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28. Auszug aus dem Urteil der I. Zivilabteilung vom 7. Oktober 1997 i.S. X. AG gegen Y. (Berufung) | |
Regeste |
Vertrag über Beratung, Vermittlung und Verwaltung bei Erwerb und Veräusserung von börsenmässig gehandelten Terminoptionen. |
Rechtliche Qualifikation des Vertrages zwischen Kunde und vermittelnder Gesellschaft (E. 2). |
Aufklärungs- und Beratungspflicht der vermittelnden Gesellschaft; Voraussetzungen der Schadenersatzpflicht gegenüber dem Kunden bei Verletzung dieser Pflichten (E. 3). | |
Sachverhalt | |
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Anfangs März 1991 zahlte der Kläger Fr. 25'000.-- auf ein erstes Konto bei der Beklagten und am 18. Juni 1991 Fr. 100'000.-- auf ein zweites Konto ein.
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"Ware/Börsenplatz: sFr./US$ IMM Chicago
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Termin: Juni 1991
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Preis/Prämie: sFr. 25'000.--
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1. Die X. erteilt ihrem Kunden Beratung und leistet ihm Vermittlung und Verwaltung in Warentermin-Optionen gegen Bezahlung der Kommission. Die Kommission wird mit der Bestätigung des Optionsauftrages durch den Kunden fällig und ihre Bezahlung ist Bedingung der Beauftragung des Brokers durch die X. zum Optionskauf. Die Kommission der X. beträgt US$ 300 per Option, exkl. Brokerkommission und wird im vollen Umfang bei Auftragsbestätigung als Vorschuss bezogen. In diesem Zusammenhang weist die X. darauf hin, dass sich jede Kommission auf die Options-Nettoprämie gewinnschmälernd auswirkt, da dadurch der Verlustweg grösser wird.
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2. Mit der Bestätigung des Optionsauftrages hat der Kunde der X. die Prämie, die Brokerkommission und allfällige Börsengebühren zu bezahlen. Nach Eingang der entsprechenden Zahlung erteilt die X. dem Broker die Kauforder für die Option des Kunden.
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3. (...)
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4. Mit der Unterzeichnung dieser Auftragsbestätigung erklärt der Kunde, dass er sich des Risikos bewusst ist, das bei dem hier in Frage stehenden Börsengeschäft besteht.
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Sein spekulativer Optionseinsatz in keinem Missverhältnis zu seinem sonstigen Vermögen steht.
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Dem Kunden sind die auf der Broschüre abgedruckten Geschäftsbedingungen der X. bekannt. Er bestätigt, diese vor Unterzeichnung dieser Bestätigung gelesen zu haben und erklärt sich mit deren Inhalt einverstanden."
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In der Zeit zwischen dem 12. März und dem 23. August 1991 kaufte und verkaufte die Beklagte für den Kläger über eine Londoner Brokergesellschaft zahlreiche Put- und Call-Optionen. Für die einzelnen Kaufgeschäfte stellte sie regelmässig eine Kommission von US$ 300.-- pro Kontrakt in Rechnung. Da die meisten Geschäfte mehrere Kontrakte umfassten, führte dies je nach Höhe des Preises zu teilweise auffallend hohen Kommissionen. So betrug die Kommission für den am 12. März 1991 abgerechneten Optionskauf US$ 1'500.-- bei einem Preis ("value") von US$ 3'787.50. Ein ähnliches Verhältnis zwischen Kommission (US$ 1'500.--) und Preis (US$ 3'475.--) bestand auch beim Geschäftsabschluss, der am folgenden Tag abgerechnet wurde. Der Gesamtbetrag der verrechneten Kommissionen betrug US$ 35'700.--.
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Am 31. Juli 1992 reichte der Kläger beim Handelsgericht des Kantons Zürich Klage ein mit dem Rechtsbegehren, die Beklagte zur Zahlung von Fr. 111'441.60, eventuell von Fr. 46'332.00, subeventuell von Fr. 34'034.-- zu verpflichten, je nebst 5% Zins seit 1. August 1991. Mit Urteil vom 3. Juli 1995 verpflichtete das Handelsgericht die Beklagte, dem Kläger Fr. 108'479.-- zu bezahlen, nebst 5% Zins seit 31. Juli 1994 sowie 5% Zins auf Fr. 98'662.20 seit 9. Juli 1992 bis 30. Juli 1994. Im übrigen Umfang wies es die Klage ab.
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Die Beklagte focht das Urteil des Handelsgericht mit Nichtigkeitsbeschwerde beim Kassationsgericht des Kantons Zürich an. Dieses ordnete mit Beschluss vom 16. Dezember 1996 an, dass in teilweiser Gutheissung der Nichtigkeitsbeschwerde ein Teil der Begründung des Urteils des Handelsgerichts in dem Sinne gestrichen werde, als keine gerichtliche Feststellung darüber getroffen sei, ob der Kläger die Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beklagten erhalten habe; im übrigen wurde die Nichtigkeitsbeschwerde vom Kassationsgericht abgewiesen, soweit es auf sie eintrat.
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Die von der Beklagten gegen das Urteil des Handelsgerichts eingelegte Berufung weist das Bundesgericht ab.
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Aus den Erwägungen: | |
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Das Abstellen auf die Geschäftsbedingungen und die Broschüre steht im Widerspruch zu der - an anderer Stelle des angefochtenen Urteils getroffenen - Feststellung des Handelsgerichts, dass die Beklagte die Zustellung der Broschüre an den Kläger nicht habe beweisen können. Insoweit ist indes die Entscheidbegründung des Handelsgerichts durch den Beschluss des Kassationsgerichts vom 16. Dezember 1996 gestrichen worden, wobei das Kassationsgericht darauf hinwies, dass die Beweisfrage nach der Rechtsauffassung des Handelsgerichts nicht entscheiderheblich sei, und bemerkte, das Bundesgericht werde zu entscheiden haben, ob der vom Handelsgericht festgestellte Sachverhalt nunmehr, das heisst nach der Streichung, im Sinne von Art. 64 OG ergänzungsbedürftig sei. Das ist nicht der Fall. Es wird sich vielmehr zeigen, dass der Rechtsauffassung des Handelsgerichts unabhängig vom Entscheid über die Beweisfrage im Ergebnis zugestimmt werden kann. Im folgenden wird deshalb davon ausgegangen, dass der Kläger die Broschüre samt den auf der letzten Seite abgedruckten Allgemeinen Geschäftsbedingungen zugestellt erhalten hat.
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b) Nach der vom Handelsgericht angewendeten Unklarheitsregel sind mehrdeutige Wendungen in vorformulierten Vertragsbedingungen im Zweifel zu Lasten jener Partei auszulegen, die sie verfasst hat (BGE 122 III 118 E. 2a und BGE 122 V 142 E. 4c, je mit Hinweisen). Dass die Geschäftsbedingungen der Beklagten hinsichtlich der Berechnung und Höhe der Kommission mehrdeutig sind, hat das Handelsgericht zu Recht bejaht. Dabei ist massgebend, wie die Bedingungen vom Kläger nach ihrem Wortlaut und Zusammenhang sowie den gesamten Umständen in guten Treuen verstanden werden durften und mussten (BGE 119 II 449 E. 3a mit Hinweisen). Nun ist dem Handelsgericht zuzustimmen, dass der über keine einschlägige Fachkenntnisse verfügende Kläger nicht erkennen konnte, ![]() | 21 |
c) Es trifft zu, dass das Handelsgericht der Beklagten im Ergebnis jeden Kommissionsanspruch verweigert hat, indem es sie zum vollen Ersatz der vom Kläger geleisteten Beträge verpflichtet hat, soweit ein Teil davon nicht bereits nach der Liquidation der beiden Konten zurückerstattet worden war. Entgegen der Rüge der Beklagten liegt indes keine Verletzung von Bundesrecht vor, wie noch zu zeigen sein wird (E. 3d).
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2. Das Handelsgericht hat unter Hinweis auf die Rechtsprechung des Bundesgerichts (BGE 115 II 62 E. 1) offen gelassen, ob es sich bei dem Auftrag für Optionen um einen gemischten Vertrag mit Elementen des Auftrags und der Kommission handle, da die ![]() | 23 |
a) Aus dem angefochtenen Urteil ergibt sich, dass die Beklagte die einzelnen Geschäfte über Erwerb und Veräusserung von Optionen selbständig, ohne Rücksprache mit dem Kläger vorgenommen hat. Sie entschied allein darüber, mit welcher Art von Optionen, an welchem Börsenplatz und zu welchem Zeitpunkt spekuliert wurde. So stammen denn auch die Angaben betreffend "Ware/Börsenplatz" und "Termin" in der Auftragsbestätigung vom 7. März 1991 nicht vom Kläger, sondern von der Beklagten. Der Kläger hat ihr in dieser Hinsicht während der Dauer der Geschäftsbeziehung keine Weisungen erteilt und erst am Ende mit der Aufforderung eingegriffen, die beiden Konten zu liquidieren. Er wäre zur Erteilung von solchen Weisungen selbst auch gar nicht fähig gewesen, weil er nach seiner - vom Handelsgericht allerdings nicht verifizierten - Darstellung nichts vom börsenmässigen Handel mit Optionen verstand; zudem will er davon ausgegangen sein, er habe mit der Beklagten vereinbart, dass diese direkt mit Devisen (Schweizerfranken/US-Dollar) und nicht mit Optionen auf Devisen oder Waren spekulieren werde. Letzteres widerspricht freilich der vom Kläger unterschriebenen Auftragsbetätigung vom 7. März 1991, in der wiederholt darauf hingewiesen wird, dass sich der erteilte Auftrag auf börsenmässig gehandelte Optionen beziehe. Anderseits ist aber auch der Beklagten entgegenzuhalten, dass sie in der Auftragsbestätigung ausdrücklich zusicherte, sie erteile ihrem Kunden Beratung (Ziffer 1; ebenso Allgemeine Geschäftsbedingungen: "Die X. AG berät ihre Kunden, vermittelt und verwaltet ihren Warentermin-Kontrakt gegen Bezahlung der Kommission."), was im Widerspruch zu ihrer jetzigen Behauptung steht, sie sei keine Anlage- und Vermögensberaterin.
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3. Nach dem angefochtenen Urteil haftet der Vermittler von Optionsgeschäften dem Kunden sowohl für absichtlich als auch für fahrlässig zugefügten Schaden (Art. 321e Abs. 1 OR in Verbindung mit Art. 398 OR). Das Mass der Sorgfalt bestimme sich aber nach objektiven Kriterien: Es sei auf das einzelne Auftragsverhältnis unter Berücksichtigung des Berufsrisikos, des Bildungsgrades und insbesondere der Fachkenntnisse, die für eine solche Geschäftsbesorgung verlangt werden dürfen, abzustellen. Das Handelsgericht hält sodann fest, das Optionsgeschäft habe, wie auch der sonstige Börsenhandel, einen gewissen spekulativen Charakter, der oft zu einem Verlust führen könne. An die Fachkenntnisse des Vermittlers seien deshalb hohe Anforderungen zu stellen, weil der Kunde auf diesen angewiesen sei, wenn er an der Börse handeln wolle, und weil er sich dessen besondere Fachkenntnisse auch zunutze machen wolle. Den Anforderungen genüge nur derjenige Kundenberater, der eine der Brokerausbildung entsprechende Ausbildung - sei es durch Schulung oder längere Erfahrung - nachweisen könne. Das Handelsgericht stellt in diesem Zusammenhang verbindlich fest (Art. 63 Abs. 2 OG), dass das Personal der Beklagten, insbesondere die für den Kläger zuständige Mitarbeiterin, fachlich sehr schlecht qualifiziert gewesen sei; ![]() | 26 |
Mit der Berufung wird geltend gemacht, entgegen der Beurteilung des Handelsgerichts fehlten die Haftungsvoraussetzungen der Vertragsverletzung, des Verschuldens und des Kausalzusammenhangs zwischen Vertragsverletzung und Schaden; zudem treffe den Kläger ein schweres Mitverschulden, das den Kausalzusammenhang unterbrochen habe oder jedenfalls zu einer bedeutenden Reduktion der Schadenersatzpflicht führen müsse.
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a) Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts unterstehen Personen und Unternehmen, die sich berufsmässig mit dem Anlagegeschäft befassen, bei der Anbahnung und Abwicklung von Verträgen über die Vermögensverwaltung einer besonderen Aufklärungspflicht (BGE 119 II 333 E. 5a; BGE 115 II 62 E. 3a). Das gilt auch für Anlageberater und -vermittler, die im Gebiet des börsenmässigen Handels mit Terminoptionen spezialisiert sind (dazu HAUSER, a.a.O., S. 64 f.; PULVER, Börsenmässige Optionsgeschäfte, Auftrag und Abwicklung, Diss. Zürich 1986, S. 122 ff.).
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Einen Anlageberater oder Anlagevermittler, der im Hinblick auf die Vermögensverwaltung oder in deren Rahmen tätig wird, treffen neben der erwähnten Aufklärungspflicht auch Beratungs- und Warnpflichten, deren gemeinsame Wurzel in der auftragsrechtlichen Sorgfalts- und Treuepflicht (Art. 398 Abs. 2 OR) liegt. Der Kunde ist hinsichtlich der Risiken der beabsichtigten Investitionen aufzuklären, nach Bedarf in bezug auf die einzelnen Anlagemöglichkeiten sachgerecht zu beraten und vor übereilten Entschlüssen zu warnen, wobei diese Pflichten inhaltlich durch den Wissensstand des Kunden einerseits und die Art des in Frage stehenden Anlagegeschäfts anderseits bestimmt werden. Dabei obliegt dem Beauftragten namentlich auch, sich durch Befragung einlässlich über den Wissensstand und die Risikobereitschaft des Kunden zu informieren (vgl. zum Ganzen FELLMANN, a.a.O., N. 433 f. zu Art. 398 OR; HOPT, Rechtsprobleme ![]() | 29 |
Besonders ausgeprägt sind diese im Dienste des Kundenschutzes und der Markttransparenz stehenden Pflichten bei der Empfehlung und Vermittlung von erfahrungsgemäss hoch spekulativen und damit risikobehafteten Terminoptionsgeschäften. Der in solchen Geschäften unerfahrene Kunde ist klar auf das Verlustrisiko sowie die Minderung der Gewinnchancen je nach Höhe der vom Vermittler gleichzeitig mit der Vornahme des Geschäftes verrechneten Provision aufzuklären und mit der Gefahr vertraut zu machen, dass er das eingesetzte Geld in kurzer Zeit verlieren kann (vgl. PULVER, a.a.O., S. 131 ff.; BGHZ 124, 151, 154 f.). Dabei genügt es nicht, dieses Verlustrisiko bloss zu erwähnen und dazu formell die Einwilligung des Anlegers einzuholen, wenn ihm gleichzeitig unrealistische Gewinnaussichten vorgespiegelt werden. Mit entsprechend abgefassten Informationen und Behauptungen, wie sie auch in der Broschüre der Beklagten enthalten sind, vermag der Beauftragte seiner Aufklärungspflicht nicht zu genügen. Dazu kommt im vorliegenden Fall, dass die Angaben über die Höhe der zur Verrechnung gebrachten Kommissionen unklar formuliert waren und von der Beklagten anders gehandhabt wurden, als vom Kläger erwartet werden durfte (vgl. vorne E. 1b), weshalb allein durch die schriftlichen Unterlagen keine ausreichende Information über den Einfluss der Kommissionen auf die Gewinnchancen gewährleistet war. Die Möglichkeit, diesen Mangel durch mündliche, fachlich qualifizierte Beratung und Aufklärung von seiten der Beklagten zu beseitigen, bestand zudem nicht, da jedenfalls die für den Kläger direkt zuständige Angestellte der Beklagten, Frau Z., nach den Feststellungen des Handelsgerichts dazu nicht fähig war.
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Damit ist eine Vertragsverletzung, nämlich ein Verstoss gegen die der Beklagten obliegenden Beratungs- und Aufklärungspflicht zu bejahen.
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Dieses Übernahmeverschulden schliesst auch den Einwand aus, der Kläger habe sich mit dem Ungenügen der für ihn zuständigen Beraterin abgefunden, überdies nicht nach Aufklärung oder Beratung verlangt und auch den Vertrag nicht rechtzeitig durch einseitige Erklärung aufgelöst (Art. 404 OR), weshalb ihn ein Selbstverschulden treffe. Wer sich als Spezialist anbietet, kann sich grundsätzlich nicht mit der Begründung entlasten, der Vertragspartner hätte das Fehlen von Spezialkenntnissen erkennen müssen. Damit wäre er bloss zu hören, wenn der Partner den Mangel an Fachwissen und fachlichen Fähigkeiten tatsächlich gekannt und die daraus resultierenden Risiken bewusst in Kauf genommen hätte. Dafür fehlen im vorliegenden Fall indes jede Anhaltspunkte.
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c) In den Geschäftsbedingungen der Beklagten wird einleitend festgehalten, diese übernehme in keiner Weise Verantwortung für irgendwelche Verluste in Warenterminmärkten und gebe ebensowenig irgendeine Garantie für Gewinne in Warenterminmärkten. An ![]() | 34 |
Die Haftungsausschlüsse sind gemäss dem angefochtenen Urteil bereits dem Grundsatz nach unwirksam, weil sie der im Gesetz statuierten Haftung des Beauftragten für getreue und sorgfältige Ausführung des ihm übertragenen Geschäftes (Art. 398 Abs. 2 OR) widersprechen. Ob diese in der Lehre umstrittene Auffassung zutrifft, braucht hier nicht entschieden zu werden (vgl. dazu FELLMANN, a.a.O., N. 513 ff.; WEBER, a.a.O., N. 34 zu Art. 398 OR; GAUCH/SCHLUEP, a.a.O., Rz. 2820; BERTSCHINGER, a.a.O., S. 39 f.; THALMANN, a.a.O., S. 142 ff.), da sich die Beklagte bereits aus anderem Grund nicht auf die zum voraus erklärten Haftungsausschlüsse berufen kann. Zum einen fällt eine Freizeichnung nach Art. 100 Abs. 1 OR ausser Betracht, da der Beklagten eine grobe Fahrlässigkeit im Sinne dieser Vorschrift vorzuwerfen ist. Zum andern liegt auch kein gültiger Haftungsausschluss für Hilfspersonen im Sinne von Art. 101 Abs. 2 OR vor, weil die zitierten Sätze der Allgemeinen Geschäftsbedingungen insoweit unklar sind. Es werden vor allem allgemein formulierte Banalitäten festgehalten (keine Haftung für Kursschwankungen, keine Garantie für Gewinne in Warenterminmärkten), ohne dass klar gesagt würde, die Beklagte schliesse die Haftung für Hilfspersonen aus, die sie zur Erfüllung ihrer vertraglichen Verpflichtungen beiziehe (vgl. dazu BJM 1978, S. 306 f.; GAUCH/SCHLUEP, a.a.O., Rz. 2881 f.).
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d) Bei der Vertragsverletzung, welche sich die Beklagte hat zuschulde kommen lassen, handelt es sich um eine Unterlassung: die Beklagte hat den Kläger nicht in ausreichendem Masse über das Verlustrisiko und den Einfluss der Kommissionen auf die Gewinnchancen aufgeklärt. Im Fall einer Unterlassung bestimmt sich der Kausalzusammenhang danach, ob der Schaden auch bei Vornahme der unterlassenen Handlung eingetreten wäre. Es geht um einen hypothetischen Kausalverlauf, für den nach den Erfahrungen des Lebens und dem gewöhnlichen Lauf der Dinge eine überwiegende Wahrscheinlichkeit sprechen muss (BGE 121 III 358 E. 5 mit Hinweis). Diese Voraussetzungen sind im vorliegenden Fall gegeben, da nach allgemeiner Lebenserfahrung anzunehmen ist, dass sich der Kläger nicht auf die Spekulationsgeschäfte mit der Beklagten eingelassen hätte, wenn er von ihr ausreichend aufgeklärt worden wäre. Auf eine entsprechende Überlegung hat das Bundesgericht in zwei neueren Entscheiden abgestellt, in denen es einerseits um die ![]() | 36 |
Entsprechend den Ausführungen zur Kausalität ist der Kläger schadenersatzmässig so zu stellen, als ob er sich nicht auf die Optionsgeschäfte mit der Beklagten eingelassen hätte (vgl. BGE 47 II 272 E. 5 S. 293 f.; ABEGGLEN, a.a.O., S. 84 ff. und S. 137; PULVER, a.a.O., S. 134; HEYMANN/HORN, HGB, § 347 Rdn. 70). Der Kläger hat deshalb Anspruch auf Ersatz des gesamten Anlagebetrages, wie die Vorinstanz im Ergebnis zu Recht angenommen hat, wozu auch die von der Beklagten verrechneten Kommissionen gehören (vgl. auch WIEGAND, Die Aufklärungspflicht und die Folgen ihrer Verletzung, in: Honsell [Hrsg.], Handbuch des Arztrechts, S. 119 ff., S. 189 f.).
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