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35. Auszug aus dem Urteil der II. zivilrechtlichen Abteilung i.S. Q. gegen B. und Mitb. (Berufung) |
5C.54/2006 vom 12. April 2007 | |
Regeste |
Art. 522 Abs. 1 ZGB; Pflichtteilsverletzung durch Nacherbeneinsetzung. | |
Sachverhalt | |
1 | |
(...) Ich setze meine Ehefrau S. als Alleinerbin ein und bestimme insbesondere, dass sie vor allem auch Alleineigentümerin meiner Liegenschaft in Z. werden soll. Nach ihrem Tode soll der Überrest meiner Hinterlassenschaft zu gleichen Teilen, also je zur Hälfte, an meine Geschwister oder deren Nachkommen und an die Erben meiner Frau gelangen. (...)
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Dieses Testament wurde im Jahr 1990 eröffnet und blieb unangefochten. Im Jahr 2001 verstarb die Ehefrau. Sie hinterliess kein Testament. Ihre gesetzlichen Erben sind die Beklagten.
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B. Mit Klage vom 17. September 2002 verlangte die Nichte des Erblassers, es sei ihr der hälftige Anteil der Nacherbschaft zuzuweisen und auszuhändigen.
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C. Mit Berufung vom 30. Januar 2006 verlangt die Klägerin den Zuspruch von Fr. 121'701.50 nebst Zins. Das Bundesgericht heisst diese gut.
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Aus den Erwägungen: | |
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Die Pflichtteilsverletzung ist indes nicht abstrakt, sondern konkret zu berechnen. Es ist mithin zu prüfen, ob der Erblasser mit seinen testamentarischen Anordnungen Pflichtteilsansprüche der Beklagten verletzt hat, indem diese dem Wert nach nicht erhalten haben, worauf sie aufgrund vererbter Pflichtteilsrechte Anspruch hätten (vgl. Art. 522 Abs. 1 ZGB). Dies wäre der Fall, wenn sie aufgrund der erblasserischen Anordnungen vom Überrest wertmässig weniger als ihren Pflichtteil erhalten würden, so etwa, wenn der Erblasser die Nacherben seines Stammes auf 7/8 und diejenigen des Stammes der Ehefrau auf 1/8 des Überrestes eingesetzt hätte. Vorliegend haben die Beklagten mit 4/8 des Überrestes aber mehr erhalten, als ihnen aufgrund ihrer Pflichtteilsansprüche konkret zustünde.
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Zwar muss sich der Vorerbe im Umfang seines Pflichtteils keine Belastung mit einer Nacherbschaft gefallen lassen, sondern kann er den Pflichtteil als freies Erbe beanspruchen (BGE 75 II 190 E. 5 S. 195; BGE 108 II 288 E. 2 S. 291). Weiter trifft es zu, dass das Pflichtteilsrecht vererblich ist (BGE 75 II 190 E. 2 S. 192 f.) und es auch von den gesetzlichen Erben des Vorerben gegenüber den Nacherben geltend gemacht werden kann (BGE 108 II 288 E. 2 S. 291). Schliesslich verhält es sich so, dass die Vorerbin mit der Herabsetzungsklage gemäss Art. 522 Abs. 1 ZGB erfolgreich die Herabsetzung der testamentarischen Verfügung hätte verlangen können.
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Aus diesen Gründen ist, wie eingangs erwähnt, die Frage der Pflichtteilsverletzung konkret zu betrachten und dabei festzustellen, dass die Pflichtteilsrechte der Beklagten nicht verletzt sind. Die Klägerin hat folglich gemäss testamentarischer Anordnung Anspruch auf die Hälfte des Überrestes von Fr. 243'403.-.
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