![]() ![]() | |||
| |||
Bearbeitung, zuletzt am 15.03.2020, durch: DFR-Server (automatisch) | |||
![]() | ![]() |
52. Auszug aus dem Urteil der II. Zivilabteilung i.S. A. gegen B. und Mitb. (Berufung) |
5C.49/2003 vom 24. April 2003 | |
Regeste |
Art. 609 Abs. 1 ZGB; Legitimation der mitwirkenden Behörde zur Teilungsklage. | |
Sachverhalt | |
1 | |
Am 26. Mai 1996 unterzeichnete A. zu Gunsten des Fürsorgeamtes und heutigen Amtes für Jugend- und Sozialhilfe der Stadt Zürich eine "Schuldanerkennung und Erbabtretungserklärung" im Sinn von Art. 635 Abs. 2 ZGB. Gestützt hierauf ersuchte dieses mit Schreiben vom 5. Oktober 1999 das Bezirksamt Sargans um behördliche Mitwirkung bei der Teilung gemäss Art. 609 ZGB, da es nicht gelungen sei, mit A. eine Lösung zu finden. Am 24. November 1999 teilte das Bezirksamt Sargans dem Amt für Jugend- und Sozialhilfe mit, dass es antragsgemäss an Stelle von A. an der Erbteilung mitwirke, und es erklärte sich mit dem vom Rechtsvertreter der Mutter, B., am 6. Mai 1999 vorgeschlagenen Betrag von Fr. 25'000.- gegen Abtretung des Erbanteils von A. an die Mutter einverstanden. Am 15./20. Dezember 1999 unterzeichneten die Mutter und der Amtsschreiber des Bezirksamtes an Stelle von A. einen entsprechenden Erbauslösungsvertrag, wonach A. gegen Bezahlung von Fr. 25'000.- an das Amt für Jugend- und Sozialhilfe der Stadt Zürich definitiv aus der Erbengemeinschaft ausscheide und die Mutter an ihre Stelle trete.
| 2 |
B.- In der Folge machte A. gegenüber dem Amt für Jugend- und Sozialhilfe Ungültigkeit der Abtretungserklärung sowie des Erbauslösungsvertrages geltend, und vom Bezirksamt Sargans verlangte sie, dass dieser Vertrag rückgängig gemacht werde.
| 3 |
Nachdem es zu keiner Einigung gekommen war, reichte A. am 4. April 2000 gegen ihre Mutter und die neun Geschwister beim Bezirksgericht Sargans eine Erbteilungsklage ein. Das Bezirksgericht beschränkte den Prozess vorerst auf die Frage der Aktivlegitimation, die es mit Entscheid vom 19. Juni 2001 verneinte. Die dagegen erhobene Berufung wies das Kantonsgericht St. Gallen, I. Zivilkammer, mit Entscheid vom 9. Dezember 2002 ab.
| 4 |
C.- Mit Berufung vom 17. Februar 2003 stellt die Klägerin die Begehren, das Urteil des Kantonsgerichts St. Gallen sei aufzuheben und es sei festzustellen, dass dieses ihre Aktivlegitimation zu Unrecht verneint habe. Des Weiteren verlangt sie die unentgeltliche Rechtspflege. Es ist keine Berufungsantwort eingeholt worden.
| 5 |
Aus den Erwägungen: | |
1. Die Vorinstanz hat ausgeführt, gemäss Art. 635 Abs. 1 ZGB könne ein Erbe einem anderen seinen Erbanteil abtreten; da dies ![]() | 6 |
7 | |
3. Zu Unrecht geht die Klägerin davon aus, die Mitwirkung der Behörde gemäss Art. 609 Abs. 1 ZGB sei begriffsnotwendig auf die Teilung der gesamten Erbschaft gerichtet. Nicht nur ist die Mitwirkung an einer partiellen Teilung an sich möglich, sondern eine solche ![]() | 8 |
Unklar ist jedoch, ob vorliegend eine subjektiv partielle Erbteilung vorgenommen worden ist, denn auch bei einer solchen Teilung müssen im Prinzip sämtliche Erben mitwirken. Die Vorinstanz ist dabei vom Grundsatz ausgegangen, dass der schuldnerische Erbe bei der Abtretung gemäss Art. 635 Abs. 1 ZGB infolge der dinglichen Wirkung aus der Erbengemeinschaft ausscheidet, obwohl die Erbabtretung nur zwischen zwei Erben vereinbart wird (BGE 102 Ib 321 E. 4 S. 326), und sie scheint der nach Art. 609 Abs. 1 ZGB mitwirkenden Behörde die Kompetenz zugestanden zu haben, an Stelle des Schuldner-Erben eine solche Abtretung unter Erben zu vereinbaren. Fraglich ist, ob die Befugnisse der mitwirkenden Behörde so weit gehen, oder ob ihre Mitwirkung nicht vielmehr den Einbezug aller Erben erfordert. Dies braucht hier aber nicht weiter erörtert zu werden, da die Klägerin bereits aus einem anderen Grund nicht mehr zur Erbteilungsklage legitimiert ist:
| 9 |
Die Aufgabe der Behörde gemäss Art. 609 Abs. 1 ZGB erschöpft sich in der Mitwirkung bei der Teilung, wobei sie diese weder selbst vornehmen noch leiten darf (TUOR/PICENONI, Berner Kommentar, N. 11 zu Art. 609 ZGB). Nichtsdestoweniger ist ihre Stellung bei der Teilung genau diejenige des Erben, denn sie tritt nicht etwa an die Stelle des Gläubigers, sondern an diejenige des schuldnerischen Erben. Kraft dieser Rechtsposition muss sie insbesondere auch die Teilungsklage erheben können (TUOR/PICENONI, a.a.O., N. 13 zu Art. 609 ZGB; PIOTET, in: Schweizerisches Privatrecht, Bd. IV/2, S. 864; CANOVA, Die amtliche Mitwirkung bei der Erbteilung gemäss Art. 609 ZGB, Diss. Zürich 1947, S. 53; JOST, Der Erbteilungsprozess, Bern 1960, S. 58 und 60; SEEBERGER, Die richterliche Erbteilung, Diss. Freiburg 1992, S. 32; a.M.: KOHLER, Die Abtretung angefallener Erbanteile, Diss. Zürich 1976, S. 149 ff.; unklar: ESCHER, Zürcher Kommentar, N. 9 gegenüber N. 12 zu Art. 609 ZGB), ansonsten das in Art. 609 Abs. 1 ZGB zur Verfügung gestellte Institut illusorisch würde, wenn immer sich die anderen Erben einer Teilung widersetzen. So sieht denn Art. 12 VVAG (SR 281.41) für den Fall des gepfändeten Erbanteils ausdrücklich vor, dass das Betreibungsamt die Teilung und zu deren Durchführung die Mitwirkung der Behörde gemäss Art. 609 Abs. 1 ZGB verlangen kann. Diese Befugnis ![]() | 10 |
Kann die Behörde die Erbteilungsklage erheben, schliesst dies eine konkurrierende Aktivlegitimation des Erben aus, da sie an dessen Stelle handelt (vgl. SCHAUFELBERGER, Basler Kommentar, N. 16 zu Art. 609 ZGB). Dies wiederum bedeutet, dass die Klägerin vorliegend nicht mehr legitimiert ist, Erbteilungsklage zu erheben. Damit ist die Berufung im Ergebnis abzuweisen.
| 11 |
© 1994-2020 Das Fallrecht (DFR). |