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Bearbeitung, zuletzt am 15.03.2020, durch: DFR-Server (automatisch) | |||
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35. Auszug aus dem Urteil der II. Zivilabteilung vom 2. März 1998 i.S. A. und B. gegen X.-Wasserversorgung (Berufung) | |
Regeste |
Ordentliche Ersitzung einer Grundlast (Art. 661 ZGB , Art. 731 Abs. 2 und Abs. 3 ZGB, Art. 783 Abs. 3 ZGB, Art. 788 Abs. 2 ZGB und Art. 919 Abs. 2 ZGB; Art. 18 OR). | |
Sachverhalt | |
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B.- Der Appellationshof des Kantons Bern erkannte am 5. November 1996 auf Klage der X.-Wasserversorgung, die auf Grundbuchblatt Nr. ... von Y. eingetragenen Wasserbezugsrechte zugunsten von A. auf 10 min/l (als Eigentümer der Liegenschaft Z. Grundbuchblatt Nr. xxx) und B. auf 4 min/l (als Eigentümer der Liegenschaft Z. Grundbuchblatt Nr. yyy) würden gelöscht; ferner wurden die Grundbuchverwalter von D. und E. angewiesen, die Löschung vorzunehmen. Sodann wurde festgestellt, dass die vertragliche Wasserlieferungspflicht auf den 31. März 1992 entschädigungslos aufgehoben sei.
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C.- A. und B. haben Berufung eingelegt mit dem Antrag, das Urteil des Appellationshofes aufzuheben und die Klage abzuweisen.
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Die X.-Wasserversorgung schliesst auf Abweisung der Berufung und begehrt mit Anschlussberufung, gerichtlich festzustellen, dass eine allfällig bestehende vertragliche Wasserlieferungspflicht auf den 30. Juni 1991 entschädigungslos aufgehoben sei.
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In ihrer Antwort auf die Anschlussberufung halten A. und B. an den gestellten Berufungsbegehren fest.
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Aus den Erwägungen: | |
1. a) Der Appellationshof ging davon aus, die Beklagten hätten das im Grundbuch eingetragene "Wasserbezugsrecht" als Grundlast ersessen. Er erachtete diese Grundlasten durch das Schreiben der Klägerin vom 8. Februar 1991 als abgelöst, wegen der Jahresfrist ![]() | 6 |
b) Die Klägerin hat den Beklagten am 8. Februar 1991 mitgeteilt, gestützt auf den Beschluss der Abgeordnetenversammlung vom 27. November 1990 werde "das bestehende Wasserbezugsrecht auf den 30. Juni 1991 entschädigungslos gekündigt". In der Begründung ist darauf verwiesen worden, dass solche Wasserrechte nach zwei bundesgerichtlichen Urteilen keine Dienstbarkeiten sein könnten, und sie daher zu Unrecht im Grundbuch eingetragen seien; es handle sich um obligationenrechtliche Verhältnisse, sogenannte Sukzessivlieferungsverträge, welche nach 30jährigem Bestand entschädigungslos gekündigt werden könnten.
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Der Appellationshof stellt keinen für die Beklagten aus jenem Schreiben erkennbaren wirklichen Willen der Klägerin fest. Für dessen Auslegung ist daher das Vertrauensprinzip massgeblich (BGE 123 III 16 E. 4b mit Hinweisen). Nach den gesamten Umständen durften und mussten die Beklagten die Erklärung, "das bestehende Wasserbezugsrecht" werde "auf den 30. Juni 1991 entschädigungslos gekündigt", in guten Treuen dahin verstehen (BGE 121 III 118 E. 4b/aa S. 123 mit Hinweisen), es werde ein obligatorisches Rechtsverhältnis, eine schuldrechtliche Verpflichtung aufgekündigt. Nebst den bereits angeführten Gründen wurde weiter ausgeführt, damit klare Rechtsverhältnisse bestünden, müssten die Dienstbarkeiten gelöscht werden; zu gegebener Zeit würden die Inhaber eines Wasserbezugsrechts das Löschungsbegehren mit Löschungsbewilligung erhalten. Sodann wurde in der Mitteilung erwähnt, der Beschluss der Abgeordnetenversammlung, alle bestehenden Wasserbezugsrechte würden aufgehoben und entschädigungslos gekündigt, sei nach gründlicher wirtschaftlicher und rechtlicher Prüfung gefasst worden. Nichts liess erkennen, dass damit eine Grundlast abgelöst werden sollte, zudem noch ohne jegliche Entschädigung und ausserhalb der dafür vorgesehenen gesetzlichen Frist (Art. 788 und 789 ZGB). Die Klägerin selber hat denn auch auf jener Grundlage geklagt und die Löschung der als Dienstbarkeit eingetragenen Wasserbezugsrechte im Grundbuch sowie die Feststellung verlangt, dass allfällig bestehende vertragliche Wasserlieferungspflichten auf den 30. Juni 1991 entschädigungslos aufgehoben seien.
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2. a) Die Klägerin wendet in der Berufungsantwort allerdings ein, die Wasserbezugsrechte der Beklagten könnten nur eine Grundlast ![]() | 9 |
b) Der Appellationshof stellt in tatsächlicher Hinsicht einzig fest, auf den Grundbuchblättern der Beklagten sei unter der Rubrik Dienstbarkeiten und Grundlasten "R, Wasserbezugsrecht ..." eingetragen, nicht jedoch, diese Wasserbezugsrechte seien als Dienstbarkeiten eingetragen; daran ändert nichts, dass die Berechtigten auf Anfrage des Grundbuchverwalters sich 1919 bzw. 1920 damit einverstanden erklärt haben, dass ihre Wasserbezugsrechte als "Grunddienstbarkeit zugunsten und zulasten" der betreffenden Grundstücke eingetragen werden. Soweit die Argumentation der Klägerin auf der unzutreffenden Annahme gründet, die Bezugsrechte seien als Dienstbarkeit eingetragen, erweist sie sich daher als von vornherein haltlos. Als belanglos erscheint sodann, ob für die Begründung der Wasserbezugsrechte als Grundlast die dafür erforderliche Form der öffentlichen Beurkundung erfüllt worden ist (vgl. dazu BGE 93 II 290 E. 6a S. 299), nachdem sie nach Feststellung des Appellationshofes unter der Rubrik "Dienstbarkeiten und Grundlasten" im Grundbuch eingetragen sind. Schliesslich anerkennt selbst die Klägerin, dass die Wasserbezugsrechte Gegenstand einer Grundlast bilden können; und das Vorhandensein der dafür nötigen Voraussetzungen ist nicht umstritten. Es bleibt letztlich nur zu prüfen, ob die Wasserbezugsrechte, die wegen Formmangels zu Unrecht im Grundbuch eingetragen sind, gemäss Art. 661 ZGB ersessen werden konnten, wie der Appellationshof dafürhält.
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Ob die ordentliche Ersitzung einer Grundlast möglich ist, war vom Bundesgericht bis jetzt nicht zu beurteilen (offengelassen hinsichtlich der ausserordentlichen Ersitzung in BGE 99 II 28 E. 4 S. 34 am Ende). Gemäss Art. 783 Abs. 3 ZGB gelten für Erwerb und Eintragung der Grundlast wie auch der Grunddienstbarkeit (Art. 731 Abs. 2 ZGB), wo es nicht anders geordnet ist, die Bestimmungen über das ![]() | 11 |
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