BGE 130 III 571 | |||
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74. Auszug aus dem Urteil der II. Zivilabteilung i.S. X. gegen Y. AG und Z. GmbH & Co. KG (Berufung) |
5C.39/2004 vom 8. Juli 2004 |
Art. 1 Abs. 1 EHG; Haftung aus dem Betrieb einer Rodelbahn; Sorgfaltspflicht. |
Im vorliegenden Fall ist eine Sorgfaltspflichtverletzung der Rodelbahnbetreiberin in Bezug auf einen Auffahrunfall zu verneinen (E. 4). |
Art. 40 OG i.V.m. Art. 69 Abs. 2 BZP; Entschädigung der Nebenintervenientin. | |
Sachverhalt | |
A. Die Y. AG ist Betreiberin der Sommerrodelbahn "Y.". Am 29. September 1996 kollidierte auf dieser Bahn im Bereich der Auslaufstrecke der Rodel der beiden Kinder S.A. und T.A. (damals zwölf und neun Jahre alt) von hinten mit demjenigen von X., die mit ihrem Sohn unterwegs war. Durch die Wucht des Aufpralls wurde X. und ihr Sohn aus dem Rodel heraus auf die Wiese geworfen. X. erlitt dabei eine Prellung des Schädels im Hinterkopfbereich sowie ein Schleudertrauma.
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B. Am 25. Juni 1999 reichte X. beim Bezirksgericht Schwyz Klage gegen die Y. AG ein und verlangte, diese sei zu verpflichten, ihr für den im Zeitraum vom 29. September 1996 bis 1. Juli 1999 angefallenen Haushaltsschaden und Erwerbsausfall Schadenersatz nach richterlichem Ermessen zu bezahlen. Die Y. AG beantragte die Abweisung der Klage und verkündete den Kindern S.A. und T.A. sowie der Z. GmbH & Co. KG (Herstellerin der Rodelanlage) den Streit. Die Z. GmbH & Co. KG trat daraufhin dem Prozess als Nebenintervenientin bei.
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Das Bezirksgericht beschränkte in der Folge das Verfahren auf die Grundsatzfrage der Haftung und wies die Klage mit Urteil vom 13. Dezember 2000 ab. Dagegen erhob X. Berufung beim Kantonsgericht des Kantons Schwyz. Dieses bestätigte am 2. Dezember 2003 das erstinstanzliche Urteil - mit Ausnahme der Kostenverteilung - vollumfänglich.
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C. X. führt eidgenössische Berufung an das Bundesgericht. Sie beantragt im Wesentlichen, die Y. AG sei zu verpflichten, ihr Schadenersatz nach richterlichem Ermessen zu bezahlen; eventuell sei festzustellen, dass die Y. AG für den Unfall vom 29. September 1996 hafte und die Sache zur Schätzung des Haushaltsschadens und Erwerbsausfalls an das Kantonsgericht zurückzuweisen.
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Eine gegen das nämliche Urteil des Kantonsgerichts erhobene staatsrechtliche Beschwerde hat das Bundesgericht mit Entscheid vom 7. Juni 2004 abgewiesen, soweit es darauf eingetreten ist (Verfahren 5P.67/2004).
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Das Bundesgericht weist die Beschwerde ab, soweit es darauf eintritt.
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Aus den Erwägungen: | |
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Ob aus dieser Unmöglichkeit der Richtungsänderung auf das Vorliegen einer Eisenbahn geschlossen werden kann, ist zweifelhaft; diese Frage kann indes offen bleiben. Von entscheidender Bedeutung ist vielmehr, dass die Rodelbahn nicht dem öffentlichen Verkehr dient. Eine Rodelbahn ist am ehesten vergleichbar mit einer Sportanlage wie eine (Winter-)Bobbahn oder einer Anlage in einem Vergnügungspark, welche nicht unter das Eisenbahnhaftpflichtgesetz fallen (OFTINGER/STARK, a.a.O., § 27 N. 17 u. 18; DESCHENAUX/ TERCIER, La responsabilité civile, 1982, § 16 N. 16). Hinzu kommt, dass auf der vorliegenden Bahn keine Personen befördert werden (CHRISTIAN KÜNG, Die Konzessionierung von Luftseilbahnen nach Bundesrecht, Diss. Bern 1988, S. 53; HANS-KASPAR STIFFLER, Die Haftung der Seilbahnunternehmungen für ausservertragliche Schädigung, Diss. Zürich 1959, S. 44), da die Benutzer den Rodel selber steuern bzw. zumindest selber abbremsen und beschleunigen. Es kann folglich festgehalten werden, dass die Beklagte nicht Inhaberin einer Eisenbahnunternehmung ist.
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Es ist im Übrigen anzumerken, dass die Aufzugsanlage, basierend auf der Beschreibung der Klägerin, wohl ohnehin am ehesten als Schlepplift ("Skilift") zu qualifizieren wäre. In der Literatur (vgl. insbesondere HANS-KASPAR STIFFLER, Schweizerisches Schneesportrecht, 2002, S. 59) werden Schlepplifte definiert als Anlagen, bei welchen die Fahrgäste auf geeigneten Sportgeräten auf einer speziellen Schleppspur befördert werden. Ein solcher Schlepplift bedarf keiner eidgenössischen Konzession und ist dementsprechend auch nicht dem Eisenbahnhaftpflichtgesetz unterstellt (OFTINGER/STARK, a.a.O., § 27 N. 25; PATRIK BERGAMIN, Haftung des Bergbahnunternehmens bei Sommersport-Unfällen im Einzugsgebiet der Bahn, Diss. St. Gallen 2000, S. 80 f.).
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4.1 Die Klägerin wirft dem Kantonsgericht vor, Bundesrecht dadurch verletzt zu haben, als es einen zu wenig weitgehenden Massstab an die Sorgfaltspflicht der Beklagten und die Mängelfreiheit der Rodelbahn angelegt habe: Dieses gehe von einem Sicherheitsdispositiv aus, das von allen Bahnbenutzern eine vernünftige Fahrweise und korrekte Betätigung des Bremshebels voraussetze; jedoch müsse bei einer Freizeitanlage mit einer gewissen Unvernunft einiger Benutzer, insbesondere von Kindern, gerechnet werden. Im Einzelnen rügt die Klägerin vor allem ein mangelhaftes Sicherheitsdispositiv am Bahnende (ungenügende Überwachung, fehlende automatische Bremsvorrichtung etc.) sowie die ungenügende passive Sicherheit der Rodel (keine Knautschzone, keine Rückenlehnen etc.).
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4.4 Die Klägerin macht nicht geltend, die Beschilderung der Anlage sei für Kinder im Alter von S.A. und T.A. nicht verständlich gewesen. Es ist zudem auch zu berücksichtigen, dass die Rodelbahn gemäss Beschreibung des Kantonsgerichts (vgl. E. 4.2) übersichtlich ist und die Anlageführung es erlaubt, einen vorangehenden Rodel rechtzeitig und in genügender Distanz zu erkennen. Daraus lässt sich ableiten, dass es bei minimaler Aufmerksamkeit, welche grundsätzlich von jedem Benutzer einer Anlage erwartet werden darf (BGE 126 III 113 E. 2a/cc S. 116; Urteil des Bundesgerichts 4C.119/2000 vom 2. Oktober 2000, E. 1b, publ. in: Pra 90/2001 Nr. 46 S. 268 f.), möglich ist, die Rodelbahn zu befahren, ohne den Voranfahrenden zu gefährden. In diesem Zusammenhang ist - im Gegensatz zur Auffassung der Klägerin - zudem durchaus von Bedeutung, dass die Bremse des Rodels gemäss Feststellung des Kantonsgerichts "ohne weiteres auch für Kinder leicht zu handhaben" ist. Es ist folglich nicht zu beanstanden, wenn das Kantonsgericht zusätzliche Sicherheitsmassnahmen, wie beispielsweise das Positionieren einer Überwachungsperson am Bahnende oder die Installation von Flattervorhängen, nicht als notwendig angesehen hat.
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Dass das Kantonsgericht durch den Vergleich mit der Sicherheit im Strassenverkehr gegen Bundesrecht verstossen hat, rügt die Klägerin im Berufungsverfahren nicht (Art. 55 Abs. 1 lit. c OG). Unbehelflich ist zudem der Verweis auf einen Rodel, welcher die von ihr geforderten Sicherheitsmerkmale (Schalensitz, Stossabsorber, Rückenlehne etc.) aufweist. Dieser Rodel ist offenbar für einen anderen Typ Rodelbahn (geführt auf Rohren) konstruiert, so dass sich daraus für den Sicherheitsstandard der Bahn der Beklagten nichts ableiten lässt.
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Die Nebenintervenientin, die ebenfalls die Abweisung der Berufung unter Kosten- und Entschädigungsfolgen beantragt hat, obsiegt mit der Beklagten. Über die Berücksichtigung der Nebenpartei im Kosten- und Entschädigungspunkt befindet das Bundesgericht nach seinem Ermessen (Art. 40 OG i.V.m. Art. 69 Abs. 2 BZP; BGE 105 II 289 E. 9 S. 296 f.; BGE 109 II 144 E. 4 S. 152). Der Nebenintervention wie auch der Streitverkündung liegt ein Rechtsverhältnis zwischen der unterstützten Hauptpartei und der Nebenpartei zu Grunde, an welchem der Prozessgegner nicht beteiligt ist. Mit ihrer Teilnahme am Prozess nimmt die Nebenpartei Interessen wahr, die in diesem Rechtsverhältnis und nicht in einem Rechtsverhältnis zwischen ihr und dem Prozessgegner begründet sind. Es rechtfertigt sich daher grundsätzlich nicht, der Nebenpartei einen Anspruch gegenüber dem Prozessgegner auf Ersatz ihrer Parteikosten einzuräumen (MAX GULDENER, Schweizerisches Zivilprozessrecht, 1979, S. 408). Das Bundesgericht spricht deshalb der Nebenpartei im Allgemeinen keine Parteientschädigung zu, es sei denn, es bestünden Gründe der Billigkeit. Solche Gründe sind im vorliegenden Fall nicht ersichtlich und werden von der Nebenintervenientin auch nicht geltend gemacht. Ihr ist folglich keine Parteientschädigung zuzusprechen.
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