![]() ![]() | |||
| |||
Bearbeitung, zuletzt am 15.03.2020, durch: DFR-Server (automatisch) | |||
![]() | ![]() |
31. Auszug aus dem Urteil der II. Zivilabteilung i.S. X. gegen Y. Versicherung (Berufung) |
5C.168/2005 vom 23. Januar 2006 | |
Regeste |
Vertragsänderung und Neuabschluss beim Versicherungsvertrag. | |
Sachverhalt | |
![]() | 1 |
Im Jahr 1995 wurden unter Beibehaltung der versicherten Ereignisse die Versicherungssummen erhöht. 1996 wurde die Versicherung bei gleichbleibenden Summen auf das Ereignis des Unfalltodes ausgeweitet. In diesem Zusammenhang füllte X. wiederum einen Fragenkatalog aus, wobei sich die Fragen zum Gesundheitszustand auf die letzten zehn Jahre beschränkten. Im Rahmen der erweiterten Versicherungsdeckung wurden 1998 wiederum die Versicherungssummen erhöht. Die Versicherungsverträge wurden stets unter der gleichen Nummer geführt.
| 2 |
B. Nachdem X. invalid geworden war, trat die Y. Versicherung am 10. Oktober 2003 vom Vertrag zurück, indem sie sich auf Art. 6 ![]() | 3 |
C. Mit Klage vom 7. Juli 2004 stellte X. die Begehren, der von der Y. Versicherung erklärte Rücktritt sei für ungültig und diese für pflichtig zu erklären, ihr die geschuldeten Leistungen auszurichten.
| 4 |
Mit Urteil vom 25. April 2005 wies das Handelsgericht des Kantons Aargau die Klage ab.
| 5 |
D. Gegen dieses Urteil hat X. am 27. Juni 2005 Berufung eingereicht mit dem Begehren um Gutheissung der Klage. In ihrer Antwort vom 23. September 2005 hat die Y. Versicherung auf Abweisung der Berufung geschlossen.
| 6 |
Das Bundesgericht heisst die Berufung gut und hebt das angefochtene Urteil auf.
| 7 |
Aus den Erwägungen: | |
8 | |
2.1 Die Abgrenzung zwischen Abschluss eines neuen Versicherungsvertrages und blosser Änderung des bestehenden Vertrages kann im Einzelfall schwierig sein. Um einen Neuabschluss handelt es sich regelmässig, wenn der Vertragsgegenstand wesentliche Änderungen erfahren hat, namentlich wenn die versicherten Risiken ausgedehnt worden sind (vgl. STOESSEL, in: Basler Kommentar, Bundesgesetz über den Versicherungsvertrag, N. 12 zu Art. 2 VVG; CARRÉ, Loi fédérale sur le contrat d'assurance, Lausanne 2000, S. 117). Desgleichen deutet die Änderung der Laufzeit der Versicherung auf einen neuen Vertrag hin (PRÖLSS/MARTIN, Versicherungsvertragsgesetz, 27. Aufl., München 2004, N. 7 zu § 3 deutsches VVG; vgl. auch MAURER, Schweizerisches Privatversicherungsrecht, 3. Aufl., Bern ![]() | 9 |
Umstritten ist die Einordnung der sog. Nachversicherung: Sie fällt kraft ausdrücklicher Gesetzesbestimmung (Art. 2 Abs. 3 VVG) nicht unter Art. 2 VVG; vielmehr kommt hier Art. 1 VVG zur Anwendung (STOESSEL, a.a.O., N. 16 zu Art. 2 VVG). Während ein Teil der Lehre deshalb einen neuen Vertrag annimmt (ROELLI, Kommentar zum VVG, Bd. I, Bern 1914, S. 44), geht ein anderer Teil dennoch von einer blossen Vertragsänderung aus mit der Begründung, der Parteiwille sei nicht auf einen Neuabschluss gerichtet (ROELLI/KELLER/ TÄNNLER, Kommentar zum VVG, Bd. I, Bern 1968, S. 58). Wie es sich mit den beiden Nachversicherungen aus den Jahren 1995 und 1998 verhält, kann vorliegend offen gelassen werden, weil die Klage ohnehin aus einem anderen Grund gutzuheissen ist (nachfolgend E. 2.2).
| 10 |
11 | |
![]() | 12 |
Kein anderes Resultat ergäbe sich im Übrigen, wenn man die aktenkundigen Erklärungen der Beklagten nicht nach dem Vertrauensprinzip als Willensäusserung zum Neuabschluss interpretieren, sondern die Auffassung vertreten würde, dass sich diese in guten Treuen verschieden, d.h. auch als Willenskundgabe zur blossen Vertragsänderung verstehen lassen: Diesfalls würde der Grundsatz in dubio contra stipulatorem greifen und die Beklagte müsste sich die für sie ungünstige Auslegungsvariante entgegenhalten lassen (BGE 122 III 118 E. 2a S. 121; BGE 124 III 155 E. 1b S. 158 f.); sie hätte es denn auch in der Hand gehabt, ihren angeblichen Willen zur blossen Vertragsänderung durch entsprechende Formulierungen gegen aussen unzweideutig zu bekunden.
| 13 |
2.3 Haben die Parteien nach dem Gesagten am 6. Februar 1996 einen neuen Versicherungsvertrag geschlossen, so ist die Risikodeklaration aus dem Jahr 1992 hierfür nicht von Belang; relevant ist allein diejenige vom 29. Januar 1996, bei welcher die Beklagte lediglich für die letzten zehn Jahre Auskunft verlangte. Entsprechend kann es der Klägerin nicht zum Nachteil gereichen, wenn sie die Hospitalisation im Jahr 1977 nicht erwähnt hat.
| 14 |
© 1994-2020 Das Fallrecht (DFR). |