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39. Auszug aus dem Urteil der I. Zivilabteilung i.S. X. gegen Y. Versicherungs-Gesellschaft (Berufung) |
4C.277/2005 vom 17. Januar 2006 | |
Regeste |
Schadensberechnung bei Invalidität; Überentschädigungsverbot; Anrechnung von schadensausgleichenden Leistungen Dritter; Haushaltschaden (Art. 42 Abs. 2, Art. 46 Abs. 1 und Art. 51 Abs. 2 OR; Art. 34 Abs. 2 BVG und Art. 26 BVV 2 in den bis zum 31. Dezember 2004 geltenden Fassungen). |
Berücksichtigung einer Reallohnerhöhung bei der Berechnung des künftigen Haushaltschadens (E. 3). | |
Sachverhalt | |
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Die Klägerin klagte am 25. Februar 2002 beim Kantonsgericht Zug gegen die Y. Versicherungs-Gesellschaft (Beklagte), die Haftpflichtversicherung von A.
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Am 28. Juni 2005 verurteilte das Obergericht des Kantons Zug die Beklagte in zweiter Instanz, der Klägerin Fr. 665'814.- zuzüglich Zinsen zu bezahlen. Weiter verpflichtete es die Beklagte, der Klägerin ab 1. Juli 2005 bis 31. Juli 2016 eine monatliche, indexierte Rente von Fr. 1'665.- zu bezahlen.
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Die Klägerin beantragt mit eidgenössischer Berufung, die Beklagte zu verpflichten, ihr den Betrag von Fr. 774'144.- zuzüglich Zinsen zu bezahlen. Zudem sei die Beklagte zu verurteilen, ihr ab 1. Juli 2005 bis 31. Juli 2016 eine monatliche, indexierte Rente von Fr. 2'059.- zu bezahlen.
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Die Beklagte schliesst auf Abweisung der Berufung. Das Bundesgericht heisst die Berufung teilweise gut.
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Aus den Erwägungen: | |
1. Die Vorinstanz ging davon aus, dass der Unfall eine vollständige Erwerbsunfähigkeit und eine 50%-ige Einschränkung der Klägerin bei der Haushaltstätigkeit zur Folge gehabt hat. Dies und die grundsätzliche Haftbarkeit der Beklagten für den von der Klägerin ![]() | 6 |
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2.2.1 Die Körperverletzung gibt der Klägerin Anspruch auf Ersatz der Kosten sowie auf Entschädigung für die Nachteile gänzlicher oder teilweiser Arbeitsunfähigkeit, unter Berücksichtigung der Erschwerung des wirtschaftlichen Fortkommens (Art. 46 Abs. 1 OR i.V.m. Art. 62 Abs. 1 SVG). Zu ersetzen ist der erlittene Schaden. Das im Haftpflichtrecht als allgemeines Prinzip anerkannte Bereicherungsverbot schliesst es aus, dem Geschädigten eine Entschädigung zuzugestehen, die den durch das schädigende Ereignis erlittenen Schaden übersteigt (BGE 131 III 12 E. 7.1, BGE 129 III 360 E. 6.1; BGE 129 III 135 E. 2.2 S. 143 oben). Dieser Schaden entspricht der ungewollten Verminderung des Reinvermögens. Er kann in einer Verminderung ![]() | 10 |
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Wie die Klägerin zutreffend vorbringt, ist die neue Vorschrift von Art. 34b BVG indessen nach allgemeinen übergangsrechtlichen Prinzipien auf Fälle, die auf ein schädigendes Ereignis vor dem 1. Januar 2005 zurückgehen, nicht anwendbar (PETER BECK, Die Regressbestimmungen der 1. BVG-Revision, Haftung und Versicherung [HAVE] 4/2004 S. 335; derselbe, die Regressbestimmungen des ATSG, in: Schaffhauser/Kieser [Hrsg.], Bundesgesetz über den Allgemeinen Teil des Sozialversicherungsrechts, Schriftenreihe des Instituts für Rechtswissenschaft und Rechtspraxis HSG, St. Gallen 2003, S. 149 f.; vgl. auch BGE 131 III 360 E. 7.1; BGE 129 V 396 E. 1.1). Vorliegend ist somit zu prüfen, wie es sich mit der Möglichkeit des Regresses der Pensionskasse nach altem Recht verhält.
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2.3.2 Beim Erlass der ursprünglichen Fassung des BVG hatte der Gesetzgeber im Hinblick auf die Koordination von Haftpflichtansprüchen mit Leistungen von Personalvorsorgeeinrichtungen lediglich bestimmt, dass der Bundesrat Vorschriften zur Verhinderung ungerechtfertigter Vorteile des Versicherten oder seiner Hinterlassenen beim Zusammentreffen mehrerer Leistungen erlässt (Art. 34 Abs. 2 Satz 1 aBVG; im Zusammenhang mit der Einführung des ATSG [SR 830.1] per 1. Januar 2003 unverändert in Art. 34a Abs. 1 BVG übernommen). Gestützt darauf hat der Bundesrat Art. 26 der Verordnung vom 18. April 1984 über die berufliche Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenvorsorge (BVV 2; SR 831.441.1) erlassen, der inzwischen mit Verordnung vom 18. August 2004, in Kraft seit 1. Januar 2005 aufgehoben wurde. Danach konnte die Vorsorgeeinrichtung in ihrem Reglement bestimmen, dass der Anwärter auf eine ![]() | 15 |
2.3.2.1 Die Klägerin macht unter Berufung auf die Lehrmeinung von STEFAN HOFER geltend, die Leistungen der Vorsorgeeinrichtung seien ihr nicht anzurechnen, da deren Reglement keine entsprechende Abtretungsverpflichtung enthalte (STEFAN HOFER, Pensionskassenregress, in: Personen-Schaden-Forum 2002, Verein Haftung und Versicherung [HAVE, Hrsg.], Zürich 2002, S. 93 ff.; derselbe, Haftpflichtanspruch und Pensionskassenregress, SZS 2001 S. 125 ff.; in gleichem Sinn auch PETER STEIN, Vorteilsanrechnung, insbesondere bei Versicherungsleistungen, SVZ 54/1986 S. 275). Ohne Forderungsabtretung könne die Vorsorgeeinrichtung nicht regressieren. Art. 34 Abs. 2 aBVG enthalte entgegen anderer Lehrmeinung kein allgemeines Überentschädigungsverbot. Der Gesetzgeber habe ungerechtfertigte Vorteile zwar schon damals vermeiden wollen, die konkrete Ausgestaltung der entsprechenden Koordinationsvorschriften in Art. 34 Abs. 2 aBVG aber dem Bundesrat überlassen. Wenn der Bundesrat nun die Kann-Vorschrift des Art. 26 aBVV 2 gewählt habe, so habe er dem früher allseits anerkannten paternalen Gedanken im Bereiche der beruflichen Vorsorge wenigstens noch in einem kleinen Teilbereich Rechnung getragen und es der Pensionskasse überlassen, ob sie dem invalid gewordenen Arbeitnehmer die ihm zugeflossene Invalidenrente aus der obligatorischen BVG-Versicherung zum freien Gebrauch überlassen oder durch einen Regress auf den haftpflichtigen Dritten bzw. seine Versicherung praktisch wieder wegnehmen wolle.
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2.3.2.2 Damit wendet sich die Klägerin gegen die in BGE 115 II 24 begründete Rechtsprechung. Danach sind die Pensionskassen des privaten und des kantonalen öffentlichen Rechts der Rückgriffsordnung von Art. 51 Abs. 2 OR unterstellt, in deren Rahmen sie auch dann auf den haftpflichtigen Dritten Regress nehmen können, wenn der Geschädigte ihnen seine Ansprüche gegen jenen nicht abgetreten hat. Die Pensionskassen sind dabei als aus Vertrag haftende Personen im Sinne von Art. 51 Abs. 2 OR zu betrachten, was zur Folge hat, dass sie in der Regel über keinen "integralen Regress" verfügen; sie können nur gegenüber aus Verschulden Haftenden voll Regress nehmen, während ein Rückgriff gegen Kausalhaftpflichtige, die bloss aufgrund einer Gesetzesvorschrift, ohne Verschulden haften, ausgeschlossen ist (BGE 115 II 24 E. 2b/c und 3; vgl. auch BGE 116 II 649). ![]() | 17 |
Das Bundesgericht hielt in seinem auf die damalige herrschende Lehre gestützten Urteil (vgl. die Hinweise in E. 2b des zitierten Urteils sowie bei RUMO-JUNGO, a.a.O., ZBJV 138/2002 S. 437 Fn. 21) weiter fest, dass von der in Art. 51 Abs. 2 OR vorgesehenen Regressordnung nicht abgewichen werden könne, weshalb (gar) jede Abtretung der Ansprüche des Geschädigten an einen Haftpflichtigen unwirksam sei. An diesen Grundsätzen vermöge die Vorschrift von Art. 26 aBVV 2 nichts zu ändern, zumal diese einzig auf Art. 34 Abs. 2 aBVG beruhe, der den Bundesrat ermächtige, Vorschriften zu erlassen, die verhindern sollen, dass beim Zusammentreffen mehrerer Leistungen dem Versicherten oder seinen Hinterbliebenen ungerechtfertigte Vorteile erwüchsen. Die Anwendung von Art. 51 Abs. 2 OR und die Unwirksamkeit von Abtretungen in bestimmten Konstellationen vermöchten dem Versicherten aber schon an sich keine ungerechtfertigten Vorteile zuzuweisen (BGE 115 II 24 E. 2b).
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2.3.2.3 Diese Rechtsprechung ist in der Lehre auf Kritik gestossen, die sich im Wesentlichen wie folgt zusammenfassen lässt:
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Zum einen wird die strenge Handhabung der Stufenordnung von Art. 51 Abs. 2 OR in diesem Zusammenhang kritisiert und unter Hinweis auf die Entstehungsgeschichte der Norm und deren Wortlaut ("in der Regel") postuliert, dass Art. 51 Abs. 2 OR als Anleitung zu einer quotenmässigen Verteilung des Schadens auf die verschiedenen Schadensverursacher zu verstehen sei, was einen Rückgriff auf Kausalhaftpflichtige nach Massgabe der von diesen zu vertretenden Umständen nicht ausschliessen würde (RUMO-JUNGO, ![]() | 20 |
Zum anderen betrifft die Kritik die Anwendung der Regressordnung in Art. 51 Abs. 2 OR auf die Versicherungen überhaupt bzw. namentlich die Einordnung der Schadensversicherer (inklusive Vorsorgeeinrichtungen) in die Stufe der aus Vertrag Haftenden im Sinne dieser Bestimmung (RUMO-JUNGO, a.a.O., ZBJV 138/2002 S. 442 ff. mit zahlreichen Hinweisen; dieselbe, Haftpflicht und Sozialversicherung, a.a.O., Rz. 1078 ff.). Insbesondere wird insoweit argumentiert, dass die Versicherung in einem (privatrechtlichen) Versicherungsvertrag die Deckung des Schadens für den Fall der Verwirklichung des versicherten Risikos verspreche, die Schadensdeckung mithin gerade in Erfüllung des Vertrages erfolge. Sie stelle die (primäre vertragliche) Leistung und nicht (sekundären) Schadenersatz aus der Nicht- oder Schlechterfüllung des Vertrages dar. Würden die Versicherungen mit den aus Vertrag Haftenden gleichgesetzt, trügen letztlich immer die aus Verschulden Haftenden den Schaden und profitierten die kausal Haftenden vom Vorliegen einer Versicherung, für die der Geschädigte Prämien entrichtet habe, was stossend sei und der heutigen Bedeutung der Kausalhaftungen nicht entspreche. Bei Pensionskassen, deren Leistungen nicht auf privatrechtlichem Vertrag, sondern auf Gesetzespflicht beruhe, gehe es erst recht nicht an, eine Haftung aus Vertrag zu konstruieren. Insoweit hätte sich - wenn schon - eher eine Gleichstellung mit den Kausalhaftpflichtigen aufgedrängt (gleicher Meinung auch: ISABELLE VETTER-SCHREIBER, Der steinige Weg des Pensionskassenregresses, in: Schaffhauser/Stauffer [Hrsg.], Berufliche Vorsorge 2002, Schriftenreihe des Instituts für Rechtswissenschaft und Rechtspraxis HSG, St. Gallen 2002, S. 207 f.; HOFER, a.a.O., Personen-Schaden-Forum 2002 S. 94; derselbe, a.a.O., SZS 2001 S. 127 f.; vgl. auch BECK, a.a.O., SVZ 60/1992 S. 184 f.; ROLAND SCHAER, "Hard cases make bad law" oder ![]() | 21 |
2.3.2.4 Der von der Klägerin angerufene Autor, HOFER (a.a.O., Personen-Schaden-Forum 2002 S. 95 ff.; a.a.O., SZS 2001 S. 128 ff.) verneint unter Anschluss an diese Kritik die Massgeblichkeit der Rückgriffsordnung von Art. 51 Abs. 2 OR für den Pensionskassenregress. Er will einen Rückgriff der Pensionskasse auf den haftpflichtigen Dritten bzw. auf dessen Versicherer nur zulassen, soweit der Geschädigte der Pensionskasse seine Rechte gegenüber dem haftpflichtigen Dritten abgetreten hat bzw. dazu aufgrund einer Bestimmung im Pensionskassenreglement im Sinne von Art. 26 aBVV 2 verpflichtet ist. Diese Norm enthalte eine abschliessende sozialversicherungsrechtliche Regelung des Regresses der Pensionskassen gegen haftpflichtige Dritte. Wenn die Personalvorsorgeeinrichtung auf die Abtretung der Haftpflichtansprüche verzichte, solle dieser Verzicht dem geschädigten Versicherten, dem Unfallopfer, zugute kommen. Art. 34 Abs. 2 aBVG, wie das Sozialversicherungsrecht überhaupt, enthalte kein allgemeines Überentschädigungsverbot. Diese Bestimmung sage lediglich, dass der Bundesrat Vorschriften erlasse zur Verhinderung ungerechtfertigter Vorteile des Versicherten oder seiner Hinterbliebenen beim Zusammentreffen mehrerer Leistungen. Diesen Auftrag habe der Bundesrat durch den Erlass der Bestimmungen von Art. 24 ff. aBVV 2 erfüllt.
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Dem kann nicht gefolgt werden. Ziel des BVG wie auch des Haftpflichtrechts ist es, dem Geschädigten bzw. dem Versicherten die Fortsetzung seiner bisherigen Lebenshaltung zu ermöglichen (Art. 1 Abs. 2 BVG; BGE 116 V 189 E. 3b; BGE 112 II 87 E. 2b S. 92). Eine Bereicherung soll für ihn dagegen aus dem Schadenereignis nicht resultieren (vgl. dazu BGE 116 V 189 E. 3b und d). Entsprechend ist denn auch Art. 34 Abs. 2 aBVG zu verstehen, was sich überdies eindeutig aus dessen Entstehungsgeschichte ergibt. So war im Vorentwurf zum BVG vom 21. Juni 1974 die Subrogation der Vorsorgeeinrichtungen in sämtliche Haftpflichtansprüche der versicherten Person vorgesehen. Diese Regelung fand zwar keinen Eingang in den Entwurf zum BVG (BBl 1 BGE 976 I 288 ff.; vgl. dazu Vetter-SchreiBER, a.a.O., S. 205). Der Bundesrat führte dazu in der Botschaft zum BVG vom 19. Dezember 1975 (BBl 1 BGE 976 I 149 ff.) aber aus, es wäre befremdend, wenn ein Invalidenrentner in die Lage versetzt würde, seine Lebenshaltung auf einem höheren Niveau fortzuführen, als wenn er noch seine frühere Arbeit fortgesetzt hätte. Auch sei es ![]() | 23 |
Mit der überwiegenden Lehre und Rechtsprechung ist demnach davon auszugehen, dass den Pensionskassen auch nach der vor dem ![]() | 24 |
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Den für die Erledigung des Haushalts erforderlichen Aufwand kann das Sachgericht entweder ausschliesslich gestützt auf statistische Daten festlegen oder konkret ermitteln; stützt es sich auf statistische Daten, kann der Aufwand im Berufungsverfahren als Rechtsfrage überprüft werden, wobei sich das Bundesgericht eine gewisse Zurückhaltung auferlegt (BGE 129 III 135 E. 4.2.1 S. 152). Diese Überprüfungsmöglichkeit besteht auch soweit - wie im vorliegenden Fall - abstrakt, gestützt auf die allgemeine Lebenserfahrung (Art. 42 Abs. 2 OR) zu beurteilen ist, wie weit bei der Berechnung des künftigen Haushaltschadens eine Reallohnerhöhung zu berücksichtigen ist.
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3.2 Bei der Bestimmung des künftigen Haushaltschadens ging die Vorinstanz von einem Haushaltschaden der Klägerin von Fr. 19'627.- für das Jahr 2005 aus, was von der Klägerin nicht beanstandet wird. Bei der entsprechenden Berechnung folgte sie dem erstinstanzlich entscheidenden Kantonsgericht, das hinsichtlich der aufzuwendenden Stundenzahl und des zu veranschlagenden Stundenansatzes einer entgeltlichen Ersatzkraft für die Hausarbeit, welche die Klägerin nicht mehr erbringen kann, auf die im Rahmen der schweizerischen Arbeitskräfteerhebung (SAKE) des Bundesamtes für Statistik ermittelten Werte bzw. auf die darauf ![]() | 28 |
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Die Vorinstanz erwog demgegenüber, SCHAETZLE/WEBER (Kapitalisieren, a.a.O., Rz. 3.459) postulierten, beim künftigen Erwerbsausfall mittel- und längerfristig von einer generellen Reallohnentwicklung von 1 % im Jahresdurchschnitt auszugehen, wobei sie eine generelle Einkommensentwicklung von 1 % (nur) bis Alter 50 vorschlügen. Dies bedeute, dass für die heute 53-jährige Klägerin eine Reallohnerhöhung nicht mehr berücksichtigt werden könne. Der im Jahre 2005 entstandene bzw. entstehende Schaden, der bei einer Arbeitsunfähigkeit von 50 % Fr. 19'627.- betrage, sei entsprechend nach der Aktivitätstafel 10 von STAUFFER/SCHAETZLE mit einem Kapitalisierungszinsfuss von 3.5 % zu kapitalisieren, was einen künftigen Haushaltschaden von Fr. 334'640.- ergebe.
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3.4 Die Klägerin macht dagegen geltend, die Annahme, dass die generelle Reallohnerhöhung nur jüngeren Arbeitnehmern zugute komme, widerspreche sämtlichen ökonomischen Erfahrungen, ergebe sich doch diese generelle Reallohnerhöhung aus dem ![]() | 31 |
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Dennoch ist zur erhobenen Kritik zu bemerken, dass das Bundesgericht seine in BGE 129 III 135 E. 4.2.2.1 begründete Rechtsprechung, wonach die SAKE eine repräsentative Grundlage für die Ermittlung des Zeitaufwandes im Haushalt darstelle, in zwei neueren Entscheiden vorbehaltlos bestätigt hat (BGE 131 III 360 E. 8.2.1; Urteil 4C.222/2004 vom 14. September 2004, E. 5.1; zustimmend: MARC SCHAETZLE, Lehren aus einer komplexen Schadensberechnung, HAVE 1/2005 S. 46; VOLKER PRIBNOW, Nettolohn, Lohnentwicklung ![]() | 35 |
Erwägung 3.7 | |
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Im Urteil 4C.276/2001 vom 26. März 2002, E. 7 (Pra 91/2002 Nr. 212 S. 1127 ff.) verwarf es den Einwand, es sei notorisch, dass die für Hausarbeit bezahlten Löhne keine Reallohnsteigerung erführen; so werde sich der Bedarf an bezahlter Haushalthilfe angesichts des veränderten Rollenverständnisses der Frauen in der Schweiz, die sich vermehrt einer Berufstätigkeit ausserhalb des Hauses zuwendeten, in den nächsten Jahren eher erhöhen, was nach dem Gesetz von Angebot und Nachfrage zu einer Reallohnsteigerung führen dürfte, die bei der Festlegung des Stundenansatzes berücksichtigt werden könne (grundsätzlich zustimmend zur Berücksichtigung einer Reallohnerhöhung, aber hinsichtlich der Höhe des entsprechend ermittelten Stundenansatzes kritisch: MARC SCHAETZLE, Betreuungsschaden, marktgerechte Entlöhnung und ![]() | 37 |
In BGE 131 III 360 E. 8.3 S. 374 bestätigte das Bundesgericht, dass der kantonale Richter befugt ist, den für die Berechnung des Haushaltschadens massgeblichen Stundenansatz etwas zu erhöhen, um zukünftigen Lohnerhöhungen Rechnung zu tragen (zustimmend zur Berücksichtigung einer Reallohnerhöhung, nicht aber zum gewährten Umfang: VOLKER PRIBNOW/MARKUS ZIMMERMANN, Einkommensnachweis, Omnikongruenz und Haushaltsschaden, HAVE 2/2005 S. 146; kritisch: PERGOLIS/DÜRR BRUNNER, a.a.O., S. 203, 206 und 210).
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Hinsichtlich der Frage, ob eine Reallohnerhöhung nur bis zu einem bestimmten Alter, insbesondere bis zum 50. Altersjahr, zu berücksichtigen sei, lässt sich aus dem Urteil vom 26. März 2002 nichts entnehmen. Denn das Bundesgericht folgte darin der Annahme der Vorinstanz, dass die damalige Klägerin nach dem 31. August 2017 - d.h. im Alter von 47 Jahren - in einem Heim Aufnahme finden werde, das auch die gesamte Hausarbeit für sie übernehmen werde, so dass von dann an kein zusätzlicher unfallbedingter Ausfall der Fähigkeit der Klägerin zur Hausarbeit zu ersetzen sei (E. 5 und 7 des zitierten Urteils). Die in BGE 131 III 360 erfolgte Bestätigung des Grundsatzes, dass bei der Berechnung des Haushaltschadens eine Reallohnerhöhung berücksichtigt werden dürfe, ist für die vorliegend zu entscheidende Frage insoweit beachtlich, als die damalige Klägerin im Urteilszeitpunkt der letzten kantonalen Instanz bereits 50-jährig war; immerhin hat das Bundesgericht insoweit keine expliziten Erwägungen angestellt. Es konnte sich im Übrigen darauf beschränken, den von der Vorinstanz angewandten Stundenansatz von Fr. 30.- als im Ermessen des Gerichts liegend zu bezeichnen, weshalb davon nicht abzuweichen sei. Zu einzelnen Berechnungsfaktoren dieses Stundenansatzes hat es sich nicht geäussert.
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3.7.2.1 Die Frage, ob generell, d.h. ohne nach Altersstufen oder Berufen zu differenzieren, angenommen werden darf, dass die ![]() | 41 |
Für die These von SCHAETZLE/WEBER, wonach in Zukunft allgemein von einer Reallohnsteigerung von 1 % im Jahr auszugehen sei, sprechen sich DORN/GEISER/SENTI/SOUSA-POZA aus (DORN/GEISER/SENTI/ SOUSA-POZA, a.a.O., S. 46 f., 50). Sie führen die allgemeine ![]() | 42 |
3.7.2.2 Im vorliegenden Fall ist allerdings nicht die vom Bundesgericht bisher offen gelassene Frage zu beantworten, ob bei der Ermittlung des künftigen Schadens aus Erwerbsausfall allgemein und abstrakt eine Reallohnerhöhung von 1 % berücksichtigt werden darf. Zu beachten ist, dass bei entsprechenden Berechnungen des Erwerbsausfallschadens regelmässig konkrete Umstände des Einzelfalls, insbesondere die berufliche Situation des Geschädigten berücksichtigt werden können, aufgrund derer sich auf dessen künftige hypothetische Lohnentwicklung schliessen lässt. Die künftige Entwicklung des Lohnniveaus von Ersatzkräften als Berechnungsfaktor des Haushaltschadens, wie sie hier umstritten ist, lässt sich dagegen weitgehend nur abstrakt ermitteln (vgl. dazu BGE 127 III 403 E. 4b; BGE 129 III 135 E. 4.2.1 S. 152; Urteil vom 14. September 2004, a.a.O., E. 5.4). Insoweit muss die Ermittlung des künftigen Schadens aufgrund von Hypothesen und Schätzungen nach der allgemeinen Lebenserfahrung (Art. 42 Abs. 2 OR) vorgenommen werden, die soweit als möglich durch statistische Untersuchungen abzustützen sind (vgl. BGE 108 II 434 E. 3a S. 437; HANS PETER WALTER, Die Rechtsprechung des Bundesgerichts zum Haushaltschaden, in: Atilay Ileri [Hrsg.], Die Ermittlung des Haushaltschadens nach Hirnverletzung, Zürich 1995, S. 29). Die den Schätzungen innewohnenden Ungewissheiten legen dabei nahe, nach einfachen und klaren ![]() | 43 |
Insoweit - und auch angesichts der bundesgerichtlichen Rechtsprechung zur Frage der Berücksichtigung von Reallohnerhöhungen für Ersatzkräfte im Haushalt (vgl. E. 3.7.1 oben) - ist der Vorinstanz beizupflichten, wenn sie mit der Erstinstanz gestützt auf die Ausführungen von SCHAETZLE/WEBER grundsätzlich annahm, es sei künftig von einer allgemeinen Reallohnsteigerung von 1 % im Jahresdurchschnitt auszugehen, die bei der abstrakten Berechnung des künftigen Haushaltschadens zu berücksichtigen sei (SCHAETZLE/ WEBER, Kapitalisieren, a.a.O., Rz. 3.458, 3.520; im gleichen Sinne auch MARC SCHAETZLE, Lehren, a.a.O., HAVE 1/2005 S. 47; derselbe, Der Schaden und seine Berechnung, in: Geiser/Münch [Hrsg.], Schaden - Haftung - Versicherung, Basel/Genf/München 1999, Rz. 9.66; PRIBNOW/ZIMMERMANN, a.a.O., S. 146). Die entsprechende Annahme lässt sich vergangenheitsbezogen auf statistische Grundlagen und zukunftsbezogen auf eine Reihe von Szenarien und Prognosen von Konjunktur- und Wirtschaftsexperten (vgl. SCHAETZLE/ WEBER, Kapitalisieren, a.a.O., Rz. 4.19 f. und die dort erwähnte Übersicht bei denselben, Barwerttafeln - Neue Rechnungsgrundlagen, a.a.O., S. 105 ff.) stützen und erscheint als fundierter begründet als die Meinung, Reallohnsteigerungen seien in Zukunft überhaupt unwahrscheinlich. Die Behauptung der Beklagten, die Löhne in der Hauswirtschaft würden künftig eine grundsätzlich andere Entwicklung erfahren als diejenigen in der allgemeinen Wirtschaft, ist im Übrigen nicht erhärtet.
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3.7.2.3 Wie die Vorinstanz zutreffend in Erwägung gezogen hat, haben SCHAETZLE/WEBER angesichts des Umstandes, dass die Einkommen ab dem 50. Altersjahr statistisch konstant blieben oder gar rückläufig seien, zwar vorgeschlagen, nur bis zum Alter von 50 Jahren von einer jährlichen generellen Einkommensentwicklung von 1 % auszugehen (SCHAETZLE/WEBER, Kapitalisieren, a.a.O., Rz. 3.459, 3.462; dieselben, Einkommensstatistiken, a.a.O., AJP 1997 S. 1112 f.). Die Vorinstanz hat dabei aber die weiteren Ausführungen der genannten Autoren unberücksichtigt gelassen, wonach die Annahme eines konstanten Einkommens ab Alter 50 nur bei einer Durchschnittsbetrachtung zutreffe, bei der auch die ![]() | 45 |
Indem die Vorinstanz den Haushaltschaden in zutreffender Anwendung der neusten Rechtsprechung (BGE 129 III 135 E. 4.2.2.3 S. 159 f.) mit den Aktivitätstafeln kapitalisierte und ungeachtet der weiteren Ausführungen von SCHAETZLE/WEBER eine Reallohnsteigerung ab Alter 50 nicht berücksichtigte, hat sie die Invalidisierungswahrscheinlichkeit doppelt berücksichtigt, was nicht haltbar ist und eine unrichtige Ausübung ihres Ermessens bei der Schadensermittlung bedeutet. Vielmehr hätte sie bei der Berechnung des Haushaltschadens der Klägerin bis zum mutmasslichen Pensionsalter von 64 Jahren (Art. 21 Abs. 1 lit. b AHVG) eine Reallohnsteigerung von 1 % jährlich berücksichtigen müssen, entsprechend dem statistisch bzw. prognostisch fundierten Erfahrungssatz, dass auch ältere, nicht invalide Arbeitnehmer längerfristig bis zur Pensionierung mit solchen Reallohnsteigerungen rechnen können.
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Ab dem Zeitpunkt der ordentlichen Pensionierung ist demgegenüber nach allgemeiner Lebenserfahrung davon auszugehen, dass die Arbeitskraft der geschädigten Person, für deren Verlust Ersatz zu leisten ist, auch im Validenfall allmählich nachlassen würde und entweder Hilfen für bestimmte Arbeiten beigezogen oder diese nicht mehr erledigt, also Qualitätseinbussen in Kauf genommen würden. Auch eine Ersatzkraft mit entsprechend nachlassender Leistungskraft, nach deren Entlöhnungsaufwand der zu ersetzende Schaden zu bemessen ist (E. 3 vorne), kann nicht mehr mit Reallohnerhöhungen rechnen. Eine entsprechend positive Lohnentwicklung ![]() | 47 |
Das Urteil der Vorinstanz ist daher soweit aufzuheben, als sie bei der Berechnung des künftigen Haushaltschadens die zu erwartende Reallohnentwicklung von Ersatzkräften in der Hauswirtschaft bis ins Jahr, in dem die Klägerin das Pensionsalter erreicht, unberücksichtigt liess. Die Berechnung ist insoweit neu vorzunehmen. Der Reallohnsteigerung kann dabei dadurch Rechnung getragen werden, dass der Kapitalisierungszinsfuss um 1 % auf 2.5 % reduziert wird, wie es die Erstinstanz getan hat (SCHAETZLE/WEBER, Kapitalisieren, a.a.O., Rz. 2.119, 4.25).
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