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53. Auszug aus dem Urteil der I. zivilrechtlichen Abteilung i.S. Migros-Genossenschafts-Bund gegen Kraft Foods Schweiz Holding AG (Beschwerde in Zivilsachen) |
4A_347/2007 vom 11. März 2008 | |
Regeste |
Art. 1, Art. 2 lit. a MSchG; markenrechtliche Schutzfähigkeit eines Einzelbuchstabens. | |
Sachverhalt | |
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A.a Kraft Foods Schweiz Holding AG, Zürich, (Beschwerdegegnerin) vertreibt in der Schweiz über mit ihr verbundene Unternehmen Nahrungsmittel, insbesondere die MILKA-Schokoladenprodukte.
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Der Migros-Genossenschafts-Bund, eine Genossenschaft mit Sitz in Zürich, (Beschwerdeführerin) bietet eine Vielzahl von Waren und Dienstleistungen an, die sich an den Schweizer Endabnehmer richten. Die Beschwerdeführerin ist unter anderem Inhaberin der Marken
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(nachfolgend "CH 369 547 M"),
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(nachfolgend "CH 406 736 M")
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und der Marke CH 439 963 M BUDGET.
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A.b Am 12. November 2002 hinterlegte die Beschwerdegegnerin die Marke CH 506 766 M-JOY für die internationalen Klassen 29 und 30. Unter dieser Marke vertreibt sie in Deutschland und Österreich MILKA-Schokoladenprodukte. Das Zeichen wird dabei in folgender graphischer Gestaltung verwendet (nachfolgend "M-joy [fig.]"):
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Gegen die Markenhinterlegung erhob die Beschwerdeführerin am 5. Mai 2003 gestützt auf ihre Marken CH 369 547 M und CH 439 963 M BUDGET Widerspruch. Mit Entscheid vom 8. September 2004 hiess das Eidgenössische Institut für Geistiges Eigentum die ![]() | 11 |
A.c Im Januar 2005 fand in Wengen das 75. Lauberhornrennen statt. An diesem Anlass wurde die Marke CH 506 766 M-JOY in der vorstehend gezeigten Gestaltung von der Beschwerdegegnerin auf grossformatigen Transparenten am Pistenrand beworben. Mit Schreiben vom 21. Januar 2005 teilte die Beschwerdeführerin der Beschwerdegegnerin daraufhin mit, dass sie die Verwendung der Marke M-JOY in der Schweiz ebenso wenig tolerieren werde wie deren Registrierung und forderte die Beschwerdegegnerin auf, ab sofort von jeglicher Verwendung der Marke abzusehen bzw. auf deren Bewerbung in der Schweiz zu verzichten.
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Die Beschwerdegegnerin entgegnete mit Schreiben vom 31. Januar 2005, dass die Marke M-JOY ihrer Auffassung nach nicht vom Schutzbereich der Marken der Beschwerdeführerin erfasst sei, weshalb sie ihrer Forderung nicht nachkommen könne.
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B. Am 15. April 2005 reichte die Beschwerdeführerin beim Handelsgericht Zürich ein Gesuch um Erlass vorsorglicher Massnahmen ein, das sie anlässlich der mündlichen Verhandlung vom 22. Juni 2005 zurückzog.
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Mit Eingabe vom 4. August 2005 klagte die Beschwerdegegnerin beim Handelsgericht des Kantons Zürich gegen die Beschwerdeführerin, unter anderem mit dem Begehren, es sei gerichtlich festzustellen, dass die Beschwerdegegnerin und/oder mit ihr verbundene Unternehmen durch den Gebrauch des Kennzeichens M-JOY für Schokoladenprodukte die Rechte der Beschwerdeführerin an den Marken CH 369 547 M und/oder CH 439 963 M BUDGET nicht verletzen (Ziffer 2 des Klagebegehrens). Die Beschwerdeführerin erhob Widerklage und beantragte, der Beschwerdegegnerin sei zu verbieten, in der Schweiz das folgende Kennzeichen für Schokoladenprodukte zu gebrauchen (Ziffer 1 des Widerklagebegehrens):
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Soweit das Handelsgericht auf die Klage der Beschwerdegegnerin eintrat bzw. die Klage nicht infolge Gegenstandslosigkeit als erledigt abschrieb, stellte es mit Urteil vom 29. Juni 2007 - in Gutheissung von Ziffer 2 des Klagebegehrens - fest, dass die Beschwerdegegnerin und/oder mit ihr verbundene Unternehmen durch den Gebrauch der Marke CH 506 766 M-JOY für Schokoladenprodukte die Rechte der Beschwerdeführerin an den Marken CH 369 547 M und CH 439 963 M-BUDGET (recte: M BUDGET) nicht verletzen (Ziffer 1). Die Widerklage der Beschwerdeführerin wies das Handelsgericht ab (Ziffer 2). Im Weiteren regelte es die Kosten und Entschädigungen (Ziffern 3-5).
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C. Gegen das Urteil des Handelsgerichts des Kantons Zürich vom 29. Juni 2007 hat die Beschwerdeführerin beim Bundesgericht Beschwerde in Zivilsachen erhoben. Sie verlangt die Aufhebung der Ziffern 1, 2, 4 und 5 des Urteils des Handelsgerichts sowie die Abweisung der Klage, soweit das Handelsgericht auf die Klage eingetreten ist bzw. diese nicht als gegenstandslos abgeschrieben hat. Im Weiteren beantragt die Beschwerdeführerin die Gutheissung ihrer Widerklagebegehren, eventualiter die Rückweisung der Sache zur Ergänzung des Sachverhalts und zur Neubeurteilung an die Vorinstanz.
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Die Beschwerdegegnerin schliesst in ihrer Vernehmlassung auf Abweisung der Beschwerde, soweit darauf einzutreten ist.
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Das Bundesgericht heisst die Beschwerde in Zivilsachen teilweise gut und weist die Streitsache zur Ergänzung des Sachverhalts und zu neuer Entscheidung an die Vorinstanz zurück.
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Aus den Erwägungen: | |
2. Die Vorinstanz ist bei der Prüfung der Frage, ob die Marke CH 506 766 M-JOY und das Zeichen M-joy (fig.) mit den beiden Marken CH 369 547 M und CH 406 736 M verwechselbar sind, davon ![]() | 22 |
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Anders als das alte Markenschutzgesetz von 1890 (Bundesgesetz vom 26. September 1890 betreffend Schutz der Fabrik- und Handelsmarken, der Herkunftsbezeichnungen von Waren und der gewerblichen Auszeichnungen [aMSchG; BS 2 S. 845]) sieht das geltende MSchG die markenrechtliche Schutzfähigkeit von Buchstaben ausdrücklich vor.
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Vom Markenschutz ausgeschlossen sind nach Art. 2 lit. a MSchG Zeichen, die Gemeingut sind, sofern sie sich nicht als Marke für die ![]() | 29 |
Im Gegensatz zur Regelung von Art. 2 lit. b MSchG, die ein absolutes Freihaltebedürfnis vorsieht für Formen, die das Wesen der Ware ausmachen, und Formen der Ware oder Verpackung, die technisch notwendig sind, behält Art. 2 lit. a MSchG für im Gemeingut stehende Zeichen einen markenrechtlichen Schutz im Falle der Verkehrsdurchsetzung ausdrücklich vor. Während sich demnach Zeichen, die als Gemeingut gelten, im Verkehr als Marke für die beanspruchten Waren oder Dienstleistungen durchsetzen können, lässt sich das Schutzhindernis bei den von Art. 2 lit. b MSchG erfassten Formen auch nicht durch Verkehrsdurchsetzung überwinden (BGE 131 III 121 E. 2; BGE 129 III 514 E. 2.3 S. 518). Zeichen, die Gemeingut sind, können daher grundsätzlich nach Art. 2 lit. a MSchG mittels Durchsetzung im Verkehr Kennzeichnungskraft und markenrechtlichen Schutz erlangen, soweit im Einzelfall nicht ein absolutes Freihaltebedürfnis besteht.
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Das Bundesgericht geht bei elementaren Zeichen unter Berücksichtigung der gesamten Umstände gegebenenfalls von einem absoluten ![]() | 32 |
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2.3.5 Es ergibt sich, dass ein alleinstehender Buchstabe nach Art. 1 Abs. 2 MSchG grundsätzlich als Marke schutzfähig ist. Allerdings gehört ein Einzelbuchstabe an sich - das heisst ohne jegliche originelle oder phantasiereiche Merkmale - als Teil des ![]() | 34 |
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2.5 Zusammenfassend ergibt sich, dass der alleinstehende Grossbuchstabe "M" die Begriffsmerkmale einer Marke nach Art. 1 MSchG aufweist. Allerdings gehört das Zeichen "M" an sich, das heisst ohne jegliche originelle oder phantasiereiche graphische Merkmale, als Teil des Buchstabenbestands dem Gemeingut an. Der Grossbuchstabe "M" als solcher ist daher vom Markenschutz ausgeschlossen, es sei denn, er hat sich im Verkehr gemäss Art. 2 lit. a MSchG durchgesetzt. Ein absolutes Freihaltebedürfnis im Hinblick auf die beanspruchten Schokoladenprodukte besteht nicht.
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