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81. Auszug aus dem Urteil der II. zivilrechtlichen Abteilung i.S. A. gegen CSS Versicherung AG (Berufung) |
5C.20/2007 vom 2. August 2007 | |
Regeste |
Leistungspflicht einer Krankenzusatzversicherung für die stationäre Behandlung einer Versicherten in einer Klinik, mit der kein Tarifvertrag mehr besteht. |
Die übergangsrechtliche Bestandesgarantie gemäss Art. 102 Abs. 2 KVG verpflichtet die Krankenkassen lediglich, den bisherigen Versicherungsschutz hinsichtlich dessen Umfang (im Sinne der Leistungen) zu garantieren (E. 3.2 und 3.3). | |
Sachverhalt | |
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Die Frauenklinik am Meissenberg, psychiatrisch-psychotherapeutische Spezialklinik für Frauen in Zug, ersuchte im Auftrag von A. die CSS am 29. April 2005 um Kostengutsprache ab demselben Datum für die stationäre Behandlung von A. Die Spitalbedürftigkeit der Patientin war unbestritten. Am 11. Mai 2005 lehnte die CSS das Gesuch mit dem Hinweis ab, dass gemäss den Empfehlungen ihres Vertrauensarztes eine 90-tägige Hospitalisation der Patientin zwar indiziert sei, da jedoch ein vertragsloser Zustand bestehe, werde sie lediglich die der Versicherten zustehende Leistung aus der OKP rückerstatten. Mit Schreiben vom 12. Mai 2005 teilte die CSS A. mit, dass die sie behandelnde Klinik auf der sogenannten "Liste der Spitäler ohne allgemeine und/oder halbprivate Abteilung" stehe, weil kein Tarifvertrag für die allgemeine und halbprivate Abteilung bestehe. Des Weiteren führte sie aus, dass sie aufgrund der ungenügenden Versicherungsdeckung (lediglich) die durch die OKP versicherten Kosten für die Aufnahme in die allgemeine Abteilung des zuständigen öffentlichen Spitals des Wohnkantons der Versicherten zu einem Ansatz von Fr. 214.- pro Tag garantiere. Aus der "Spitalversicherung halbprivat" bestehe demgegenüber kein Leistungsanspruch, weshalb weitergehende Kosten zu Lasten der Versicherten gingen. Auf Ersuchen von A. lehnte die CSS eine Kostengutsprache ![]() | 2 |
Am 5. Oktober 2005 reichte A. Klage beim Amtsgericht Luzern-Stadt gegen die CSS ein und forderte von dieser aus (Kranken-)Zusatzversicherung die Differenz zwischen 75 % des Gesamtrechnungsbetrages für den Klinikaufenthalt und der von der CSS garantierten OKP-Pauschale, ausmachend Fr. 37'612.85 samt Zinsen. In teilweiser Gutheissung der Klage verurteilte das Amtsgericht die CSS zur Bezahlung von Fr. 28'209.60 samt Zinsen.
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Die dagegen von der CSS erhobene Appellation hiess das Obergericht des Kantons Luzern mit Urteil vom 30. November 2006 gut und wies die Klage vollumfänglich ab. Die von A. erhobene Anschlussappellation wurde damit gegenstandslos.
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Gegen dieses Urteil hat A. (fortan: Klägerin) am 22. Januar 2007 eidgenössische Berufung eingereicht mit dem Begehren, die CSS für den Klinikaufenthalt zur Leistung von Fr. 33'588.25 samt Zinsen ab dem 10. Oktober 2005 zu verpflichten. In ihrer Antwort hat die CSS (fortan auch: Beklagte, Versicherer) auf Abweisung der Berufung geschlossen.
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Das Bundesgericht weist die Berufung ab.
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Aus den Erwägungen: | |
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2.1 Die Vorinstanz hat festgehalten, es sei unbestritten, dass sich eine allfällige Leistungspflicht der Beklagten nach Art. 13 der allgemeinen Versicherungsbedingungen (AVB Ausgabe 01.1997) zur "Spitalversicherung halbprivat" richte. Demnach müsse die freie Spitalwahl (Art. 13.1 AVB: "Wir bezahlen die Aufenthalts- und Behandlungsergänzungskosten in einem Spital in der ganzen Schweiz...") dahingehend verstanden werden, dass sie (nur) bezüglich ![]() | 8 |
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2.3 Der in Art. 13.1 bis 13.4 AVB (Ausgabe 01.1997) umschriebene Leistungsumfang erfasst die Versicherungsleistungen für den Aufenthalt in einer halbprivaten Abteilung eines (öffentlichen oder privaten) Spitals in der Schweiz. Das Spital muss sich zudem auf der nach KVG verbindlichen (Spital-)Liste des jeweiligen Kantons befinden (Art. 39 Abs. 1 lit. e KVG). Dies wiederum setzt den Abschluss eines Tarifvertrages zwischen den Leistungserbringern (Art. 35 Abs. 2 KVG) und den Versicherern beziehungsweise deren Verbänden ![]() ![]() | 10 |
Auch aus den - gemäss der Klägerin ebenfalls Ansprüche begründenden - Art. 13.3 und 13.4 AVB ergibt sich nichts Gegenteiliges. Denn aus diesen beiden Artikeln liesse sich nur dann etwas zu Gunsten der Klägerin herleiten, wenn das sie behandelnde Spital über einen Tarifvertrag mit der Beklagten verfügte und die Klägerin die private Abteilung wählte (Art. 13.3 AVB) oder das Spital über keine halbprivate oder entsprechende Abteilung verfügte (Art. 13.4 AVB). Beide Anspruchsgrundlagen scheitern jedoch schon an der einleitenden (Grund-)Voraussetzung. Im Ergebnis hat die Vorinstanz demnach Art. 13.1 bis 13.4 AVB bundesrechtskonform ausgelegt (vgl. dazu: Urteil 5C.150/2006 vom 6. November 2006, E. 2.4.2).
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Erwägung 3 | |
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3.2 Bei der "Spitalversicherung halbprivat" handelt es sich um eine privatrechtliche (VVG-)Zusatzversicherung, die aus der früheren (KUVG-)Zusatzversicherung "kombinierte Spitalversicherung" hervorgegangen ist. Gemäss der übergangsrechtlichen Bestandesgarantie von Art. 102 Abs. 2 KVG sind die Krankenkassen bei der Anpassung ihrer Bestimmungen über Leistungen bei Krankenpflege, die über den Leistungsumfang nach Art. 34 Abs. 1 KVG hinausgehen (d.h. statutarische Leistungen oder Zusatzversicherungen), verpflichtet, ihren Versicherten Versicherungsverträge anzubieten, die mindestens den bisherigen Umfang des Versicherungsschutzes ![]() | 13 |
3.3 Soweit die Klägerin meint, die Zusatzversicherung für die Spitalpflege mit der Deckung "Aufenthalts- und Behandlungskosten in einem Spital in der ganzen Schweiz" habe ihr die umfassende Wahlfreiheit zu gewährleisten beziehungsweise die daraus entstehenden Kosten zu decken, mag dies zwar dem Zweck einer Zusatzversicherung entsprechen. Zumindest aufgrund der Bestandesgarantie von Art. 102 Abs. 2 KVG ist der Krankenversicherer jedoch nicht verpflichtet, in jedem Fall eine derartige Zusatzversicherung anzubieten. Dass die KUVG-Zusatzversicherung "kombinierte Spitalversicherung" den Versicherten damals in der Praxis eine solche Wahlfreiheit zugestanden und die daraus folgenden Kosten übernommen hatte, steht gerade nicht fest (vgl. Urteil 5C.150/2006 vom 6. November 2006, E. 2.3.2). Abgesehen davon, dass sich die von der Klägerin angeführte Wahlfreiheit (Art. 10.3 des Reglementes Krankenpflege-Grundversicherung) auf die Grundversicherung und nicht auf die Zusatzversicherung bezieht, gehen aus Art. 4 des Reglementes der kombinierten Spitalversicherung unter dem Titel "Versicherungsmöglichkeiten" nur die drei Leistungsgruppen sowie deren Abgrenzung hervor. Von einer Wahlfreiheit im Sinne der Klägerin ist hier nicht die Rede. Ob sie sich im Zeitpunkt ihres Spitalaufenthaltes, nämlich im Jahre 2005, überhaupt noch auf die ![]() | 14 |
Entscheidend ist nach dem Gesagten einzig, ob der bisherige Versicherungsschutz hinsichtlich dessen Umfang (im Sinne der Leistungen) garantiert ist. Demgegenüber gewährleistet die übergangsrechtliche Bestandesgarantie einer Versicherten nicht, den - wenn auch gewohnten - Leistungsträger ihrer Wahl ("Hausspital") unter allen Umständen beibehalten zu können. Bei dieser Sachlage hat die Vorinstanz kein Bundesrecht (namentlich Art. 102 Abs. 2 KVG) verletzt, indem sie entschieden hat, dass die Beklagte die überobligatorischen Spitalkosten nicht zu übernehmen habe.
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