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16. Auszug aus dem Urteil der I. Zivilabteilung i.S. D. gegen Bank A., B. und Bank C. (Berufung) |
4C.214/2001 vom 29. Oktober 2001 | |
Regeste |
Aktienrechtliche Verantwortlichkeit des faktischen Organs (Art. 754 aOR). | |
Sachverhalt | |
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Am 12. Dezember 1988 schlossen die F. AG, die E. AG und die Bank C. eine Vereinbarung zur Sanierung der E. AG. Darin verpflichtete sich die F. AG unter anderem, die Software der E. AG zum Preis von Fr. 3'000'000.- zu kaufen. Der Kaufpreis war zur Hälfte bis Ende 1988 zu bezahlen, für die übrigen Fr. 1'500'000.- sollte die E. AG der F. AG ein langfristiges Darlehen gewähren. Das Darlehen sollte in jährlichen Raten von Fr. 300'000.- amortisiert werden, erstmals per 30. November 1989.
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Am 5. Juli 1990 wurde über die E. AG und die E. Holding AG der Konkurs eröffnet. Die Bank A., B. und die Bank C. (Klägerinnen) sind Gläubigerinnen der E. AG. Sie liessen sich von der Konkursmasse die Verantwortlichkeitsansprüche gegen die Organe der konkursiten E. AG abtreten. Am 2. September 1993 reichten die Gläubigerinnen Klage beim Amtsgericht Luzern-Stadt ein. Sie verlangten im Wesentlichen die Verurteilung von vier Beklagten, darunter D., zur Bezahlung von Fr. 3'000'000.- nebst Zins gestützt auf aktienrechtliche Verantwortlichkeitsansprüche. Das Amtsgericht Luzern-Stadt hiess die Klage am 21. Dezember 1998 gut und ![]() | 3 |
Der Beklagte hat gegen das Urteil des Obergerichts Berufung eingereicht. Er beantragt damit die Aufhebung des angefochtenen Urteils und die Rückweisung der Sache zur Neubeurteilung an die Vorinstanz. Eventualiter sei die Klage abzuweisen. Die Klägerinnen schliessen auf die Abweisung der Berufung.
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Das Bundesgericht weist die Berufung ab.
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Aus den Erwägungen: | |
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a) Die Organhaftung nach Art. 754 aOR erfasst nicht nur die Mitglieder des Verwaltungsrates, sondern alle mit der Geschäftsführung betrauten Personen. Als mit der Verwaltung oder Geschäftsführung betraut im Sinne dieser Bestimmung gelten nicht nur Entscheidungsorgane, die ausdrücklich als solche ernannt worden sind, sondern auch Personen, die tatsächlich Organen vorbehaltene Entscheide treffen oder die eigentliche Geschäftsführung besorgen und so die Willensbildung der Gesellschaft massgebend mitbestimmen (BGE 124 III 418 E. 1b; BGE 122 III 225 E. 4b; BGE 117 II 432 E. 2b; BGE 107 II 349 E. 5a; FORSTMOSER/MEIER-HAYOZ/NOBEL, Schweizerisches Aktienrecht, Bern 1996, S. 442; BÖCKLI, Schweizer Aktienrecht, 2. Aufl., Zürich 1996, S. 1072; FORSTMOSER, Der Organbegriff im aktienrechtlichen Verantwortlichkeitsrecht, in: Freiheit und Verantwortung im Recht, Festschrift für Arthur Meier-Hayoz, Bern 1982, S. 125, S. 129 ff.; MAYA R. PFRUNDER-SCHIESS, Zur Differenzierung ![]() | 7 |
b) Dem Beklagten ist zunächst beizupflichten, wenn er vorbringt, die Einflussnahme auf die Geschäftsleitung einer Gesellschaft müsse aus einer organtypischen Stellung heraus erfolgen, damit einer Person tatsächliche Organstellung zugesprochen werden kann. Der Beklagte war einziger Verwaltungsrat der F. AG, welche am 24. November 1988 die Aktien der E. Holding AG und damit deren 100%-iger Tochter E. AG übernahm. Nach den verbindlichen Feststellungen der Vorinstanz war schon gemäss Aktienkaufvertrag vom 24. November 1988 beabsichtigt, die E.- und die F.-Gruppen zusammenzufassen. Nach den Erwägungen der Vorinstanz wurde im Aktienkaufvertrag vereinbart, dass die E.-Software während mindestens fünf Jahren weiterentwickelt und in der Schweiz durch die F. AG, in Deutschland durch die G. GmbH vertrieben werden sollte. Letztere sollte den Vertrieb der F.-Produkte in Deutschland ![]() | 8 |
c) Die Vorinstanz hat die organtypische Stellung zutreffend aus einer länger dauernden Zuständigkeitsregelung erschlossen. Um das Bestehen einer derartigen Zuständigkeit zu beurteilen, durfte die Vorinstanz ohne Bundesrechtsverletzung bei organisatorisch grundsätzlich unveränderten Gegebenheiten Entscheide mitberücksichtigen, die nach der hier in Frage stehenden kurzen Zeit getroffen wurden. Danach hat der Exekutivausschuss der F. AG tatsächlich die Geschäfte der E. AG weitgehend geleitet und zwar seit der Übernahme der E. Holding AG am 24. November 1988. Der Exekutivausschuss koordinierte die Geschäftstätigkeiten der F. AG mit denjenigen der E.-Unternehmen und behandelte auch deren Sanierung und die Liquiditätssituation der finanziell angeschlagenen Gesellschaften. Da der Beklagte diesem Ausschuss als beratendes Mitglied angehörte, an dessen Sitzungen stets teilnahm und diesem Ausschuss als einziger Verwaltungsrat der F. AG überdies formell vorgesetzt war, ist der Schluss der Vorinstanz bundesrechtlich nicht zu beanstanden, dass der Beklagte tatsächlich eine organtypische Stellung in der E. AG wahrnahm und sich dabei insbesondere auch mit deren Sanierung befasste. (vgl. auch BGE 128 III 29 ff.)
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