vor einem staatlichen Gericht in Lima (Peru). Die Beschwerdegegnerin erhob die Schiedseinrede. Nach den Angaben der Beschwerdeführerinnen erklärte sich das letztinstanzlich mit der Sache befasste Obergericht von Lima mit Entscheid vom 16. Dezember 1996 zur Beurteilung der Streitsache zuständig.
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Inzwischen hatte die Beschwerdegegnerin am 30. Mai 1995 ein schiedsgerichtliches Verfahren gegen die Beschwerdeführerinnen eingeleitet und insbesondere beantragt, es sei festzustellen, dass das Schiedsgericht in Zürich zur Beurteilung der Streitsache zuständig und das im Protokoll vom 2. Februar 1985 und den Statuten der Cedimin SA vorgesehene Vorkaufsrecht nicht verletzt worden sei. Die Beschwerdeführerinnen erhoben die Einrede der Rechtshängigkeit. Mit Zwischenentscheid vom 19. November 1996, der vom internationalen Schiedsgerichtshof der Internationalen Handelskammer am 26. Februar 1997 genehmigt wurde, stellte das Schiedsgericht in einem Mehrheitsentscheid seine Zuständigkeit fest.
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Auszug aus den Erwägungen: | |
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a) Gemäss Art. 9 Abs. 1 IPRG setzt das schweizerische Gericht, wenn eine Klage über denselben Gegenstand zwischen denselben Parteien zuerst im Ausland hängig gemacht worden ist, das Verfahren aus, wenn zu erwarten ist, dass das ausländische Gericht in angemessener Frist eine Entscheidung fällt, die in der Schweiz anerkennbar ist. Ob das Institut der Litispendenz auch im Verhältnis zwischen einem staatlichen und einem Schiedsgericht anwendbar ist, ist umstritten. Teils wird das Interesse an einer Vermeidung divergierender Entscheidungen betont und deshalb gefordert, das Schiedsgericht müsse das Verfahren aussetzen, bis der Entscheid des staatlichen Gerichts über die Zuständigkeitsfrage vorliegt (RÜEDE/HADENFELDT, Schweizerisches Schiedsgerichtsrecht, 2. Aufl., Zürich 1993, S. 231), teils soll das Schiedsgericht ungeachtet bestehender Rechtshängigkeit jedenfalls dann das Verfahren fortsetzen können, wenn das staatliche Gericht über seine Zuständigkeit noch nicht befunden hat (MARTIN L. MÜLLER, Die Zuständigkeit des Schiedsgerichts, Diss. Zürich 1997, S. 112).
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Die Frage, ob das Schiedsgericht das Verfahren aufgrund bestehender Rechtshängigkeit hätte aussetzen müssen, kann indessen offenbleiben, wenn sich der Entscheid des Obergerichts von Lima, mit dem die Zuständigkeit der staatlichen peruanischen Gerichte bejaht wird, in der Schweiz als nicht anerkennungsfähig erweist. Denn selbst wenn das Verhältnis zwischen staatlichen und Schiedsgerichten ![]() | 7 |
b) Die Voraussetzungen für die Anerkennung eines ausländischen Urteils in der Schweiz richten sich, sofern keine staatsvertraglichen Regelungen vorgehen (Art. 1 Abs. 2 IPRG), nach Art. 25 IPRG. Gemäss Art. 25 lit. a IPRG ist für die Anerkennung einer ausländischen Entscheidung unter anderem erforderlich, dass die Zuständigkeit der Gerichte oder Behörden des betreffenden Staates begründet war. Die Zuständigkeit ergibt sich aus Art. 26 IPRG oder aus den ![]() | 8 |
Gemäss Art. II Abs. 3 NYÜ, der sich inhaltlich mit Art. 7 lit. b IPRG deckt (BBl 1983 I 303; LALIVE/POUDRET/REYMOND, a.a.O., S. 287), hat ein Gericht eines Vertragsstaates, das wegen eines Streitgegenstandes angerufen wird, hinsichtlich dessen die Parteien eine Schiedsvereinbarung getroffen haben, auf Antrag einer der Parteien sie auf das schiedsrichterliche Verfahren zu verweisen, sofern es nicht feststellt, dass die Vereinbarung hinfällig, unwirksam oder nicht erfüllbar ist. Im Geltungsbereich des New Yorker Übereinkommens führt demnach der Umstand, dass eine Partei vor einem ordentlichen Gericht die Schiedseinrede erhebt, unter den Voraussetzungen von Art. II Abs. 3 NYÜ dazu, dass die Zuständigkeit des staatlichen Gerichts zur Beurteilung der Streitsache derogiert wird, und zwar unabhängig davon, ob das schiedsgerichtliche Verfahren bereits eingeleitet wurde oder nicht (ALBERT J. VAN DEN BERG, The New York Arbitration Convention of 1958, Deventer 1981, S. 131 f.; PETER SCHLOSSER, Das Recht der internationalen privaten Schiedsgerichtsbarkeit, 2. Aufl., Tübingen 1989, Rz. 400, S. 302 f.). Einem ausländischen staatlichen Gericht, das trotz Vorliegens der Voraussetzungen von Art. II NYÜ die Parteien nicht auf das schiedsgerichtliche Verfahren verweist, sondern die Streitsache an die Hand nimmt, fehlt mithin die indirekte Zuständigkeit im Sinne von Art. 25 lit. a IPRG, und dessen Entscheid kann in der Schweiz nicht anerkannt werden, es sei denn, die Unzuständigkeit des Schiedsgerichts wird von diesem selbst oder im Rahmen der Überprüfung durch eine staatliche Rechtsmittelinstanz festgestellt.
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Das Obergericht von Lima hat im Entscheid vom 16. Dezember 1996 die Schiedseinrede im wesentlichen deshalb verworfen, weil sich am Verfahren auf Seiten der Klägerinnen mit der Beschwerdegegnerin 2 und auf Seiten der Beklagten mit der BRGM, der Normandy und der Cedimin auch Parteien beteiligt hätten, denen die Schiedsklausel nicht entgegengehalten werden könne. Eine Entscheidung in dem Rechtsstreit wirke sich aber auf sämtliche ![]() | 10 |
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