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82. Auszug aus dem Urteil der I. Zivilabteilung i.S. X. AG gegen A. und B. (Berufung) |
4C.25/2005 vom 15. August 2005 | |
Regeste |
Aktienrecht; Statutenzwang für Gründervorteile; Teilnichtigkeit; Art. 628 Abs. 3 OR bzw. aOR; Art. 627 Ziff. 9 und Art. 20 Abs. 2 OR. | |
Sachverhalt | |
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Die X. AG erfüllte die Lohn- und Rentenansprüche bis zum 31. Dezember 1996, wobei sie nach dem Tod von C. seiner Ehefrau A. (Beklagte 1) die Witwenrente sowie B. (Beklagter 2) und E. (Beklagter 3) nach ihrer Aufgabe der aktiven Tätigkeit die Altersrente ausrichtete. Mit Schreiben vom 2. Dezember 1996 teilte die X. AG A., B. und E. mit, dass sie die Rentenzahlungen gestützt auf einen einstimmigen Verwaltungsratsbeschluss vom 18. November 1996 ab 1. Januar 1997 vollumfänglich einstellen werde.
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B. A., B. und E. setzten die ausstehenden Renten für die Zeit von Januar 1997 bis Oktober 2000 gestaffelt in Betreibung, wobei der Rechtsvorschlag der X. AG jeweils durch provisorische Rechtsöffnung beseitigt wurde. Die X. AG erhob darauf am 8. Juni 1999, 28. Juni 2000 und 9. Oktober 2002 Aberkennungsklage beim Amtsgericht Luzern-Stadt. Dieses vereinigte die drei Verfahren mit Verfügungen vom 7. Juli 2000 und 11. Oktober 2002. Die von A. eingeleiteten Betreibungen beliefen sich auf insgesamt Fr. 291'309.60, jene von B. auf Fr. 332'917.60 und jene von E. auf Fr. 237'966.-, je zuzüglich Zins. In den Aberkennungsklagen verlangte die Klägerin jeweils die Feststellung, dass die in Betreibung gesetzten Forderungen nicht bestehen, während die Beklagten die Abweisung der Klagen beantragten.
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Mit Urteil vom 13. Juni 2003 stellte das Amtsgericht Luzern-Stadt fest, dass die Forderung der Beklagten 1 gegenüber der Klägerin im Betrag von insgesamt Fr. 116'637.40 nebst Zins bestehe. In diesem ![]() | 4 |
Gegen das Urteil des Amtsgerichts reichten sowohl die Beklagten wie die Klägerin beim Obergericht des Kantons Luzern Appellation ein. Die Beklagten verlangten die vollumfängliche Abweisung der Aberkennungsklagen, während die Klägerin deren vollständige Gutheissung beantragte. Am 5. Dezember 2003 schrieb das Obergericht die zwischen der Klägerin und dem Beklagten 3 laufende Aberkennungsklage infolge Vergleichs als erledigt ab. Mit Urteil vom 6. Dezember 2004 bestätigte darauf das Obergericht (I. Kammer) das amtsgerichtliche Urteil bezüglich der Forderungen der Beklagten 1 und 2.
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Das Bundesgericht weist die von der Klägerin gegen das Urteil des Obergerichts erhobene Berufung ab.
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Aus den Erwägungen: | |
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(...)
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2.2 Das schweizerische Aktienrecht lässt zu, dass bei der Gründung der Gesellschaft den Gründern oder anderen Personen besondere Vorteile eingeräumt werden, für welche die Gesellschaft aufzukommen hat. Solche Vorteile vermögensrechtlicher Art, welche ![]() | 9 |
Kein besonderer Vorteil im Sinne von Art. 628 Abs. 3 aOR liegt vor, wenn eine von der Gesellschaft erbrachte Leistung ein Entgelt darstellt für eine ihr nach der Gründung zufliessende Leistung. Dies ergibt sich bereits aus dem vom Gesetz verwendeten Begriff des Vorteils, der eine Begünstigung voraussetzt (FORSTMOSER, a.a.O., § 10 N. 93). Liegt ein gemischtes Geschäft vor, welches bereits im Gründungsstadium abgeschlossen wird, so stellt nur der unentgeltliche Teil einen besonderen Vorteil dar und untersteht nur dieser den dafür geltenden Vorschriften. Eine solche Spaltung gemischter Geschäfte findet sich auch in anderen Bereichen der Rechtsordnung (z.B. erbrechtliche Ausgleichung).
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Was die Klägerin für die Begründung einer vollständigen Nichtigkeit vorbringt, ist nicht stichhaltig. Keine der von ihr zitierten Literaturstellen befasst sich mit der Situation, wo die von der Gesellschaft zu erbringenden Leistungen teils ein normales Entgelt für Gegenleistungen ist und nur der andere Teil einen besonderen Vorteil im Sinne von Art. 628 Abs. 3 aOR darstellt. Demgegenüber bejaht FORSTMOSER im Gutachten, welches die Klägerin eingeholt hat und auf welches sie sich bei ihrer Aberkennungsklage vor ![]() | 11 |
Unbehelflich ist auch der Hinweis der Klägerin auf die im neuen Aktienrecht eingeführte Formvorschrift für Sacheinlagen, da hier ein dem alten Recht unterstehender Gründervorteil zu beurteilen ist. Für die Vereinbarung zwischen der Gesellschaft und dem Begünstigten zur Begründung solcher Vorteile verlangte das alte Recht keine besondere Form, sondern es stellte dafür nur besondere Publizitätserfordernisse (Erwähnung in den Statuten, Handelsregistereintrag) auf. Das Obergericht ist somit zu Recht davon ausgegangen, dass die Rechtsfolge der Nichteinhaltung der Publizitätserfordernisse in einer blossen Teilnichtigkeit bestehen kann.
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