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29. Auszug aus dem Urteil der Schuldbetreibungs- und Konkurskammer vom 13. Februar 2001 i.S. A. (Beschwerde) | |
Regeste |
Art. 19 Abs. 1 SchKG; Beginn des Fristenlaufs. |
Art. 57 Abs. 1 SchKG; Zivildienst. |
Die Zustellung von Zahlungsbefehlen während eines Zivildienstes des Betriebenen ist nichtig (E. 3).> | |
Sachverhalt | |
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Der Amtsgerichtspräsident von X. wies eine Beschwerde von A. am 19. September 2000 ab, soweit er darauf eintrat.
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Am 11. Dezember 2000 wies das Obergericht (Schuldbetreibungs- und Konkurskommission) des Kantons Luzern als obere Aufsichtsbehörde seinerseits den Beschwerdeweiterzug von A. ab, soweit es darauf eintrat.
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A. nahm den Entscheid des Obergerichts am 4. Januar 2001 in Empfang. Mit einer vom 13. Januar 2001 datierten und am 15. Januar 2001 zur Post gebrachten Eingabe führt er Beschwerde an die Schuldbetreibungs- und Konkurskammer des Bundesgerichts. Diese stellt fest, dass die durch öffentliche Bekanntmachung vollzogene Zustellung der Zahlungsbefehle nichtig ist.
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Aus den Erwägungen: | |
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a) Postlagersendungen bleiben (längstens) einen Monat bei der Bestimmungspoststelle liegen (Publikation der Schweizerischen Post "Briefpost Schweiz", S. 39 der Ausgabe Januar 1999 bzw. S. 38 der Ausgabe Januar 2001; früher: Art. 166 Abs. 2 lit. a der Verordnung (1) zum Postverkehrsgesetz). Nach der bisherigen bundesgerichtlichen Rechtsprechung gilt eine solche Sendung, wird sie nicht früher abgeholt, als am letzten Tag der Monatsfrist zugestellt, sofern der Adressat wie hier, wo der Beschwerdeführer selbst den Entscheid der oberen kantonalen Aufsichtsbehörde veranlasst hatte, mit der Zustellung hatte rechnen müssen (BGE 111 V 99 E. 2c S. 102; vgl. auch BGE 116 III 59 E. 1c S. 61 f.). Es fragt sich, ob an dieser Rechtsprechung, die demjenigen einen prozessualen Vorteil verschafft, der sich den Entscheid einer Behörde "postlagernd" zukommen lässt - was die Zustellungsform der Gerichtsurkunde ausschliesst (S. 19 bzw. S. 10 der erwähnten Publikation der Post) - ![]() | 6 |
Rechtzeitig ist die Beschwerde demgegenüber, wenn dem Beschwerdeführer auf Grund der bisherigen Rechtsprechung zugestanden wird, dass die Beschwerdefrist zu laufen begonnen hat, als er den angefochtenen Entscheid am 4. Januar 2001 in Empfang nahm. Der zehnte Tag ist in diesem Fall der 14. Januar (Sonntag), so dass mit der Postaufgabe vom Montag, 15. Januar 2001, die Frist gewahrt worden ist.
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b) Die Frage der Rechtzeitigkeit mag hier letztlich offen bleiben. Wie darzulegen sein wird, hat die erkennende Kammer die Beschwerde ohnehin von Amtes wegen zu behandeln.
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3. Das Obergericht erklärt, die Vorschriften über den Rechtsstillstand seien nicht im öffentlichen Interesse aufgestellt worden, sondern einzig zum Schutz des Betreibungsschuldners. Die strittige Publikation von Betreibungsurkunden, die in den vom 1. Februar 2000 bis 13. Februar 2001 dauernden Zivildienst des Beschwerdeführers gefallen ist, hat für die Vorinstanz deshalb einzig zur Folge, ![]() | 9 |
a) Nach der seit dem 1. Januar 1997 geltenden Fassung von Art. 57 Abs. 1 SchKG besteht für einen Schuldner, der sich im Militär-, Zivil- oder Schutzdienst befindet, während der Dauer des Dienstes Rechtsstillstand; hat der Schuldner vor der Entlassung oder Beurlaubung mindestens 30 Tage ohne wesentlichen Unterbruch Dienst geleistet, so besteht der Rechtsstillstand auch noch während der zwei auf die Entlassung oder Beurlaubung folgenden Wochen (Art. 57 Abs. 2 SchKG). Vom Rechtsstillstand ausgenommen sind jedoch Betreibungen für periodische familienrechtliche Unterhalts- und Unterstützungsbeiträge (Art. 57 Abs. 3 SchKG). Ausser in Arrestverfahren oder wenn es sich um unaufschiebbare Massnahmen zur Erhaltung von Vermögensgegenständen handelt, dürfen gegen einen Schuldner, dem der Rechtsstillstand gewährt ist, keine Betreibungshandlungen vorgenommen werden (Art. 56 Ziff. 3 SchKG). In der Betreibung auf Pfandverwertung ist jedoch der Zahlungsbefehl auch während des wegen der erwähnten Dienstleistungen gewährten Rechtsstillstandes zuzustellen, wenn dieser drei Monate gedauert hat (Art. 57b Abs. 2 SchKG), und nach Art. 57c Abs. 1 SchKG kann der Gläubiger für die Dauer des genannten Rechtsstillstandes verlangen, dass das Betreibungsamt ein Güterverzeichnis aufnehme.
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b) Die Publikation der gegen den Beschwerdeführer ergangenen Zahlungsbefehle fiel mitten in die durch den Zivildienst begründete Schonzeit. Nach der Rechtsprechung ist dem Verbot von Betreibungshandlungen während der Schonzeit nicht (generell) eine absolute Wirkung beizumessen: So wie eine aus einem andern Grund fehlerhafte Zustellung eines Zahlungsbefehls nicht zwingend zu wiederholen ist (dazu BGE 112 III 81 E. 2b S. 84 f.; BGE 104 III 12 E. 1 S. 13 mit Hinweisen), ist beispielsweise auch die Zustellung während Betreibungsferien nicht nichtig. Die Missachtung von Art. 56 Ziff. 2 SchKG hat einzig zur Folge, dass die Betreibungshandlung ihre Rechtswirkung erst am ersten Tag nach Ablauf der Betreibungsferien entfaltet (BGE 121 III 284 E. 2b S. 285 mit Hinweisen). Diese Praxis ist dadurch gerechtfertigt, dass die in Frage stehende Schonzeit allein den Schuldner schützen soll (vgl. BGE 117 III 39 E. 4b S. 42 mit Hinweis).
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Anders verhält es sich beim Rechtsstillstand wegen Militär-, Zivil- oder Schutzdienstes: Hier geht es nicht nur um Individualinteressen des Dienstpflichtigen, sondern auch um das Interesse der ![]() | 12 |
Gründe, von der bisherigen Rechtsprechung abzuweichen, bestehen nicht. THOMAS BAUER (Kommentar zum SchKG, N. 14 zu Art. 57) hält die Nichtigkeitsfolge für nicht mehr zeitgemäss mit dem Bemerken, die Dauer der dienstbedingten Abwesenheiten der heutigen Militär-, Zivil- oder Schutzdienstpflichtigen lasse sich nicht mit der Länge des Aktivdienstes (in Kriegszeiten) vergleichen. Von Art. 57 Abs. 2 SchKG (wonach der Rechtsstillstand bei mindestens 30-tägiger Dienstdauer ohne wesentlichen Unterbruch um zwei Wochen verlängert wird) abgesehen, trifft das Gesetz indessen keine Unterscheidung nach der Länge des Dienstes. Namentlich gilt die Schonzeit beispielsweise auch für zwei- oder dreiwöchige Wiederholungskurse. Ausserdem zeigt gerade der vorliegende Fall, wo es um einen mehr als einjährigen Zivildienst geht, dass auch heutzutage Dienste von längerer Dauer durchaus vorkommen. Zu denken ist ![]() | 13 |
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