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66. Auszug aus dem Urteil der II. Zivilabteilung i.S. ABZ Recycling AG gegen Stadt Zürich (Berufung) |
5C.8/2002 vom 30. Mai 2002 | |
Regeste |
Klagelegitimation bei verpfändeter Forderung; Einziehungsrecht gemäss Art. 906 Abs. 1 ZGB. | |
Sachverhalt | |
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Mit Urteil vom 20. November 2001 wies das Obergericht des Kantons Zürich, II. Zivilkammer, die Klage mit der Begründung ab, die Forderung sei teilweise verpfändet worden und es hätte deshalb für die Prozessführung der Einwilligung der beiden Pfandgläubigerinnen bedurft. Mit Berufung an das Bundesgericht vom 21. Dezember 2001 verlangt die Klägerin im Wesentlichen, in Aufhebung von Ziffer 1 des angefochtenen Urteils sei die Beklagte zu verpflichten, ihr Fr. 619'130.- zuzüglich Zinsen zu bezahlen.
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Das Bundesgericht heisst die Berufung teilweise gut und weist die Sache zur materiellen Beurteilung an die Vorinstanz zurück.
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Aus den Erwägungen: | |
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a) Die Klägerin macht geltend, ihr Klageanspruch gründe auf dem Einziehungsrecht, das ihr gemäss Art. 906 Abs. 1 ZGB uneingeschränkt zustehe. Einzig für das Inkasso der Forderung bedürfte es gemäss Art. 906 Abs. 2 ZGB der Zustimmung der Pfandgläubigerinnen. Vorliegend gehe es nicht etwa um eine Anerkennungsklage im Rahmen einer hängigen Betreibung, sondern um eine normale Forderungsklage. Das Obergericht des Kantons Zürich verletze deshalb Art. 906 Abs. 1 und 2 ZGB, indem es die Einwilligung der Pfandgläubigerinnen in die Prozessführung verlange.
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Die Beklagte stellt sich auf den Standpunkt, infolge Verpfändung könne die Klägerin nicht mehr über ihre Forderung verfügen. Zudem hätte diese mit einem zusprechenden Urteil in der vorliegenden Sache einen definitiven Rechtsöffnungstitel. Angesichts der beschränkten Einwendungsmöglichkeiten im Verfahren der definitiven Rechtsöffnung wäre sie (die Beklagte) als Betriebene gezwungen, an die Klägerin zu leisten, und würde sich damit dem Risiko der Doppelzahlung aussetzen.
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Auf einen Ausgleich zielend zwischen dem Grundsatz, dass der Verpfänder Gläubiger der Forderung bleibt, und der damit verbundenen Gefahr für den Pfandgläubiger, dass sein Pfandobjekt durch Zahlung an den Verpfänder untergeht, bestimmt Art. 906 ZGB Folgendes: Erfordert die sorgfältige Verwaltung die Kündigung und Einziehung der verpfändeten Forderung, so darf deren Gläubiger sie vornehmen und der Pfandgläubiger verlangen, dass sie vorgenommen werde (Abs. 1). Zahlungen darf der Schuldner, sobald er von der Verpfändung benachrichtigt ist, an den einen nur mit Einwilligung des andern entrichten (Abs. 2).
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Art. 906 Abs. 1 ZGB regelt die Verwaltung der verpfändeten Forderung. Diese obliegt dem Verpfänder als Forderungsinhaber. Er hat dabei alles vorzukehren, was zum Erhalt der Forderung notwendig ist, und der Pfandgläubiger hat einen Anspruch darauf, dass sein Pfandobjekt sorgfältig verwaltet wird. Zur Erfüllung dieser Pflicht steht dem Verpfänder das so genannte Kündigungs- und Einziehungsrecht zu. Das Einziehungsrecht befugt ihn nicht nur zur Mahnung und Betreibung der Forderung sowie zur Eingabe im Konkurs oder zur Anmeldung im Lastenverzeichnis, sondern es erlaubt ihm namentlich auch, diese auf dem Klageweg geltend zu machen (OFTINGER/BÄR, Zürcher Kommentar, N. 10 und 15 zu ![]() | 10 |
Art. 906 Abs. 2 ZGB regelt demgegenüber die Zahlung der verpfändeten Forderung und beantwortet die Frage, an wen der Schuldner zu leisten hat. Damit das Forderungspfandrecht nicht seiner Sicherungsfunktion beraubt wird, darf der Schuldner, wenn ihm die Verpfändung der Forderung notifiziert worden ist, nur an den Verpfänder und den Pfandgläubiger gemeinsam bzw. an den einen nur mit Einwilligung des andern leisten. Wo diese fehlt, hat er den geschuldeten Betrag gemäss Art. 906 Abs. 3 ZGB zu hinterlegen.
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c) Die Beklagte wendet ein, mit einem gutheissenden Urteil erhalte die Klägerin gegen sie einen definitiven Rechtsöffnungstitel und sie würde eine Doppelzahlung riskieren. Dieses Argument geht an der Sache vorbei:
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Wenn die Verpfändung der Forderung dem Pfandschuldner nicht notifiziert worden ist, darf er mit befreiender Wirkung an den Verpfänder leisten; dies ergibt sich e contrario aus dem Wortlaut von Art. 906 Abs. 2 ZGB. Ist die Notifikation erfolgt, kann der Pfandschuldner den geschuldeten Betrag hinterlegen oder Rechtsvorschlag erheben, wenn der Verpfänder ohne Zustimmung des Pfandgläubigers die Betreibung einleitet (BGE 42 III 270 E. 3 S. 273; LEEMANN, a.a.O., N. 19 zu Art. 906 ZGB; ZOBL, Berner Kommentar, N. 25 zu Art. 906 ZGB). In diesem Fall darf die Rechtsöffnung nur erteilt werden, wenn der Pfandgläubiger zustimmt (PANCHAUD/CAPREZ, Die Rechtsöffnung, 2. Aufl. 1980, § 52, S. 123; STAEHELIN, in: Kommentar zum Bundesgesetz über Schuldbetreibung und Konkurs, 1998, N. 32 zu Art. 84 SchKG). Entgegen ihrer sinngemässen Argumentation ist die Beklagte folglich nicht darauf angewiesen, eine Einwendung gemäss Art. 81 Abs. 2 SchKG gegen die Forderung, für die Rechtsöffnung gewährt worden ist, oder eine solche gegen den Rechtsöffnungstitel selbst zu erheben. Vielmehr ist ein unanfechtbarer Rechtsöffnungstitel gewiss erforderlich, aber für sich allein ungenügend: Die Erteilung der definitiven Rechtsöffnung setzt voraus, dass zum Rechtsöffnungstitel die Einwilligung des Pfandgläubigers gemäss Art. 906 Abs. 2 ZGB hinzutritt.
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d) Zusammenfassend ergibt sich, dass die beiden Pfandgläubigerinnen SIBAG und ZKB angesichts der klägerischen Anträge, die nicht auf eine Aufhebung des Rechtsvorschlags lauten, ausserhalb des vorliegenden Erkenntnisverfahrens stehen und die Klage nicht von deren Einverständnis abhängig ist. Weil das Obergericht Bestand und Umfang des klägerischen Anspruches gar nicht erst ![]() | 14 |
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