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101. Auszug aus dem Urteil der I. Zivilabteilung i.S. Politische Gemeinde Vilters-Wangs und A. gegen B. AG (Berufung) |
4C.157/2004 vom 8. September 2004 |
Werkeigentümerhaftung; Art. 58 OR. |
Inhalt und Umfang der Werkeigentümerhaftung im Allgemeinen (E. 1.1, 1.3 und 1.4). |
Zuordnung der Mängel und Abgrenzung der Verantwortungsbereiche bei kombinierten Werken. Haftpflichtig kann nur sein, wer für ein Werk verantwortlich ist, das im Hinblick auf seine Zweckbestimmung als mangelhaft erscheint (E. 1.2). |
Werkeigentümerhaftung bei Kinderunfällen; Zusammenfassung der Rechtsprechung (E. 1.5 und 1.6). | |
Sachverhalt | |
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Nach den Angaben der Klägerinnen trug sich der Unfall folgendermassen zu: Während der Vater und die Grossmutter im Garten tätig gewesen seien, habe die Klägerin 2 mit einem Mädchen aus der Nachbarschaft, einer Erstklässlerin, auf dem Gebäudevorplatz gespielt. Das Nachbarmädchen habe sich nach einer gewissen Zeit unbemerkt entfernt, um die Toilette aufzusuchen. Plötzlich habe man bemerkt, dass die Klägerin 2 verschwunden war und sich nach ihr auf die Suche gemacht. Der Vater habe an der Böschung des Webereikanals, an der Stelle, wo eine metallgefasste Leitung den Kanal überquere, zuerst ihr Dreirad gefunden, das durch einen Strauch aufgehalten worden sei. Schliesslich habe er das Kind, das kanalabwärts getrieben worden sei, aus dem Wasser holen können. Die Klägerinnen sind der Auffassung, dass der Unfall hätte vermieden werden können, wenn die B. AG (Beklagte) die Strasse und den Kanal hinreichend gesichert hätte.
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Am 21. September 1999 reichten die Klägerinnen beim Bezirksgericht Sargans je eine Klage ein. Die Klägerin 1 klagte auf Bezahlung von Fr. 31'373.90 nebst Zins, die Klägerin 2 auf Bezahlung von Fr. 46'752.60 nebst Zins unter Vorbehalt der Nachklage für ![]() | 3 |
Die Klägerinnen haben, unter Einreichung von zwei gleich lautenden Rechtsschriften, eidgenössische Berufung eingelegt. Unter Erneuerung ihrer im kantonalen Verfahren gestellten Begehren beantragen sie die Aufhebung des Urteils des Kantonsgerichts vom 8. Januar 2004, eventualiter die Rückweisung der Streitsache an die Vorinstanz zur weiteren Abklärung.
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Das Bundesgericht weist die Berufung ab.
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Aus den Erwägungen: | |
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Die Vorinstanz geht davon aus, dass sich der Unfall der Klägerin 2 aufgrund der räumlichen Konstellation der Zufahrtsstrasse und des Webereikanals ereignete. Ob die Beklagte und die Klägerin 1 aufgrund der räumlichen Verbindung der Werke zu einem so genannten "kombinierten Werk" solidarisch haftbar seien, könne hier aber offen bleiben, da ein Werkmangel zur Zeit des Unfalls nicht bestanden habe. Ein Werkmangel durch das Nebeneinander von Zufahrtsstrasse und Webereikanal würde nur dann vorgelegen haben, wenn sich der Unfall trotz der bestimmungsgemässen Benützung der Zufahrtsstrasse ereignet hätte. Die Benützung der Zufahrtsstrasse durch ein unbeaufsichtigtes Kleinkind sei aber nicht bestimmungsgemäss. Ebenso wenig liege eine Ausnahmesituation vor, in ![]() | 7 |
In einer Eventualbegründung hält die Vorinstanz des Weiteren dafür, dass die Verletzung der Aufsichtspflicht des Vaters als grob beurteilt werden müsse, weshalb die Beklagte auch aus dem Blickwinkel des kausalitätsunterbrechenden Drittverschuldens nicht zur Rechenschaft gezogen werden könnte.
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Als erstes bringen die Klägerinnen vor, die Klägerin 1 könne für einen allfälligen Mangel der Zufahrtsstrasse nicht verantwortlich gemacht werden, da sich diese nicht auf ihrem Territorium, sondern in einer benachbarten Gemeinde befinde. Wenn nicht die Beklagte als Grundeigentümerin für den Werkmangel der Zufahrtsstrasse haftbar sei, dann sei es die benachbarte Gemeinde. Sodann machen die Klägerinnen geltend, für die Frage des Vorliegens eines Werkmangels müsse das Gefahrenpotential der Zufahrtsstrasse und des Webereikanals als je eigenständige Werke geprüft werden, was die Vorinstanz unterlassen habe. Insbesondere im Bereich des Vorplatzes der Mehrfamilienhäuser könne die Benützung der Zufahrtsstrasse durch Kinder im Vorschulalter nicht als zweckwidrig beurteilt werden. Jedenfalls sei eine solche Benützung voraussehbar. Mit spielenden Kindern auf wenig befahrenen Strassen in der Nähe von Mehrfamilienhäusern müsse immer gerechnet werden. Ebenso sei für die Beklagte voraussehbar gewesen, welches ![]() | 9 |
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Bei einer räumlichen und funktionellen Verbindung mehrerer Anlagen geht die Lehre von einem so genannten "kombinierten" Werk aus. Der Mangel liegt in diesem Fall in der Kombination der einzelnen mängelfreien Werke begründet (BREHM, Berner Kommentar, N. 21 f. zu Art. 58 OR; SCHNYDER, Basler Kommentar, N. 9 zu Art. 58 OR; OFTINGER/STARK, Schweizerisches Haftpflichtrecht - Besonderer Teil, Bd. II/1, § 19 Rz. 57 ff.; REY, Ausservertragliches Haftpflichtrecht, 3. Aufl., Zürich 2003, Rz. 1042 f.; DESCHENAUX/TERCIER, La responsabilité civile, 2. Aufl., Bern 1982, § 12 Rz. 37 f.). Lässt die Kombination der Werke beide als mangelhaft erscheinen, sind ![]() | 12 |
Vorliegend behaupten die Klägerinnen, der Webereikanal sei mangelhaft gewesen, weil zwischen ihm und der Zufahrtsstrasse keine Abschrankung angebracht worden sei. Nach dem Gesagten kann dieser allfällige Mangel dem Webereikanal aber nicht zugeordnet werden. Der Zweck des Webereikanals besteht einzig und allein darin, der Weberei das zu ihrem Betrieb erforderliche Wasser zuzuführen. Die Erfüllung dieses Zwecks wird durch das Fehlen einer Abschrankung zwischen dem Webereikanal und der Zufahrtsstrasse in keiner Weise berührt. Unter der Voraussetzung, dass eine Abschrankung zwischen Zufahrtsstrasse und Webereikanal hätte angebracht werden sollen, lässt die fehlende Abschrankung deshalb lediglich die Zufahrtsstrasse als mangelhaft erscheinen. Zu prüfen ist als nächstes, ob die Zufahrtsstrasse tatsächlich mangelhaft war.
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1.3 Nach Art. 58 Abs. 1 OR haftet der Werkeigentümer für den Schaden, der durch fehlerhafte Anlage oder Herstellung oder durch mangelhaften Unterhalt des Werks verursacht wird. Ob ein Werk fehlerhaft angelegt oder mangelhaft unterhalten ist, hängt vom Zweck ab, den es zu erfüllen hat. Ein Werkmangel liegt vor, wenn das Werk beim bestimmungsgemässen Gebrauch keine genügende ![]() | 14 |
Eine Schranke der Sicherungspflicht bildet die Selbstverantwortung. Vorzubeugen hat der Werkeigentümer nicht jeder erdenklichen Gefahr (BGE 123 III 306 E. 3b/aa S. 311). Er darf Risiken ausser Acht lassen, welche von den Benützern des Werks oder von Personen, die mit dem Werk in Berührung kommen, mit einem Mindestmass an Vorsicht vermieden werden können (BGE 126 III 113 E. 2a/cc S. 116; BGE 117 II 399 E. 2 S. 400, je mit Hinweisen). Ein ausgefallenes, unwahrscheinliches Verhalten muss nicht einberechnet werden (BREHM, a.a.O., N. 85 zu Art. 58 OR; WERRO, a.a.O., N. 16 zu Art. 58 OR; OFTINGER/STARK, a.a.O., § 19 Rz. 74; REY, a.a.O., Rz. 1058; KELLER, a.a.O., S. 205 f.; DESCHENAUX/TERCIER, a.a.O., § 12 Rz. 49).
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Eine weitere Schranke der Sicherungspflicht bildet die Zumutbarkeit. Zu berücksichtigen ist, ob die Beseitigung allfälliger Mängel oder das Anbringen von Sicherheitsvorrichtungen technisch möglich ist und die entsprechenden Kosten in einem vernünftigen Verhältnis zum Schutzinteresse der Benützer und dem Zweck des Werks stehen (BGE 126 III 113 E. 2a/cc S. 116; BGE 123 III 306 E. 3b/aa S. 311, je mit Hinweisen). Dem Werkeigentümer sind Aufwendungen nicht zuzumuten, die in keinem Verhältnis zur Zweckbestimmung des Werks stehen (BREHM, a.a.O., N. 58 zu Art. 58 OR; SCHNYDER, a.a.O., N. 16 zu Art. 58 OR; WERRO, a.a.O., N. 18 zu Art. 58 OR; OFTINGER/ STARK, a.a.O., § 19 Rz. 78; REY, a.a.O., Rz. 1063; KELLER, a.a.O., S. 203 ff.; DESCHENAUX/TERCIER, a.a.O., § 12 Rz. 49).
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1.4 Strassen müssen wie alle anderen Werke so angelegt und unter halten sein, dass sie den Benützern hinreichende Sicherheit bieten. Im Vergleich zu anderen Werken dürfen bezüglich Anlage und Unterhalt von Strassen aber nicht allzu strenge Anforderungen gestellt werden. Das Strassennetz kann nicht in gleichem Mass unterhalten werden wie zum Beispiel ein einzelnes Gebäude (BGE 102 II 343 E. 1c S. 346; BREHM, a.a.O., N. 187 zu Art. 58 OR; KUTTLER, ![]() | 17 |
Es kann vom Strasseneigentümer, bei dem es sich meistens um das Gemeinwesen handelt, nicht erwartet werden, jede Strasse so auszugestalten, dass sie den grösstmöglichen Grad an Verkehrssicherheit bietet. Es genügt, dass die Strasse bei Anwendung gewöhnlicher Sorgfalt ohne Gefahr benützt werden kann. In erster Linie ist es deshalb Sache des einzelnen Verkehrsteilnehmers, die Strasse mit Vorsicht zu benützen und sein Verhalten den Strassenverhältnissen anzupassen (BGE 129 III 65 E. 1.1 S. 67; BGE 108 II 184 E. 1b S. 186; BGE 102 II 343 E. 1c S. 346; BREHM, a.a.O., N. 173 zu Art. 58 OR; WERRO, a.a.O., N. 34 zu Art. 58 OR; REY, a.a.O., Rz. 1088). Dadurch wird das vom Strasseneigentümer zu vertretende Sorgfaltsmass herabgesetzt (OFTINGER/STARK, a.a.O., § 19 Rz. 111).
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Sodann muss in jedem einzelnen Fall geprüft werden, ob der Strasseneigentümer nach den zeitlichen, technischen und finanziellen Gegebenheiten in der Lage war, seine Aufgabe zu erfüllen (BGE 129 III 65 E. 1.1 S. 67; BGE 102 II 343 E. 1c S. 346; BREHM, a.a.O., N. 173 zu Art. 58 OR; OFTINGER/STARK, a.a.O., § 19 Rz. 111; SCHNYDER, a.a.O., N. 23 zu Art. 58 OR; WERRO, a.a.O., N. 36 zu Art. 58 OR). Die Frage der Zumutbarkeit von Sicherheitsvorkehren wird zudem unterschiedlich beurteilt, je nachdem, ob es sich um eine Autobahn, eine verkehrsreiche Hauptstrasse oder einen Feldweg handelt (BGE 129 III 65 E. 1.1 S. 67; BGE 102 II 343 E. 1c S. 345 f.; ferner BGE 108 II 184 E. 1b S. 186; BREHM, a.a.O., N. 170 zu Art. 58 OR).
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Bestehen verwaltungsrechtliche Vorschriften über Anlage und Unterhalt von Strassen, bedeutet deren Verletzung in der Regel einen Werkmangel im Sinne von Art. 58 OR (BGE 102 II 343 E. 1a S. 344 f.; BREHM, a.a.O., N. 193 zu Art. 58 OR; KUTTLER, a.a.O., S. 427). Umgekehrt kann die Befolgung solcher Vorschriften nur ein Indiz für die Einhaltung der erforderlichen Sorgfaltspflicht darstellen und schliesst einen Werkmangel nicht von vornherein aus (BREHM, a.a.O., N. 194 zu Art. 58 OR; OFTINGER/STARK, a.a.O., § 19 Rz. 150).
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Zu denken ist erstens an Werke, bei denen aufgrund ihrer Beschaffenheit augenfällig ist, dass Unvernunft und Unvorsicht zu ![]() | 22 |
Eine weitere Gefahrenquelle stellen Werke dar, welche Kinder zu einer bestimmungswidrigen Benützung verleiten. In BGE 116 II 422, dem "Plauschbad-Fall", stand ein Wellenbad zur Diskussion, in das ein fünfzehnjähriger Jugendlicher aus 1,3 m Höhe an einer bloss 1,6 m tiefen Stelle kopfvoran hineinsprang und sich eine Querschnittlähmung zuzog. Das Bundesgericht bejahte die Haftung des Werkeigentümers mit der Begründung, dass Konzeption und Zweckbestimmung des Wellenbades, der angesprochene Kreis der Benützer und das von einem Teil dieser Benützer zu erwartende unvernünftige Verhalten einen gefährlichen Zustand schaffen. In BGE 130 III 571 verneinte das Bundesgericht dagegen eine Pflicht des Eigentümers einer von Kindern benutzbaren Sommerrodelbahn, zusätzliche Sicherungsvorkehren gegen Auffahrtskollisionen beim Auslaufen der Rodel anzubringen, da die Bremsvorrichtungen der Rodel leicht zu bedienen sind und die Rodelbahn daher bei minimaler Aufmerksamkeit, welche selbst von Kindern im Primarschulalter erwartet werden darf, ohne Gefährdung anderer befahren werden kann. In BGE 72 II 198 betreffend die Pflicht des Strasseneigentümers zum Sanden, um das vorschriftswidrige Schlitteln zu verunmöglichen, verneinte das Bundesgericht die Werkeigentümerhaftung mit der Begründung, dass das Unbenutzbarmachen der Strasse gegen einen verbotenen Gebrauch nicht zum mangelfreien Unterhalt gehört (kritisch dazu allerdings KELLER, a.a.O., S. 202, da die Strasse so angelegt war, dass sie Kinder zum Schlitteln verleitete) ![]() | 23 |
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Der Werkeigentümer darf grundsätzlich darauf vertrauen, dass Kinder sich gemäss der ihrem Alter entsprechenden, durchschnittlichen Vernunft verhalten. Kinder, die in Bezug auf die Benützung eines bestimmten Werks nicht über die erforderliche Vernunft verfügen, gehören unter Aufsicht. Dies muss insbesondere für den Strassenverkehr gelten, da das Strassennetz nicht eine für jeden Verkehrsteilnehmer optimale Sicherheit zu gewährleisten braucht. Der Strasseneigentümer darf darauf vertrauen, dass nur verkehrsgeschulte Kinder sich unbegleitet im Strassenverkehr aufhalten.
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Ausnahmsweise hat der Werkeigentümer jedoch besondere Sicherheitsvorkehren zur Verhinderung zweckwidrigen Verhaltens durch Kinder zu treffen, wenn das Werk aufgrund seiner Beschaffenheit besondere Risiken in sich birgt, welche bei fehlender Vernunft und Vorsicht zu schweren Schädigungen führen, oder wenn das Werk aufgrund seiner besonderen Zweckbestimmung Kinder zu einer bestimmungswidrigen Benützung verleitet. Voraussetzung der Haftbarkeit des Werkeigentümers ist aber in jedem Fall, dass das zweckwidrige Verhalten voraussehbar ist und zumutbare Massnahmen getroffen werden können, damit eine zweckwidrige Verwendung nicht erfolgt. Gegen ein ausgefallenes Verhalten muss der Werkeigentümer selbst bei Kindern keine Vorkehren unternehmen. Diese die genannten Ausnahmesituationen betreffenden Regeln der Werkeigentümerhaftung bei bestimmungswidriger Benützung des Werks durch Kinder sind in der Lehre anerkannt (KELLER, a.a.O., S. 202 f.; BREHM, a.a.O., N. 65 zu Art. 58 OR; REY, a.a.O., Rz. 1074 ff.; KUTTLER, a.a.O., S. 423).
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Erwägung 2 | |
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Die Zufahrtsstrasse dient der Erschliessung der Mehrfamilienhäuser. Sie steht dem allgemeinen Motorfahrzeugverkehr nicht offen. Die Zufahrtsstrasse und der Webereikanal werden auf der ganzen ![]() | 28 |
Der Unfall der Klägerin 2 ereignete sich zu einem Zeitpunkt, als diese unbeaufsichtigt mit ihrem Dreirad umherfuhr. Das Befahren einer Strasse durch Kinder ist an und für sich nichts Aussergewöhnliches. Jedoch trifft dies nur auf Kinder zu, die über die erforderliche Urteilsfähigkeit verfügen, um die Gefahren des Strassenverkehrs zu erkennen. Dies muss selbst für eine dem allgemeinen Motorfahrzeugverkehr nicht offen stehende Zufahrtsstrasse gelten. Auch dort muss ein Kind der Gefahr eines herannahenden Fahrzeugs gewachsen sein und sich den örtlichen Gegebenheiten entsprechend verhalten können, ehe ihm die Eltern erlauben, sich dort unbegleitet aufzuhalten. Bei einem dreieinhalbjährigen Kleinkind ist auszuschliessen, dass es bereits über die hierzu erforderliche Urteilsfähigkeit verfügt. Das Befahren der Zufahrtsstrasse durch ein unbeaufsichtigtes dreieinhalbjähriges Kind gehört deshalb nicht zur bestimmungsgemässen Benützung der Zufahrtsstrasse.
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Die Vorinstanz hat somit kein Bundesrecht verletzt, wenn sie davon ausging, dass die Zufahrtsstrasse für den üblichen Gebrauch tauglich war und insoweit kein Werkmangel im Sinne von Art. 58 Abs. 1 OR gegeben war.
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2.2.1 Die Frage, ob die Zufahrtsstrasse, da nur wenig befahren, Kinder zu einem übermütigen Verhalten, zum Beispiel zu einem übermütigen Gebrauch von Fahrrädern oder Rollbrettern, verleitet, steht hier nicht zur Diskussion. Damit ein Kind zu einem übermütigen Tun überhaupt verleitet werden kann, muss es über ein gewisses Gefahrenbewusstsein verfügen. Ein solches zu entwickeln ist ![]() | 32 |
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Davon abgesehen entfällt die Haftung auch unter dem Blickwinkel der Zumutbarkeit. Wie jede andere Strasse gehören auch Zufahrtsstrassen in der Regel zu einem ganzen Strassennetz des Gemeinwesens, von dem nicht erwartet werden kann, dass es an jeder Stelle Zäune und andere Abschrankungen aufweist, wo es an einem offenen Gewässer vorbeiführt. Ansonsten müssten bei unzähligen, in der näheren Umgebung von Wohnhäusern gelegenen Uferanlagen und Seepromenaden Abschrankungen angebracht werden, wenn auch an solchen Stellen mit Unfällen der vorliegenden Art gerechnet werden müsste. Eine derart weit gehende Sicherungspflicht sprengt aber den Rahmen des Zumutbaren.
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Die Vorinstanz hat deshalb kein Bundesrecht verletzt, indem sie erkannte, dass die Voraussetzungen der Werkeigentümerhaftung nicht erfüllt sind. Ob der Sachverhalt anders zu beurteilen wäre, wenn sich der Unfall auf dem Vorplatz ereignet hätte, kann hier offen bleiben.
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2.3 Zusammenfassend ist festzuhalten, dass die Zufahrtsstrasse nicht mit einem Werkmangel behaftet war und auch keine ![]() | 36 |
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