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15. Auszug aus dem Urteil der I. Zivilabteilung i.S. X. gegen L. (Berufung) |
4C.268/2004 vom 4. Oktober 2004 | |
Regeste |
Art. 56 Abs. 1 OR; Tierhalterhaftung. | |
Sachverhalt | |
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Im Unfallzeitpunkt war die Weide eingegrenzt durch einen Elektrozaun, bestehend aus einem dünnen, elektrisch geladenen Plastikband, das im fraglichen Bereich durchschnittlich 124 cm über dem Boden befestigt war. Der 110 cm grosse L. konnte von der Strasse her aufrecht unter dem Zaun hindurchgehen.
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Am 25. Februar 2002 klagten die Eltern von L. als gesetzliche Vertreter in dessen Namen vor dem Bezirksgericht Einsiedeln gegen X. als Tierhalter auf Zahlung von Fr. 148'492.- nebst 5 % Zins seit dem 1. Juni 2001, wobei sie sich das Nachklagerecht vorbehielten. Der Beklagte bestritt seine Haftung und verkündete den Eltern des Klägers im Hinblick auf allfällige spätere Regressansprüche den Streit. Mit Vorurteil vom 17. März 2003 erklärte das Bezirksgericht den Beklagten nach Art. 56 OR für haftbar und grundsätzlich ersatzpflichtig für den durch den Unfall vom 11. November 2000 entstandenen Schaden. Auf Berufung des Beklagten bestätigte das Kantonsgericht Schwyz das erstinstanzliche Urteil am 1. Juni 2004 im Sinne der Erwägungen.
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Der Beklagte hat das Urteil des Kantonsgerichts vom 1. Juni 2004 mit eidgenössischer Berufung angefochten. Das Bundesgericht weist die Berufung ab.
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Aus den Erwägungen: | |
Erwägung 2 | |
2.1 Nach Art. 56 Abs. 1 OR haftet für den von einem Tier angerichteten Schaden, wer dasselbe hält. Der Halter wird jedoch von der Haftung befreit, wenn er nachweist, dass er alle nach den Umständen gebotene Sorgfalt in der Verwahrung und Beaufsichtigung des Tieres angewendet hat oder der Schaden auch bei Anwendung dieser Sorgfalt eingetreten wäre. Die Haftung setzt die Verletzung einer objektiven Sorgfaltspflicht voraus (WERRO, Commentaire Romand, N. 1 zu Art. 56 OR; OFTINGER/STARK, Schweizerisches Haftpflichtrecht, Allgemeiner Teil, Bd. II/1, 4. Aufl., § 17, Rz. 6 ff.; WIDMER in: Münch/Geiser (Hrsg.), Schaden - Haftung - Versicherung, Rz. 2.16 f.). Ob es sich bei der Tierhalterhaftung um eine gewöhnliche Kausalhaftung mit Befreiungsmöglichkeit oder um eine ![]() | 5 |
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2.3 Die Beratungsstelle für Unfallverhütung in der Landwirtschaft (BUL) wurde 1984 als selbständige Stiftung konzipiert. Basierend auf Art. 51 der Verordnung vom 19. Dezember 1983 über die Verhütung von Unfällen und Berufskrankheiten (Verordnung über die Unfallverhütung [VUV; SR 832.30]) hat sie als Fachorganisation gemäss Vertrag mit der SUVA die Aufgabe übernommen, die Arbeitssicherheit auf landwirtschaftlichen Betrieben zu fördern. ![]() | 7 |
Der Beklagte hatte bereits im kantonalen Verfahren eingewendet, dass die Empfehlungen der Beratungsstelle ausschliesslich den Zweck hätten, das Ausbrechen der Pferde zu verhindern, dagegen nicht dazu bestimmt seien, Kinder vom Betreten der Pferdeweide abzuhalten. Diesen Einwand hat die Vorinstanz zu Recht verworfen. Zwar ist einzuräumen, dass der Hauptzweck der Umzäunung darin liegt, die Pferde am Verlassen der Weide zu hindern. Zugleich soll die Umzäunung einer Pferdeweide aber gegen Aussen signalisieren, dass es sich um ein diesen Tieren vorbehaltenes Gebiet handelt, dessen Betreten für den Menschen gefährlich sein kann. Dieser Doppelfunktion muss die Umzäunung einer Pferdeweide in besonderem Masse gerecht werden, wenn sie - wie im ![]() | 8 |
Erwägung 3 | |
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3.3 Der Beklagte bringt mit der Berufung vor, Neugierde und der Berührungsdrang gegenüber weidenden Pferden sei bei Kindern ![]() | 11 |
Diese Ausführungen laufen darauf hinaus, dass der Beklagte dem Bundesgericht seine eigene Sicht der Dinge darlegt, ohne dass er aufzeigt oder dass ersichtlich wäre, weshalb die Beurteilung der Vorinstanz gegen Bundesrecht verstossen soll. Insbesondere im Hinblick darauf, dass auch der Entlastungsbeweis betreffend rechtmässiges Alternativverhalten strikt zu erbringen ist, muss dieser Beweis als gescheitert betrachtet werden, wenn sich im konkreten Fall ergibt, dass der Schaden auch bei Anwendung der erforderlichen Sorgfalt möglicherweise eingetreten wäre. Die damit verbleibende Möglichkeit, dass der Schadenseintritt dennoch vermieden worden wäre, schliesst die Haftungsbefreiung aus (BGE 110 II 136 E. 2a mit Hinweisen; E. 2.1 hiervor). Dass mehrere deutliche Markierungen, die optisch eine klare Abschrankung anzeigen, ihre Signalwirkung auf ein fünfjähriges Kind nicht verfehlt hätten, ist mindestens ebenso wahrscheinlich wie die Hypothese, dass sich das Kind unter allen Umständen über oder unter den Bändern hindurch auf die Wiese begeben hätte. Die Beurteilung durch das Kantonsgericht, das zum gleichen Schluss gekommen ist, verstösst mithin nicht gegen Bundesrecht.
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3.4 Auch die übrigen in der Berufung erhobenen Einwände helfen dem Beklagten nicht weiter, soweit es sich dabei nicht ohnehin um unzulässige neue Tatsachenbehauptungen oder um allgemein gehaltene Rechtserörterungen ohne konkreten Bezug zu den Erwägungen der Vorinstanz handelt, welche die Begründungsanforderungen von Art. 55 Abs. 1 lit. c OG nicht erfüllen (vgl. dazu BGE 116 II 745 E. 3). So hat die Vorinstanz entgegen der Annahme des Beklagten keine generelle Pflicht statuiert, sämtliche Tierhaltungen so auszugestalten, dass kein Unbefugter in die Nähe der Tiere gelangen kann. Auf die diesbezüglichen Vorbringen des Beklagten ist deshalb nicht weiter einzugehen. Soweit er geltend macht, wenn man den Schlussfolgerungen der Vorinstanz folgte, würde die Tierhalterhaftung zur reinen Gefährdungshaftung mutieren, übergeht er offensichtlich, dass das Kantonsgericht seine Haftung gerade nicht mit der blossen Haltung der Pferde, sondern mit der Unterlassung der gebotenen Einzäunung begründete. Sein Hinweis auf die Kritik ![]() | 13 |
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