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25. Auszug aus dem Urteil der II. Zivilabteilung i.S. Dzieglewska gegen Departement des Innern sowie Obergericht des Kantons Aargau (Verwaltungsgerichtsbeschwerde) |
5A.25/2004 vom 16. Dezember 2004 | |
Regeste |
Art. 8 Abs. 3 BV, Art. 42 Abs. 1 ZGB, Art. 40 IPRG, Art. 24 Abs. 1 ZStV; Eintragung von ausländischen Namen ins Zivilstandsregister. Praxisänderung. |
Eintragung und Übertragung eines nach Geschlecht veränderlichen Namens im Zivilstandsregister (E. 2 und 3). | |
Sachverhalt | |
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Das Gerichtspräsidium Aarau wies das Begehren mit Urteil vom 29. Januar 2004 ab. Zur Begründung wurde im Wesentlichen festgehalten, durch die Eintragung eines ausländischen Namens in das schweizerische Zivilstandsregister werde dieser zu einem schweizerischen Namen, so dass allfällige Namensregeln des Ursprungslandes nicht mehr berücksichtigt werden könnten. Florian Stefan Dzieglewska gelangte mit Beschwerde an das Obergericht des Kantons Aargau, welches mit Urteil vom 1. Juni 2004 das erstinstanzliche Urteil bestätigte.
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Florian Stefan Dzieglewska führt mit Eingabe vom 14. Juli 2004 Verwaltungsgerichtsbeschwerde und beantragt dem Bundesgericht, das angefochtene Urteil sei aufzuheben und es sei anzuordnen, dass er im Geburtsregister mit dem berichtigten Namen " Dzieglewski" eingetragen werde.
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Das Bundesgericht heisst die Beschwerde gut.
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Aus den Erwägungen: | |
Erwägung 1 | |
1.1 Der Beschwerdeführer hat beim Gericht die Berichtigung einer Registereintragung nach Art. 42 Abs. 1 ZGB verlangt. Nach dieser Bestimmung kann derjenige, welcher ein schützenswertes persönliches Interesse glaubhaft macht, beim Gericht auf Eintragung von streitigen Angaben über den Personenstand, auf Berichtigung oder auf Löschung einer Eintragung klagen (Art. 42 Abs. 1 ![]() | 5 |
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Bei der hier strittigen richterlichen Berichtigung geht es um die Frage, ob im schweizerischen Zivilstandsregister die den Regeln einer fremden Sprache folgende Abwandlung des Familiennamens nach dem Geschlecht des Namensträgers zu berücksichtigen ist. Eine Statusfrage, in der es nur in der Nebensache um deren Beurkundung geht, steht nicht in Rede, ebenso wenig ein Namensstreit unter Privaten (Art. 29 ZGB); die Berufung fällt daher ausser Betracht. Das vorliegende Berichtigungsverfahren ist zwar auch darauf gerichtet, Wirkungen auf dem Gebiet des Privatrechts zu entfalten, und erscheint insofern als Zivilsache. Indessen überwiegt das öffentlich-rechtliche Element: Die hier strittige Frage betrifft die Form der Eintragung von Namen (Art. 43 Abs. 1 aZStV bzw. Art. 24 Abs. 1 ZStV [SR 211.112.2] in der seit 1. Juli 2004 geltenden Fassung; AS 2004 S. 2915) und damit die Registerführung, die als öffentlich-rechtliche Angelegenheit zu betrachten ist (vgl. GULDENER, Schweizerisches Zivilprozessrecht, 3. Aufl., S. 44). Der Gegenstand des beim Bundesgericht erhobenen Rechtsmittels gehört somit zum öffentlichen Recht des Bundes, so dass die Verwaltungsgerichtsbeschwerde gegen den Entscheid des Obergerichts grundsätzlich zulässig ist (Art. 97 Abs. 1 und Art. 98 lit. g OG).
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Erwägung 2 | |
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3.2.1 Nach BGE 106 II 103 E. 2 S. 105 gilt der Grundsatz der unveränderten Übertragung nicht unbeschränkt, wenn es um die Eintragung von in ausländischen Zivilstandsurkunden aufgeführten Namen geht, und können die den Regeln einer fremden Sprache folgenden Abwandlungen des Familiennamens nach Geschlecht des Namensträgers bei der Eintragung des Namens in die schweizerischen Zivilstandsregister nicht beachtet werden. Im beurteilten Fall wurde die Eintragung des Namens "Temelkova" als weibliche Form eines entsprechenden männlichen Familiennamens verweigert. Dieses Urteil ist - was die Verweigerung der Eintragung anbelangt - in der Lehre auf Kritik gestossen , im Wesentlichen mit der Begründung, dass keine formalen Gründe gegen die Eintragung von nach Geschlecht abgewandelten Familiennamen sprechen würden und dass diese Rechtsprechung mit dem Gleichberechtigungsprinzip nicht in Übereinstimmung stehe ( VISCHER , Zürcher Kommentar zum IPRG, 2. Aufl. 2004, N. 4 zu Art. 40 IPRG; JAMETTI GREINER/GEISER , Basler Kommentar, Internationales Privatrecht, N. 7 zu Art. 40 IPRG; DUTOIT , Commentaire de la loi fédérale du 18 décembre 1987, 3. Aufl. 2001, N. 3 zu Art. 40 IPRG; BUCHER, Droit international privé suisse, Bd. II, Basel 1992, S. 108 Rz. 263; JORNOD, La femme et le nom en droits suisse et français, Diss. Lausanne 1991, S. 244; JÄGER , Das IPR-Gesetz, ZZW 1990 S. 13; SCHÜPBACH , Der Personenstand, in: Schweizerisches Privatrecht, Bd. II/3, S. 117 Anm. 278). Was die Unveränderlichkeit von einmal im schweizerischen Register eingetragenen Namen betrifft, die einen nach Geschlecht veränderlichen Bestandteil enthalten und auf die schweizerisches Recht anwendbar ist, sind die Schlussfolgerungen geteilt. Nach der einen ![]() | 14 |
3.2.2 Das schweizerische Namensrecht wird durch die Unwandelbarkeit des Familiennamens gekennzeichnet (BGE 106 II 103 E. 3 S. 105; GROSSEN, Das Recht der Einzelpersonen, in: Schweizerisches Privatrecht, Bd. II, S. 342). Daraus lässt sich indessen keine uneingeschränkte Unveränderlichkeit eines im schweizerischen Zivilstandsregister eingetragenen ausländischen Namens ableiten. Zum einen wird BGE 106 II 103 in der Lehre zu Recht als überholt betrachtet, soweit mit diesem Urteil die Eintragung des nach Geschlecht veränderlichen Namens verweigert wurde. In der Tat ist dieses Urteil aus dem Jahre 1980 mit dem Gleichberechtigungsprinzip nach Art. 8 Abs. 3 BV nicht mehr vereinbar. In der Praxis scheint das Urteil nicht mehr befolgt zu werden (BUCHER, Die Anwendung des IPRG auf den Zivilstand, ZZW 1994 S. 137), zumal auch im erwähnten Kreisschreiben die Eintragung eines nach Geschlecht veränderlichen Namens nicht als unvereinbar mit dem schweizerischen Namensrecht erachtet wird (ZZW 1989 S. 289, Beispiel 24). Zum anderen ist es mit dem Gleichberechti gungsprinzip ebenso wenig vereinbar, wenn ein nach Geschlecht veränderlicher Name in seiner weiblichen Form in das schweizerische Zivilstandsregister zwar eingetragen wird, dieser Name aber ohne Anpassung auf ein Kind männlichen Geschlechts übertragen wird (BUCHER, L'enfant en droit international privé, Genf 2003, S. 245 Anm. 807). Sodann hat das Bundesgericht bereits in jenem ![]() | 15 |
3.2.3 Vor diesem Hintergrund ist mit dem Gebot einer verfassungskonformen Auslegung von Art. 24 Abs. 1 ZStV (Art. 43 Abs. 1 aZStV) nicht vereinbar, wenn das Obergericht zur Auffassung gelangt ist, die Veränderung des Namens "Dzieglewska" nach Geschlecht bei seiner Übertragung auf eine männliche Person könne nicht mehr beachtet werden, weil auf den eingetragenen Namen schweizerisches Recht anwendbar ist. Der Nam ![]() | 16 |
3.3 Der Beschwerdeführer verlangt schliesslich die Anweisung, dass die Berichtigung allen registerführenden Behörden anzuzeigen sei. Dieser Antrag ist überflüssig (abgesehen davon, dass es an einem persönlichen Rechtsschutzinteresse fehlen dürfte), da die kantonale Aufsichtsbehörde auf Grund der Mitteilung dieses Urteils dafür zu sorgen hat, dass die erforderlichen zusätzlichen Mitteilungen erlassen werden (Art. 22 Abs. 3 ZStV; Art. 133a aZStV).
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