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58. Auszug aus dem Urteil der II. Zivilabteilung vom 10. Mai 2001 i.S. A.S. gegen P.S. (Berufung) | |
Regeste |
Unzumutbarkeit im Sinne von Art. 115 ZGB. | |
Sachverhalt | |
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Die von der Beklagten erhobene Berufung wies das Kantonsgericht Wallis mit Urteil vom 17. Januar 2001 ab. Die von der Beklagten beim Bundesgericht eingelegte Berufung bleibt ebenfalls ohne Erfolg.
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Aus den Erwägungen: | |
2. Das Kantonsgericht leitet aus der Entstehungsgeschichte der (kurzen) Bekanntschaft und den Briefen, die der Kläger der Beklagten in der zweiten Jahreshälfte 1995 geschrieben hat, her, dieser sei die Ehe mit der Beklagten schon nach bloss zwei kurzen Treffen eingegangen, weil er die Beklagte vor den Nachteilen habe bewahren wollen, die ihr aus dem kurz bevorstehenden Ablauf der Aufenthaltsbewilligung in der Schweiz entstanden wären. Gleichzeitig habe er aber immer erklärt, dass er eine Familie gründen wolle und ein Kind wünsche. Der Kläger sei der Beklagten bezüglich des Heiratstermines entgegengekommen in der von der Beklagten geschürten Hoffnung, diese werde mit ihm dann auch zusammenleben und ein Kind zeugen. Die Beklagte habe zugegeben, dass sie möglichst schnell einen Schweizer heiraten wollte und an Stelle des Klägers auch einen anderen genommen hätte. Nach der Heirat sei die Beklagte zunächst am ursprünglichen Wohnort geblieben und erst im Frühjahr 1996 zum Kläger gezogen; sie habe in Y. ein Geschäft geführt. Ab Juli 1998 habe sie sich nur wenige Tage in X. aufgehalten; am 16. Juli 1998 sei sie nach Wien gegangen, um ihre zwar kranke, aber entgegen ihren Aussagen nicht pflegebedürftige Mutter zu betreuen. Danach habe sie sich nur vom 31. August bis zum 3. September, vom 21. Oktober bis zum 1. November und vom ![]() | 3 |
a) Das Bundesgericht hat in zwei Urteilen zum Anwendungsbereich des gegenüber Art. 114 ZGB subsidiären Scheidungsanspruches von Art. 115 ZGB Stellung bezogen. Ob ein schwerwiegender Grund im Sinne dieser Bestimmung gegeben ist oder ob dem klagenden Gatten das Abwarten der Vierjahresfrist nach Art. 114 ZGB zugemutet werden kann, beurteilt der Richter nach Recht und Billigkeit (Art. 4 ZGB; BGE 127 III 129 E. 3 S. 132 ff.; BGE 126 III 404 E. 4 S. 407 ff.). Mit dem neusten Urteil (BGE 127 III 342 E. 3 S. 345) hat das Bundesgericht weiter erkannt, dass der auf Scheidung klagende Gatte allein mit der Begründung, er sei die Ehe zum Schein eingegangen, keine Unzumutbarkeit im Sinne von Art. 115 ZGB begründen kann und Art. 114 ZGB beachten muss.
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Soweit die Beklagte in allgemeiner Hinsicht geltend macht, Art. 115 ZGB dürfe nicht mit aArt. 142 ZGB verglichen werden, und die schwerwiegenden Gründe müssten gemäss Art. 4 ZGB konkretisiert werden, weichen ihre Standpunkte nicht von denjenigen des Bundesgerichts im zuerst zitierten Urteil (BGE 127 III 129 E. 3a und 3b S. 132 ff.) und der Argumentation im angefochtenen Entscheid ab. Wenn sie weiter geltend macht, Art. 115 ZGB sei restriktiv anzuwenden, ![]() | 5 |
b) Mit Urteil vom 7. August 2000 hat das Kantonsgericht St. Gallen erwogen, ein Unzumutbarkeitsgrund im Sinne von Art. 115 ZGB könne bei missbräuchlicher Eheschliessung vorliegen, wenn der klagende Partner "die wirklichen Heiratsgründe" des Beklagten nicht kannte (ZBJV 137/2001 S. 81 ff. E. b a.E. S. 82). Diesen Grundsatz auf eine bloss von einer Partei zum Schein eingegangene Ehe übertragend wird in der Literatur ausgeführt, denkbar sei die "Scheidung wegen Unzumutbarkeit für denjenigen Ehegatten, der eine eheliche Gemeinschaft eingehen wollte und nach der Heirat feststellen muss, dass der andere Ehegatte nie einen Ehewillen hatte und die Ehe nur einging, um sich fremdenpolizeiliche Vorteile zu verschaffen" (D. STECK, Die Scheidungsklagen [nArt. 114-117 ZGB], in: Das neue Scheidungsrecht, S. 37 Ziff. 3; ähnlich auch R. RHINER, Die Scheidungsvoraussetzungen nach revidiertem Schweizerischem Scheidungsrecht [Art. 111-116 ZGB], Diss. Zürich 2001, S. 320 bei Fn. 1296).
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Konkret rügt die Beklagte, die in Lehre und Rechtsprechung erwähnten Beispiele für eine Scheidung wegen Unzumutbarkeit des Fortbestehens der Ehe (dazu BGE 126 III 404 E. 4h S. 410, drei Urteile des Obergerichts des Kantons Zürich, publiziert in SJZ 96/2000 S. 345 ff. Nrn. 22 bis 24 und A. RUMO-JUNGO, Rechtsprechungsbericht, in: recht 19/2001 S. 83 f.), setzten mehr voraus als die vom Kläger erlebte Beeinträchtigung. Es liege auf der Hand, dass eine Mutter die Scheidung nach Art. 115 ZGB verlangen könne, wenn ihr Gatte die Kinder misshandelt habe; das Gleiche gelte für eine Gattin, die Opfer von Gewalttätigkeiten ihres Gatten geworden sei. Sie aber habe sich nicht unmoralisch verhalten und den Kläger offensichtlich nicht hinreichend geschädigt. Das Kantonsgericht habe dem Kläger bloss helfen wollen, möglichst schnell einen Schlussstrich unter seine missratene Lebensplanung zu ziehen. Das lasse sich mit Art. 115 ZGB nicht vereinbaren; insoweit sei diese Bestimmung durch den angefochtenen Entscheid verletzt worden.
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Nach den für das Bundesgericht verbindlichen Feststellungen des Kantonsgerichts (Art. 63 Abs. 2 OG) hat die Beklagte den Kläger im Glauben gelassen, auch sie wolle (wenn auch nicht sofort) eine Lebensgemeinschaft eingehen, dies aber von allem Anfang an nicht gewollt und in erster Linie ausländerrechtliche und sekundär finanzielle ![]() | 8 |
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