BGE 132 III 503 | |||
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59. Auszug aus dem Urteil der II. Zivilabteilung i.S. Schweizerischer Baumeisterverband (SBV) gegen Hoch- und Tiefbau- Genossenschaft Bern (Berufung) |
5C.67/2006 vom 8. Juni 2006 | |
Regeste |
Art. 66 Abs. 2 und Art. 75 ZGB; vereinsrechtliche Anfechtungsklage gegen Beschlüsse von Delegierten- und Generalversammlung; Beschlussfassung im Zirkularverfahren. |
Schriftliche Mehrheitsentscheidungen einer Delegiertenversammlung ohne statutarische Grundlage sind unzulässig (E. 4). Die Verletzung der Verfahrensregel macht sowohl den Beschluss der Delegiertenversammlung als auch den darauf gestützten Beschluss der Generalversammlung ungültig (E. 5). | |
Sachverhalt | |
Die Hoch- und Tiefbau-Genossenschaft Bern (hiernach: Klägerin) ist Mitglied des Schweizerischen Baumeisterverbandes (SBV; fortan: Beklagter). Dieser ist ein im Handelsregister des Kantons Zürich eingetragener Verein. Mitglieder des Beklagten sind Unternehmungen des Bauhauptgewerbes und verwandte Produktionsunternehmungen. Seine Mitglieder können Sektionen mit örtlichem Bezug oder Fachgruppen angehören. Eine dieser Fachgruppen ist der im Handelsregister des Kantons Zürich eingetragene Verein "HOLZBAU SCHWEIZ Verband Schweizer Holzbau-Unternehmungen" (Fachgruppe Holzbau Schweiz). Der Beklagte schloss am 12. November 2002 mit Gewerkschaften den "Gesamtarbeitsvertrag für den flexiblen Altersrücktritt im Bauhauptgewerbe (GAV FAR)".
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Gemäss den Statuten vom 2. Juli 1987 ist ein Austritt aus dem Beklagten nur auf Ende des Kalenderjahres zulässig, wobei die Kündigung sechs Monate vorher durch eingeschriebenen Brief an die Geschäftsstelle des Beklagten erfolgen muss (Art. 11.1.). Am 24. Februar 2003 gelangte die Fachgruppe Holzbau Schweiz schriftlich an den Beklagten und teilte ihm mit, gemäss dem Beschluss ihrer Delegiertenversammlung vom 15. November 2002 wolle sie die Interessen der Holzbau- und Zimmereibranche selbstständig und alleinig vertreten, weshalb sie als Fachgruppe aus dem Beklagten austrete. 652 Firmen, die gleichzeitig Mitglieder des Beklagten und der Fachgruppe Holzbau Schweiz seien, würden hiermit Statutenänderungen beantragen, und zwar mit dem Ziel, den Mitgliedern der Fachgruppe Holzbau Schweiz den Austritt bis zum 31. März 2003 zu ermöglichen.
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Nach Erhalt dieses Schreibens gelangte der Zentralvorstand des Beklagten am 5. März 2003 schriftlich an seine Delegierten. Er legte dar, dass die Mitglieder der Fachgruppe Holzbau Schweiz von ihrem Recht Gebrauch gemacht hätten, eine ausserordentliche Generalversammlung einzuberufen. Diese werde nun auf Mittwoch, 26. März 2003 terminiert. Nach den Statuten des Beklagten seien Statutenänderungen der Generalversammlung durch einen entsprechenden Beschluss der Delegiertenversammlung zu beantragen. Der Zentralvorstand habe beschlossen, dass dieser Beschluss der Delegiertenversammlung auf dem schriftlichen Weg gefasst werde. Sollten aber im Sinne von Art. 30.1. der Statuten mehr als 1/8 der Delegierten die Entlassung der austretungswilligen Mitglieder von Holzbau Schweiz aus dem Beklagten ablehnen, so werde eine ausserordentliche Delegiertenversammlung stattfinden. Am 20. März 2003 wandte sich der Zentralvorstand des Beklagten erneut an seine Delegierten. Der vorgeschlagenen Statutenänderung hätten 115 Delegierte zugestimmt, während 18 Delegierte diese Änderung abgelehnt hätten. Das notwendige Quorum von 1/8, nämlich 24 der insgesamt 195 Delegierten, welches zur Einberufung der Delegierten nötig wäre, sei nicht erreicht worden. Die ausserordentliche Delegiertenversammlung werde daher nicht einberufen.
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Am 26. März 2003 fand die Generalversammlung des Beklagten statt. Die Generalversammlung ergänzte Art. 11.1. der Statuten betreffend "Austritt" mit 553 Ja-Stimmen gegen 11 Nein-Stimmen antragsgemäss und gestattete der Fachgruppe Holzbau Schweiz und deren Mitgliederbetrieben ohne Einhaltung der Kündigungsfrist per 31. März 2003 aus dem Beklagten auszutreten (Art. 11.3.).
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Mit Eingabe vom 25. April 2003 leitete die Klägerin gegen den Beklagten den Prozess auf Anfechtung des am 26. März 2003 getroffenen Beschlusses betreffend Abänderung der Statuten ein. Sie beantragte, es sei festzustellen, dass der Beschluss der Generalversammlung des Beklagten vom 26. März 2003 nichtig, eventuell ungültig sei. Die Klage wurde in erster Instanz abgewiesen, in zweiter Instanz hingegen gutgeheissen. Das Bundesgericht weist die Berufung des Beklagten ab.
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Aus den Erwägungen: | |
2. Organe des Beklagten sind gemäss Statuten die Generalversammlung, die Delegiertenversammlung, der Zentralvorstand und die Kontrollstelle (Art. 17). Die der Generalversammlung zustehenden Befugnisse sind unter Vorbehalt von Art. 21 der Statuten und Art. 65 Abs. 3 ZGB der Delegiertenversammlung übertragen (Art. 18.1.). Zu den Befugnissen der Generalversammlung gehört die "Beschlussfassung über Anträge der Delegiertenversammlung auf Änderung der Statuten" (Art. 21.7.). Die Delegierten tagen jährlich in der Regel an zwei ordentlichen und auf Einladung hin zusätzlich an ausserordentlichen Versammlungen (Art. 30). In ihre Befugnisse fällt die "Beschlussfassung über einen Antrag an die Generalversammlung auf Änderung der Statuten" (Art. 31.17.). Eine schriftliche Mehrheitsentscheidung der Delegierten auf dem Korrespondenzweg sehen die Statuten nicht vor, schliessen sie aber auch nicht ausdrücklich aus. Hauptgegenstand des Anfechtungsprozesses ist deshalb die Frage, ob die Delegierten gültig über den Antrag auf Änderung der Statuten beschlossen haben und inwiefern sich eine allfällige Gesetzes- oder Statutenverletzung einerseits auf den Beschluss der Delegierten, der Generalversammlung eine Änderung der Statuten zu beantragen, und andererseits auf den Beschluss der Generalversammlung, die Statuten gemäss Antrag der Delegierten zu ändern, ausgewirkt hat oder hätte auswirken können (E. 4 und 5). Vorweg ist auf die Legitimation zur Anfechtungsklage und die Anfechtungsfrist einzugehen (E. 3 hiernach).
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3.1 Aktivlegitimiert ist die Klägerin als Vereinsmitglied, das dem Beschluss der Generalversammlung, die Statuten zu ändern, nicht zugestimmt hat. Das - als Rechtsfrage von Amtes wegen zu prüfende (BGE 116 II 351 E. 3b S. 355) - Interesse der Klägerin an der Anfechtung einer Statutenänderung, die anderen Vereinsmitgliedern den Austritt erleichtert, hat das Obergericht im Zusammenhang mit dem vom Beklagten geschlossenen Gesamtarbeitsvertrag gesehen, dessen Allgemeinverbindlicherklärung sich einzelne Vereinsmitglieder durch den Austritt aus dem Beklagten hätten entziehen wollen. Es kann dahingestellt bleiben, wie es sich damit verhält. Denn das im Gesetz vorgesehene Anfechtungsrecht schützt das einzelne Vereinsmitglied nicht nur gegen die unmittelbare Verletzung seiner Mitgliedschaftsrechte durch die Mehrheit, sondern garantiert ihm - darüber hinaus - die Rechtmässigkeit des korporativen Lebens (BGE 108 II 15 E. 2 S. 18). Das Interesse an einer gerichtlichen Beurteilung ist somit weit gefasst (zur aktienrechtlichen Anfechtungsklage: BGE 122 III 279 E. 3a S. 282) und hier unabhängig von der individuellen Betroffenheit bzw. von einem besonderen Rechtsschutzinteresse zu bejahen (vgl. etwa HAUSHEER/ AEBI-MÜLLER, Das Personenrecht des Schweizerischen Zivilgesetzbuches, Bern 2005, Rz. 18.59 S. 307). Passivlegitimiert ist im Anfechtungsprozess der Verein (vgl. etwa PERRIN, Droit de l'association, Genf 2004, S. 172). Er vertritt somit die Mehrheit seiner Mitglieder, die dem fraglichen Beschluss zugestimmt haben (zur aktienrechtlichen Anfechtungsklage: BGE 122 III 279 E. 3c/aa S. 283). Durch das Urteil, das eine Anfechtungsklage gutheisst und einen Vereinsbeschluss aufhebt, ist der Verein nicht nur formell beschwert, sondern mit Blick auf das Interesse der Mehrheit seiner Mitglieder auch materiell beschwert und damit zur Rechtsmitteleinlegung berechtigt (vgl. zur Beschwer: BGE 114 II 189 E. 2 S. 190).
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Die Frage nach der Rechtzeitigkeit der Anfechtung des Beschlusses der Delegiertenversammlung wurde zwar in den Rechtsschriften und in den vorinstanzlichen Entscheiden nicht aufgeworfen. Das Bundesgericht prüft indessen das Recht von Amtes wegen, weshalb es gestützt auf den verbindlich festgestellten Sachverhalt die Frage der Rechtzeitigkeit der Klageeinreichung zu überprüfen hat. Es handelt sich bei der Frist gemäss Art. 75 ZGB um eine Verwirkungsfrist, deren Nichteinhaltung durch das Bundesgericht in jedem Fall zu berücksichtigen ist (BGE 85 II 525 E. 3 S. 536; BGE 118 II 12 E. 3b S. 18).
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Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts kann ein Vereinsmitglied den staatlichen Rechtsschutz erst in Anspruch nehmen, nachdem es von den Rechtsbehelfen, die ihm die Vereinsorganisation zur Verfügung stellt, erfolglos Gebrauch gemacht hat; der vereinsinterne Instanzenzug ist deshalb zunächst auszuschöpfen (BGE 85 II 525 E. 2 S. 533; BGE 118 II 12 E. 3b S. 17). Lediglich vereinsintern nicht weiterziehbare Beschlüsse der Delegiertenversammlung sind unmittelbar anfechtbar (RIEMER, Berner Kommentar, 1990, N. 14 und 16 zu Art. 75 ZGB sowie N. 39 a.E. zu Art. 66 ZGB mit Hinweisen). Das Bundesgericht begründete diesen Grundsatz mit der Absicht des Gesetzgebers, die Vereine ihre inneren Angelegenheiten möglichst selbstständig ordnen zu lassen und die gerichtliche Überprüfung von Vereinsbeschlüssen auf ein Mindestmass zu beschränken (BGE 51 II 237 E. 2 S. 241; 57 II 121 S. 125/126). Vorliegend steht zwar nicht das Verhältnis zwischen dem erstinstanzlichen und dem oberinstanzlichen vereinsinternen Entscheid zur Beurteilung, sondern dasjenige zwischen Antrag und anschliessendem Entscheid. Auch in diesem Zusammenhang ist von Bedeutung, dass das entscheidende Organ den Mangel selber korrigieren kann, indem es auf den fehlerhaften Antrag nicht eintritt oder diesen zur Verbesserung zurückweist. Im vorliegenden Fall wäre es der Generalversammlung freigestanden, auf den Antrag der Delegiertenversammlung wegen dessen formellen Mängeln nicht einzutreten. Es rechtfertigt sich daher, die Klage gegen den Antragsbeschluss der Delegiertenversammlung erst zuzulassen, wenn die Generalversammlung darüber entschieden hat. Dies bedeutet, dass sich die Frage nach der Zulässigkeit der schriftlichen Mehrheitsentscheidung auf dem Korrespondenzweg lediglich als Vorfrage stellt. Hauptfrage ist ausschliesslich diejenige nach der Gültigkeit des Generalversammlungsbeschlusses vom 26. März 2003. Gegen diesen Beschluss ist die Klage rechtzeitig eingereicht worden.
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3.3 Eine andere Frage ist, ob die Klägerin den Verfahrensmangel rechtzeitig gerügt hat. Es gilt nicht nur im öffentlichen Recht, sondern gestützt auf Art. 2 Abs. 2 ZGB auch im Privatrecht der Grundsatz, dass Verfahrensmängel, soweit rechtzeitig erkennbar und noch behebbar, vor der Beschlussfassung zu rügen sind, andernfalls das Anfechtungsrecht verwirkt ist (BGE 121 I 30 E. 5f S. 38; RIEMER, a.a.O., N. 59 zu Art. 75 ZGB; ders., Anfechtungs- und Nichtigkeitsklage im schweizerischen Gesellschaftsrecht, Bern 1998, Rz. 150 S. 69). Auch diese Frage prüft das Bundesgericht gestützt auf die Feststellungen im angefochtenen Entscheid von Amtes wegen (BGE 121 III 60 E. 3d S. 63). Im vorliegenden Fall hat nach den Feststellungen der Vorinstanz ein Verwaltungsratsmitglied der Klägerin anlässlich der Generalversammlung vom 26. März 2003 verlangt, es sei wegen der formellen Mängel des Antragsbeschlusses auf diesen nicht einzutreten, so dass die Voraussetzung erfüllt ist. Dass die Klägerin bereits früher Anlass und Gelegenheit gehabt hätte, die schriftliche Abstimmung zu beanstanden und eine Delegiertenversammlung im Wortsinn zu verlangen, wird von keiner Seite geltend gemacht. Solches ergibt sich auch nicht aus den tatsächlichen Feststellungen der Vorinstanz, so dass der Frage nicht weiter nachzugehen ist.
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4.1 Gemäss Art. 66 Abs. 1 ZGB werden Vereinsbeschlüsse von der Vereinsversammlung gefasst. Die schriftliche Zustimmung aller Mitglieder zu einem Antrag ist einem Beschluss der Vereinsversammlung gleichgestellt (Art. 66 Abs. 2 ZGB). Es trifft deshalb jedenfalls für die Vereinsversammlung nicht zu, dass das Zirkularverfahren mangels einer entgegenstehenden Vorschrift in den Statuten auch dann zulässig ist, wenn die in Art. 66 Abs. 2 ZGB verlangte Einstimmigkeit nicht erreicht wird (vgl. BRÜCKNER, Das Personenrecht des ZGB, Zürich 2000, Rz. 1216 und 1217 S. 366; HEINI/PORTMANN, Das Schweizerische Vereinsrecht, Schweizerisches Privatrecht, Bd. II/5, 3. Aufl., Basel 2005, Rz. 460). Das Gesetz unterscheidet in Art. 66 ZGB nicht zwischen wichtigen und weniger wichtigen Vereinsbeschlüssen oder zwischen solchen mit Legislativcharakter und solchen mit Exekutivcharakter, sondern bestimmt für alle Beschlüsse, dass diese in der Regel von der Versammlung und nur bei Einstimmigkeit schriftlich gefasst werden können. Eine einzige Nichtzustimmung, d.h. Nein-Stimme, Stimmenthaltung oder ungültige Stimme schliesst die Willensbildung nach Art. 66 Abs. 2 ZGB aus (RIEMER, Berner Kommentar, N. 27 zu Art. 66 ZGB), weshalb das Verfahren praktisch nur bei kleinen Vereinen möglich ist (BRÜCKNER, a.a.O., Rz. 1216 S. 366). Ein Teil der Lehre lässt den Zirkularbeschluss entgegen dem Wortlaut von Art. 66 Abs. 2 ZGB ohne statutarische Grundlage auch dann zu, wenn alle Mitglieder mit dem Zirkularverfahren ausdrücklich einverstanden sind (EGGER, Zürcher Kommentar, 1930, N. 6 a.E. zu Art. 64 ZGB; WEBER-DÜRLER, Gesellschafterversammlung, Urabstimmung und Delegiertenversammlung, Diss. Zürich 1972, Bern 1973, S. 105 f.). Da im vorliegenden Fall weder für das Vorgehen noch im Ergebnis Einstimmigkeit erreicht wurde, kann dieser Aspekt im Folgenden ausser Acht gelassen werden.
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4.3 Diese Folge hängt entgegen der Meinung des Beklagten nicht davon ab, ob die Delegiertenversammlung Befugnisse wahrnimmt, welche bei Vereinen ohne dieses statutarische Organ der Vereinsversammlung zukommen oder nicht. Da es sich bei der Delegiertenversammlung wie bei der Vereinsversammlung um ein Legislativorgan handelt, gelangen die Art. 66-68 ZGB grundsätzlich analog zur Anwendung, selbst wenn die Delegiertenversammlung Befugnisse wahrnimmt, die ohne dieses Organ dem Vorstand zustehen. Im Übrigen gilt nach der herrschenden Lehre auch für den Vorstand eines Vereins, dass ausschliesslich die schriftliche Zustimmung aller stimmberechtigten Vorstandsmitglieder einem Vorstandsbeschluss, d.h. einem Mehrheitsbeschluss der anwesenden Vorstandsmitglieder gleichzustellen ist (HEINI/PORTMANN, a.a.O., Rz. 495 und 499; RIEMER, Berner Kommentar, N. 35 f., 45 und 57 zu Art. 69 ZGB mit Hinweisen; ders., Personenrecht, a.a.O., Rz. 637 S. 243 f.; a.M. offenbar BRÜCKNER, a.a.O., Rz. 1225 S. 368).
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5.1 Der Beklagte rügt eine Verletzung von Art. 75 ZGB. Es sei nach herrschender Lehre und Praxis anerkannt, dass eine Gesetzes- oder Statutenverletzung nur dann zur Gutheissung einer Anfechtungsklage führen könne, wenn sie sich auf den betreffenden Beschluss im Ergebnis ausgewirkt habe oder habe auswirken können. Angesichts des klaren Ergebnisses der schriftlichen Stellungnahmen der Delegierten sei erstellt, dass die Durchführung einer Delegiertenversammlung nicht zu einem andern Ergebnis geführt hätte. Es komme hinzu, dass der den Delegierten mitgeteilte Verzicht auf die Durchführung einer formellen Versammlung unter der Bedingung gestanden habe, dass bei einer Ablehnung von mehr als einem Achtel der Delegierten gleichwohl eine Versammlung durchgeführt worden wäre. Der Umstand, dass lediglich 18 der 195 Delegierten die Statutenänderung abgelehnt hätten, bilde einen weiteren Beleg dafür, dass sich eine Zusammenkunft der Delegierten auf deren Beschluss im Resultat nicht habe auswirken können. Schliesslich sei aufgrund des eindeutigen Abstimmungsergebnisses in der Generalversammlung vom 26. März 2003 erstellt, dass die Abhaltung einer Delegiertenversammlung die Entscheidung der Generalversammlung nicht anders hätte ausfallen lassen.
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5.3 Zunächst ist zu wiederholen, dass die Anfechtung rechtzeitig erfolgt ist (E. 3) und dass die Mehrheitsentscheidung der Delegierten auf dem Korrespondenzweg keine statutarische Grundlage hat und Art. 66 Abs. 2 ZGB verletzt (E. 4 hiervor). Nach der Rechtsprechung könnte bei dieser Sachlage von einer Ungültigerklärung lediglich dann abgesehen werden, wenn diese als überspitzt formalistisch erschiene. Allerdings ist darauf zu achten, dass mit dem Verbot des überspitzten Formalismus Art. 66 Abs. 2 ZGB nicht ausgehöhlt wird. Der blosse Umstand, dass im schriftlichen Verfahren das statutarische Quorum, welches bei einer Versammlung verlangt wird, erreicht worden ist, vermag den Mangel deshalb nicht zu heilen. Bei der Frage, ob der Entscheid aufzuheben sei oder nicht, ist sowohl die Bedeutung des Mangels als auch die Schwere der Verletzung zu gewichten. Wesentlich ist dabei, ob die Verletzung der Verfahrensregel einen Einfluss auf den Entscheid haben konnte oder nicht (BGE 114 II 193 E. 6 S. 199).
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5.4 Der Verfahrensmangel ist vorliegend nicht bedeutungslos. Ein Zirkularbeschluss anstelle der Versammlung verunmöglicht die Willensbildung der Delegierten in lebendiger Diskussion und wird daher in der Lehre etwa als Notbehelf bezeichnet (BRÜCKNER, a.a.O., Rz. 1218 S. 366). Es ist offen, wie sich die Delegierten im Rahmen einer direkten Aussprache verhalten hätten, wo Meinung und Gegenmeinung aufeinander gestossen wären. Der Beklagte hat sich zudem an die Hürden zur Änderung seiner Vereinsverfassung, die er selber zur Vermeidung von Zufallsentscheiden und überfallartigen Statutenänderungen im Interesse der Kontinuität gestellt hat, zu halten. Er hat selber zur Betonung des korporativen Elements eine Versammlung der Delegierten und nicht eine schriftliche Umfrage vorgesehen. Dieser Versammlungsgrundsatz darf mit dem Verbot des überspitzten Formalismus nicht in sein Gegenteil verkehrt werden. Der Umstand, dass im schriftlichen Verfahren eine Dreiviertelmehrheit der abgegebenen Stimmen erreicht worden ist, reicht für eine Heilung des Mangels deshalb nicht aus. Es ist zudem offen, ob an einer Versammlung mehr oder weniger Delegierte als an der schriftlichen Umfrage teilgenommen hätten. Hätten sämtliche 195 Delegierte an der Versammlung teilgenommen, wäre die erforderliche Dreiviertelmehrheit mit 115 Ja-Stimmen nicht erreicht worden. Immerhin haben sich 80 Delegierte entweder negativ oder gar nicht geäussert. Es kann daher nicht gesagt werden, es wäre kein anderes Ergebnis möglich gewesen. Angesichts der Bedeutung des im Versammlungsgebot zum Ausdruck gelangenden Korporationsgedankens und des konkreten Abstimmungsergebnisses kann die Ungültigerklärung des Zirkularbeschlusses nicht als überspitzt formalistisch betrachtet werden. Art. 66 Abs. 2 ZGB, wonach alle Mitglieder schriftlich zustimmen müssen, damit der schriftliche Beschluss dem Beschluss einer Versammlung gleichgestellt werden kann, würde ausgehöhlt, wenn bei der vorliegenden Ausgangslage das Ergebnis trotz des Verfahrensfehlers akzeptiert würde.
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5.7 Bei diesem Ergebnis erübrigt es sich, auf die Frage näher einzugehen, ob schriftliche Mehrheitsentscheidungen ohne statutarische Grundlage nicht bloss ungültig, sondern gar nichtig sind, wie das die herrschende Lehre annimmt (HEINI/PORTMANN, a.a.O., Rz. 460; RIEMER, Berner Kommentar, N. 47 zu Art. 66 ZGB und N. 92 ff. zu Art. 75 ZGB mit Hinweisen; a.M. offenbar PERRIN, a.a.O., S. 88).
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