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44. Auszug aus dem Urteil der II. Zivilabteilung i.S. X. gegen Y. und Z. (Berufung) |
5C.182/2004 vom 22. Februar 2005 | |
Regeste |
Übergangsrechtliche Behandlung der Anfechtungsklagen gemäss SchKG. | |
Sachverhalt | |
1 | |
B. Gemäss Scheidungsurteil vom 21. Oktober 1982 verpflichtete sich W. im Rahmen der güterrechtlichen Auseinandersetzung, X. die auf ihrer Liegenschaft lastende Hypothekarschuld von Fr. 200'000.- spätestens binnen 15 Jahren seit Rechtskraft des Scheidungsurteils abzulösen.
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Nachdem die Ablösung nicht erfolgt war, leitete X. die Betreibung ein. Die am 2. Dezember 1998 vollzogene Pfändung bei W. ergab kein pfändbares Vermögen, so dass am 8. Dezember 1998 ein Pfändungsverlustschein über Fr. 215'015.05 ausgestellt wurde.
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C. Da W. am 2. Juni 1994 sein Einfamilienhaus an Y. und Z. (je zu hälftigem Miteigentum) übertragen hatte, erhob X. am 2. Juni 2000 gegen diese eine Anfechtungsklage gemäss Art. 288 SchKG.
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Das Bezirksgericht Bülach hiess die Klage gut und verpflichtete Y. und Z. zur Bezahlung von Fr. 215'015.05. Dagegen wies das Obergericht des Kantons Zürich die Klage wegen Verjährung bzw. Verwirkung des Klageanspruches ab.
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D. Gegen dieses Urteil hat X. am 27. August 2004 Berufung erhoben. Das Bundesgericht heisst diese gut und weist die Sache zur materiellen Beurteilung an das Obergericht zurück.
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Aus den Erwägungen: | |
1. Das Obergericht hat auf Art. 2 Abs. 2 SchlBest. SchKG verwiesen, wonach für die Länge von Fristen, die vor dem Inkrafttreten des revidierten SchKG zu laufen begonnen haben, das frühere Recht gilt, und erwogen, mit dem Gewähren der zweijährigen Verwirkungsfrist gemäss Art. 292 SchKG, laufend ab Zustellung des Verlustscheines, würde die altrechtliche fünfjährige Verjährungsfrist von Art. 292 aSchKG, deren Gesamtdauer zu beachten sei, verlängert, was im Widerspruch zu Art. 2 Abs. 2 SchlBest. SchKG stünde. Sodann hat das Obergericht auf die bundesgerichtliche Rechtsprechung verwiesen, wonach die altrechtliche Fünfjahresfrist bis zur Ausstellung des Pfändungsverlustscheines bzw. ![]() | 7 |
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Die Beklagten stellen sich demgegenüber auf den Standpunkt, es gehe gar nicht um die Übergangsbestimmung von Art. 2 Abs. 1, sondern um diejenige von Art. 2 Abs. 2 SchlBest. SchKG, wonach für die Länge von Fristen, die vor dem Inkrafttreten des revidierten SchKG zu laufen begonnen haben, das frühere Recht gilt. Die Anfechtungsfrist sei demnach fünf Jahre nach der anfechtbaren Handlung, d.h. am 2. Juni 1999 und somit lange vor der Klageanhebung abgelaufen. Nichts anderes ergebe sich, wenn man auf die Lehrmeinung abstelle, wonach die neue zweijährige Verwirkungsfrist von Art. 292 SchKG einheitlich am 1. Januar 1997 zu laufen beginne.
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Nach Art. 288 dieses Gesetzes sind alle Rechtshandlungen anfechtbar, welche der Schuldner innerhalb der letzten fünf Jahre vor der Pfändung in der dem andern Teil erkennbaren Absicht vorgenommen hat, seine Gläubiger zu benachteiligen. Gemäss Art. 292 Ziff. 1 SchKG verwirkt das betreffende Anfechtungsrecht nach Ablauf von zwei Jahren seit Zustellung des Pfändungsverlustscheines.
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In übergangsrechtlicher Hinsicht bestimmt Art. 2 Abs. 1 SchlBest. SchKG, dass die Verfahrensvorschriften des revidierten Gesetzes ![]() | 12 |
Rechtshandlungen, welche der Schuldner in der dem andern Teil erkennbaren Absicht vorgenommen hat, seine Gläubiger zu benachteiligen, waren nach Art. 288 aSchKG ohne Rücksicht auf den Zeitpunkt ihrer Vornahme anfechtbar. Die Anfechtungsklage "verjährte" jedoch gemäss Art. 292 aSchKG durch Ablauf von fünf Jahren seit der anfechtbaren Rechtshandlung. Nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung war diese Frist bis zur Ausstellung des Pfändungsverlustscheines Verwirkungs- und anschliessend Verjährungsfrist (BGE 99 III 82).
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Kontrovers wird hingegen die Bedeutung von Art. 2 Abs. 2 SchlBest. SchKG diskutiert. Während ein Teil der Lehre dafür plädiert, dass sich die Dauer und Rechtsnatur von laufenden Fristen nach dem alten Recht richte (BAUER, in: Kommentar zum SchKG, Basel 1998, N. 7 zu Art. 292 SchKG; STAEHELIN, a.a.O., N. 5 zu Art. 2 SchlBest. SchKG; STAEHELIN/HENTZ, Die Anfechtungsklagen, BlSchK 1997 S. 93), hält ein anderer Teil dafür, dass für alle laufenden Fünfjahresfristen nach Art. 292 aSchKG ab 1. Januar 1997 einheitlich die zweijährige Verwirkungsfrist von Art. 292 SchKG zu laufen beginne (LORANDI/SCHWANDER, a.a.O., S. 1468). Für die Verdachtsperioden von Art. 286 und 287 SchKG wird schliesslich auch die Meinung vertreten, dass es sich um "Rückwärtsfristen" handle und deshalb übergangsrechtlich darauf abzustellen sei, ob die Pfändung bzw. die Konkurseröffnung vor oder nach dem 1. Januar 1997 stattgefunden habe (JAEGER/WALDER/KULL/ KOTTMANN, a.a.O., N. 16 zu Art. 2 SchlBest. SchKG).
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Bei den Verdachtsperioden (période suspecte) von Art. 286-288 SchKG handelt es sich nicht um Fristen, die gewissermassen durch die anfechtbare Handlung ausgelöst werden, sondern um eine zeitliche Begrenzung in die Vergangenheit in dem Sinn, dass Handlungen, die länger als die vom Gesetz genannte Zeit vor dem als massgeblich erklärten Zeitpunkt zurückliegen, nicht mehr anfechtbar sein sollen. Als massgeblichen Zeitpunkt nennen Art. 286- 288 SchKG die Pfändung bzw. Konkurseröffnung, was der bundesgerichtlichen Rechtsprechung zum alten Recht entspricht (BGE 108 II 516 E. 3 S. 522). In diesem Sinn überzeugt die vorerwähnte Ansicht von JAEGER/WALDER/KULL/KOTTMANN, wonach bei den Verdachtsperioden von Art. 286 und 287 SchKG übergangsrechtlich darauf abzustellen ist, ob die Pfändung bzw. die Konkurseröffnung vor oder nach dem 1. Januar 1997 stattgefunden hat; dies gilt aufgrund der analogen Formulierung für die fünfjährige Verdachtsperiode von Art. 288 SchKG nicht weniger als für die einjährigen Perioden gemäss Art. 286 und 287 SchKG. Weil demnach nicht eine im eigentlichen Sinn laufende Frist zur Diskussion steht, sondern auf einen Zeitpunkt abzustellen ist, der unter der Herrschaft des neuen Rechts steht (Pfändung am 2. Dezember 1998), liegt letztlich gar kein übergangsrechtliches Problem vor.
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Nur der Vollständigkeit halber sei erwähnt, dass sich bei der gegenteiligen Auffassung rechtsdogmatisch kaum lösbare übergangsrechtliche Probleme stellen würden: Nach der Botschaft gilt für die Einhaltung, Berechnung, Änderung und Wiederherstellung von Fristen das neue Recht (BBl 1991 III 197). Zwar sind damit in erster Linie die Art. 31 ff. SchKG gemeint. Für die Berechnung der Anfechtungsfrist müsste jedoch von der Sache her auch der neu eingefügte Art. 288a SchKG beachtet werden, nach dessen Ziff. 4 die Dauer der vorausgegangenen Betreibung bei der Verdachtsperiode nicht mitzuzählen wäre. Dies liesse sich aber kaum mit dem Umstand in Einklang bringen, dass die Anfechtungsklage ![]() | 18 |
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Gemäss der Grundsatznorm von Art. 1 SchlT ZGB ist die rechtliche Wirkung von Tatsachen bzw. Handlungen, die vor dem Inkrafttreten einer Gesetzesrevision eingetreten resp. vorgenommen worden sind, nach demjenigen Recht zu beurteilen, das zur Zeit des Eintritts dieser Tatsachen bzw. der Vornahme dieser Handlungen gegolten hat. Demgegenüber sehen Art. 2-4 SchlT ZGB verschiedene Ausnahmen vom Grundsatz der Nichtrückwirkung vor. So finden nach Art. 2 Abs. 1 SchlT ZGB die um der öffentlichen Ordnung und Sittlichkeit willen aufgestellten Normen eines neuen Gesetzes auf alle Tatsachen Anwendung. Sodann sind gemäss Art. 3 SchlT ZGB Rechtsverhältnisse, deren Inhalt unabhängig vom Willen der Beteiligten durch das Gesetz umschrieben wird, nach dem neuen Recht zu beurteilen, auch wenn sie vor diesem Zeitpunkt begründet worden sind. Nach Art. 4 SchlT ZGB stehen schliesslich alle Tatsachen, die zwar unter der Herrschaft des alten Rechts eingetreten sind, durch die aber zur Zeit des Inkrafttretens des neuen Rechts kein rechtlich geschützter Anspruch begründet worden war, in Bezug auf ihre Wirkung unter dem neuen Recht.
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Art. 1 SchlT ZGB zielt auf den Schutz wohlerworbener Rechte (vgl. TUOR/SCHNYDER/SCHMID, Das schweizerische Zivilgesetzbuch, 12. Aufl., Zürich 2002, S. 1074). Vorliegend geht es jedoch nicht um Tatsachen bzw. Handlungen, die vor Inkrafttreten des ![]() | 21 |
Soweit vorliegend Fristen zur Diskussion stehen, kommt nach dem Gesagten nicht das allgemeine Rückwirkungsverbot von Art. 1 SchlT ZGB zu Tragen, sondern ist gemäss Art. 3 und 4 SchlT ZGB das neue Recht anwendbar, weshalb dem Resultat von E. 5, wonach bei den Verdachtsperioden der Art. 286-288 SchKG in übergangsrechtlicher Hinsicht nicht auf den Zeitpunkt der Vornahme der anfechtbaren Handlung, sondern auf denjenigen der Pfändung bzw. Konkurseröffnung abzustellen ist, vor dem Hintergrund der intertemporalrechtlichen Bestimmungen des SchlT ZGB nichts entgegensteht.
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7. Zusammenfassend ergibt sich, dass auf den vorliegenden Fall die seit 1. Januar 1997 gültigen Normen des SchKG anwendbar sind. Es ist unbestritten, dass diesfalls sowohl die fünfjährige Verdachtsperiode von Art. 288 SchKG als auch die zweijährige Verwirkungsfrist von Art. 292 SchKG eingehalten ist (anfechtbare Handlung am 2. Juni 1994 und Pfändung am 2. Dezember 1998 ![]() | 23 |
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