![]() ![]() | |||
| |||
Bearbeitung, zuletzt am 15.03.2020, durch: DFR-Server (automatisch) | |||
![]() | ![]() |
36. Auszug aus dem Urteil der I. Zivilabteilung vom 12. April 1999 i.S. A. und Mitkl. gegen Y. (Berufung) | |
Regeste |
Erbrecht; Ausübung von Gestaltungsrechten durch die Erbengemeinschaft (Art. 602 ZGB). | |
Sachverhalt | |
![]() ![]() | 1 |
Das Bundesgericht weist die von den Klägern dagegen erhobene eidgenössische Berufung ab,
| 2 |
aus folgenden Erwägungen: | |
3 | |
a) Nach Art. 602 Abs. 1 ZGB verfügen mehrere, eine Erbengemeinschaft bildende Erben als Gesamteigentümer des Nachlasses unter Vorbehalt der vertraglichen oder gesetzlichen Vertretungs- und Verwaltungsbefugnisse über die Rechte der Erbschaft gemeinsam. Deshalb können einzelne Erben für den Nachlass grundsätzlich nicht handeln. Dies ist in der Regel nur allen gemeinsam oder an deren Stelle einem Erbenvertreter (Art. 602 Abs. 3 ZGB), Willensvollstrecker (Art. 518 ZGB) oder Erbschaftsverwalter (Art. 554 ZGB) möglich. Nach der Rechtsprechung kann davon bloss in dringlichen Fällen eine Ausnahme gemacht werden. Ausserdem wird vorausgesetzt, dass Erben, die sich nicht auf die Zustimmung ihrer Miterben stützen können, im Namen aller bzw. der Erbengemeinschaft handeln (BGE 93 II 11 E. 2b S. 14; BGE 73 II 16 2 E. 5 S. 170; BGE 58 II 195 E. 2 S. 199 f.).
| 4 |
b) Wenn die Wahrung von rechtlich geschützten Interessen nicht gegenüber einem Dritten, sondern gegenüber einem einzelnen Erben in Frage steht, hat die Rechtsprechung indes das Einstimmigkeits-prinzip gelockert. Bereits in BGE 54 II 243 führte das Bundesgericht aus: «Wenn von der aus drei Erben bestehenden Erbengemeinschaft zwei gegen den dritten Miterben einen Feststellungs- oder Leistungsanspruch ![]() | 5 |
Später wurde diese Betrachtungsweise bestätigt und insoweit verdeutlicht, als ein Bezug zu einer gerichtlichen Auseinandersetzung zwischen Miterben verlangt wurde. So befand das Bundesgericht in BGE 74 II 215 (E. 2 S. 217), dass die (gerichtliche) Anfechtung eines zwischen Miterben abgeschlossenen Vertrages nicht wie eine gewöhnliche Verfügung über Erbschaftsgegenstände vom Prinzip der Einstimmigkeit beherrscht sei. In den Prozess müssten indes sämtliche am Vertrage Beteiligten einbezogen werden, sei es auf Seiten der Kläger oder der Beklagten (vgl. auch BGE 109 II 400 E. 2 S. 403).
| 6 |
c) Werden dagegen Rechtsgeschäfte zwischen der Erbengemeinschaft und einem einzelnen Erben abgeschlossen, erscheint eine Abweichung vom Einstimmigkeitsprinzip nicht gerechtfertigt. Der einzelne Erbe, der ein zum Nachlass gehöriges Objekt mietet oder kauft, beteiligt sich daran einerseits als Mitglied der Erbengemeinschaft, anderseits als Einzelperson (vgl. BGE 101 II 36). Der Erbe, der ein Nachlassgrundstück kauft, figuriert als Käufer wie auch als Gesamtverkäufer (PAUL PIOTET, Erbrecht, in: Schweizerisches Privatrecht, Bd. IV/2, S. 659). Versagt ein Erbe die Zustimmung zu einem Rechtsgeschäft über ein Nachlassobjekt, ist gemäss Art. 602 Abs. 3 ZGB ein Erbenvertreter zu bestellen, der eine sachentsprechende Entscheidung zu treffen hat (TUOR/PICENONI, Berner Kommentar, N. 38 zu Art. 602 OR).
| 7 |
d) Aus dem Gesagten ergibt sich, dass die der Erbengemeinschaft zustehenden Rechte aus dem vom Erblasser mit einem Erben abgeschlossenen Pachtverhältnis nur entweder durch alle Erben gemeinsam oder einen Erbenvertreter, Willensvollstrecker bzw. Erbschaftsverwalter ausgeübt werden können. Dies gilt namentlich für die Kündigung. Dabei ist zu beachten, dass diese den Interessen des Pächters bzw. Miterben diametral zuwiderlaufen kann. Darauf ist von einem neutralen Erbenvertreter Rücksicht zu nehmen. Er wird dem Pächter das vor dem Erbgang genutzte Pachtobjekt nicht ohne weiteres entziehen können (vgl. TUOR, Berner Kommentar, Bern 1952, N. 13 zu Art. 518 ZGB), soweit mit dessen Nutzung nicht eine Gefährdung von Interessen des Nachlasses, beispielsweise in der ![]() | 8 |
Ebenso wenig verfängt der Einwand, im angefochtenen Urteil sei übersehen worden, dass ein Gesuch um Bestellung eines Erbenvertreters gestellt, jedoch abgewiesen worden sei. Nachdem die Kläger das Gesuch im Hinblick auf die durch den Erbenvertreter spätestens bis Ende April 1997 zu erklärende Kündigung erst am 17. April 1997 gestellt hatten und demzufolge auch bei erfolgreicher Anfechtung des negativen Entscheides des Einzelrichters des Bezirks Meilen vom 28. April 1997 nicht mehr rechtzeitig hätten kündigen können, bleibt für diesen Vorwurf ohnehin kein Raum. Angesichts dessen braucht auf die übrigen Vorbringen der Kläger nicht weiter eingegangen zu werden.
| 9 |
© 1994-2020 Das Fallrecht (DFR). |