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39. Auszug aus dem Urteil der I. Zivilabteilung i.S. A. SA gegen B. S.A.M. (Berufung) |
4C.123/1997 vom 2. März 2004 | |
Regeste |
Legalzession im Treuhandverhältnis und Verrechnungsrecht des Dritten; Verrechnung von Forderungen in unterschiedlichen Währungen. |
Gesetzliches und vertragliches Verrechnungsrecht im Fall, dass die verrechneten Forderungen auf verschiedene Währungen lauten (E. 6.2). |
Ungenügende Substantiierung der Forderung auf Zahlung von Verzugszins im Sinne von Art. 104 Abs. 2 OR (E. 7.1). | |
Sachverhalt | |
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Im Zeitpunkt des Bewilligungsentzugs hatte die Klägerin bei der Beklagten 91 Anlagen mit einem Gesamtbetrag von DM 2'998'627.29, FF 5'847'000.-, GBP 1'862'635.- und USD 9'381'828.73, während Verbindlichkeiten ihrerseits gegenüber der Beklagten von GBP 758'580.70 und USD 11'739'111.11 offen waren. Bei den Anlagen der Beklagten handelte es sich um eigene Gelder (Nostro-Anlagen), während der Charakter der Anlagen der Klägerin bei der Beklagten in der Folge streitig war. Nach den Angaben der Klägerin handelte es sich - abgesehen von zwei Anlagen in der Höhe von CHF 200'000.- und USD 55'000.- - um Treuhandanlagen für Rechnung ihrer Kunden. Die Beklagte bestritt den Treuhandcharakter der Anlagen.
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Mit Schreiben und Telex vom 14. und 15. Juni 1989 teilte die Beklagte der Klägerin mit, dass sie alle ihre auf 48 Stunden kündbaren Anlagen nicht mehr erneuere, und verlangte Gutschrift des Gegenwertes bei ihrer Korrespondenzbank in New York. Gleichzeitig kündigte sie an, ihre Forderungen mit den Guthaben der Klägerin zu verrechnen, falls die Zahlung ausbleiben sollte. Die Klägerin bestritt unter Berufung auf den Treuhandcharakter der Anlagen die Zulässigkeit der Verrechnung für alle Gelder mit Ausnahme der beiden Nostro-Anlagen.
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Am 17. Januar 1992 erwirkte die Klägerin bei der Arrestbehörde des Kantons Zürich gegenüber der Beklagten einen Arrestbefehl ![]() | 4 |
B. Mit ihrer am 27. April 1992 beim Handelsgericht des Kantons Zürich eingereichten Klage verlangte die Klägerin die Zahlung von Fr. 27'423'906.70 nebst 7.05 % Zins seit 1. Oktober 1991. Dieser Betrag entsprach den per 27. April 1989 offenen Anlagen in DM, FF, GBP und USD mit Ausnahme der beiden anerkannten und durch Verrechnung erledigten Nostro-Anlagen, umgerechnet in Schweizer Franken per 1. Oktober 1991. Die Beklagte beantragte unter Berufung auf ihr Verrechnungsrecht die vollständige Abweisung der Klage. Mit Urteil vom 16. Januar 1997 verpflichtete das Handelsgericht des Kantons Zürich die Beklagte zur Zahlung von Fr. 2'801'480.75 nebst 5 % Zins seit 1. Oktober 1991 und wies im Übrigen die Klage ab.
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Gegen das Urteil des Handelsgerichts reichte die Klägerin beim Kassationsgericht des Kantons Zürich Nichtigkeitsbeschwerde ein, welche von diesem mit Entscheid vom 31. Oktober 2000 abgewiesen wurde, soweit auf sie eingetreten werden konnte.
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Mit Eingabe vom 5. November 2001 stellte die Klägerin beim Handelsgericht des Kantons Zürich ein Revisionsbegehren und verlangte die vollumfängliche Aufhebung des Urteils vom 16. Januar 1997 und die Gutheissung ihrer Klage. Dieses Revisionsbegehren wies das Handelsgericht mit Entscheid vom 10. Mai 2002 ab, soweit es darauf eintrat. Die dagegen eingereichte Nichtigkeitsbeschwerde der Klägerin wurde vom Kassationsgericht des Kantons Zürich mit Entscheid vom 12. August 2003 abgewiesen, soweit auf sie eingetreten werden konnte.
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C. Mit ihrer am 21. Februar 1997 eingereichten Berufung beantragt die Klägerin dem Bundesgericht die Aufhebung des Urteils des Handelsgerichts vom 16. Januar 1997 und die Gutheissung der Klage, eventuell die Rückweisung der Sache an das Handelsgericht zu neuer Entscheidung sowie subeventuell die Gutheissung der ![]() | 8 |
Das Bundesgericht weist die Berufung ab.
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Aus den Erwägungen: | |
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5.1 Gemäss Art. 401 Abs. 1 OR gehen Forderungsrechte, die der Beauftragte für Rechnung des Auftraggebers in eigenem Namen gegen Dritte erworben hat, auf den Auftraggeber über, sobald ![]() | 13 |
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Zu den Einreden, welche dem Dritten erhalten bleiben, gehört auch das Recht zur Verrechnung mit Gegenforderungen gegen den Fiduziar (FELLMANN, a.a.O., N. 60 zu Art. 401 OR; GAUTSCHI, Berner Kommentar, N. 24e zu Art. 401 OR; WEBER, Basler Kommentar, N. 11 zu Art. 401 OR; BUCHER, Schweizerisches Obligationenrecht, Allgemeiner Teil, 2. Aufl., Zürich 1988, S. 579; WATTER, Die Treuhand im Schweizer Recht, ZSR 114/1995 II S. 229). Dieses Verrechnungsrecht kann grundsätzlich auch dem Fiduzianten entgegen gehalten werden, auf den eine Forderung gemäss Art. 401 OR übergegangen ist (BGE 99 II 393 E. 8a S. 399), und zwar nicht nur für solche Forderungen des Dritten gegenüber dem Fiduziar, die mit der Treuhandanlage zusammenhängen, sondern auch für Forderungen aus anderen Rechtsgründen, insbesondere aus Krediten, ![]() | 15 |
Die Zulässigkeit der Verrechnung und die Möglichkeit ihrer Beschränkung haben auch in der Bankengesetzgebung Niederschlag gefunden. Mit Wirkung ab 1. Januar 1990 ist in Art. 44 der Verordnung vom 17. Mai 1972 über die Banken und Sparkassen (SR 952.02) unter lit. g die Bestimmung eingefügt worden, dass die bankengesetzlichen Revisionsstellen in den Revisionsberichten jeweils Stellung zu nehmen haben zur Angemessenheit des Schutzes der Treugeber vor dem Risiko der Verrechnung ihrer Guthaben mit Forderungen des Empfängers des Treuhandgeschäftes gegen die Bank. Damit wird vorausgesetzt, dass solche Schutzvorkehren möglich sind, wozu unter anderem die Aufdeckung des Treuhandcharakters der Anlagen gezählt wird (Schweizerische Bankiervereinigung, Empfehlungen betreffend Treuhandgeschäfte vom 22. Juni 1993, Ziff. III.1.b, in: Bank- und Finanzmarktrecht 2003 Nr. 45-8; ebenso GIOVANOLI, a.a.O., S. 206 f.; HATEBUR, a.a.O., S. 136).
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Bisher nicht geklärt ist allerdings die dogmatische Begründung der Differenzierung zwischen "gutgläubigen" und solchen Dritten, die vom Treuhandcharakter der Anlagen wissen. Im zweiten Fall kommt in der Regel die Annahme eines stillschweigend v ![]() | 17 |
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Die Verrechnung von Forderungen mit unterschiedlicher Währung ist nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts zulässig, ausser wenn eine Effektivleistung vereinbart ist (BGE 63 II 383 E. 5 S. 391 ff.; PETER, Basler Kommentar, N. 10 zu Art. 120 OR; AEPLI, Zürcher Kommentar, N. 64 ff. zu Art. 120 OR; HENN, Die Verrechnung von Fremdwährungsforderungen nach schweizerischem Obligationenrecht, ZSR 1958 I S. 142 ff.; mit Bedenken WEBER, Berner Kommentar, N. 364 f. zu Art. 84 OR; ebenfalls einschränkend KLEINER, Internationales Devisen-Schuldrecht, Zürich 1985, Rz. 22.66 ff.). Eine weitere - hier unstreitig vorliegende - Voraussetzung ist die Existenz eines Umrechnungskurses zwischen den jeweiligen Währungen. Die Klägerin macht keine Gründe geltend, weshalb von diesen Grundsätzen abgewichen werden sollte. Entgegen ihrer Auffassung findet sich im Urteil C.52/1980 vom 8. Juli 1980 keine Abweichung. Die von ihr zitierte Stelle (E. 2 S. 9) bezieht sich gemäss dem Sachzusammenhang nicht auf die Frage der Gleichartigkeit der Forderungen, sondern auf das depositarrechtliche Kompensationsverbot von Art. 125 Ziff. 1 OR. Nur ergänzend wurde ![]() | 21 |
Das Handelsgericht hält fest, im Interbankenverkehr sei generell davon auszugehen, dass Effektivität vereinbart sei. Die Klägerin habe aber im Telex vom 5. Mai 1988 ausdrücklich und ohne Einschränkungen bestätigt, dass die Forderungen der Beklagten durch die bei ihr getätigten Anlagen gesichert seien. Eine solche Sicherstellung ergab sich im vorliegenden Fall nur über die Verrechnungsmöglichkeit. Die Sicherstellungsfunktion konnten die in diversen Währungen bestehenden Anlagen der Klägerin indessen nur erfüllen, wenn die Verrechnungsmöglichkeit ohne Rücksicht auf die Verschiedenheit der Währungen bestand. Mit dieser Bestätigung hat die Klägerin somit nach dem Vertrauensprinzip gegenüber der Beklagten die Verrechnungsmöglichkeit unabhängig von den jeweiligen Währungen anerkannt.
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Sind durch Vertrag direkt oder indirekt höhere Zinsen als 5 % ausbedungen worden, so können sie gemäss Art. 104 Abs. 2 OR auch während des Verzuges gefordert werden. Im Unterschied zum Verzugszins gemäss Art. 104 Abs. 3 OR ist der Verzugszinssatz gemäss Abs. 2 wie der gesetzliche Zinssatz von Abs. 1 ein starrer Zinsfuss, welcher auf die Schwankungen der Marktzinsen keine Rücksicht nimmt (vgl. WEBER, Berner Kommentar, N. 67 ff. zu Art. 104 OR). Er ist im Unterschied zum Zinssatz gemäss Abs. 3 vergangenheitsbezogen. Der Gesetzgeber hat damit - wie auch mit dem gesetzlichen Zinssatz von Abs. 1 - in Kauf genommen, dass der geschuldete Verzugszins allenfalls höher liegt als der während des Verzugs geltende Marktzins. Darin kommt das dem ![]() | 26 |
Die Restforderung, die sich nach der Verrechnung zugunsten der Klägerin ergibt, resultiert aus ihren Anlagen bei der Beklagten, für welche die Parteien vertraglich einen bestimmten Zinssatz festgelegt hatten. Der Verzugszins richtet sich somit gemäss Art. 104 Abs. 2 OR nach dem seinerzeitigen vertraglichen Zinssatz. Dabei besteht allerdings die Schwierigkeit, dass für die einzelnen Anlagen unterschiedliche Zinssätze galten und diese zudem von der Währung abhängig waren. Nicht mit Art. 104 Abs. 2 OR vereinbar ist hingegen die Auffassung des Handelsgerichts, diese Zinssätze seien unter dem Gesichtspunkt von Art. 104 Abs. 2 OR nicht massgeblich, da sie auf die Laufzeit der Anlagen beschränkt und marktabhängig gewesen seien.
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Die Klägerin hat in der Klageschrift auf gleichzeitig eingereichte Zusammenstellungen der in den verschiedenen Währungen geltenden LIBOR-Zinssätze für die Monate Januar 1989 bis September 1991 verwiesen. Daraus sind indessen die vertraglichen Zinssätze, welche für die einzelnen Anlagen, die Gegenstand der Klage bilden, gegolten haben, nicht ersichtlich. Nach den Angaben der Klägerin entspricht der geforderte Durchschnittssatz von 7.05 % dem gewichteten Durchschnitt für Anlagen in den verschiedenen relevanten Währungen per 1. Oktober 1991. Der Art. 104 Abs. 2 OR entsprechende höhere vertragliche Zinssatz ist damit tatsächlich ungenügend substantiiert. An der angegebenen Stelle in der Klageschrift hat die Klägerin dazu auch keine Beweise beantragt. Ihr Vorwurf, das Handelsgericht habe ihr Recht auf Zulassung zum Beweis (Art. 8 ZGB) verletzt, erweist sich damit als unbegründet.
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