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81. Auszug aus dem Urteil der I. Zivilabteilung i.S. Eidgenössisches Justiz- und Polizeidepartement gegen X. AG und Eidgenössische Rekurskommission für Geistiges Eigentum (Verwaltungsgerichtsbeschwerde) |
4A.2/2002 vom 24. September 2002 | |
Regeste |
Art. 105 Abs. 2 OG, Art. 5 Abs. 1 MMA in Verbindung mit Art. 6quinquies lit. B Ziff. 2 und 3 PVUe, Art. 2 lit. a und c sowie Art. 47 MSchG; Schutzfähigkeit des geografischen Namens YUKON als Marke. |
Einem Zeichen, das als internationale Marke registriert ist, darf für das Gebiet der Schweiz der Schutz unter anderem verweigert werden, wenn es zum Gemeingut gehört oder irreführend ist (E. 2). Als freihaltebedürftiges Gemeingut vom Markenschutz ausgeschlossen sind insbesondere geografische Herkunftsangaben. Geografische Namen und Zeichen, die von den massgeblichen Verkehrskreisen nicht als Hinweis auf eine bestimmte Herkunft der damit bezeichneten Waren oder Dienstleistungen aufgefasst werden. Fallgruppen (E. 2.1). Eine Marke, die eine geografische Angabe enthält, ist irreführend, wenn sie fälschlicherweise als Herkunftsangabe aufgefasst werden kann (E. 2.2). |
Der Name YUKON ist als Marke für den Schweizer Markt schutzfähig (E. 3 und 4). | |
Sachverhalt | |
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Yukon ist zunächst eine geografische Bezeichnung für ein schwach besiedeltes, unter Bundesverwaltung stehendes Gebiet Kanadas, das "Yukon Territory". Dieses liegt im Nordwesten Kanadas und grenzt an den US-Bundesstaat Alaska. Es umfasst 483'450 km2, d.h. fast 12 Mal die Fläche der Schweiz und hat nur rund 30'000 Einwohner, also etwas weniger als der Kanton Uri. Von diesen leben über zwei Drittel in Whitehorse. Das Wort Yukon bildet auch Teil der geografischen Bezeichnungen "Yukon Plateau" und "Yukon River". Das Plateau und der 3'185 km lange Fluss liegen teilweise in Kanada und teilweise in Alaska.
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B.- Am 12. September 1997 erliess das Eidgenössische Institut für Geistiges Eigentum (IGE) einen "Avis de refus provisoire total". Es begründete die Schutzverweigerung damit, dass die Bezeichnung YUKON als geografische Herkunftsangabe und damit als Zeichen des Gemeinguts freizuhalten sei. Als Bezeichnung für Waren, die ![]() | 3 |
Dieser wurde bei der Eidgenössischen Rekurskommission für Geistiges Eigentum (nachfolgend: Rekurskommission) angefochten, vom IGE aber wegen eines gleichzeitig mit der Beschwerde eingereichten Wiedererwägungsgesuches zurückgenommen. Am 1. September 2000 erliess das IGE erneut einen "Refus total définitif".
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In der Folge hiess die Rekurskommission die Beschwerde mit Entscheid vom 19. Februar 2002 gut, hob die Verfügung des IGE vom 1. September 2000 auf und gewährte der internationalen Marke Nr. 659'288 für die Schweiz im beantragten Umfang definitiven Schutz. Sie verneinte, dass die Bezeichnung YUKON eine freihaltebedürftige unmittelbare Herkunftsangabe und damit ein Zeichen des Gemeinguts sei, dem der Markenschutz verweigert werden dürfe. Die Bezeichnung YUKON werde von den massgeblichen Verkehrskreisen in der Schweiz nicht als Herkunftsangabe aufgefasst. Die streitige Marke vermöge daher in der Schweiz auch keine dahingehende Täuschungsgefahr zu bewirken, dass sie beim Publikum die unrichtige Erwartung wecke, die mit ihr bezeichneten Waren würden in einem bestimmten Land hergestellt.
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C.- Das Eidgenössische Justiz- und Polizeidepartement (Beschwerdeführer) beantragt mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde, der Entscheid der Rekurskommission sei teilweise aufzuheben und der Marke YUKON der Schutz für das Gebiet der Schweiz und für die Waren der Klassen 8, 14, 16, 18, 21-28 und 32 definitiv zu verweigern.
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Das Bundesgericht weist die Beschwerde ab.
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Aus den Erwägungen: | |
1. Die Eidgenössische Rekurskommission für Geistiges Eigentum ist eine richterliche Behörde im Sinne von Art. 105 Abs. 2 OG (ANDRÉ MOSER, in: Moser/Uebersax, Prozessieren vor eidgenössischen Rekurskommissionen, Basel 1998, Rz. 2.72; CHRISTOPH WILLI, Kommentar Markenschutzgesetz, Zürich 2001, N. 18 zu Art. 36 MSchG; a.M. DAVID, Basler Kommentar, Markenschutzgesetz, Muster- und Modellgesetz, 2. Aufl., N. 17 zu Art. 36 MSchG). Ihre Feststellung des Sachverhalts bindet daher das Bundesgericht, soweit sie nicht offensichtlich unrichtig, unvollständig oder unter Verletzung wesentlicher Verfahrensbestimmungen erfolgt ist ![]() | 8 |
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Bei der Frage nach der Schutzfähigkeit eines Zeichens ist von der Funktion der Marke als Herkunftsmerkmal auszugehen. Der Zweck der Marke liegt nicht primär darin, Produkte gleicher oder anderer Gattung zu unterscheiden, sondern im unmissverständlichen Hinweis auf den Hersteller und seinen Betrieb (BGE 114 II 171 E. 2a S. 172).
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2.1 Als freihaltebedürftiges Gemeingut im Sinne von Art. 2 lit. a MSchG vom Markenschutz ausgeschlossen sind Zeichen, die sich beispielsweise in einfachen Zahlen- oder Buchstabenkombinationen oder gebräuchlichen geometrischen Figuren oder in Angaben über die Beschaffenheit der gekennzeichneten Ware erschöpfen und daher die zur Identifikation von Waren oder Dienstleistungen erforderliche Kennzeichnungs- oder Unterscheidungskraft nicht aufweisen und vom Publikum nicht als Hinweis auf eine bestimmte Betriebsherkunft verstanden werden. Der beschreibende Charakter ![]() | 11 |
Von beschreibendem Charakter und damit als Gemeingut nach Art. 2 MSchG vom Markenschutz ausgeschlossen sind auch geografische Herkunftsangaben, d.h. " ... Angaben ..., die im Verkehr zur Bezeichnung ... des Ursprungsortes der Erzeugnisse ... dienen können ..." (Art. 6quinquies lit. B Ziff. 2 PVUe; vgl. auch BGE 117 II 327 E. 2b S. 330; DAVID, a.a.O., N. 22 zu Art. 2 MSchG). Herkunftsangaben sind nach der Legaldefinition in Art. 47 Abs. 1 MSchG direkte oder indirekte Hinweise auf die geografische Herkunft von Waren oder Dienstleistungen, einschliesslich Hinweisen auf die Beschaffenheit oder auf Eigenschaften, die mit der Herkunft zusammenhängen. Jedem Produzenten muss es möglich sein, auf die Herkunft seiner Waren oder Dienstleistungen hinzuweisen. Herkunftsangaben gelten daher solange als freihaltebedürftig, als nicht ausgeschlossen werden kann, dass sich weitere Produzenten oder sonstige Anbieter im entsprechenden Gebiet niederlassen. Unmittelbare Herkunftsangaben, also die Namen von Städten, Ortschaften, Talschaften, Regionen und Ländern, bilden daher Gemeingut und sind nicht eintragungsfähig (vgl. MARBACH, in: Schweizerisches Immaterialgüter- und Wettbewerbsrecht III, 1996, S. 52 f.). Dies gilt nicht bloss soweit sie von den massgeblichen Verkehrskreisen aktuell mit der betreffenden Warengruppe in Verbindung gebracht werden können, sondern auch soweit sie künftig von den betroffenen Unternehmern als Herkunftsangabe für diese verwendet werden könnten (BGE 97 I 79 E. 2; vgl. auch Urteil des EuGH vom 4. Mai 1999 in der Rechtssache C-108/97 und C-109/97, Windsurfing Chiemsee, Slg. 1999, S. I-2779, Randnr. 37, publ. in: WRP 1999 S. 629 ff., S. 633). Für die Bejahung eines Freihaltebedürfnisses ist dabei vorauszusetzen, dass die Bezeichnung für die beanspruchten Waren nach der nicht ausserhalb jeder Wahrscheinlichkeit liegenden künftigen Entwicklung der wirtschaftlichen Verhältnisse ernsthaft als geografische Herkunftsangabe in Betracht fällt (KARL-HEINZ FEZER, Markenrecht Kommentar, München 1997, N. 211/12 zu § 8 MarkenG).
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Nicht unter den Begriff der Herkunftsangabe fallen nach Art. 47 Abs. 2 MSchG geografische Namen und Zeichen, die von den massgebenden Verkehrskreisen nicht als Hinweis auf eine bestimmte Herkunft der Waren oder Dienstleistungen verstanden werden. Zu ![]() | 13 |
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2.1.3 In ähnlichem Sinne braucht eine bekannte geografische Angabe für den Verkehr nicht als Gemeingut freigehalten zu werden, ![]() | 16 |
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Ob eine geografische Bezeichnung, die als Wortmarke verwendet wird, zur Täuschung des Publikums geeignet ist, entscheidet sich nicht allgemein, sondern hängt von den Umständen des Einzelfalles ab. Dazu gehören insbesondere die Bekanntheit des Wortes als geografische Angabe und als Marke, tatsächliche oder naheliegende Beziehungen zwischen dieser Angabe und dem beanspruchten Warenbereich sowie die Ausgestaltung der Marke und zusätzliche Angaben, welche die Täuschungsgefahr erhöhen oder beseitigen ![]() | 21 |
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Der Beschwerdeführer macht dagegen geltend, in der Schweiz würden namhafte Reiseveranstalter eine immer vielfältigere Auswahl ![]() | 23 |
Erwägung 4 | |
4.1 Die Beschwerde ist unbegründet. Die Vorinstanz musste aus dem geltend gemachten Umstand, dass namhafte Reiseveranstalter eine vielfältige Auswahl an Reisen ins Yukon-Gebiet anböten, in tatsächlicher Hinsicht nicht ableiten, dass der Name Yukon eine bei den massgeblichen Verkehrskreisen in der Schweiz bekannte geografische Bezeichnung darstellt. Das Angebot an Reisen ins dünn besiedelte und wenig Komfort aufweisende Gebiet des Yukon Territory dürfte sich eher an ein jüngeres, aus Naturliebhabern bestehendes Kundensegment richten. Zudem dürfte es nur ein kaufkräftiges Publikum interessieren, weil bereits die Hin- und Rückreise mit erheblichen Kosten verbunden ist und öffentliche Verkehrsmittel in dieser Region fehlen. Im angesprochenen Alterssegment kann daher kaum von einem breiten Interessentenkreis ausgegangen werden. Dass Yukon als geografische Bezeichnung nicht in breiten Kreisen bekannt ist, kann auch daraus abgeleitet werden, dass sich Kanada ausser aus drei unter Bundesverwaltung stehenden Territories zu denen das Yukon Territory zählt, aus zehn Provinzen zusammensetzt, in denen die grossen Städte wie Quebec, Montreal ![]() | 24 |
Soweit die Rekurskommission festgestellt hat, dass der Name Yukon dem schweizerischen Publikum überhaupt nicht als geografische Bezeichnung geläufig ist, hat sie zutreffend geschlossen, dass er als Fantasiebezeichnung aufgefasst wird und daher keine zum Gemeingut gehörige Herkunftsbezeichnung darstellt. Insoweit hat sie auch die Gefahr einer Täuschung der massgeblichen Verkehrskreise über die Herkunft der mit YUKON zu bezeichnenden Waren zu Recht verneint. Der Rekurskommission ist sodann keine Verletzung von Bundesrecht vorzuwerfen, weil sie erkannte, der Name Yukon sei auch insoweit nicht als Herkunftsangabe aufzufassen, als das Publikum ihn zwar als geografischen Namen erkennt, aber nicht einer Region zuordnen kann oder gar an den Yukon River denkt. Auch insoweit hat sie ein Freihaltebedürfnis und eine Irreführungsgefahr zutreffend verneint, da der Bezeichnung YUKON insoweit ein beschreibender Charakter abgeht und keine Ideenverbindung mit dem Yukon Territory zu bewirken geeignet ist.
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4.2 Dem Wort YUKON ist der Markenschutz für die beanspruchten Warenklassen auch nicht zu verweigern, weil es gewissen Kreisen in der Schweiz als geografische Bezeichnung bekannt ![]() | 26 |
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