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13. Auszug aus dem Urteil der I. Zivilabteilung i.S. X. AG gegen A. und B. (Berufung) |
4C.327/2001 vom 24. September 2002 | |
Regeste |
Art. 38 GestG; Anwendbarkeit des Gerichtsstandsgesetzes auf hängige Verfahren. |
Art. 7 Abs. 1 und Art. 39 GestG; einheitlicher bundesrechtlicher Gerichtsstand bei subjektiver Klagenhäufung; Gerichtsstandsvereinbarung. |
Art. 7 Abs. 1 GestG erfasst auch die einfache passive Streitgenossenschaft, die auf einem gewissen Zusammenhang zwischen den geltend gemachten Ansprüchen gegen verschiedene Beklagte beruht. Umschreibung des geforderten Zuammenhangs (E. 2.2). Die Inanspruchnahme aller passiven Streitgenossen vor dem für einen Beklagten zuständigen Gericht ist auch zuzulassen, wenn sich die Zuständigkeit für diesen aus einer Gerichtsstandsvereinbarung ergibt (E. 2.3). Beurteilung von Gültigkeit und Wirkungen einer altrechtlichen Gerichtsstandsklausel (E. 2.4). | |
Sachverhalt | |
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B.- Am 8. Februar 1999 beantragten die Kläger beim Bezirksgericht Meilen, C. und die AG seien zur Rechnungslegung und Gewinnherausgabe zu verpflichten. Die Beklagten schlossen auf Klageabweisung, soweit sich das Begehren gegen die AG richte, da diese nicht Vertragspartei des Konsortialvertrages sei; sollte die AG doch als Vertragspartei anzusehen sein, wäre am vertraglich vereinbarten Gerichtsstand in Zürich zu klagen und daher eventualiter auf die Klage wegen fehlender örtlicher Zuständigkeit nicht einzutreten. In jedem Fall sei auf die Klage gegen C. mangels örtlicher Zuständigkeit nicht einzutreten. Das Bezirksgericht Meilen trat auf die Klage nicht ein und überwies den Prozess an das von den Klägern bezeichnete Bezirksgericht Zürich.
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Im Rahmen des vor Bezirksgericht Zürich fortgesetzten Verfahrens erhoben die Beklagten mit Bezug auf die AG, nunmehr im Hauptstandpunkt, abermals die Einrede der fehlenden örtlichen Zuständigkeit. Das Bezirksgericht Zürich schützte die Einrede am 24. Juli 2000 und trat insoweit auf die Klage nicht ein. Auf Rekurs ![]() | 3 |
Auf kantonale Nichtigkeitsbeschwerde der AG entschied das Kassationsgericht des Kantons Zürich, dass die Gerichtsstandsvereinbarung für diese nicht bindend sei und insoweit nach kantonalem Prozessrecht kein vereinbarter Gerichtsstand in Zürich bestehe.
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C.- Gleichzeitig mit der kantonalen Nichtigkeitsbeschwerde erhob die AG eidgenössische Berufung mit den Anträgen, der Beschluss des Obergerichts vom 6. September 2001 sei aufzuheben und der Nichteintretensentscheid des Bezirksgerichts Zürich vom 24. Juli 2000 zu bestätigen.
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Das Bundesgericht weist die Berufung ab.
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Aus den Erwägungen: | |
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Dem kann nicht gefolgt werden. Wie die Vorinstanz zutreffend erkannt hat, erfasst Art. 7 Abs. 1 GestG nicht nur die notwendige passive Streitgenossenschaft, bei der aus materiellrechtlichen Gründen gegen alle Beteiligten gemeinsam und gleich entschieden werden muss, sondern auch die einfache passive Streitgenossenschaft (vgl. Botschaft GestG, a.a.O., S. 2848; MÜLLER, a.a.O., N. 7 und 11 zu Art. 7 GestG; KELLERHALS/GÜNGERICH, a.a.O., N. 3 und 15 ff. zu Art. 7 GestG; REETZ, in: Spühler/Tenchio/Infanger, Kommentar zum Schweizerischen Zivilprozessrecht, Basel 2001, N. 2 ff. zu Art. 7 GestG). Eine einfache (passive) Streitgenossenschaft beruht auf ![]() | 12 |
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2.3.2 Gegen die Universalität des prorogierten Gerichtsstandes lassen sich gute Gründe anführen. Eine ausnahmsweise Ausdehnung der prorogierten Zuständigkeit auf am Vertrag nicht beteiligte passive Streitgenossen ist zunächst mit Blick auf die grundsätzlich nicht gegebene Drittbindung relativer Rechtsbeziehungen problematisch: Sie führt dazu, dass eine beklagte Partei sich Kraft einer sie vertraglich nicht bindenden Gerichtsstandsvereinbarung an einem Gerichtsort einlassen muss, der nicht unmittelbar gesetzlich bestimmt ist und von ihr objektiv nicht vorhergesehen werden musste (vgl. in analogem Zusammenhang: SCHNYDER, in: SZW 1993 S. 193; JEGHER/SCHNYDER, Basler Kommentar, N. 60 zu Art. 109 IPRG). Zudem könnte in der bloss partiellen, d.h. mit bloss einzelnen von mehreren in Frage kommenden passiven Streitgenossen getroffenen Prorogation ein Verzicht auf ein gemeinsames Vorgehen gegen alle ![]() | 16 |
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Die Lösung steht auch im Einklang mit der bundesgerichtlichen Rechtsprechung zu Art. 129 Abs. 3 IPRG (BGE 117 II 204 E. 2c). Diese Praxis ist im Allgemeinen unwidersprochen geblieben (vgl. DUTOIT, Droit International Privé Suisse, 3. Aufl., Basel 2001, N. 9 zu Art. 129 IPRG; PATOCCHI/GEISINGER/LÜKE, Internationales Privatrecht, N. 4.3 zu Art. 129 IPRG; VOGEL, in: ZBJV 129/1993 S. 438; SCHWANDER, in: SZIER 1993 S. 84; früher schon VOLKEN, in: Heini et al., IPRG-Kommentar, Zürich 1993, N. 49 zu Art. 129 IPRG). Einzig SCHNYDER (a.a.O., S. 193) und UMBRICHT (Basler Kommentar, N. 22 zu Art. 129 IPRG) haben zu ihr ein Fragezeichen gesetzt, ohne sich indessen grundsätzlich dagegen auszusprechen.
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Namentlich im Immaterialgüterrecht war der (bundesrechtliche) Gerichtsstand der Streitgenossen bzw. des Sachzusammenhangs bereits vor Erlass des Gerichtsstandsgesetzes verbreitet, wenn auch bloss für deliktische Ansprüche: so in Art. 64 Abs. 2 URG (SR 231.1), Art. 58 Abs. 2 MSchG (SR 232.11) und Art. 14 Abs. 2 KG (SR 251) (alle aufgehoben durch den Anhang zum GestG) oder für internationalprivatrechtliche Verhältnisse in Art. 109 Abs. 2 IPRG. Auch insoweit wurde der prorogierte Gerichtsstand fast einhellig als allgemeiner anerkannt (vgl. BARRELET/EGLOFF, Urheberrecht, 2. Aufl., Bern 2000, N. 9 f. zu Art. 64 URG; DAVID, Basler Kommentar, Markenschutzgesetz Muster- und Modellgesetz, 2. Aufl., N. 9 zu Art. 58 MSchG; wohl auch REYMOND, in: Tercier/Bovet, Commentaire Romand, Droit de la concurrence, N. 46 ff. zu Art. 14 KG und WALTER, in: Homburger et al., KG-Kommentar, Zürich 1997, N. 14 ff. zu Art. 14 KG; TERCIER, Droit privé de la concurrence, in: SIWR, Bd. V/2, S. 393 f.; VISCHER, in: Heini et al., a.a.O., N. 15 f. zu Art. 109 IPRG; DUTOIT, a.a.O., N. 14 zu Art. 109 IPRG; kritisch: JEGHER/SCHNYDER, a.a.O., N. 60 zu Art. 109 IPRG).
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2.4 Auf den Ausgang der Streitsache hat es sodann keinen Einfluss, dass die Gerichtsstandsvereinbarung aus der Zeit vor Inkrafttreten des Gerichtsstandsgesetzes datiert. Etwas anderes ergibt sich namentlich nicht aus Art. 39 GestG. Diese Bestimmung sieht lediglich vor, dass sich die Gültigkeit einer altrechtlichen Gerichtsstandsvereinbarung nach bisherigem Recht beurteilt. Deren Wirkungen richten sich dagegen nach dem neuen Recht (DASSER, a.a.O., N. 5 ff. und 12 ff. zu Art. 39 GestG; WALTHER, in: Kellerhals/von Werdt/Güngerich, a.a.O., N. 3 und 7 zu Art. 39 GestG; a.M. REETZ, a.a.O., N. 13 zu Art. 39 GestG).
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